DEMOKRATIE UND MENSCHENRECHTE (05. Januar 2005)
Globaler Antisemitismusbericht - Teil I:
Zusammenfassung
Ein Bericht des Büros für Demokratie, Menschenrechte und
Arbeitsfragen
WASHINGTON – Nachfolgend
veröffentlichen wir die vom
Amerikadienst
zur Verfügung gestellte Übersetzung einer Kurzfassung des vom Büro
für Demokratie, Menschenrechte und Arbeitsfragen am 5. Januar 2005
herausgegebenen Globalen Antisemitismusbericht 2004 sowie den
Deutschland
betreffenden Teil des Berichts.
[ORIGINAL - ENGLISH]
Zusammenfassung
I. Antisemitismus
Antisemitismus ist seit
Jahrhunderten eine Geißel der Menschheit. Er fand seine
weitreichendste und gewalttätigste Ausprägung im Holocaust, wo er
für den Tod von Millionen Juden und das Leiden zahlreicher anderer
verantwortlich war. Subtilere, weniger gewalttätige Formen des
Antisemitismus haben Leben zerstört, religiöse Gemeinschaften
dezimiert, soziale und politische Spaltungen verursacht und die
Beziehungen zwischen Ländern sowie die Arbeit internationaler
Organisationen kompliziert. In einer Welt, die durch immer engere
Verflechtung gekennzeichnet ist, bedeutet der Antisemitismus eine
unerträgliche Bürde.
Durch die Zunahme der Häufigkeit und Schwere antisemitischer
Zwischenfälle seit dem Beginn des 21. Jahrhunderts, die besonders in
Europa zu beobachten ist, sieht sich die internationale Gemeinschaft
gezwungen, ihr Augenmerk erneut verstärkt auf den Antisemitismus zu
richten. Angriffe auf einzelne Juden und jüdische Einrichtungen
ereigneten sich unmittelbar nach dem Ende des 2. Weltkrieges, wurden
jedoch mit der Zeit weniger und waren eher Wandalismus und
kriminellen Aktivitäten zuzuschreiben. In jüngster Zeit sind die
Übergriffe jedoch zielgerichteter geworden und die Täter scheinen
aus der speziellen Absicht heraus gehandelt zu haben, die Juden und
das Judentum anzugreifen. Diese Übergriffe haben das Gefühl der
Sicherheit und des Wohlbefindens innerhalb der jüdischen
Gemeinschaften beeinträchtigt.
Eine Definition des Antisemitismus ist immer wieder Gegenstand von
unzähligen Diskussionen und Studien. Obwohl es keine universell
akzeptierte Definition gibt, haben die Menschen allgemein eine klare
Vorstellung davon, was mit diesem Terminus gemeint ist.
Im Rahmen dieses Berichts wird Antisemitismus als Hass auf Juden –
auf Einzelpersonen oder die ganze Gemeinschaft – verstanden, der auf
der Zugehörigkeit zur jüdischen Religion und/oder ethnischen Gruppe
basiert. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, zwischen legitimer
Kritik an der Politik und der politischen Handlungsweise des Staates
Israel und antisemitischen Kommentaren zu unterscheiden. Die
Dämonisierung Israels oder Schmähung israelischer Politiker,
mitunter durch Vergleiche mit führenden Nazis und unter Verwendung
von Nazisymbolen zum Zwecke der Karikatur, weist auf eine
antisemitische Haltung hin und nicht auf eine gerechtfertigte Kritik
der israelischen Politik in einer kontroversen Angelegenheit.
Der weltweite Antisemitismus ist auf vier
Hauptquellen zurückzuführen:
Traditionelle antijüdische Vorurteile, die in Europa und in einigen
anderen Regionen seit Jahrhunderten verbreitet sind. Sie werden
vorwiegend von Ultranationalisten und anderen vertreten, die
behaupten, dass die jüdische Weltgemeinschaft die Regierungen, die
Medien, das internationale Geschäftsleben und die Finanzwelt
kontrolliert.
