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Jüdische Weisheit
 
 

haGalil 2000:
Präsenz zeigen und ansprechbar sein

Erfahrungen einer jüdischen Initiative mit der deutschen "Zivilgesellschaft"

Untersuchungen bestätigen, dass Fremdenfeindlichkeit gerade dort am ausgeprägtesten ist, wo die Möglichkeit, den "Fremden" kennenzulernen, am geringsten ist.

Trotz Jahrtausende langer Anwesenheit in Deutschland werden Juden von vielen als Fremde angesehen. Für viele Menschen in Deutschland ist haGalil onLine die erste und einzige Möglichkeit, mit Juden ins Gespräch zu kommen. Täglich gehen bei uns Hunderte von e-Mails ein. Viele dieser Mails stammen von Schülern, Studenten, Lehrern, Journalisten. Verlangt werden Informationen und Meinungen zu verschiedenen Aspekten jüdischer Geschichte und Gegenwart, zu Aktionen und Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus. Das Judentum ist in Deutschland als Thema durchaus präsent, nicht präsent sind jedoch Juden als Ansprechpartner.

Gerade die kommunikativen Fähigkeiten des Internet bieten eine Möglichkeit zur Überwindung dieser Kluft. Neben unserer redaktionellen Arbeit wenden wir auch diesem "kommunikativen Bereich" unsere Aufmerksamkeit zu. In unseren Foren und Chatrooms entstehen neben vielen Kontakten von Juden untereinander auch unzählige Diskussionen und direkte "Gespräche" in denen sowohl jüdische als auch nicht-jüdische Positionen konstruktiv geklärt werden konnten.

Treffen, Vorträge (z.B. auf einer Veranstaltung des Bundesinnenministeriums für Nachwuchsjournalisten), Konzerte und Ausstellungen sind ebenfalls hier einzuordnen. Von vielen Bürgern wurden wir als Anlauf- und Kontaktstelle für den Widerstand gegen rechts wahrgenommen. In etlichen Fällen konnten wir lokale Initiativen unterstützen und bedrohte Einzelpersonen mit Ansprechpartnern vor Ort zusammenbringen.

Hetze ist keine "freie Meinungsäußerung"

Neben dieser "inhaltlichen und kommunikativen Arbeit" gewann auch der "juristische Ansatz" immer größere Bedeutung. Vor über 2 Jahren stellten wir das weltweit erste "Formular zur Meldung rechtsextremistischer Seiten" vor. Noch immer gehen bei uns täglich ca. 10 Meldungen unserer Leser ein. Durch entsprechende Datensicherung und die Ermittlung allgemein zugänglicher Daten über die Herausgeber dieser Seiten, ist es den Anwälten des Fördervereins haGalil e.V. gelungen, in über 100 Fällen eine gerichtliche Verurteilung zu erwirken.

Durch erklärende Gespräche und die aufwendige Vorbereitung dieser Anzeigen ist es in vielen Fällen gelungen, Staatsanwaltschaften und ermittelnde Stellen überhaupt erst für die Möglichkeit entsprechender Verfahren zu sensibilisieren.

Die Schließung zahlloser Hass-Seiten und NS-Foren ist eine weitere Folge dieser Meldungen. Wir setzen auf Kooperation mit Providern und anderen Dienstanbietern im Internet und versuchen auch die Strafverfolgung von in den USA gehosteten NS-Angeboten zu erwirken. Dies ist durchaus möglich, da die Herausgeber dieser Seiten in aller Regel ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland haben. Es ist oft sehr viel effektiver die Durchsetzung bestehender Gesetze zu "unterstützen" als über weitreichende Gesetzesänderungen nachzudenken.

Trotz einer ungeheueren Flut von Diffamierung und Beleidigung haben wir unsere Arbeit nicht aufgegeben und auch trotz ausbleibender Unterstützung haben wir haGalil onLine nicht vom Netz genommen.

Der Gedanke, dass bisher unvoreingenommene Schüler ihre ersten Informationen zum Judentum auf einer Seite wie "Radio Islam", die ausführlich über angebliche Inhalte der jüdischen Religion "informiert", erhalten könnten, war uns unerträglich. Die Vorstellung, ein Schüler könnte bei der Recherche zu einem Referat über die Verbrechen der Nazis in erster Linie durch die zahlreichen und allesamt komplett im Internet vorrätig gehaltenen und kostenlos abrufbaren Publikationen des Holocaustleugners Irving "Aufklärung" finden, machte uns klar, dass es unverantwortlich wäre, ein derart umfangreiches und erfolgreiches Projekt wie haGalil onLine aufzugeben.

