JUDEN in der
ehemaligen Tschechoslowakei
von Chaim FRANK
Aufklärung
Das sogenannte
''Toleranzedikt'' Kaiser Joseph II., vom 20. Oktober 1781, gewährte
vor allem den Protestanten und anderen Nichtkatholiken, den Juden
lediglich eine gewisse Religionsfreiheit. Auch wenn im gleichen Jahr
noch die Leibeigenschaft aufgehoben wurde, so bedeutete dies noch
lange nicht, daß die Juden ihre volle Emanzipation erhielten, diese
sollte für sie erst ab 1867 sich tatsächlich abzeichnen. Juden
blieben auch in der Josephinischen Zeit nur eine ''geduldete''
Minderheit und waren keine vollberechtigten Untertanen.
Gewiß, das Zeitalter der
Aufklärung brachte zukunftsweisende Veränderungen, alte, fast noch
mittelalterlich wirkende Strukturen wurden aufgebrochen und änderte
nun auch im Habsburgerreich die Gesellschaft. Die freiere Entfaltung
des Handels, die neuesten Produktionsformen (z.B.verschiedene
Manufakturen, Kattun-, Chemie- und Zuckerfabriken,
Baumwollspinnereien und Webereien), sowie soziale wie auch
juridische Reformen brachten auch für Juden eine unerschöpfliche
Beteiligung am wirtschaftlichen und kulturellem Leben in Böhmen und
Mähren.
|
Alter Friedhof, Prag |
Die negative Haltung des
Habsburger und seinen Beamten gegenüber den jüdischen Untertanen, schlug
sich offensichtlich in der Durchführung der Anweisung des Jahres 1787
nieder, die die Juden zwang, bürgerliche Namen anzunehmen. Es war eine
sichtliche Freude für die Beamten, die Juden, vor allem arme Familien,
mit Spottnamen zu belegen und in die Dokumente niederzuschreiben; deren
Änderung oder Abschwächung sie sich dann teuer bezahlen ließen.
Maisel Synagoge, Prag
Photos:
Ceska Centrala Cestovniho Ruchu
1999 |
Davon abgesehen war Joseph
II. in seiner Reformbestrebung keineswegs gewillt das
Familiantengesetz, daß seit seiner Mutters Zeiten eingeführt worden
war, sowie die Wohnortbestimmung und die Sondersteuern (z.B.
Koscherfleisch-Steuer, Lichtbentsch-Steuer, u.ä.) die in den
Kronländern galten, zurückzunehmen. Denn die jährliche Steuer von
200.000 Gulden waren auch für Joseph II. eine süße, weil auch
sichere und überaus leichte Einnahme.
Das traditionelle und geistige
jüdische Leben in Böhmen wurde von Prag aus geführt, wo sich auch
die rabbinische Gelehrsamkeit befand.
Die führendste Persönlichkeit war
der Prager Oberrabbiner Ezechiel LANDAU
(1713-1793), der mit seiner Sammlung halachischer Response ''Noda
bi-Jehuda'' (Es ist bekannt in Juda) weite Anerkennung genas, so auch
sein Schüler, der spätere Prediger und Mitglied des Rabbinerkollegs,
Eleazar FLECKELES (1754-1826). Die HASKALA, die jüdische
Aufklärung, wurde am stärksten von Prag aus betrieben, zu deren
radikalsten Verfechtern neben anderen Herz HOMBERG (1749-1841)
gehörte, der sich auch für die Gründung moderner Schulen einsetzte und
für sie das Sittenlehrbuch ''Bnej Zion'' (Söhne Zions) schrieb. Ein
anderer, Peter BEER (1758-1839), verfaßte das erste
Schul-Lehrbuch zur Geschichte des Volkes Israel; sowie Rav Salomo Juda
RAPOPORT
(1790-1867) der bedeutende Oberrabbiner von Prag.
|
Die Druckerei des Moses Israel
LANDAU (1788-1844) zu Prag entwickelte sich bald zum Zentrum der
Aufklärungsschrift, wo neben Schriften der jüdischen Literatur des
Mittelalters auch Arbeiten zeitgenössischer Autoren herausgegeben
wurden.
Noch viele interessante
Persönlichkeiten müßten hier genannt werden, aber die vorgegebene Zeit
läßt es leider nicht gelten.
Zum nächsten Teil
Zum Inhaltsverzeichnis
Zur Eingangsseite
Jüdischer Wegweiser zur
Tschechischen Republik
Pruvodce po Ceske republice
Copyright 1998
haGalil onLine
|