Starke antiisraelische Vorbehalte, die die Grenze zwischen
objektiver Kritik israelischer Politik und Antisemitismus
überschreiten.
Antijüdische Gefühle, die von einem Teil der wachsenden muslimischen
Bevölkerung in Europa zum Ausdruck gebracht wird und auf einer
langjährigen Antipathie sowohl gegenüber Israel als auch gegenüber
Juden basiert, sowie auf der muslimischen Gegnerschaft gegenüber den
Entwicklungen in Israel und den besetzten Gebieten und seit kurzem
auch im Irak.
Kritik sowohl an den USA als auch an dem Phänomen Globalisierung
erstreckt sich auf Israel und die Juden im Allgemeinen, die mit
beidem in Zusammenhang gebracht werden.
II. Schikanen, Wandalismus und
körperliche Gewalt
Europa und Eurasien
Das Phänomen Antisemitismus hat in
Europa in den vergangenen Jahren beträchtlich zugenommen. Dabei
sollte man jedoch berücksichtigen, dass viele europäische Länder
über ein umfassendes System der Berichterstattung verfügen, wodurch
Zwischenfälle genauer dokumentiert werden können als dies in anderen
Ländern möglich ist. Aufgrund der beträchtlichen Unterschiede in den
verschiedenen Berichtssystemen ist es nicht möglich, direkte
Vergleiche mit anderen Ländern oder geografischen Regionen zu
ziehen. Seit 2000 gab es vermehrt verbale Angriffe gegen Juden,
wogegen Vorfälle von Wandalismus (z. B. Graffitis, Brandbomben auf
jüdische Schulen, Schändung von Synagogen und Friedhöfen) drastisch
zunahmen. Physische Übergriffe einschließlich Schlägen,
Messerstechereien und anderen Formen der Gewaltanwendung gegen Juden
sind in Europa merklich angestiegen und führten in einigen Fällen zu
schwerer Körperverletzung und sogar zum Tode. Ebenfalls
besorgniserregend ist eine zum Antisemitismus tendierende Haltung,
die in einem Teil der linksorientierten Presse und unter einigen
Intellektuellen vorherrscht.
Eine beunruhigende Zunahme antisemitischer Einschüchterung und
Zwischenfälle ist in Europa weitverbreitet, obwohl signifikante
Abweichungen in der Anzahl der Fälle und der Genauigkeit ihrer
Erfassung zu berücksichtigen sind. Die Regierungen in den meisten
europäischen Ländern betrachten das Phänomen Antisemitismus
heutzutage als ein ernst zu nehmendes Problem für ihre Gesellschaft
und zeigen ein größeres Interesse als bislang, sich dieser
Angelegenheit zu widmen. Die von Wien aus operierende Europäische
Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit
(European Monitoring Center for Racism and Xenophobia - EUMC)
identifizierte Frankreich, Deutschland, Großbritannien und die
Niederlande als die EU-Mitgliedstaaten, in denen eine merkliche
Zunahme der Vorfälle zu verzeichnen ist. Da diese Länder über
verlässliche Statistiken bezüglich antisemitischer Handlungen
verfügen und einen aktiven Kampf gegen den Antisemitismus führen,
waren ihre Erhebungen für das EUMC leicht zugänglich. Regierungen
und führende Personen des öffentlichen Lebens verurteilten die
Gewalt, verabschiedeten neue Gesetze und sorgten für eine aktive
strafrechtliche Verfolgung und erzieherische Maßnahmen.
In Westeuropa sind es immer noch traditionsbewusste, rechte Gruppen,
die für eine beträchtliche Anzahl der Übergriffe gegen Juden und
jüdisches Eigentum verantwortlich sind; benachteiligte und
unzufriedene Muslime waren in zunehmendem Maße verantwortlich für
die meisten der übrigen Zwischenfälle. Es scheint wahrscheinlich,
dass dieser Trend anhalten wird, da die Anzahl der Muslime in Europa
wächst, während ihr Bildungsgrad und ihre wirtschaftlichen
Aussichten begrenzt bleiben.