Personelle Situation bei haGalil onLine

Von Anfang an gelang es uns mit relativ geringen Mitteln ein Maximum an Effektivität zu erzielen. Neben den beiden Herausgebern arbeiten zur Zeit 3 Mitarbeiter auf 630 DM Basis, unterstützt werden wir von einem Team ehrenamtlicher Mitarbeiter. Ein großer Teil dieser Arbeit kommt in unseren Internetseiten gar nicht zum Ausdruck (beispielsweise wenn wir die Schließung nazistischer Foren erwirken konnten, oder bei Verurteilungen wegen antisemitischer Propaganda...). Dies gilt auch für Informationsgespräche mit Mitarbeitern des Innenministeriums, mit Staatsanwaltschaften, in Schulen und Universitäten.

haGalil onLine ist das Kernstück dieser Arbeit, darüber hinaus entstanden jedoch zahlreiche Projekte und Initiativen, die mit dem Internet nur noch entfernt zu tun haben, ohne diese Basis aber nie zustande gekommen wären. Desweiteren unterstützen wir vielfältige Initiativen wie den Keren Hayessod, Chabad Lubawitsch, Gush Shalom, die Züricher Initiative Juefo, die Ausstellungen "Visionen aus dem Inferno", "Zeichen des Alltags", Meschulasch, European Jewish Singles u.v.a.m.

Um das Angebot des israelischen Bildungsministeriums zur inhaltlichen Unterstützung antinazistischer Arbeit annehmen zu können, haben wir in Berlin zwei befristete ABM-Stellen beantragt, der Antrag wurde abgelehnt. Auch der Plan in Kooperation mit Yad vaShem die vom Zentralrat angeregte Übersetzung und Bearbeitung einzelner Seiten der Jerusalemer Gedenk- und Bildungsstätte in unserem schon jetzt sehr umfangreichen Angebot zum Jom haSchoah anzubieten, konnte wegen fehlender Finanzierung bisher nicht umgesetzt werden.

Das Internet als "national befreite Zone"?

Diese und weitere Pläne wurden allerdings nicht aufgegeben, haGalil onLine wächst täglich und behindert die nazistische Agitation schon heute in ganz erheblichem Maße.

Dies ist den verschiedensten nazistischen Organisationen und Einzelpersonen natürlich nicht entgangen. haGalil onLine rangiert in der Abschußliste dieser Kreise ganz oben. Pausenlose Angriffe auf hunderten von Internetseiten, in offenen Foren selbst angesehener Tageszeitungen (z.B. "Die Welt") sind Methode. Persönliche Bedrohungen und Beleidigungen sind für uns alltäglich. Unsere 'offenen Foren' mußten wir mehrfach schließen, da innerhalb einer Nacht hunderte von Hetzparolen gepostet wurden.

Immer wieder wurde die Schließung von haGalil onLine gefordert und freudig angekündigt. Einen solchen Erfolg können wir den Nazis nicht gönnen, für uns ein weiterer Grund nicht aufzugeben.

Auf der anderen Seite ist unser Fortbestand für viele ein deutliches Zeichen dafür, dass kontinuierlicher Widerstand möglich ist. Vielen wurde durch die erschreckende Wucht der Angriffe auf unsere Foren überhaupt erst klar, welches zerstörerische Potential nazistische Hetze entfalten kann. Dass wir damals nicht aufgegeben haben, hat vielen Mut gemacht und Argumentationshilfe geboten für ihr eigenes Handeln im Alltag.

Trotzdem liegt es auf der Hand, dass die beständigen Angriffe unsere Arbeit beeinträchtigen. Wir mußten Server und Provider wechseln, kostspielige und aufwendige Sicherheitsverbesserungen installieren. Die Zeit, die zum Ausbau der Seiten und zur Akquise von Werbekunden oder Fördermitteln dringend notwendig gewesen wäre, musste oft genug für Gespräche mit Staatsanwaltschaften, Landeskriminalämter und das Schreiben fundierter Anzeigen verwendet werden. Trotz der beständig angespannten Finanzlage verzichten wir seit langem auf öffentliche Spendenaufrufe, da diese stets zu übelster Diffamierung führen.

Internet?
Sowas ist bei uns nicht vorgesehen!

