Das Schtetl
Wirtschaftliche und soziale Strukturen der
ostjüdischen Lebensweise
Teil I
Andrea Ehrlich
Inhalt
-
Einleitung
-
Zur
Bedeutung des Begriffs "Ostjude"
-
Der
historische Hintergrund
-
Das Schtetl
- 4.1.
Definition
- 4.2.
Das äußere Bild des
Schtetlech -
4.3.
Die wirtschaftliche
Situation - 4.4.
Soziale Strukturen im
Schtetl - 4.5.
Der Chassidismus
als religiöses Empfinden im
Schtetl
-
Kriminalität der Ostjuden
-
Schlußgedanke
-
Verwendete Literatur
Im folgenden soll die Welt
der osteuropäischen Juden gegen Ende
des letzten Jahrhunderts untersucht
werden. Dabei soll nach sozial- und
wirtschaftsgeschichtlichen Aspekten
vorgegangen werden. Ich möchte mich
in der Darstellung auf Polen
begrenzen, da das Ostjudentum hier
am ausgeprägtesten leben konnte,
nach den polnischen Teilungen soll
Rußland betrachtet werden, da es die
wichtigsten Teile Polens erhalten
hat. Zum besseren Verständnis wird
eine kurze historische Übersicht
über die Geschichte der Juden in
Polen gegeben. Danach soll die
ökonomische Situation der Menschen
im Schtetl beschrieben werden, wobei
ich insbesondere die
Strukturumwandlung zum Kapitalismus
und deren Folgen darstellen werde.
Einer genaueren Betrachtung möchte
ich dann das Sozialsystem des
Schtetlech unterziehen. Schließlich
soll auch der Chassidismus Erwähnung
finden, da er nicht nur in Osteuropa
entstanden ist, sondern auch die
meisten der Schtetlech auf
polnischem Gebiet von ihm beeinflußt
waren.
Als Quellen konnten die
Bildmaterialien aus den Werken von
Leon Brandt und Rachel Salamander
verwendet werden. Sehr nützlich
waren vor allem Memoiren,
Lebensläufe und Erzählungen von
Autoren, die noch selbst in einem
Schtetl geboren wurden, darunter die
Sammlung "Ostjüdische Geschichten",
herausgegeben von Ulf Diederichs,
und "Ostjüdische Erzähler",
ausgewählt und übersetzt von
Alexander Eliasberg. Des weiteren
wurden Überblicksdarstellungen
verwendet, wobei sich vor allem
Simon Dubnows Werke als wertvoll
erwiesen, da der geringe zeitliche
Abstand hier keine Idealisierung der
ostjüdischen Kultur nahelegte. Sehr
hilfreich war auch die ethnologische
Fachliteratur von Mark Zborowski,
die nur durch die Verallgemeinerung
aller Schtetlech leidet, was aber
aufgrund der Ziele dieses Werkes
nicht zu vermeiden war. Schwierig
war der Umgang mit dem Werk von
Peter-Heinz Seraphim, das zwar sehr
ausführliche, statistische
Informationen bietet, ansonsten aber
schon ganz klar von der
nationalsozialistischen Ideologie
getrübt wird.
Ich möchte noch kurz auf
ein statistisches Problem hinweisen.
Als erstes ist nicht genau zu
definieren, wer in der Statistik als
Jude aufgeführt wurde, ob nun also
nach religiösen oder sprachlichen
Faktoren gezählt wurde. Andererseits
ist sicher, daß die Zahlen keine
absolute Richtigkeit beanspruchen
können, da viele Juden die
Volkszählungen zu umgehen suchten,
sei es um keine Steuern zahlen zu
müssen oder den Sohn vor dem Militär
bewahren zu können.
Gegen Ende des 19.
Jahrhunderts dürften die Zahlen
aufgrund eines verbesserten
Statistikwesens relativ genau sein,
aber für alle früheren Angaben
sollte man dieses Statistikproblem
im Auge behalten.
Zum naechsten
Teil
1996© Andrea Ehrlich |