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Nachrichten

Beratung für NS-Verfolgte

Presseinformation:
Bundesverband Information und Beratung für NS-Verfolgte

Projektentwurf:
Gerechtigkeit für die Überlebenden der NS-Zwangsarbeit

Über 10 Millionen Menschen - die meisten von ihnen aus Mittel- und Osteuropa - wurden zur Zwangsarbeit im Dienste des NS-Staates bzw. deutscher Firmen gezwungen. Mit wenigen Ausnahmen sind sie weder für die seinerzeit geleistete Arbeit, noch für die menschenunwürdigen Lebensbedingungen entschädigt worden.

Fakten

Trotz zahlreicher Initiativen von Individuen, politischen Organisationen und parlamentarischen Vertretungen, u.a. durch das europäische Parlament und den Deutschen Bundestag weigert sich die Bundesregierung bis heute, den Überlebenden endlich Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Das innerhalb der Bundesregierung zuständige Bundesministerium der Finanzen verstieg sich sogar zu der Behauptung, heute sei nicht mehr feststellbar, welche Firmen aus der Beschäftigung von NS-Zwangsarbeitern Nutzen gezogen hätten.

Auch die Mehrzahl der Versuche, vor Gericht eine Entschädigung zu erstreiten, scheiterten. Mit den im Folgenden aufgelisteten Begründungen wurden Klagen immer wieder abgelehnt.

  • Durch das Londoner Schuldenabkommen sei eine Regulierung entsprechender Ansprüche erst nach Abschluß eines endgültigen Friedensvertrages möglich.
  • Die Ansprüche seien verjährt.
  • Eine Entschädigung sei durch entsprechende Paragraphen in den deutschen Wiedergutmachungsgesetzen (§ 8 BEG / § 1 AKG) ausgeschlossen.

Wenn dennoch Kompensationszahlungen von deutschen Firmen erstritten werden konnten, so meist im Zusammenhang integrierter Kampagnen aus gerichtlichen Klagen und intensiver, systematischer Öffentlichkeitsarbeit. Dies gilt zunächst für die frühen Fälle, in denen von der deutschen Industrie Zahlungen an (zumeist jüdische) Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter geleistet wurden.

1995 führte eine ähnliche Strategie im Fall des amerikanischen Staatsbürgers Hugo Princz zum Ziel. Ihm gelang es 1995 im Rahmen eines außergerichtlichen Vergleichs, nach vorheriger Klage in Washington DC (USA) gegenüber den Firmen Mercedes Benz, Bayer, BASF und Hoechst mehrere hunderttausend Dollar zu erstreiten.

Urteile in Bonn und Bremen

Eine neue Möglichkeit im Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland Ansprüche auf Entschädigung von NS-Zwangsarbeit zu erstreiten, ergibt sich aus der Tatsache, daß nach Abschluß des 2 + 4 Vertrages das Londoner Schuldenabkommen die Durchsetzung individueller Ansprüche nicht länger hemmt. Diese Rechtsauffassung hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluß vom 26. November 1996 bestätigt.

Das BVerfG wurde aufgrund einer Beschlußvorlage des Landgerichtes Bonn mit dem Thema befaßt. Dort hatten zweiundzwanzig überlebende ZwangsarbeiterInnen einer Rüstungsfabrik beim Konzentrationslager Auschwitz die Bundesrepublik Deutschland auf Schadenersatz verklagt. Nachdem das Verfassungsgericht die Möglichkeit einer solchen Klage grundsätzlich bestätigt hatte, allerdings auch Hindernisgründe bei deren Durchsetzung benannte, hat das LG Bonn am 15.November 1997 die Sache in erster Instanz entschieden.

Die Ansprüche von 21 der 22 Klägerinnen wurden mit Hinweis auf § 8 BEG abgelehnt. Dort sei eindeutig bestimmt, daß nur die - im BEG ausdrücklich aufgeführten - Tatbestände entschädigt würden. Die Zulässigkeit dieser Beschränkung sei durch das Bundesverfassungsgericht bestätigt worden. Deshalb müßten die Klagen all derjenigen Überlebenden zurückgewiesen werden, die nach diesem Gesetz bereits Leistungen, z.B. für Freiheitsentzug oder Gesundheitsschaden erhalten hätten. Lediglich einer Klägerin wurden 15.000 DM Schadenersatz zugesprochen.

Diese hatte sich während der Gültigkeit des BEG noch in Mitteleuropa befunden, wo dieses Gesetz nicht gültig war. Daher erhielt sie keine BEG-Entschädigung, sondern lediglich monatliche Härteleistungen in Höhe von 500 DM aus einem Fonds, der Jewish Claims Conference. Sowohl die unterlegenen Klägerinnen, als auch die im letztgenannten Fall unterlegene Bundesrepublik Deutschland haben Berufung gegen das Urteil des LG Bonn beim OLG Köln eingelegt. Dieses wird im Oktober 1998 erstmalig zur Sache verhandeln.

