Die Streitigkeiten um das Kreuz in
Auschwitz
Das Kreuz auf dem Gelaende der sog. Kiesgrube
(Zwirownia - in diesem Teil des KZ's befanden sich hauptsaechlich
polnische Haeftlinge u. juedische Intellektuelle) im ehem. KZ Auschwitz,
ist ein Ueberbleibsel des Altars, an dem der Papst waehrend seiner
Wallfahrt im Jahre 1998 eine Messe hielt.
Gegen die Anwesenheit dieses Kreuzes in Auschwitz
protestieren juedische Gruppierungen; u.a. der Chefredakteur der
Monatsschrift "Midrasz" u. Mitglied der warschauer juedischen Gemeinde -
- Herr Konstanty Gebert (Dawid Warszawski): "Das Kreuz darf dort aus
zweierlei Gruenden nicht stehen:
Erstens weil es auf dem groessten juedischen Friedhof der Welt
steht. Gemaess der juedischen Tradition sollten auf juedischen
Friedhoefen keine Symbole anderer Religionen vorhanden sein.
Zweitens sehen viele Juden einen Zusammenhang zwischen der
jahrhundertelangen christlichen Judenfeindschaft und den NS-Verbrechen.
Viele stoert also das ueber dem Lager aufragende Kreuz.
Das erste Argument wurde von der Kirche anerkannt. Fuer ein Verbleiben
des Kreuzes streiten also nur schlechtinformierte Menschen, von denen es
aber noch immer sehr viele gibt", so Gebert in der "Gazeta Wyborcza" und
im Polnischen Fernsehen.
Unterstützung fand Gebert bei Henryk Wujec,
Demokrat und Sejmabgeordneter der Partei Unia Wolnosci
(Parlamentsmitte), welcher sich gegen den Verbleib des Kreuzes
ausspricht: "Nach Veroeffentlichung des vatikanischen Dokuments zur
Shoah, welches wir als eine Art grosse Beichte der Kirche gegenueber dem
juedischen Volk ansehen koennen, meine ich, dass ein neuer Streit um das
Kreuz in Auschwitz der Auffassung des Apostolischen Stuhls
entgegensteht". (Aussage im Polnisches Fernsehen u. in der "Gazeta
Wyborcza")
Nach Mitteilung des Politologen u. Publizisten
Ryszard Holzer, hat auf Anregung des mit "RADIO
MARYJA" verbundenen Milieus fast die Hälfte der Sejmabgeordneten der
Gruppierung AWS ("Akcja Wyborcza Solidarnosc'' - ein aus mehreren
antikommunistischen Parteien zusammengesetzter Wahlblock) sich fuer den
Verbleib des Kreuzes ausgesprochen. Auch Lech Walesa nutzte die
Gelegenheit zu einer Erklaerung die stark an seine Wahlkampfreden
erinnerte. Mehrfach schon hatte Walesa antijuedische Emotionen, gemischt
mit katholischer Inbrunst, genutzt um Macht und Einfluss zu erlangen
bzw. zu festigen.
Die leidige Angelegenheit sollte, wenn
irgendmoeglich ohne Einmischung der Politik behandelt werden. Fuer viele
Katholiken ist das Kreuz Zeichen einer Ehrfurchtsbezeigung vor den
Opfern. Fuer viele Juden symbolisiert es die Einverleibung des Holocaust
durch kirchliche Institutionen.
Die Entscheidung, was nun mit dem Kreuz geschehen
solle, sollte schnell getroffen werden von jüdischen und kirchlichen
Gremien.
Wenn in diesem Dialog Politiker sich
vorzudraengeln versuchen, so tun sie es nicht um eine Loesung
auszuarbeiten, sondern um eigener Interessen willen. Die Initiatoren der
Abgeordneten-Initiative vertiefen den Graben zwischen der polnischen
Kirche und dem Vatikan. Auch die "Akcja Wyborcza Solidarnosc'' gerät in
eine Zerreissprobe.
Resultat ist also in beiden Faellen genau das Gegenteil dessen, was die
Betreiber vorgeben. Hinter den Worten der Besorgnis um christliche
Symbolik steckt die Schwaechung der Kirche. Hinter den
antikommunistischen Worten steht eine Stärkung der SLD
(postkommunistische Vereinigung).
Am Sonntag (22.03) gab es hierzu eine
Fernsehdiskussion. Beteiligt waren: Vertreter der juedischen Gemeinde -
Stanislaw Krajewski. H. Grosfeld, ein christlicher Jude, Mitglied des
Epikopats-Ausschusses fuer Annaeherung zum Judaismus. H. Parrer
Chrostowski, ebenfalls Mitglied dieses Epikopats-Ausschusses u. H.
Shabat (per Satellit), stellvertretender Vorsitzender eines juedischen
Verbandes in den USA.
Ich hoffe, Ihr konntet einen gewissen
Eindruck von der Sache gewinnen.
Mit herzlichen Schalom aus Warzsawa Rajmund Sulik (23.03.98)
PS: Pater Rydzyk,
Redemptionist und Gruender des Senders "RADIO MARYJA", welcher sich
durch aggressive und intolerante Ausstrahlungen auszeichnet, bezeichnet
sich oft als den "wahren Katholiken''. Er scheint dem franz. Bischof
Levebre nahezustehen.
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