In Osteuropa, wo die muslimische Bevölkerung viel kleiner ist, waren
Skinheads und andere Mitglieder radikaler politischer Randgruppen
für die meisten antisemitischen Zwischenfälle verantwortlich. Der
Antisemitismus blieb in Russland und Weißrussland sowie in der
übrigen ehemaligen Sowjetunion ein ernstes Problem, wobei die
meisten Vorfälle auf das Konto von ultranationalistischen und
anderen weit rechts stehenden Kräften gehen. Das Stereotyp der Juden
als Manipulatoren der globalen Wirtschaft ist nach wie vor ein
fruchtbarer Boden auf dem antisemitische Aggression gedeihen kann.
Aufklärung über den Holocaust, Toleranzerziehung sowie entsprechende
Ausbildungsmaßnahmen für Lehrer stellen eine potenzielle
langfristige Lösung des Antisemitismusproblems dar; jedoch wächst
das Problem immer noch in stärkerem Ausmaß als die Maßnahmen Erfolge
verzeichneten. Ende 2003 und auch im Jahr 2004 befanden sich einige
Juden, besonders die, die in Europa leben, in dem Dilemma, entweder
ihre Identität zu verbergen oder der Gefahr von Verfolgung und
manchmal sogar ernster körperlicher Verletzungen bis zum Tod
ausgesetzt zu sein. Die schwere psychische Belastung, in solch einer
stetig schwieriger werdenden Umgebung zu leben, sollte nicht
übersehen oder unterschätzt werden.
Naher Osten
Juden verließen die Länder des Nahen
Ostens und Nordafrika in großer Anzahl um die Mitte des letzten
Jahrhunderts herum, als ihre Situation zunehmend schwieriger wurde.
Dieser Trend hält unvermindert an. Heute gibt es dort nur noch
wenige Juden und nur wenige Zwischenfälle die Mitglieder der
jüdischen Gemeinde betreffen, sind gemeldet worden. Dennoch
existiert in Syrien ein virulenter Antisemitismus, dessen
Weiterverbreitung durch Radio, Fernsehen, Zeitungen und andere
Massenmedien von offizieller Seite geduldet und in manchen Fällen
sogar gefördert wurde. Die antizionistische Propaganda der
offiziellen und staatlich geförderten Medien bedient sich oftmals
der Terminologie und Symbole des Holocaust, um Israel und seine
politischen Führer zu dämonisieren. Diese Rhetorik überschreitet oft
die Grenze legitimer Kritik an Israel und seiner Politik und nimmt
unter dem Deckmantel des legitimen politischen Kommentars die Form
antisemitischer Schmähung an. Zur gleichen Zeit stoßen Bemühungen,
im Zuge eines sanktionierten historischen Diskurses den Holocaust zu
leugnen und zu minimalisieren, in einigen Ländern des Nahen Ostens
zunehmend auf offene Akzeptanz.
Andere Regionen
Das Problem des Antisemitismus
betrifft nicht nur Europa und den Nahen Osten, es gibt auch anderswo
beunruhigende Anzeichen dafür. In Pakistan, zum Beispiel, einem Land
ohne jüdische Bevölkerung, ist eine antisemitische Haltung, die von
entsprechenden Artikeln in der Presse geschürt wird, weit
verbreitet. Dieses Beispiel spiegelt das neuere Phänomen eines
Antisemitismus in Ländern wider, wo es historisch und gegenwärtig
nur eine kleine oder gar keine jüdische Bevölkerung gibt. In
Australien wiederum hat der Grad der Einschüchterung und der
Übergriffe auf Juden und jüdisches Eigentum sowie antizionistischer
und antisemitischer Rhetorik etwas abgenommen. In diesem Jahr
ereigneten sich in Neuseeland mehrere Fälle von Schändungen
jüdischer Friedhöfe und andere Vorfälle. In der Region Nord- und
Südamerika war in Kanada ein deutliches Ansteigen an Übergriffen auf
Juden oder jüdisches Eigentum festzustellen, darüber hinaus kam es
auch in den Vereinigten Staaten zu Manifestierungen von
Antisemitismus. Es gab auffallende antisemitische Vorfälle in
Argentinien und vereinzelte Zwischenfälle in einer Anzahl anderer
lateinamerikanischer Staaten.