Ähnlich wie die Bonner Kammer entschied das Landgericht Bremen am 2. Juni 1998. Es wies zwei Klagen zurück, da die Kläger aus Israel und der Bundesrepublik bereits BEG-Leistungen erhielten. Der Klage eines rumänischen Klägers in Höhe von 15.000 DM wurde jedoch stattgegeben. Das Bremer Urteil folgte im wesentlichen der Argumentation des Bonner Gerichts. Es stellt jedoch neben dem Schadenersatzanspruch auf einen ergänzenden Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes ab.

Trotz der vordergründigen Niederlage der Mehrzahl der KlägerInnen in Bonn und Bremen eröffnen die Urteile eine wichtige neue Handlungsmöglichkeit für zahlreiche Überlebende der NS-Zwangsarbeit. Erstmalig wurde ein individueller Schadenersatzanspruch für diejenigen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter gerichtlich bestätigt, die gegen Zahlung eines Entgeltes an die SS Firmen überlassen wurden. Lediglich dann, wenn diese Betroffenen bereits eine Leistung nach dem BEG bzw. AKG erhielten, sah sich das Gericht durch die entsprechenden Ausschlußregelungen dieser Gesetze daran gehindert, weitere Leistungen zuzusprechen.

Daß die Mehrzahl der Bonner und Bremer KlägerInnen unter diese Einschränkung fielen, liegt an der mangelnden Heterogenität und damit Representativität beider Klägergruppen. Diese rekrutierten sich in der Mehrzahl aus bereits nach dem BEG entschädigten Überlebenden in westlichen Ländern. Dies trifft jedoch auf den weitaus größeren Teil der heute noch lebenden Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter nicht zu. Diese lebten und leben in Mittel- und Osteuropa und waren daher stets von den Leistungen des BEG und AKG ausgeschlossen. Eine Leistung von 15.000 Mark kann für diese KlägerInnen eine nachhaltige Verbesserung der Lebensqualität bedeuten. Die Summe übertrifft zu dem bei weitem die durchschnittliche Summe der unter dem BEG gezahlten Haftentschädigungen und wird lediglich von den gezahlten Entschädigungen bei vorliegen eines Gesundheits- und Berufsschadens übertroffen.

Strategie

Trotz der neuen Qualität der in Bonn und Bremen ergangenen Entscheidungen sind erst wenige Folgeklagen bei deutschen Gerichten eingegangen. Das dürfte im wesentlichen auf folgende Ursachen zurückzuführen sein:

  • Die meisten potentiellen KlägerInnen leben in Mittel- und Osteuropa. Ohne Unterstützung sind sie organisatorisch und materiell überfordert, ihre Interessen gerichtlich durchzusetzen.
  • Da das Bonner Verfahren bereits in die Berufung gegangen ist und gleiches für Bremen erwartet werden muß, sich eine endgültige Entscheidung daher, z.B. bei einer erneuten Anrufung des Bundesverfassungsgerichts, über mehrere Jahre hinziehen kann, (der endgültige, juristische Ausgang zudem ungewiß ist) bietet sich hier kein lukratives Betätigungsfeld für niedergelassene Rechtsanwälte auf der Vergütungsbasis von Erfolgshonoraren. Trotzdem ist die kontinuierliche Organisation von juristischem Druck ein wesentliches Mittel, auch zur Durchsetzung einer politischen Entschädigungslösung von NS-Zwangsarbeit.

Eine juristische Strategie

  • fokussiert die Interessen der Überlebenden NS-Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus verschiedenen Ländern.
  • involviert die Bundesregierung als Beklagte kontinuierlich in die Lösung dieser Problematik.
  • schafft einen öffentlichen Ort und kontinuierliches Interesse, vor allen Dingen auch im Ausland.

Ansprüche, die nicht kurzfristig gerichtlich geltend gemacht werden, drohen zudem erneut an den spätestens nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichtes vom 26 November 1996 neu anlaufenden Bewährungsfristen spätestens am 26. November 1999 zu scheitern. Der Bundesverband Information und Beratung für NS-Verfolgte wird daher die im folgenden näher beschriebene Kampagne initiieren und koordinieren:

Im Sommer 1998 wurde die Kampagne "Gerechtigkeit für die Überlebenden der NS-Zwangsarbeit" gestartet. Im Rahmen dieser Kampagne werden Gerichtsverfahren sowohl beim Landgericht Bonn gegen die Bundesrepublik Deutschland, parallel und je nach den zur Verfügung stehenden Mitteln auch gegen einzelne (möglichst prominente) Firmen angestrengt.

Verfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland

Beim Landgericht Bonn werden fünf bis zwanzig Klagen einer nach Geschlecht, Nationalität und Verfolgungsschicksal repräsentativen Gruppe von Überlebenden der NS-Zwangsarbeit anhängig gemacht. Die Biographie dieser KlägerInnen sollte im Wesentlichen den - von den Landgerichten Bonn und Bremen in ihren Urteilen aufgestellten - Kriterien für Anspruchsberechtigte entsprechen:

  • NS-Zwangsarbeit unter Nutznießung der SS
  • keine Antragsmöglichkeit nach BEG und AKG.

