Sehr geehrte Damen und Herren,
die Frage lautet dem Sinne nach wie folgt:
- Was waren Zweck und Bedeutung der Opfergaben im mosaischen
Gesetz (Tora)?
Geschichtlicher Überblick:
- Für die Völker der Antike war das Opfer der Kern der
Religionsausübung. Nicht anders verhielt es sich in den altsemitischen
Religionen. Ursprünglich stellt sich das altsemitische Opfer als das Streben
dar, durch eine sakramentale Handlung mit der Gottheit in innigen Verkehr
und nächste Berührung zu treten. Auf diesen Ursinn weist mit Notwendigkeit
die Rolle hin, welche das Blut im Kultus spielt (das Sprengen des Bluts des
Opfertieres auf den Altar). Das Blut, welches als Sitz des Lebens empfunden
wurde, bringt den Menschen in eine sakramentale Vereinigung mit der
Gottheit.
- In der israelitischen Religion ändert sich in der späteren
Zeit die Bedeutung des Opfers und die Auffassung, die dann vorherrscht, ruht
auf der fundamentalen Gottesverehrung und sieht in dem Opfer eine der
Gottheit gespendete Gabe, durch welche der Mensch seine Willfährigkeit
gegenüber dem eigentlichen Herrn und Spender alles Guten zeigt.
- In der Abgrenzung und Unterscheidung der mosaischen
Religion von den Nachbarvölkern wird auch dem Opferblut eine andere
Bedeutung zugesprochen. Das in der Kultusausübung anderer Religionen weit
verbreiteter Trauerritual, die Selbstverwundung des Priesters durch
Einritzungen in die Haut, wurde im mosaischen Gesetz streng verboten.
- Der dem Opfer ursprünglich zugrunde liegende Gedanke
erklärt auch das Menschenopfer. Durch das der Gottheit dargebrachte Blut
eines Stammesgenossen, besonders im Falle dringendster Not, sollte das
anscheinend gelockerte Band zwischen dem Gott und seinen Verehrern wieder
gefestigt werden. Bei den Nachbarstämmen Israels, den Moabitern und
Phöniziern, scheinen Menschenopfer üblich gewesen zu sein. Jedenfalls waren
Menschenopfer bei den Anhängern des Moloch-Dienstes bekannt. Das Gesetz der
Tora hat diese heidnischen Gräuel verpönt und strengstens verboten.
- Eine ausführliche Weisung bezüglich der dargebrachten Opfer
findet man im 3. Buch Moses. Dargebracht werden tierische Opfer (Rind, Lamm,
Ziege und auch die Taube) und Bodenerzeugnisse (Korn, Wein, Öl, dazu als
Räucherwerk der Weihrauch). Auch werden die genauen Anlässe für die Opferung
mit ihrer besonderen Bezeichnung beschrieben (Brand-, Ganz- Schlacht-,
Speise-, Dankopfer und andere Opfer). Da der mittlerweile zerstörte Tempel
dem Opferkult in Israel längst ein Ende bereitet hatte, wird diesem Thema
seit langem nur wenig Interesse geschenkt.
Sinn der Opfer:
- Schon die alten Propheten äußerten sich abfällig bezüglich
der reinen Kulthandlung der Opfergabe. Hier einige Zitate:
„Denn ich habe Lust an der Liebe, und nicht am Opfer, und an der Erkenntnis
Gottes, und nicht am Brandopfer“ (Hosea 6, 6).
„Womit soll ich den HERRN versöhnen, mich bücken vor dem hohen Gott? Soll
ich mit Brandopfern und jährigen Kälbern ihn versöhnen? Wird wohl der HERR
Gefallen haben an viel tausend Widdern, an unzähligen Strömen Öl? … Es ist
dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert, Recht tun,
Güte und Treue lieben und demütig sein vor deinem Gott“ (Micha 6, 6-8).
Und im Weisheitsbuch Sprüche (21, 3) heißt es entsprechend: „Wohl und recht
tun ist dem HERRN lieber denn Opfer.“
- Nach der Zerstörung des ersten Tempels (-586) war der Opferkult nicht mehr
möglich. Um den Gottesdienst nicht ganz zu vernachlässigen, wurde das Gebet
in der Synagoge ersonnen. Aber erst nach der Zerstörung des zweiten Tempels
(70 n.d.Zr.) hat das Gebet die Funktion des Gottesdienstes ganz und gar
übernommen. Es wurden für die verschiedenen Tageszeiten, Feiertage und
besondere Anlässe besondere Gebete festgelegt. In den unterschiedlichen
Gebeten fand der Gläubige die Nähe zu Gott. Der Opferkult, der von einem
Priester vollzogen wurde und bei dem der Opfernde selbst eine passive, fast
indifferente Rolle einnahm, machte Platz für eine Zwiesprache mit Gott, eine
Kontemplation, die das innige Verhältnis zur Religion und zu einem reineren
Glauben, zu einem mehr spirituellen Monotheismus herstellte. Dies war eine
Revolution im Kultus. Von nun war für den Juden, unabhängig von Stadt und
Land, durch das Gebet sein Gott für ihn immer präsent, er konnte ihn anrufen
und in den vielen Unbilden der Geschichte Hilfe erbeten. Das ermöglichte
ihm, den langen beschwerlichen Weg durch die Geschichte zu bewältigen.
Mit freundlichen Grüßen
Bar Rav Nathan
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Die Anfrage: Sehr geehrter
Rabbi,
ich stelle das erste Mal eine Frage an Sie. Ich lese gerne im Tanach
und freue mich über die Führungen Gottes mit Israel. Ich möchte Sie
nicht belästigen, und wollte doch bitten, ob ich folgende Erklärung
von Ihnen erhalten könnte:
Im Tanach wird mehrmals vom >> Trankopfer <<,
Gen. 35,14; Exod. 25,29; Exod. 25,40-41; Levit. 23,37; Num. 15,5 + 7
und
andere Stellen gesprochen. In den Ausführungen zu den Opfern im Buch
Levitikus Kap. 1ff. finde ich dieses Opfer jedoch nicht ausdrücklich
genannt.
Was ist das für ein Opfer?
Wie wurde es dargebracht?
Was wurde dargebracht?
Wofür wurde das Trankopfer dargebracht?
Was ist der Sinn dieses Opfers?
Ich hoffe Diese Frage an Sie stellen zu dürfen, und
verbleibe mit
freundlichen Grüssen,
C.B. |