III. Medien
Die Vielfalt der Medien (Fernsehen,
Radio, Printmedien und Internet) hat Vertreibern von antisemitischem
Material umfassende Möglichkeiten eröffnet, ihre Propaganda
ungehindert zu verbreiten. Gesetze, die auf durch Hass motivierte
Vergehen und Straftaten anzuwenden sind, bieten hier etwas Schutz,
doch die Vorkehrungen zum Schutz der Meinungsfreiheit, die in vielen
westlichen Ländern existieren, engen den Spielraum für Maßnahmen,
die die Regierungen vorbeugend ergreifen können, ein. Das
Satellitenfernsehen kann leicht den Betreiber wechseln und Angebote
im Internet überschreiten internationale Grenzen ohne oder mit nur
sehr wenigen Hindernissen.
Im Juni organisierte die Organisation für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ein separates Zusammentreffen in
Paris, wo das Problem der Intoleranz im Internet zur Sprache
gebracht wurde. In Folge wurde der Beschluss zur „Förderung von
Toleranz und Medienfreiheit im Internet“ gefasst. Dieser Beschluss
hat Verordnungscharakter und enthält sorgfältig formulierte
Vorbehaltsklauseln, um Konflikte mit den verschiedenen
Rechtssystemen, die innerhalb der OSZE-Länder existieren, zu
verhindern. Darin werden die Teilnehmerstaaten aufgefordert,
kriminelle Gewaltandrohungen, die auf Antisemitismus und andere
Formen von Intoleranz im Internet zurückzuführen sind, zu
untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen, sowie Bildungsprogramme
auszuarbeiten, in denen Kinder über die sprachliche Manifestation
von Hass und andere Formen von Vorurteilen aufgeklärt werden.
Kritiker Israels bedienen sich oftmals antisemitischer Darstellungen
in Form von antijüdischen Bildern und Karikaturen, die den Staat
Israel und seine Politik anzugreifen. Diese medialen Attacken können
jeden Vorwand der Ausgewogenheit oder Tatsachenbasiertheit vermissen
lassen und direkt auf die Dämonisierung Israels abzielen. Die
Vereinigten Staaten sind in vielen Fällen ebenfalls Ziel dieser
Angriffe, die von der Behauptung ausgehen, dass die Außenpolitik der
Vereinigten Staaten in Israel gemacht wird oder dass die Medien und
Finanzmärkte in den USA und der übrigen Welt von Juden kontrolliert
werden. Während des US-Präsidentschaftswahlkampfes im Jahr 2004
veröffentlichte die arabische Presse zahlreiche Karikaturen in denen
beide großen politischen Parteien in den USA mit Israel und dem
israelischen Premierminister Ariel Sharon in Verbindung gebracht
wurden.
„Die Protokolle der Ältesten von Zion“, ein Text der bereits vor
vielen Jahren als ein von zaristischen Geheimdienstagenten
begangener Betrug entlarvt worden war, tauchte immer wieder in den
Medien im Nahen Osten auf, und nicht etwa als Scherz, sondern als
Tatsachenfeststellung. Das von der Regierung geförderte Fernsehen
Syriens brachte eine längere Serie, die auf den Protokollen
basierte. Die Darstellung erwähnte besonders den sogenannten "blood
libel", den Vorwurf, dass Juden rituelle Morde an christlichen
Kindern vornehmen, sowie die angebliche Kontrolle der Finanzmärkte
durch die jüdische Gemeinschaft. Die unmissverständliche
Zielrichtung des Programms war es, den Hass auf die Juden und auf
Israel anzustacheln. Kopien der Protokolle und anderer, ähnlicher
antisemitischer Fälschungen waren in den Ländern des Nahen und
Mittleren Ostens leicht erhältlich, ebenso wie in den ehemaligen
Sowjetrepubliken und anderswo. Auch wurden Behauptungen, dass Juden
hinter den Anschlägen des 11. September steckten, weithin
verbreitet.
