Münchner
Merkur
Februar 1998
Erfolgreiche Online-Aufklärung
gegen Vorurteile:
Das größte jüdische
Internet-Magazin Europas
Ob
"gefillte Fisch per Mausdick", ein Essay über die zerstörte Welt des
jüdischen Ostpreußen, oder aktuelle Nachrichten aus Israel seit zwei Jahren
berichtet 'haGalil-online' im Internet (http://www.hagalil.com)
in deutscher Sprache über alle Facetten jüdischen Lebens. Von München aus
wurde man in kurzer Zeit zum größten jüdischen Internet-Magazin Europas.
"330.000 Seitenaufrufe haben wir pro
Monat", berichtet David Gall, der 'haGalil-online' gemeinsam mit Eva Ehrlich
ins Leben rief. Ziel war es, abseits von großen Organisationen ein Angebot
zu gründen, "das Juden ein Forum bietet, und in dem Nichtjuden sich über
jüdische Kultur und Geschichte, aber auch aktuelle Ereignisse, die mit
jüdischen Belangen zu tun haben, informieren können".
Neben einer Unmenge an Hintergrundwissen kann
man hier aber auch täglich neueste Nachrichten aus Israel und aus
deutschsprachigen Ländern Europas abrufen, "wir arbeiten mit verschiedenen
israelischen Zeitungen zusammen, und haben deren Texte abrufbar", sagt Eva
Ehrlich. "Das sind keine Themen, die nur für Juden interessant wären." Außer
auf deutsch gibt es bei "haGalil" auch Texte in der Internetsprache Englisch
und auf Hebräisch. Die meisten Leser kommen aus Deutschland, Israel und den
USA.
Die Verbundenheit mit dem Staat Israel ist
klar erkennbar, ebenso wie die Absicht Vorurteile und Befangenheit abzubauen
und die Vielfalt des jüdischen Lebens darzustellen. In den meisten Fällen
gelingt das. Die andere Seite zeigt sich in anonymen Telefonanrufen und
E-mails, die voller Drohungen und wüster Beschimpfungen stecken.
"Ganz offenbar ist es immer noch nichts
Selbstverständliches, wenn Juden in Deutschland ein deutschsprachiges
Magazin zu jüdischen Themen machen", meinen die beiden. Trotz solcher
Schattenseiten sind sie mit der inhaltlichen Entwicklung von
''haGalil-online" sehr zufrieden.
Dem redaktionellen Erfolg stehen finanzielle
Anfangsschwierigkeiten gegenüber. Noch ist 'haGalil-online' ein
Zuschußunternehmen. Gall, Ehrlich und andere arbeiten bisher 'ehrenamtlich',
"rund 180 Stunden pro Woche stecken in 'haGalil‘ drin", schätzt Gall.
Zur Absicherung von Fortbestand und
Weiterentwicklung von 'haGalil online' sollen weitere Werbepartner aquiriert
werden. "Aus Israel, der Schweiz, Österreich, der Tschechischen Republik
haben wir Werbekunden, aber nicht aus Deutschland", sagt Eva Ehrlich. Zwar
haben es viele Internet-Anbieter schwer, sich über Werbung zu finanzieren,
"aber zumindest ein Teil der Kosten müßte hereinkommen". Doch: "Ein
jüdisches Angebot? Sowas passt nicht in unser Kommunikationsprofil" - Sätze
wie diesen bekommen die Redakteure bei 'haGalil' von deutschen
Gesprächspartnern öfter zu hören.
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Ehrenamtliche Redaktion, wie
lange noch? |
Der Verdacht liegt nahe, daß hier
Vorurteile und Gleichgültigkeit mit im Spiel sind. Oder die irrige Annahme,
daß man Spenden zugunsten einer jüdischen Organisation sammle. Aber "wir
wollen keine Almosen, wir möchten, daß man bei uns ganz normale Werbung
schaltet. Wir sind eine excellente Werbeplattform, aber das geht offenbar
schwer in die Köpfe", sagt Ehrlich erstaunt. "Dabei sind unsere Leser ein
sehr interessantes Zielpublikum."
Rüdiger Suchsland
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