Schalom meine Liebe: Der Roman zum ersten deutsch-jüdischen Gegenwartsfilm
Seligmann »kommt der
Wirklichkeit jüdischen Lebens in Deutschland weit näher als die vielen
gutgemeinten Dokumentationen.«
›Die Zeit‹
Rafael Seligmann erzählt in seinem neuen
Gegenwartsroman Schalom meine Liebe eine deutsch-jüdische Liebesgeschichte.
Ron, die Hauptfigur des Romans, schwankt zwischen Israel und Deutschland.
Dort sind die willensstarke Yael und der gemeinsame Sohn Benni zu Hause.
Hier lebt seine schöne Freundin Ingrid. Wo soll er leben? Wo ist seine
Heimat? Ron entscheidet sich schließlich nach einem schmerzlichen inneren
Kampf für Deutschland, Benni und Ingrid, die von seiner Mischpoche aber als
»Schickse« abgelehnt wird. Besonders Esther-Edith, Rons Mutter, ist gegen
diese Verbindung, obwohl (oder gerade weil) sie selbst erst kurz vor ihrer
Hochzeit zum Judentum konvertierte.
Schalom meine Liebe enthält starke
autobiographische Züge, wobei die Grenze zur Fiktion fließend ist. Der Roman
besticht durch seine realistische Erzählweise und sein Bekenntnis zur
Versöhnung. Rafael Seligmann beschreibt schonungslos und mit einer gehörigen
Portion Selbstironie das Innenleben einer jüdischen Familie und Gemeinde.
Die Protagonisten stammen nicht aus der Welt der Reichen und Schönen,
sondern aus dem Milieu der kleinen Leute.
Rafael Seligmann ist ein Vertreter der zweiten
undogmatischen jüdischen Generation, die sich nicht mehr allein durch den
Holocaust definiert. Er verweigert sich bewußt dem deutsch-jüdischen Ritual
der Vergangenheitsbewältigung. Seine Bücher und Artikel beschäftigen sich
mit dem Leben und den Gefühlen der heute in Deutschland lebenden Juden.
Schalom meine Liebe basiert auf einem Drehbuch
des Autors zu einem zweiteiligen Film, der im Dezember in der ARD
ausgestrahlt wird.
Leseprobe
Sie hörte den Schlüssel in der
Wohnungstür. Ron trat ins Zimmer. Er überreichte Ingrid einen Strauß Rosen,
den er im Bahnhof besorgt hatte. Sie wollte etwas sagen, doch Ron hielt ihr
mit seiner kalten Hand sanft den Mund zu. Langsam löste er seinen Griff – um
sogleich ihre Lippen mit einem Kuß erneut zu versiegeln. Ingrid wollte sich
losmachen, dem Burschen gehörig die Leviten lesen. Doch sie spürte, wie Ron
sich an sie klammerte. Er brauchte sie. Ingrid strich über seine
widerspenstigen Haare, fuhr über seine fledermausartig abstehenden Ohren
ujnd drückte den Unruhigen an sich. Ingrid merkte, wie Rons Anspannung nachließ. Sie genoß seinen Kuß, seine
Zärtlichkeiten. Ron wurde sicherer. Er spielte mit ihren Brüsten. Ingrid
spürte wie ihr Leib heiß und feucht wurde. Rons Zunge tanzte in ihrem Mund.
