Zeugnisse jüdischen Lebens
außerhalb des Prager Zentrums:
Nicht nur in der Josefstadt
Zeugnisse
jüdischen Lebens findet man überall in Prag, auch außerhalb des historischen
Zentrums. Nach der wirtschaftlichen Befreiung der Juden im Jahr 1848
übersiedelten Juden aus dem Ghetto (Josevov) in nähere und entferntere
Prager Vororte. Und überall dort haben sie auch ihre Spuren hinterlassen -
Synagogen und Friedhöfe.
In der Prager Neustadt wohnten Juden bereits seit ihrer Gründung im Jahr
1348. Karl IV. erlaubte es ihnen, sich dort niederzulassen, unter der
Bedingung, dass sie "dort aus Stein und gründlich bauen" würden. Damals war
ein Zuzug von Juden aus ganz Böhmen mit Ausnahme der Prager Altstadt zu
verzeichnen, von wo sie nicht in die Neustadt ziehen durften. Sie ließen
sich rings um den alten jüdischen Friedhof in der Umgebung der heutigen
Vladislavova ulice und der Straße V jáme nieder. Hier hatten sie auch ihre
privaten Betstuben und ihre Synagoge ist bis zum heutigen Tag erhalten
geblieben.
Die
Jubiläumssynagoge in der Prager Neustadt, Jeruzalémská ulice
Eine der Folgen der Sanierungsmassnahmen, war der Abriss mehr oder
weniger großer Betstuben, die von Vereinen oder Privatleuten unterhalten
worden waren. Als Ersatz wurde von 1905-1906 durch den Verein zur Errichtung
einer neuen Synagoge die sogenannte Jubiläumssynagoge in der Jeruzalémská
ulice erbaut, die dann - mit Ausnahmen während der deutschen Besatzungszeit
- bis heute der Prager jüdischen Religionsgemeinde diente.
Das interessante Gebäude mit einer Reihe von Jugendstilelementen ist stark
vom maurischen Baustil beeinflusst. Den Bau realisierte nach einem Projekt
des Architekten Wilhelm Stiastny der Baumeister Alois Richter. Der
Entstehungszeit entspricht auch das Interieur mit Jugenstilmalereien nach
Entwürfen F. Fröhlichs.
Die Jubiläums- und die
Altneusynagoge sind die einzigen der vielen
einst existierenden Gotteshäuser, die auch heute noch der kleinen Prager
jüdischen Religionsgemeinde zur Abhaltung von Gottesdiensten dienen. Alle
weiteren in mehreren Prager Stadtvierteln nach dem Jahr 1900 entstandenen
Synagogen wurden entweder eingerissen oder dienen heute anderen Zwecken.
Die prunkvollste und größte dieser Synagogen, die
Synagoge des Viertels der Königlichen Weinberge (erbaut in den Jahren
1896-1897 in der Sázavská ulice) fiel einem der wenigen Luftangriffe auf
Prag in den letzten Monates des zweiten Weltkriegs zum Opfer.
Fotografien haben uns das Aussehen dieses repräsentativen
Neurenaissancebauwerks mit seinen zwei hohen Türmen in der Ostfront
erhalten. Prunkvoll war auch das Interieur, die Frauengalerie mit offenen
Arkaden zum Hauptschiff, der Torahschrein. Alles entsprach dem Wohlstand der
das Viertel bewohnenden Juden, eines der am besten prosperierenden Viertel
Prags.
Die ehemalige Synagoge in Líben
Es ist wohl vergebens in baufälligen Gebäuden, ehemalige Synagogen, in den
Vororten Prags darauf zu hoffen, dass sie wieder einmal am Freitagabend
durch die Gebete der Gläubigen zu neuem Leben erwachen würden. Im Viertel
Liben, im Areal einer alten jüdischen Siedlung in der heutigen
Kozeluzská ulice, dient das Gebäude der ehemaligen Synagoge den Zwecken des
Theaters Divadlo pod Palmovkou.
Die
ehemalige Synagoge in Michle
Im Viertel Michle (ulice U michelskeho mlyna 27) dient die
ehemalige Synagoge, ein bescheidenes Gebäude mit einer einfachen Fassade mit
historisierenden Elementen aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, heute
als Betstube der tschechoslowakischen hussitischen Kirche.
An der Fassade eines Gebäudes in der Stroupeznickeho ulice Nr. 32 im
Stadtviertel Smichov erinnert nur eine hebräische Inschrift daran,
dass hier bereits seit dem Jahr 1863 eine Synagoge für die Religionsgemeinde
des Viertels gestanden hatte.
Das Gebäude wurde 1941 geschlossen, die Einrichtung wurde wahrscheinlich
schon damals teilweise vernichtet. 1986 sollte das Gebäude abgerissen
werden, Denkmalschutzexperten stimmten dem Vorschlag zu. Die Mitarbeiter des
Jüdischen Museums versuchten, etwas zu unternehmen, um die Synagoge zum
Kulturdenkmal zu erklären und kurz vor der Wende von 1989 ist dies auch
gelungen.
Abb.: Wie so viele andere, dient auch die Synagoge des Viertels Smichov
heute nicht mehr ihrem ursprünglichen Zweck.
Im
Viertel Karlin (Vitkova ulice 13) hat in der ehemaligen Synagoge der
ökumenische Rat der Kirchen der Tschechischen Republik seinen Sitz.
Die Synagoge (s. Abb.) wurde im Jahre 1861 im maurisch-neuromanischen Stil
erbaut.
Auch andere kleinere jüdische Betstuben, so im Viertel Kosife (Na
Popeice Nr. 160) und im Viertel Žižkov
(Seifertova 48), dienen heute anderen Religionsgemeinschaften.
Jüdischer
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