Im November 2004, bekam die Al-Manar, eine vom Libanon aus
operierende Fernsehstation, die offen antisemitisches Material
veröffentlicht, von den französischen Behörden eine Satellitenlizenz
für ein Jahr. Diese wurde kurz darauf wieder zurückgezogen, weil
Al-Manar fortfuhr, antisemitisches Material zu bringen. Al-Manar
existiert jetzt in Frankreich nicht mehr als Fernsehstation. Andere
Fernsehstationen im Nahen und Mittleren Osten, die fragwürdige
Inhalte senden, wie Al Dschasira und Al Arrabija, haben ihre
französischen Lizenzen behalten.
IV. Maßnahmen der Regierungen
In Europa und anderen geografischen Regionen wurden sich viele
Regierungen mehr und mehr der Bedrohung, die vom Antisemitismus
ausgeht, bewusst, und sie sprachen sich in der Folge dagegen aus.
Einige haben effektive Maßnahmen ergriffen, um den Antisemitismus zu
bekämpfen, und von diesen haben mehrere Länder, einschließlich
Frankreich, Belgien, und Deutschland, jetzt den Schutz für die
Mitglieder der jüdischen Gemeinde und für jüdisches Eigentum
verstärkt.
In den meisten Fällen war die Reaktion der Polizei auf
antisemitische Vorfälle uneinheitlich. Die meisten
Strafvollzugsbeamten haben keine spezielle Ausbildung im Umgang mit
durch Hass motivierten Vergehen und Straftaten, und noch weniger im
Umgang mit antisemitischen durch Hass motivierten Vergehen und
Straftaten. Die Polizei hat diese Verbrechen manchmal als die Taten
von Hooligans oder als geringfügige Straftaten abgetan, und nicht
als Angriffe auf Juden aufgrund ihrer ethnischen Abstammung oder
Religion oder als Taten gewertet, die begangen wurden, weil die
Straftäter die Opfer mit der Politik des Staates Israel
identifizierten.
In den Ländern, in denen Antisemitismus ein ernsthaftes Problem
darstellt, ist spezielles Training für die Polizeikräfte und die
Angehörigen der Justiz ein dringliches Anliegen. Viele Staaten haben
immer noch keine Gesetze gegen durch Hass motivierte Vergehen und
Straftaten, um gegen Verbrechen vorzugehen, die auf Antisemitismus
basieren oder andere Verbrechen, die auf Intoleranz zurückzuführen
sind. In einigen Fällen, wo solche Gesetze bereits existieren, ist
eine striktere Anwendung erforderlich.
V. Multilaterale Maßnahmen
Antisemitismus ist ein globales Problem, das einen koordinierten
multinationalen Lösungsansatz erfordert. Bis jetzt ist die OSZE, die
sich aus 55 Teilnehmerstaaten aus Europa, Eurasien und Nordamerika,
sowie den Kooperationspartnern aus dem mediterranen und asiatischen
Raum zusammensetzt, diejenige Organisation, die die internationale
Kooperation am effektivsten koordiniert. Die OSZE organisierte zwei
bahnbrechende Konferenzen über Antisemitismus – im Juni 2003 in Wien
und im April 2004 in Berlin. Es waren dies die ersten
internationalen Konferenzen, bei denen man sich auf höchster Ebene
ausschließlich mit dem Problem des Antisemitismus beschäftigte. Die
Konferenz in Wien klassifizierte den Antisemitismus als
Menschenrechtsanliegen.