Er bog ihren Kopf zurück. Mit einem Ruck machte sich Ingrid los »Erst läßt du mich kochen, dann hängen.« Rons Gesicht war gerötet, die Frisur zerzaust. Doch plötzlich blitzte der
Schalk in seinen Augen auf. Er blickte mit gespielt vorwurfsvoller Mine an
sich herunter. »Genau wie du!« Ingrid lacht auf. Sie bemühte sich, wieder eine ernste Mine aufzusetzen. Sie
durfte Ron nicht alles durchgehen lassen: »Wo bist du bis jetzt
rumgehangen?« »Arbeit! Nichts als Arbeit!«. »Jobs du seit neuestem als Diskjockey?« Ron schüttelte grinsend den Kopf. »Nein, nein ich mußte meine Mischpoche
kurz zu einer Hochzeit begleiten...« »Warum hast Du mich nicht mitgenommen?« »Weil ich so schnell wie möglich wieder verschwinden wollte.« Ingrid ahnte, daß Ron ihr etwas verschwieg, deshalb beharrte sie auf ihrer
Frage. »Warum?« »Was willst du hören?« »Die Wahrheit!« »Es war eine jüdische Hochzeit...« »Und da habe ich als Schickse nichts zu suchen?!« Das Schimpfwort brachte Ron erneut in Harnisch! »Scheiße! Unsinn! Natürlich
hättest du mitkommen können!« »Ohne davon zu wissen.« »Meine Mutter ist Schuld!« »Nein, du!« Ron ließ sich von Ingrids Einwurf nicht beirren. Er lief schreiend auf und
ab. »Edith war Christin! Sie selbst ist zum Judentum übergetreten. Jetzt
führt sie sich als Oberjüdin auf! Als Großinquisitatorin! Ich hab die
Schnauze voll davon!« »Warum hast du mich dann nicht mitgenommen!« »Weil ich ein Feigling bin.« Rons augenblickliche Ehrlichkeit ließ Ingrids Zorn verfliegen. Zärtlichkeit
für den Geliebten erfüllte sie. Sie umarmte Ron.
Der Autor: Rafael
Seligmann wurde 1948 in Israel geboren, seit 1957 lebt er in Deutschland.
Nach dem Studium der Neueren Geschichte und der Politischen WissenscHaften
in München und Tel Aviv Promotion über ›Israels Sicherheitspolitik‹. danach
Referent für Außenpolitik in Bonn, Redakteur, Dozent für Internationale
Beziehungen an der Universität München, Gründer und Chefredakteur der
›Jüdischen Zeitung‹; seit 1989 als freier Publizist, u.a. für ›Spiegel‹,
taz‹ und ›Die Welt‹ tätig.
Weitere
Bücher:
rubinsteins versteigerung
die jiddische mamme
nach rubinsteins versteigerung liegt hier der
zweite roman des deutsch-jüdischen autors rafael seligmann vor. auf deftige,
humorvolle weise erzählt er die geschichte eines jungen mannes, der
vergeblich versucht, sich aus den fängen seiner mutter zu befreien.seine
zahlreichen erotischen abenteuer stürzen ihn in immer ärgere verstrickungen.
der autor beweißt in seinem zweiten roman seine meisterschaft in der
konstruktion heilloser verwicklungen, die nur dem leben selbst abgeschaut
sein können. mit hintergründiger dialogkunst und katastrophischer komik ist
diese geschichte ein stoff wie für woody allen geschaffen.(albert sellner)
der musterjude
mosche bernstein, gerade vierzig geworden, ist es
leid, in seinem münchner shop jeans zu verkaufen, ebenso leid ist er die
terroristische fürsorge seiner mutter hanna und das ständige drängeln seiner
heiratssüchtigen freundin brigitte. sein herzenswunsch ist, als journalist
zu arbeiten, und er, der vorzeigejude, bekommt die chance, das politmagazin
logo! durch freche kommentare zu bereichern. er steigt zum super-kolumnisten
auf, setzt sich damit aber der rache neidischer zeitgenossen aus. rafael
seligmann, autor der jüdischen mamme, schreibt über die beziehungen zwischen
nichtjuden und juden in deutschland.
schalom meine liebe
diese originalausgabe ist der roman zum ersten
deutsch-jüdischen gegenwartsfilm. ron, die hauptfigur der geschichte aus dem
alltag einer frankfurter familie, ist alles andere als ein strahlender held:
er hängt an seiner ärmlichen mischepoche, möchte aber karriere machen, er
liebt ingrid und yael, zwei attraktive frauen, und er flieht in sein
traumland israel, um doch wieder in die deutsche heimat zurückzukehren. rons
hauptproblem ist aber benni, sein geliebter sohn und faustpfand der mutter
yael. ihn bei sich zu haben wird zur obsession.
Roman - dtv 20173 - 10-98 - 272
Seiten - DM 16,90
Rafi Seligmann:
Schalom, meine Liebe!
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