antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info

haGalil onLine - http://www.hagalil.com
     

hagalil.com
Search haGalil


Newsletter abonnieren
Bücher / Morascha
Koscher leben...
Jüdische Weisheit
 
 

Wir veröffentlichen die vom Amerikadienst zur Verfügung gestellte Übersetzung einer Kurzfassung des vom Büro für Demokratie, Menschenrechte und Arbeitsfragen am 5. Januar 2005 herausgegebenen Globalen Antisemitismusbericht 2004, insbesondere den Deutschland betreffenden Teil des Berichts.

US-Report zum Antisemitismus 2004:
Deutschland

Ungefähr 87.500 Menschen sind Mitglieder jüdischer Gemeinden und machen somit 0,1 Prozent der Bevölkerung aus. Presseberichten zufolge nimmt die Anzahl der Juden an der Bevölkerung des Landes rapide zu. Seit 1990 sind mehr als 100.000 Juden aus der ehemaligen Sowjetunion ins Land gekommen; weniger aus anderen Ländern. Nicht alle Neuankömmlinge schließen sich Gemeinden an, was die Differenz zwischen der Gesamtzahl und der Zahl der Gemeindemitglieder erklärt.

Obwohl der auf religiösen Doktrinen und traditionellen Vorurteilen gegen Juden basierende Antisemitismus fortbesteht, sind Akademiker und andere der Meinung, dass in Deutschland eine neuere, nichttraditionelle Form von Antisemitismus entsteht. Diese Form treibt Antisemitismus als Teil eines umfassenderen Feldzugs gegen Globalisierung, Kapitalismus, Zionismus und Ausländer voran. Laut Bericht des Bundesverfassungsschutzes für das Jahr 2003 fiel die Gesamtzahl der erfassten antisemitischen Verbrechen auf 1.199 (von 1.515 im Jahre 2002). Die darin enthaltene Anzahl der Gewaltverbrechen stieg jedoch von 28 auf 35 und die Zahl der Schändungen von jüdischen Friedhöfen, Synagogen oder Gedenkstätten von 78 auf 115.

Am 22. Juli bedrohte ein 15-jähriger Junge in Hagen zusammen mit zwei anderen Jungen Synagogenbesucher mit einem Messer und äußerte antisemitische Bemerkungen.

Am 31. Juli lief ein junger Mann mit einem aufgenähten Davidstern eine Straße in Pankow entlang, einem Vorort von Berlin, als ein Rechtsextremer ihm eine Broschüre der Nationaldemokratischen Partei (NPD) in die Hand drückte. Nachdem der junge Mann die Broschüre fallen lies, versuchte der Rechtsextreme, ihn zu würgen und auf den Boden zu werfen. Das Opfer erlitt leichte Verletzungen und die Polizei konnte den Täter verhaften.

Im August erhielt die Zionistische Organisation Frankfurt einen Augenzeugenbericht, dass vier Männer einen englischsprachigen orthodoxen Juden in der Frankfurter Innenstadt belästigt hätten. Laut dem Bericht riefen die Männer: "Sie haben vergessen, deine Eltern in die Gaskammer zu schicken" und schubsten das Opfer, bis es auf den Boden fiel. Die Männer flohen danach sofort vom Tatort. Die Polizei wollte die Identität des Opfers und weitere Informationen nicht herausgeben.

Im Juni wurde ein alter jüdischer Friedhof in Düsseldorf geschändet. Fünfundvierzig Grabsteine wurden mit Hakenkreuzen, SS-Zeichen und judenfeindlichen Slogans beschmiert. Weitere jüdische Friedhöfe, wie zum Beispiel in Bochum, Nickenich und Bausendorf, wurden während des Berichtzeitraums mutwillig beschädigt. Die Polizei konnte die Täter nicht identifizieren.

Am 23. September demonstrierten 350 Menschen im Landkreis Neunkirchen (Saarland) gegen die Schändung des jüdischen Friedhofs in der Hermannstraße Anfang des Monats. Der Friedhof wurde bei der Schändung laut der Polizei nahezu vollständig zerstört. Wandalen hatten die Gräber in der Hermannstraße seit 1971 zehnmal überfallen, davon zweimal während des Berichtzeitraums. Der Vorfall ereignete sich nach dem merklichen Wahlerfolg der politisch weit rechts stehenden NPD in Neunkirchen (5,6 Prozent) und dem benachbarten Völklingen (9,7 Prozent) in den saarländischen Landtagswahlen am 5. September.

Während des Berichtzeitraums organisierte die rechtsextreme NPD zwei Demonstrationen in Bochum unter dem Motto: "Stoppt den Bau der Synagoge – gebt die 4 Millionen den Menschen!".

Vertreter der jüdischen Gemeinde verliehen ihrer Enttäuschung darüber Ausdruck, dass führende Vertreter anderer Glaubensgemeinschaften und einige der Politiker auf Kommunal- und Bundesebene nicht stärker gegen Antisemitismus Stellung bezogen.
Im Oktober 2003 verglich CDU-Bundestagsabgeordneter Martin Hohmann die Handlungen der Juden während der Russischen Revolution öffentlich mit denen der Nazis während des Holocausts. Die Rede führte zu einem Strafantrag wegen mutmaßlicher Aufhetzung und Beleidigung und der Eröffnung von Ermittlungen. Hohmann wurde im November 2003 von der CDU-Bundestagsfraktion und im Juli von der hessischen CDU ausgeschlossen. Führende Politiker aller großen Parteien stellten wiederholt fest, dass die Neonazigruppen eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Ordnung seien und forderten die beständige Aufmerksamkeit der Strafverfolgungsbehörden. Andererseits machten einige Beobachter die Aktionen im Nahen Osten für den wachsenden Antisemitismus verantwortlich.