Bei ihrem Treffen im Dezember 2003 in Maastricht zollten die
Außenminister der OSZE-Staaten der Bedeutung der
Antisemitismusproblematik politische Aufmerksamkeit auf höchster
politischer Ebene. Dort fassten sie den formalen Beschluss, die
Notwendigkeit des Kampfes gegen den Antisemitismus ins Zentrum ihrer
Bemühungen zu stellen, indem sie das Büro für demokratische
Institutionen und Menschenrechte (Office of Democratic Institutions
and Human Rights - ODIHR) der OSZE als zentrale Stelle für
Informationen über durch Hass motivierte Vergehen und Straftaten
bestimmten. In Zusammenarbeit mit der OSZE arbeitet das ODIHR nun
daran, Informationen über die Gesetzgebung bezüglich durch Hass
motivierte Vergehen und Straftaten zusammenzutragen und die „besten
Praktiken“ auf den Gebieten des Strafvollzuges, des Kampfes gegen
diese Art von Vergehen und Straftaten und der diesbezüglichen
Aufklärung und Erziehung voranzutreiben. Das ODIHR erstellte
außerdem ein Programm zur Förderung der Toleranz und
Nichtdiskriminierung (Program on Tolerance and Non-Discrimination)
und verfügt jetzt über einen Beauftragten, der sich ausschließlich
dieser Angelegenheit widmet.
Auf ihrem Treffen in Sofia im Dezember 2004 begrüßten die
Außenminister der OSZE- Staaten die Entscheidung ihres amtierenden
Vorsitzenden, drei Sonderbeauftragte für Toleranzangelegenheiten zu
ernennen, darunter auch einen Sonderbeauftragten für Antisemitismus,
dessen Aufgabe es ist, in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten
konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung des Antisemitismus umzusetzen, zu
denen sich die Staaten verpflichtet haben. Zusätzlich nahmen die
Außenminister das Angebot der spanischen Regierung an, eine dritte
Antisemitismuskonferenz in Cordoba im Juni 2005 abzuhalten. Die
Vereinten Nationen ergriffen auch wichtige Maßnahmen im Kampf gegen
den Antisemitismus. Eine davon war die Abhaltung eines Seminars zum
Thema Antisemitismus, bei dem UN-Generalsekretär Kofi Annan der
Gastgeber war. Eine weitere Maßnahme war eine Resolution, die vom
Dritten Komitee der Vereinten Nationen im November verabschiedet
wurde und die für die Eliminierung aller Arten von religiöser
Intoleranz, unter besonderer Einschließung des Antisemitismus
plädierte.
Erziehung und Aufklärung bleibt weiterhin ein potenziell wirksames
Gegenmittel gegen Antisemitismus und andere Formen von Intoleranz.
Nach der ersten Konferenz in Stockholm im Jahr 1998, die aus Sorge
über das abnehmende Wissen über den Holocaust, insbesondere unter
den Angehörigen der jüngeren Generation, einberufen wurde, haben
sich Schweden, Großbritannien und die Vereinigten Staaten
entschlossen, bei der Lösung des Problems gemeinsam vorzugehen. Die
Arbeitsgruppe für die internationale Kooperation zur Aufklärung über
den Holocaust, dem Gedenken an ihn und seiner Erforschung
(International Cooperation on Holocaust Education, Remembrance, and
Research -ITf) war das Resultat dieses ersten Versuchs einer
Problemlösung.
Heute nehmen 20 Länder am ITF teil, einer informellen
internationalen Organisation, die auf der Basis des Konsenses
operiert und auf einen Beamtenapparat verzichtet. Die ITF-
Mitgliedsstaaten erklären sich bereit, die Deklaration des
Stockholmer Internationalen Holocaustforums (Stockholm International
Forum on the Holocaust) anzuerkennen und umzusetzen. Derzeit sind
Argentinien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien,
Israel, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, die Niederlande,
Norwegen, Österreich, Polen, Rumänien, Schweden, die Schweiz,
Tschechien, Ungarn und die Vereinigten Staaten Mitglieder des ITF.
Dazu haben vier andere Länder (Estland, Griechenland, Kroatien und
die Slowakei) eine Verbindung zum ITF.
