Das
Antwortschreiben:
Sehr geehrte Damen und Herren,
folgende Frage wird uns wohl nie Ruhe geben:
- Ob Rache ein vorherrschendes oder legitimes
Rechtsprinzip des "biblischen" Israel gewesen ist?
- Ob das biblische "Auge um Auge" Einfluss auf
die anderen Völker hatte,
- und ob erst die Europäer im 15. Jh. den
Frieden herstellen konnten?
Antwort:
Über dieses Thema wurde bereits viel
geschrieben und diskutiert, u.a. auch von mir. Um jedoch an dieser Stelle
nicht ins Uferlose zu geraten, einige Stichworte:
- In allen frühen Kulturen war die Rache eine
legitime Strafnorm, zumal es keine zentrale Macht gab, die das
Bestrafungsmonopol an sich ziehen konnte.
- In der hebräischen Bibel wird der Satz "Auge
um Auge" nicht als Racheprinzip empfohlen, sondern als ein Mittel zur
Berechnung der Entschädigung für den geleisteten Schaden, also als eine Art
Entschädigungstabelle.
- Sofern in der Tora von Rache die Rede ist,
wurde diese Einstellung bereits in biblischer Zeit vom Propheten Ezekiel
aufgehoben (s. hierzu meinen Beitrag
www.juedisches-recht.de/talmudisches-moses-ezekiel.html)
- Warum man das Racheprinzip christlicherseits
mit der hebräischen Bibel und mit dem Judentum immer wieder gerne in
Zusammenhang bringt, hat eher mit dem psychologischen Phänomen der
Projektion zu tun. Es ist nämlich sehr bequem, seine eigenen Mängel auf die
anderen zu projizieren, insbesondere wenn man auch noch Schuldgefühle ihnen
gegenüber hat. Mehr dazu in einer
Diskussion,
an der ich teilnahm.
Mit freundlichen Grüßen
Ben Rabbi Nathan |