Die jüdische Gemeinde Frankfurt kritisierte stark, dass einige islamische Vertreter auf der Frankfurter Buchmesse im Oktober sich antisemitisch verhielten. Jüdische Vertreter führten als Beispiel offen abgebildete antisemitische Texte wie im Falle des saudiarabischen Buchs "Terror and Zionist Thinking" an, auf dessen Umschlag eine Person mit einem Totenkopf und einem Davidstern in einer Blutlache steht.

Der in Aachen ansässige islamistische Al-Aksa-Verein, der 2002 von Innenminister Otto Schily wegen seiner finanziellen Unterstützung der Terrororganisation Hamas verboten worden war, legte gegen das Verbot beim Bundesverfassungsgericht im August 2002 Revision ein. Im Juli entschied das Gericht, das Verbot bis zum Abschluss des Verfahrens auszusetzen. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig bestätigte am 3. Dezember in einer letztinstanzlichen Entscheidung das Verbot des Al-Aksa-Vereins.

Neun Mitglieder der Kameradschaft Süd, einer Bande von Neonazis aus Süddeutschland, wurden angeklagt, 2003 einen Bombenanschlag auf die Baustelle eines geplanten jüdischen Gemeindezentrums in der Münchner Innenstadt geplant zu haben. Die erste von zwei Gerichtsverhandlungen, bei der drei jugendliche Mädchen und zwei Männer angeklagt sind, begann im Oktober. Zum Schutz der jugendlichen Angeklagten wurde die Öffentlichkeit von diesem Prozess weitgehend ausgeschlossen. Das Verfahren gegen den mutmaßlichen Anführer Martin Wiese und drei Mitglieder seines inneren Führungskreises begann im November.

Gleichgültig? Unerfahren? Hilflos?
Antisemitismus und neue Medien

Über antisemitische Hetze in den mittlerweile nicht mehr ganz so "neuen Medien" wurde im Laufe der letzten 10 Jahre viel geschrieben, viel diskutiert, viel lamentiert...

Die Verbreitung von Propaganda geächteter Organisationen sowie von rassischen Hass schürenden, den Nationalsozialismus unterstützenden und den Holocaust verleugnenden Erklärungen sind unrechtmäßig, und die Behörden versuchten, den Zugang zu ihrer Ansicht nach gefährlichem Material im Internet zu sperren. Im März durchsuchte die Polizei in einer deutschlandweiten Aktion mehr als 300 Wohnungen nach rechtsextremen CDs und anderen verbotenen Musikprodukten, um diese sicherzustellen. Niedersachsen leitete rechtliche Schritte gegen einige der rechtsextremen Musikbands ein, deren Zahl innerhalb des Bundeslandes wächst und deren Lieder zu Gewalt aufrufen oder fremdenfeindliche oder rassistische Texte aufweisen. 2003 wurden Mitglieder der Berliner Neonazi-Band "Landser" wegen der Gründung einer kriminellen Vereinigung zu Freiheitsstrafen von 21 Monaten auf Bewährung bis hin zu 3 Jahren und 4 Monaten verurteilt.

Schätzungen deutscher Regierungsvertreter zufolge gab es über 1.000 Internetseiten mit ihrer Ansicht nach verwerflichem oder gefährlichem rechtsextremistischem Inhalt. Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Gesetze des Landes gegen Rechtsradikalismus auf Personen angewendet werden können, die nationalsozialistisches Material auf Internetseiten stellen, die den Nutzern zur Verfügung stehen, selbst wenn die Website auf einem ausländischen Server liegt.

Im April war die Regierung Gastgeber einer historischen Konferenz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zum Thema Antisemitismus. Mit der nachdrücklichen Unterstützung der Regierung resultierte die Konferenz in einer Erklärung, in der die OSZE-Mitgliedstaaten aufgerufen wurden, eine Reihe konkreter Maßnahmen zur Bekämpfung des Antisemitismus umzusetzen.

Die Behörden führten einen Reihe von Programmen zur Förderung der Toleranz durch, die sich vornehmlich auf Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit konzentrierten. Regierungsbehörden arbeiteten mit Nichtregierungsorganisationen bei der Formulierung und Verwaltung dieser Programme zusammen. Diese Maßnahmen enthielten die Förderung von Bildungsprogrammen, die nicht nur den Antisemitismus bekämpfen, sondern auch an den Holocaust erinnern und Toleranz und Respekt allen Religionen gegenüber ermutigen, sie dienen der Sammlung und Verwaltung von Informationen über antisemitische Vorfälle und andere Hassverbrechen sowie der Ausarbeitung von besten Praktiken. Hamburg hat mit der aktiven Beteiligung der islamischen Gemeinschaft damit begonnen, religionsübergreifenden Unterricht an öffentlichen Schulen anzubieten, und nennt dies das "Hamburger Modell".

Originaltext: Report on Global Anti-Semitism

hagalil.com 24-01-2005


Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!
 

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2014 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved