"Geistige Brandstifter von Links":
Bieberstein, ich hör dir trapsen!
Von Andrea Livnat
Eine neues Buch, das bisher nur in der rechten Presse und
in rechten Foren Beachtung fand, sei unseren Lesern nicht vorenthalten.
"Geistige Brandstifter von Links" nennt sich das von Ruth Römer
herausgegebene Werk, das zeigen will "wie Anti-Demokraten an den Hochschulen
den Ton angeben", und zwar "am Beispiel Bielefeld".
Ruth Römer, fragt man sich zunächst, wer kann das sein. Das
vom Aula-Verlag Graz herausgegebene Buch informiert über die Herausgeberin
ausführlich, dass sie nämlich 1927 in Dresden geboren wurde, wo sie studiert
hat und dass sie schließlich als Professorin für deutsche Sprache und
Literatur und ihre Didaktik in Bielefeld bis zur Emeritierung 1990 tätig
war. Sehr schön! Wen genau gibt sie aber heraus? Wenn Ruth Römer die
Herausgeberin ist, wer hat das Buch oder die Beiträge dazu geschrieben? Dazu
findet man kein Wörtchen.
Aber eigentlich ist das auch nicht nötig, Johannes Rogalla
von Bieberstein hat hier klar seine Finger im Spiel. Das ganze Buch
erscheint wie eine einzige Abrechnung mit allen jenen, die sich im
Zusammenhang mit der Hohmann-Affäre gegen den "Archivar aus Bielefeld"
äußerten, der jenes Buch geschrieben hat, auf das sich
Martin Hohmann in seiner Rede um das
deutsche Tätervolk berief.
Die Hohmann-Affäre ist dann auch das erste Kapitel von
"Geistige Brandstifter von Links", das gleich zeigt, woher der Wind weht.
haGalil erhält hier besondere Aufmerksamkeit. Die Hohmann-Affäre, so der
unbekannte Autor, stelle "einen der größten Skandale in der Geschichte der
Bundesrepublik dar." Sie habe viele aufgewühlt, "weil es um die Bedrohung
der grundgesetzlich verbrieften Meinungsfreiheit eines Abgeordneten ging."
Hohmann sei Opfer der Medien und deren Falschberichterstattungen geworden,
aufgrund der "rufmörderischen" Behauptung, Hohmann habe die Juden als
"Tätervolk" bezeichnet.
Die Tel Aviver Redakteurin Andrea Livnat habe die CDU
beleidigt, muss ich amüsiert lesen, "und mit ihr jegliche patriotische
deutsche Regung". Beleidigt nämlich durch die "Unterstellung", dass es
zahlreiche CDU-Mitglieder gebe, die in rechtsradikalen Vereinen sprechen.
Mal ganz davon abgesehen, dass ich das nicht unterstellt habe, sondern mich
auf eine
Panoramasendung vom Juni 2002 berufe, die ebenfalls nicht wild
unterstellt, sondern ganz einfach Fakten und Tatsachen vorgestellt hat,
waren die in der Sendung interviewten CDUler ganz und gar nicht beleidigt,
aber davon kann sich ja jeder Leser selbst ein Bild machen.
Aber, aha, jetzt wirds interessant, dies alles, also die
Beleidigung der CDU, müsse "in Zusammenhang gesehen werden mit den
weitverbreiteten jüdischen Vorbehalten gegen die deutsche Einheit". Was?
Also ich persönlich habe keine Vorbehalte gegen die deutsche Einheit, auch
keine jüdischen. Ob das aus der israelischen Tageszeitung Haaretz zitierte
Statement: "Eine Wiedervereinigung zum gegenwärtigen Zeitpunkt wäre ein
klarer Sieg der Rechten" (ohne Nennung des Autors), so passend ist? Es
stammt vom 29. November 1989, ist also fast 20 Jahre alt! Man kann doch für
alles ein schönes Zitat finden, wenn man es nur lang genug sucht! Und was
genau hat das mit der Tatsache zu tun, dass es am rechten Rand der Union
Mitglieder gibt, die in rechtsradikalen Vereinen sprechen?
Der Autor hält fest: "Der private israelisch-deutsche
Internet-Dienst haGalil hat sich eine Art Meinungsüberwachung zur Aufgabe
gemacht." Oh Graus! Ganz Deutschland unterliegt der Meinungsüberwachung von
haGalil... Zudem haben wir, wie der Autor zu berichten weiß, "in die
linksradikale Szene ausgreifende Aktivitäten", die so fragwürdig geworden
sind, "daß die rot-grüne Bundesregierung sich nach einer Anzahl von haGalil
verlorener Prozesse sowie vieler wütender Proteste gezwungen sah, ihm die
Subventionen aus dem "Kampf-gegen-rechts"-Topf zu streichen."