VI. Maßnahmen der US Regierung zur
Kontrolle und Bekämpfung des Antisemitismus
Die US-Regierung fühlt sich der globalen Kontrolle und Bekämpfung
des Antisemitismus als einer wichtigen, die Menschenrechte und die
Religionsfreiheit betreffenden Thematik, verpflichtet. Wie Präsident
Bush bei der Unterzeichnung des Gesetzes zur weltweiten Überprüfung
des Antisemitismus (Global Anti-Semitism Review Act) am 16. Oktober
2004 betonte: „Die Freiheit zu verteidigen heißt auch das Übel des
Antisemitismus zu zerschlagen.“
Jedes Jahr veröffentlicht das US Außenministerium den
Internationalen Bericht über Religionsfreiheit (International
Religious Freedom Report) und die Berichte über
Menschenrechtspraktiken in den einzelnen Ländern (Country Reports on
Human Rights Practices). Diese Berichte legen im Detail die
Vorkommnisse und Trends bezüglich Antisemitismus in der ganzen Welt
dar. Das amerikanische Außenministerium hat die einzelnen
amerikanischen Botschaften angewiesen, bei ihren Länderberichten zu
Menschenrechtspraktiken explizit auf Akte der Gewalt, die sich gegen
Juden und jüdisches Eigentum richten, einzugehen, sowie die
Maßnahmen darzulegen, die von den einzelnen Regierungen ergriffen
werden, um dieser Form von religiöser Intoleranz und Vorurteilen
vorzubeugen.
In den multilateralen Foren sprach sich das amerikanische
Außenministerium dafür aus, den Anstieg des Antisemitismus und die
Entwicklung konkreter Methoden zu seiner Bekämpfung zu beobachten.
Das Ministerium war federführend bei der Einigung der OSZE, die
beiden in Abschnitt V genannten Konferenzen zur Bekämpfung des
Antisemitismus abzuhalten. Die beiden ehemaligen Bürgermeister von
New York, Rudolph Giuliani und Edward Koch, führten die jeweiligen
US-Delegationen bei den Konferenzen in Wien und Berlin an. Jeder von
ihnen brachte seinen reichen Wissens- und Erfahrungsschatz zur
Förderung von Respekt für Minoritäten in multikulturellen
Gemeinschaften ein. Die wichtigsten NROs arbeiteten bei der
Vorbereitung dieser Konferenzen aktiv mit dem Ministerium zusammen.
In seiner bei der Konferenz in Berlin gehaltenen Rede sagte
Außenminister Powell: „Wir dürfen nicht zulassen, dass
antisemitische Verbrechen als unvermeidliche Nebenerscheinungen
interethnischer Konflikte abgetan werden. Politische
Meinungsverschiedenheiten rechtfertigen nicht körperliche Angriffe
auf Juden auf der Straße, die Zerstörung von jüdischen Schulen oder
die Schändung von Synagogen und Friedhöfen. Es gibt keine
Rechtfertigung für Antisemitismus.“ Bei den Vereinten Nationen
unterstützten die Vereinigten Staaten entsprechende, den
Antisemitismus verurteilende Resolutionen, sowohl in der
Generalversammlung als auch in der UN Kommission für Menschenrechte
(UN Commission for Human Rights).
