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Aus der Rubrik "Frag' den Rabbi":
Ist Gott nicht unfehlbar?
Das Antwortschreiben:

Sehr geehrte Damen und Herren,

Die Frage lautet wie folgt:

Kann man ausgehend von der biblischen Schöpfungsgeschichte, wonach der Mensch als Ebenbild Gottes geschaffen wurde, schließen, dass wie der Mensch so auch Gott Fehler macht?

Antwort:

Die Frage ist selbstverständlich zu verneinen. Gott ist unfehlbar. Das ist die knappe Antwort. Jedoch eröffnet die gestellte Frage weitere Gesichtspunkte, auf die man näher eingehen sollte.

- Die Vollkommenheit gehört zum Wesen Gottes. Zweifelt man an der Vollkommenheit Gottes, ist dem Glauben an seine Existenz die Grundlage entzogen. Solchen Zweifeln kann man mit logischen Argumenten nicht beikommen. Dies muss der Ausgangspunkt von Maimonides gewesen sein, als er die dreizehn Glaubenssätze, die teilweise den Charakter von Dogmen bekommen haben, formulierte. Sie fangen mit den Worten an "Ich glaube im vollen Glauben…", womit klargestellt wird, dass es hierüber keine Diskussion geben kann. Nicht alles ist eben mit menschlicher Logik nachweisbar. So verhält es sich auch mit der Vollkommenheit und Unfehlbarkeit Gottes. Wer diese bezweifelt und nach logischen Beweisen sucht, ist eben ungläubig.

Selbst wenn Maimonides in seinen dreizehn Glaubenslehren den göttlichen Ursprung der Tora betont (was auf dem Hintergrund der Auseinandersetzung mit dem Koran zu verstehen ist), herrscht heute auch in religiösen Kreisen im allgemeinen die Auffassung, die Bibel sei zwar von Gott inspiriert, jedoch von Menschen geschrieben. Der Bericht über die Erschaffung des Menschen dokumentiert die menschliche Vorstellung vom "Ebenbild" Gottes. Zur Klarstellung: Gott hat nicht gesagt, dass der Mensch göttlich sei.

Die Aussagen, die die Bibel von Gott macht, so die Auffassung von Maimonides, wollen keine positive Bestimmung des göttlichen Wesens geben. Sie bezeichnen nicht das Wesen, sondern nur das Wirken Gottes. Und das, was wir von Gott zu erkennen vermögen, ist allein sein Wirken. Das aber ist das Einzige, was die Menschen zu erkennen brauchen, denn in seinem Wirken ist Gott das Urbild der Sittlichkeit, und in der Gotteserkenntnis ist so alle sittliche Erkenntnis gegründet.

- Nach Maimonides macht die absolute Einheit Gottes jede definitive Aussage über Gott unmöglich, und so wird aus dem lebendigen Gott der Bibel das schlechthin Unbestimmbare.

- Die lebendigen biblischen Vorstellungen dienten unseren Weisen, den geistigen Führern des Volkes, auf mannigfache Art, um aus diesen Worten weitergehende Schlüsse zu ziehen:

- "Und Gott sprach: Lasst uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei. Und Gott schuf den Menschen in Seinem Bilde, im Bilde Gottes schuf er ihn, Mann und Weib schuf er sie." Diese Verse sind poetisch und erhaben. Im Bilde Gottes heißt, dass Pflichten und Verantwortung des Menschen davon abzuleiten sind.

- Die Gleichheit aller Menschen war ein großes Anliegen der Weisen. Sie konnten ihr menschliches Weltbild darauf aufbauen. Hier fanden sie die Begründung in zweierlei Hinsicht. Wenn jeder Mensch in Seinem Bild geschaffen wurde, gleichen sich alle Menschen und jedes Individuum ist vor Gott gleich bedeutend. Das Prinzip der Gleichheit aller Menschen, und zwar nicht explizit für die jüdische Weltanschauung, wurde hier begründet.

- Außerdem leiten die Weisen von der Erschaffung des ersten Mannes und der ersten Frau das Prinzip der Brüderlichkeit zwischen den Menschen ab. Jede Theorie von Besonderheit wird abgelehnt: "Deshalb wurde der Mensch allein geschaffen, um Frieden in der Menschheit zu bewahren, dass niemand zu seinem Nächsten sage: Mein Vater war edlerer Abstammung als deiner!"

- Ferner steht im Talmud (Sprüche der Väter): Bevorzugt ist der Mensch, dass er im Ebenbilde Gottes erschaffen wurde. Ein größerer Vorzug ist es, das ihm dies kundgetan wurde. Durch diese Kundgabe ist der Mensch seines Vorzugs bewusst, wodurch er seine sittliche Vervollkommnung als seine Lebensaufgabe ansehen soll.

- Dem im Ebenbild Gottes Geschaffenen wurde mit diesem Vers die Verpflichtung auferlegt, über sein geistliches und leibliches Wohl zu wachen, um als Ebenbild sich würdig zu machen.

Mit freundlichen Grüßen
Bar Rav Nathan

[Eingangsseite zur Rubrik "Frag' den Rabbi"...]
haGalil onLine 17-11-2008



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