Die Gruppe sollte sich außerdem untereinander kennenlernen und ihre Mitglieder möglichst Deutsch sprechen. Nur so ist eine authentische Repräsentation der KlägerInnen gegenüber den Medien gewährleistet.

Eine Begrenzung der Anzahl einzureichender Klagen ist erforderlich, da das Prozesskostenrisiko bei einem Streitwert von 15.000 DM über zwei Instanzen pro KlägerIn bei ca. 11.000 DM liegt. Trotzdem ist auch die quantitative Dimension des Problems zu dokumentieren. Es werden deshaln, ebenfalls beim Landgericht Bonn, für alle anderen potentiellen KlägerInnen Anträge auf Prozeßkostenhilfe unter Beifügung einer vollständigen Klageschrift gestellt.

Die erste Zivilkammer des Landgerichts Bonn ist nach dem dortigen Geschäftsverteilungsplan nach wie vor für alle Ansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland zuständig. In ihrem Urteil vom November 1997 hat die Kammer ihre Rechtsauffassung zur Entschädigung von NS-Zwangsarbeit festgelegt und veröffentlicht. Es ist daher damit zu rechnen, daß Anträge auf Prozesskostenhilfe, die sich an dieser Entscheidung der Kammer ausrichten, mit hoher Wahrscheinlichkeit positiv beschieden werden. Dies gilt jedenfalls so lange, bis eine höhere Instanz das Urteil des Landgerichts Bonn aufhebt.

Wenn es gelingt, rechtzeitig eine relevante Anzahl von positiven Entscheidungen über die Gewährung von Prozeßkostenhilfe zu erwirken, können anschließend die entsprechenden Klageverfahren durchgeführt werden.. Selbst wenn man davon ausginge, daß die Bundesregierung bei einem obsiegenden Urteil der Kläger in erster Instanz erneut in die Berufung ginge, wäre die Entscheidung der Erstinstanz bindend und würde in jedem Fall gewährleisten, daß auch die nächste Instanz ohne volles Kostenrisiko getragen werden kann.

Klagen gegen Firmen

Wenn ein Rechtsnachfolger der nutznießenden Firma existiert, und die historischen Fakten ausreichend dokumentiert und recherchiert sind, sollen auch Klagen gegen Firmen anhängig gemacht werden. Dabei ist zu beachten, daß im Gegensatz zu den Klagen gegen die Bundesrepublik Deutschland keine vergleichbaren Präzedenzurteile existieren, auf die sich z.B. Anträge auf Prozeßkostenhilfe berufen könnten. Auch ist keine homogene gerichtliche Zuständigkeit gegeben. Die Klagen müßten vielmehr am Sitz der jeweiligen Firma anhängig gemacht werden. Zudem bedarf es für jede Firma einer ausführlichen historischen und dokumentarischen Recherche. Daher sind Verfahren gegen Firmen ungleich komplizierter. Für einige Firmen ist die historische Faktenlage ausführlich dokumentiert (z.B. VW und Daimler Benz).

Nach dem positiven Beispiel des Verfahrens Princz im Jahre 1995 und analog zu einer - vor wenigen Monaten eingereichten - Klage gegen die Fordwerke in Köln und USA, sowie zur Zeit dort vorbereiteten Klagen gegen Krupp und VW sollten für Unternehmen mit Weltmarktbedeutung und Niederlassungen in den Vereinigten Staaten die dortigen verbraucherfreundlicheren und erfolgversprechenderen Klagemöglichkeiten genutzt werden.

Besonders wichtig ist dies bei einer Klage gegen die Volkswagenwerke. Deren Hauptaktionär ist mit 20% das Land Niedersachsen, vertreten durch dessen Ministerpräsidenten und SPD-Kanzlerkandidaten Gerhard Schröder. Dieser hat sich, nachdem das Fernsehmagazin MONITOR über das Schicksal von NS-Zwangsarbeitern berichtet hatte, bereits für die Einrichtung einer Bundesstiftung zur Entschädigung von NS-Zwangsarbeit eingesetzt.

Kooperationen

In den vergangenen Monaten sind mit einer Reihe von Institutionen, die Interessen Überlebender - insbesondere in Mittel- und Osteuropa - vertreten, Vorgespräche zur hier skizzierten Kampagne geführt worden. Dort besteht die grundsätzliche Bereitschaft, eine Kampagne mitzutragen und insbesondere bei der Organisation und Dokumentation der Schicksale potentieller Klägerinnen und Kläger mitzuwirken. Daher erscheint es realistisch, kurz nach der Sommerpause eine erste Klage in Bonn einzureichen. Die folgenden Anträge auf Prozesskostenhilfe können dann jeweils sukzessive erfolgen.  Zur Zeit besteht Kontakt zu potentiellen KlägerInnen in den Niederlanden, Polen, Tschechien und Rußland und Weißrußland.

Kontakt und Nachfragen:

Lothar Evers / Uwe Peña / Stephan Bülow
Bundesverband Information und Beratung für NS-Verfolgte e.V.
Holweider Str. 13-15
51065 Köln
Tel.:    0221 / 61 20 41     Fax: 0221 / 962 44 57

email: nsberatung@hagalil.com

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