Antisemitismus
in Polen:
Kommentar von Prof.
Ireneusz Krzeminski
Erschienen in:
Gazeta Wyborcza
28-02-2005
Komentarz prof. Ireneusza
Krzeminskiego
Die Debatte um Jedwabne hat einerseits die
antisemitischen Haltungen verstärkt, andererseits hat sie bewirkt,
dass die Anzahl der Gegner solcher Haltungen angestiegen ist. Die
Polen mussten einmal neu auf ihre Vergangenheit blicken, vor allem
die in zweitem Weltkrieg und in den ersten Nachkriegsjahren.
Die Zunahme der Antisemitischen Positionen kann man mit der
Verteidigung der polnischen Vergangenheit erklären. Die Menschen
sind der Meinung, dass die Erinnerung an den Holocaust das Bild der
Vergangenheit dominiert, und dass in den ausländischen Medien die
Polen als den Juden abgeneigte Helfer Hitlers dargestellt werden.
Man übergeht die polnische Tragödie und das polnische Leid. Dieser
Antisemitismus ist ein Effekt der Konkurrenz unserer Völker um die
Annerkennung des Leides.
Der Antisemitismus wächst auch, weil in den Medien und in der
Politik offen "antisemitisch" gesprochen wird. Der Vorläufer war
Radio Maryja, LPR und andere Rechtsextreme Parteien berufen sich auf
die ND (National-Demokratische) Ideologie, deren unverzichtbarer
Bestandteil der Antisemitismus war. Eine solche Sprache ermutigt die
Menschen, und veranlasst sie dazu, ihre antisemitische
Weltanschauung ohne Scham publik zu machen.
Ich würde die Rolle der von der Hoffnung auf ein besseres Polen
Enttäuschten nicht überschätzen. Es gibt natürlich Menschen, die die
Juden - die angeblich die ganze Welt regieren - für die schlechte
wirtschaftliche Situation in Polen verantwortlich machen. Aber hier
zählt mehr die Ideologie, die überall Juden sieht und aus ihnen
einen Sündenbock macht.
Auf unserer politischen Bühne fehlt jemand, der sich entschieden
gegen den Antisemitismus stellt. Ich bin von den letzten Aussagen
von Lech Walesa zutiefst beeindruckt; er hat angefangen, über den
Antisemitismus von Radio Maryja laut zu sprechen. Er versucht zu
überzeugen, dass diese Ideologie nicht die Juden vernichtet, die es
in Polen kaum noch gibt - sie vernichtet die Polen selbst.
Prof. Ireneusz Krzeminski
Aus dem Polnischen von Michael Brys
Zustände im März 2005:
Dem polnischen Antisemitismus geht es gut
hagalil.com
02-03-2005
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