Eine wichtige Lektion des Holocaust ist, dass Bigotterie und
Intoleranz in der Zukunft zu Gräueltaten und Genoziden führen
können, wenn die Regierungen und andere Bereiche der Gesellschaft
nicht rechtzeitig gegensteuern. Die Vereinigten Staaten haben sich
verpflichtet, auf bilateraler Ebene mit anderen Regierungen daran zu
arbeiten, die Bemühungen zur Aufhaltung und Zurückdrängung des
wachsenden Antisemitismus zu fördern. Präsident Bush bestätigte
diese Verpflichtung bei seinem Besuch in Auschwitz-Birkenau im Jahr
2003 und sagte: „Diese Stätte ist eine ernüchternde Erinnerung
daran, dass, wo immer wir Antisemitismus vorfinden, sei es in
Europa, in Amerika oder an irgendeinem anderen Ort, sich die
Menschheit zusammentun muss, um gegen diese finsteren Mächte
anzukämpfen.“
Die Botschaften der Vereinigten Staaten setzen diese Verpflichtung
um, indem sie offen gegen antisemitische Handlungen und zu durch
Hass motivierten Vergehen und Straftaten Stellung beziehen. Die
Botschafter und andere Diplomaten arbeiten mit den jüdischen
Gemeinden vor Ort zusammen, um die umgehende strafrechtliche
Verfolgung von durch Hass motivierten Vergehen und Straftaten zu
ermutigen. In der Türkei kam es nach den Bombenangriffen auf die
Neve Shalom Synagoge im November 2003 zu einer engen Zusammenarbeit
zwischen der US-Botschaft und der jüdischen Gemeinde. Im Nahen Osten
haben die amerikanischen Botschaften offiziell bei den Regierungen
ihrer Gastgeberländer gegen vorherrschende Praktiken protestiert,
die es den Institutionen des Landes erlauben, Antisemitismus zu
verbreiten, zum Beispiel durch die populären Fernsehserien „Reiter
ohne Pferd“ und „Diaspora“, die dem von alters her kolportierten
Gerücht über den "blood libel" – den angeblichen Ritualmord von
Juden an christlichen Kindern - neue Nahrung gibt, sowie die
„Protokolle der Ältesten von Zion“. Bilaterale diplomatische
Schritte seitens der Vereinigten Staaten führten in einigen Fällen
zum Erfolg, doch es muss mehr getan werden, um nationale politische
Führungspersönlichkeiten zu ermutigen, sich entschieden gegen
Antisemitismus und für auf Respekt und Toleranz aufbauende
Gesellschaften auszusprechen.
Aufbauend auf die Erfolge, die bislang erzielt werden konnten,
verstärkt das amerikanische Außenministerium gegenwärtig zusammen
mit seinen Partnern seine Bemühungen auf globaler Ebene, sowohl die
Überwachung als auch den Kampf gegen den Antisemitismus auf drei
speziellen Gebieten auszubauen: Aufklärung und Bildung,
Gesetzgebung, und Strafverfolgung. Das Ministerium wird fortfahren,
die Entwicklung von Lehrplänen, die die Aufklärung über den
Holocaust zum Inhalt haben, sowie entsprechendes Lehrertraining
voranzutreiben. Eine erfolgreiche Initiative auf diesem Gebiet ist
das jeden Sommer stattfindende Trainingsprogramm für Lehrer, das zum
Teil von den US-Botschaften in Zusammenarbeit mit der Vereinigung
amerikanischer Holocaustorganisationen (Association of American
Holocaust Organizations -AHO) und dem amerikanischen Holocaust
Gedenkmuseum (United States Holocaust Memorial Museum - USHMM)
finanziert wurde. Bei dem im Oktober 2004 stattgefundenen Treffen zu
Fragen der menschlichen Dimension (Human Dimension Meeting) der OSZE
hielten die Vereinigten Staaten gemeinsam mit Frankreich ein Seminar
über Methodik der Holocaustaufklärung in multikulturellen
Gesellschaften ab. Die Vereinigten Staaten fördern darüber hinaus
NROs bei ihren Bemühungen, Bildungsprogramme im Ausland
voranzutreiben, die teilweise auf erfolgreichen Seminaren, die in
den Vereinigten Staaten abgehalten wurden, aufbauen und Respekt für
Individuen und Minderheiten vermitteln. Zusätzlich hat das
amerikanische Außenministerium Bemühungen um mehr Toleranz im
saudiarabischen Bildungssystem gefördert, unter anderem durch
Sponsoring von Reisen für Religionserzieher in die Vereinigten
Staaten, um sich dort über interreligiösen Unterricht zu
informieren.
Die Wurzeln des Antisemitismus gehen tief und die Vereinigten
Staaten unterschätzen die Schwierigkeit nicht, das seit Neuestem
beobachtbare Wiederaufleben dieser uralten Geißel zurückzudrängen.
Die Legislative und Exekutive in den USA bilden zusammen mit den
NROs eine wichtige Gemeinschaft in der Fortsetzung ihrer überaus
notwendigen Bemühungen, kreative Wege zu finden, um den
Antisemitismus zu kontrollieren, einzudämmen, und schließlich zu
stoppen.
hagalil.com
24-01-2005
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