Österreich droht eine rechtsextreme Regierung:
Appell an die internationale Öffentlichkeit
Presseerklärung von Redakteurinnen-Team "ta mera"
Frauenschiene Orange 94,0 - das freie Radio in Wien
1090 Wien, Schubertgasse 10
Österreich droht eine schwarz-blaue Koalition. Das Wahlergebnis
vom 03. Oktober 99 ist nur ein Höhepunkt einer Entwicklung, die sich
schon lange abzeichnet. Seit Jahren beobachten und verfolgen wir besorgt
das kontinuierliche Anwachsen der Haider-FPÖ und damit verbunden eine
verstärkte Toleranz gegenüber rechtsradikalem Gedankengut in der
österreichischen Gesellschaft. Eine Entsolidarisierung, die sich im
Alltag bereits in offen faschistoiden Äußerungen und Handlungen zeigt.
In Österreich wurde die nationalsozialistische Vergangenheit bis
heute nicht aufgearbeitet. Auch die seit 55 Jahren fällige
Wiedergutmachung gegenüber den Opfern des Nationalsozialismus ist
noch immer strittig. Nach wie vor scheuen sich in Österreich
PolitikerInnen, Presse und Medien davor, die FPÖ - trotz eindeutiger
Äußerungen - als faschistische Partei zu bezeichnen.
Aussagen wie Haiders Lob einer "ordentlichen Beschäftigungspolitik
im Dritten Reich" und der Wahlslogan der Wiener-FPÖ "Stop der
Überfremdung" machten kurzfristig Schlagzeilen, werden jedoch nicht
als ideologische Grundhaltung der FPÖ benannt. Diese Negierung des
Offensichtlichen führt dazu, dass Österreich international zunehmend
in eine Position der Isolierung gerät und kritische Gegenstimmen als
paranoid diffamiert werden. Umso mehr fühlen wir uns, als
Redakteurinnen eines Mediums mit antirassistischen, antisexistischen
und antifaschistischen Grundsätzen, bestärkt durch klare
Stellungnahmen der internationalen Presse, die das faschistische
Konzept der Haider Partei aufzeigt, benennt und ernst nimmt.
Während Parteien anderer europäischer Länder sich klar gegen eine
Zusammenarbeit mit rechtsextremen Parteien abgrenzen, bereitet die
österreichische Volkspartei eine Koalition mit der FPÖ vor. Die
europäischen Liberalen haben die FPÖ ausgeschlossen. Wir fordern
auch die Fraktion der europäischen Volksparteien auf, sich von der
ÖVP zu distanzieren und im Falle einer Regierungsbildung von ÖVP und
FPÖ konsequent die selben Schritte zu unternehmen.
Bereits unter der bisherigen Koalition von SPÖ und ÖVP führten
Nichteinhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, Verhinderung
gleichberechtigter Lebensformen sowie Verletzungen von
Menschenrechten wiederholt dazu, daß die österreichische Regierung
von Seiten der EU zurecht gewiesen werden mußte. Mit einer drohenden
Koalition von FPÖ und ÖVP wäre Österreich darüber hinaus das einzige
europäische Land, das die Charta für eine Nichtrassistische
Gesellschaft nicht unterschrieben hat. Fortschrittliche Gruppen und
Organisationen haben in den letzten Jahrzehnten entscheidend zum
Aufbau einer solidarischen und gleichberechtigten Gesellschaft in
Österreich beigetragen.
Wir werden diese Arbeit auch unter erschwerten Bedingungen
fortsetzen und zählen auf die massive Unterstützung sowie kritische
Beobachtung der politischen Situation in Österreich. Achten wir
weiterhin auf die Ideologie hinter scheinbar pragmatischer
Realpolitik. Benennen und bekämpfen wir Faschismus, wo immer er
auftritt!
Die österreichische Parteienpolitik zeichnet sich durch
Grenzenverwischung, Gleichmacherei und Beschwichtigung aus. Es
müssen von internationaler Seite die demokratischen Parteien
Österreichs in einer Streitkultur unterstützt werden, die ihnen
klare Positionierung ermöglicht. Wir fordern die noch klarsehenden
AnalysantInnen dazu auf, sich nicht von der Beschwichtigung, auch
nicht von der der ÖVP, einlullen zu lassen!
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