Hier, im Moskauer Staat war es den Juden hingegen
nicht oder kaum gestattet sich niederzulassen. Denn mit der Verlagerung
des Staatswesens wurde (1300) auch die gesamte kirchliche Orthodoxie samt
der antijüdischen Polemik der Kiewer Periode nach Moskau getragen und
strikt beibehalten.
Unter WASSILI Iwanowitsch (1505-1533)
war es nur wenigen jüdischen Kaufleuten, vor allem aus Polen und
Litauen, nicht aber für andere Juden gestattet, die Grenzen des
Moskower-Reichs zu überschreiten und sich hier niederzulassen.
Davon abgesehen mußten die Juden den Weg nach Moskau
über Nowgorod und dem damals noch litauischen Smolensk nehmen. Das sprach
sich bald herum und so häuften sich die Überfälle, so daß immer häufiger
der polnische König intervenieren mußte.
Obwohl es im Moskowiter-Reich so gut wie keine Juden
gab, ereiferten sich immer wieder einige Mönche mit judenfeindlichen
Texten.
Einer von jenen Mönchen war der Klosterbruder SAWWA,
der 1488 ein 'Sendschreiben gegen die Juden und Häretiker' verfaßte, in
der auch eine gekürzte Fassung einer Predigt des Metropoliten ILARION (um
1040-50 entstanden) enthalten war.
Ein anderer Mönch, das war MAKSIM vom Athos-Kloster
(1470-1556), der sich seit 1518 wegen Übersetzungsarbeiten in Moskau
aufhielt, auch er verfaßte polemische Schriften gegen das Judentum.
Dies alles scheint heute eher noch harmlos, als
jenes, was unter
IWAN IV. (1533-84) geschah. Nicht umsonst wurde er auch 'Grosny',
also der Schreckliche genannt. Er ließ nämlich nicht nur Juden wegen - so
die Anschuldigung - ihrer angeblichen 'Polenfreundlichkeit' erneut aus
seinem Reich vertreiben, sondern Iwan nahm verschiedene haarsträubende
Anlässe als Vorwand um die jüdische Bevölkerung sogar ermorden zu lassen.
Dies fand beispielsweise am 15.2.1563 statt, bei der
Eroberung von Plozk, wo er befahl die Juden dieser Stadt in dem Fluß Düna
zu ertränken und ihr Vermögen einzuziehen. Es kamen etwa 300 Juden dabei
um.
Unter Zar FEODOR Ivanowicz (1676-82)
wurden jüdische Händler erneut aus Moskau verbannt. Und diejenigen, die
bleiben durften, begann man unter Zwang zu taufen, die sich dann im
Geheimen aber weiterhin an die Gesetze des Judentums hielten.
Schließlich, als 1648 im Süden, von der Ukraine aus
der Aufstand unter der Führung des Bogdan CHMELNIZKIs
ausbrach, und der sich eigentlich gegen die polnische Herrschaft richtete,
kam es zu den bis dahin blutigsten Pogromen in der Geschichte der
Ostjuden, wo im Verlauf einer kurzen Zeit rund 120.ooo Juden den Tod
fanden.
Auch unter den beiden nachfolgenden Zarinnen hatte
sich die Lage der Juden kaum gebessert.
Während ihrer Regentschaft, 1725-27,
befahl Catharina I. Juden erneut aus allen russischen
Städten zu verbannen, was von ihren Nachfolgern beibehalten wurde.
Unter der Herrschaft KATHARINA II.,
(1762-1796)
fiel mit der Teilung Polens, 1772, nicht nur auch Weißrußland ans
Zarenreich, sondern es kamen noch neben der christlichen Bevölkerung rund
500.000 Juden an Rußland einschließlich des dort befindlichen unabhängigen
Kahals (Polen).
Der bis dahin gewissermaßen homogene jüdische
Bereich Polens wurde mit dieser Aufteilung zwischen Preußen, Österreich
und Rußland im Wesentlichen zerstört, da er gleichfalls in drei Teile
zerstückelt worden war.
Das eigentliche Gros der polnischen Judenheit, jene
Region also, wo die typische Schtetl-Welt
zu finden war, fiel fast gänzlich ans Zarenreich.
Dadurch entflammte erneut ein kirchliche
Antijudaismus, diesmal unter dem Moskauer Metropolit PLATON
(Lewschin; 1737-1812), der später vom Erzbischof LAWRENTIJ
(1776-1838) vehement weiter geführt wurde.