[Online-Bildung:
Antisemitismus gestern und heute]
Teil 3
Die übermächtige Minderwertigkeit des
Unbekannten:
Immunisierung durch Bildung
David Gall
Im Antisemitismus findet sich die
verschwörerische Kombination der "Minderwertigkeit" mit der
"Übermächtigkeit" und es stellt sich ein geheimnisvolles Hin- und
Hergerissensein zwischen "Verachtung", "Neid" und "Ehrfurcht" ein. Der
Antisemit meint, bei aller angeblicher Fremdheit, er habe den Juden
erkannt, oder besser "durchschaut".
Vielleicht ist ja gerade deshalb das "Streben nach finanziellen
Vorteilen", das "Verschieben und Manipulieren zur Erlangung materieller
Vorteile", der Renner aller Antisemitismen.
Abb.:
Der "Völkische Beobachter" wirkt fort (zur
Vergrößerung klick!)...
Wie dem auch sei, um eine Immunisierung gegen die verführerische
Enthüllung des Jüdischen zu fördern, ist es notwendig einerseits das
Vorurteil selbst bloßzustellen, und dies durchaus in seiner
jahrtausendelangen und (fast) universellen Präsenz zu dokumentieren,
andererseits ist es aber mindestens ebenso wichtig das Unwissen über das
Judentum zu mindern, da sich nur im Vakuum des Nichtwissens Gerücht und
Lüge ausbreiten können.
Hier kommen wir wieder auf die spezielle
Problematik des "Antisemitismus ohne Juden" zu sprechen. Denn gerade
dort, wo Juden als gewöhnliche Menschen, Kollegen, Nachbarn nicht in
ausreichender Anzahl und Vielfalt präsent sein können oder wollen, kann
sich das Gerücht von der "übermächtigen Minderwertigkeit" oder auch der
"minderwertigen Übermächtigkeit" nicht relativieren. Das Bild einer
verschlossenen in gemeinsamen Verschwörungsplänen verbundenen
Gesellschaft bleibt erhalten.
Dies gilt in besonderer Weise für Länder, in denen Juden traditionell
durchaus präsent waren, nun aber aus der zwischenmenschlichen
Wahrnehmung "verschwunden" sind, in der Erinnerung, als Gerücht oder
Phantom aber immer noch übergroß und unfassbar existieren.
Bestes Beispiel ist Deutschland, wo Juden aus historischen Gründen im
Denken und Reden, aber auch im Gedenken und Nachreden, wesentlich
präsenter sind als im reellen Alltag. Hier wird das Gerücht oft zur
einzigen Informationsquelle geadelt.
Um eine Desensibilisierung in
Bezug auf die oben beschriebenen Trigger-Effekte herbeizuführen
verspricht die Einbeziehung oder Erreichbarkeit oder Ansprechbarkeit des
"Geheimnisvollen" einen Versuch wert zu sein. Das Judentum sollte also
alltäglich und selbstverständlich und unspektakulär erreichbar sein. In
allen Bereichen des Alltags, d.h. in allen Bereichen von Kultur und
Gesellschaft. Dies muss insbesondere auch für moderne Ausdrucksformen
und Medien gelten, denn die jüdische Gemeinschaft darf nicht nur als
museal-passiver Teil der Geschichte wahrgenommen werden; es muss auch
als aktiver Teil in der Gegenwart bemerkbar sein.
Es geht beim Modell "haGalil" also nicht nur um ein Zurückdrängen
rechtsextremistischer Propaganda. Es geht nicht nur darum gegen die
Lüge, als vielmehr für die Wahrheit, zu arbeiten. Wer gegen
die Einfalt auftritt, sollte die Vielfalt selbstverständlich und
unspektakulär mit gestalten.
Nächster Teil folgt...
Online-Bildung :
Antisemitismus gestern und heute
Ist die Geschichte der Menschheit eine
unendliche Geschichte von Lüge und Hass? Ja, auch. Aber eben auch eine
Geschichte von Wahrheit und Aufklärung und Solidarität - gegen Lüge, Hass
und Gleichgültigkeit...
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