In Gesprächen mit Mitarbeitern und Entscheidungsträgern der verschiedensten Behörden, Stiftungen, Unternehmen zeigte sich, dass das Internet weder in seinen Möglichkeiten noch in seiner Bedeutung auch nur ansatzweise ernst genommen wird.

Uns ist trotz intensiver Suche keine einzige Stiftung bekannt, deren Statuten die Förderung eines Internetprojekts vorsehen. Oft genug wurde uns geraten, einen Kochkurs "Matzen backen gegen rechts" oder einen Häkelkurs "Bunte Kipas gegen Intoleranz" zu organisieren. Auch Kinoabende im kleinen Kreis können großzügig unterstützt werden. Selbst der Druck einer Broschüre zum Thema "Nazismus im Internet" wäre finanzierbar. Ein ganz aufgeschlossener Medienbeauftragter in den neuen Bundesländern war der Ansicht, haGalil onLine solle auf eine CD gepresst werden.

Viele Ansprechpartner, vor allem in der Wirtschaft und in Werbeunternehmen, meinten wohlwollend, wir sollten uns doch "eher an jüdische Bankdirektoren" wenden.

Ignatz Bubis hat einmal gesagt, von einer Annäherung an eine, von nichtjüdischer Seite oft geforderte Normalität des Zusammenlebens, könne in Deutschland erst dann gesprochen werden, "wenn jüdische Initiativen und Projekte als Teil der Gesamtgesellschaft wahrgenommen, akzeptiert und gefördert werden. Wenn jüdisches Engagement ehrlich willkommen geheißen und deshalb auch unterstützt wird. Und nicht stets als Spartenbereich aussortiert wird, für den immer nur der Zentralrat zuständig ist".
Wenn wir dieses Zitat auf unsere Erfahrungen anwenden, so sind wir von jeder Normalität sehr weit entfernt.

"Die Tatsache,
dass das Wasser immer weiter steigt,
darf keine Begründung dafür sein,
den Bau der Dämme aufzugeben".

Kurz nach dem Anschlag im Düsseldorfer S-Bahnhof Wehrhahn* war Paul Spiegel in einer Gesprächsrunde (Christiansen im ARD) der einzige, der auf die ungeheuren Ausmaße nazistischer Agitation im Internet hinwies. Dem brandenburgischen Innenminister erklärte er ganz zurecht, dass gegen die Flut dieser Propaganda im WWW die bisher üblichen Strategien wie Podiumsdikussionen und Vorträge in Schulklassen längst nicht mehr ausreichen.

Wenn wir sagen, dass der Kampf gegen die NS-Propaganda im Internet, auch im Internet geführt werden muss, dann meinen wir damit nicht nur die Onlinepublikation von Hochglanzbroschüren der Kultusministerien. Wir meinen damit, die Lebendigkeit der "multikulturellen Gesellschaft" auch im Netz fühlbar zu machen. Jede Gesellschaft besteht zuallererst aus Menschen, nicht aus Behörden und Institutionen.

*) Bei dem Bombenanschlag am 27. Juli 2000, waren zehn Menschen zum Teil schwer verletzt worden. Die Opfer: Sieben Frauen und drei Männer aus der ehemaligen Sowjetunion. Am schlimmsten traf es ein junges Ehepaar, dessen ungeborenes Kind im Mutterleib von einem Bombensplitter getötet wurde. Sechs der Opfer sind jüdische "Kontingentflüchtlinge" die ein Bildungsforum besuchten, um Deutsch zu lernen. Wie jeden Tag waren sie auch an dem verregneten Julitag nach Schulschluss auf dem Heimweg zur S-Bahn, als kurz nach 15 Uhr der Sprengsatz explodierte.

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Menschlicher Respekt und Solidarität
Die "18th International Human Unity Conference" wollte den Begriff der menschlichen Einheit vor unterschiedlichen kulturellen und zeitlichen Hintergründen vorstellen. Die Veranstalter baten deshalb alle teilnehmenden Organisationen um eine knappe Beschreibung ihrer Assoziation zum Thema "Einheit"...

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Obracíme se k židům a ke všem, kteří se o židovství zajímají. Ukazujeme, že ve střední Evropě a speciálně v Německu, existuje v dnešní době bohatý židovský život, který navazuje velkolepou tradici evropského židovství...

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We avail ourselves to Jews and to all those who are interested in Judaism. We show that there is a brisk Jewish life in Germany and in Central Europe in the present, which is estabilished in the great tradition of European Jewry...

hagalil.com 10-08-2000

 


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