Welche linksradikale Szene? Welche Prozesse denn? Meine Güte,
der Autor scheint ja erschreckende Einsichten zu haben! Der weiß mehr, als
wir selbst! Vielleicht kann er uns ja die Gründe für die
Einstellung der Förderung erklären, das zuständige Bundesministerium
(BMFSFJ) konnte dies jedenfalls bis heute nicht...
Nur, was hat das eigentlich mit dem Thema des Buches zu tun,
wird man sich mittlerweile fragen. Doch schon im nächsten Unterkapitel folgt
die Antwort. Das wendet sich nämlich dem "PDS-Mann Max Brym" zu, der den
"Startschuss" gab. Sein Artikel "Edition
Antaios: Geschichtsrevisionisten und Antisemiten im intellektuellen Gewand"
bei haGalil habe die Treibjagd zur Hohmann-Affäre eröffnet. Der eigentliche
Aufhänger war also die Quelle Martin Hohmanns, das Buch "'Jüdischer
Bolschewismus' - Mythos und Realität" von Johannes Rogalla von Bieberstein.
Das ist also des Pudels Kern - und wie die weitere Lektüre
zeigt, kreist das ganze Buch um Johannes Rogalla von Bieberstein, teilweise
mit derart genauen Informationen über das wie und wann der Geschehnisse, die
die Vermutung nahelegen, dass Rogalla von Bieberstein selbst der eigentliche
Verfasser von "Geistige Brandstifter von Links" ist.
Zu bekannt klingen beispielsweise die Berufungen auf "linke,
liberale und jüdische Historiker", die Rogalla von Biebersteins erstmals
1976 publizierte Dissertation als Standardwerk loben ("'Jüdischer
Bolschewismus' - Mythos und Realität" ist eine Fortsetzung dieser Arbeit).
Man kann nicht anders, als es die Anführung von "Alibi-Juden"
zu bezeichnen. Warum sonst ist es nötig, den renommierten Historiker Peter
Pulzer als "1938 als Schuljungen aus Wien vertriebene(n) prominente(n)
Oxforder Antisemitismusforscher" vorzustellen? Warum überhaupt schreibt
unser unbekannter Autor von jenem Beitrag, mit dem Pulzer das Werk Rogalla
von Biebersteins gewürdigt habe? Werfen wir einen Blick auf jene Rezension:
Peter Pulzer ist emeritierter Professor für
Politikwissenschaft und Zeitgeschichte der Universität Oxford, sowie
Vorsitzender des Leo Baeck Institutes London. In seiner Rezension in
"English Historical Review" vom November 2004, auf die sich der Autor
bezieht, heißt es, dass das Buch zwar interessantes Material enthalte, es
jedoch nicht einfach sei, Rogalla von Biebersteins Schlussfolgerungen zu
sehen. Rogalla von Bieberstein präsentiere einen Katalog aller Revolutionäre
jüdischer Abstammung, manchmal nur im entferntesten, manchmal keine
Bolschewiken im strikten Sinne, sowie zahlreiche Aussagen von jüdischen
Zeitgenossen zum Thema. Der Leser des Buches komme nicht umhin sich zu
fragen, so Pulzer, in welchem Maße eine Katalogisierung solcher Fakten und
Meinungen eine Note von Apologie enthält. Rogalla von Bieberstein bemühe
sich, eine solche Absicht abzustreiten, erscheine jedoch als Gefangener
seines Materials. Und abschließend urteilt Pulzer: "Das Gerücht des
jüdischen Bolschewismus ist es sicherlich wert, erforscht und historisiert
zu werden, aber es erklärt eher weniger als Bieberstein behauptet."
Soviel also zur "Anerkennung" durch "jüdische Historiker". Am
haarsträubendsten ist wohl jene Anmerkung des unbekannten Autors, dass
Rogalla von Bieberstein bei einer Tagung der Friedrich-Naumann-Stiftung im
Herbst 1997 in Krakau großen Beifall und auch Lob von jüdischer Seite
erhalten habe: "Die Ehefrau eines der prominentesten deutschen Juden dankte
ihm dort nach seinem Vortrag dafür, daß er es gut mit den Juden meine." Na,
das ist doch fein! Wenn die Ehefrau eines prominenten deutschen Juden das
sagt, ja dann... Vielleicht wollte die Dame ja nur zum Ausdruck bringen,
dass gut gemeint oft das Gegenteil von gut getan ist.
Für die Tatsache, dass dieses anerkannte, viel gelobte Werk
über den "Jüdischen Bolschewismus" in einem kleinen (rechten) Verlag
erscheinen musste, gibt es natürlich auch eine tolle Erklärung! Führende
deutsche Zeitgeschichtler wollten sich nämlich mit dem Manuskript nicht die
Finger verbrennen und die großen Verlage hätten sich gescheut, das Buch in
ihr Programm aufzunehmen, da jene befürchten müssen, "bei politisch nicht
"korrekten", d.h. unangenehmen und daher tabuisierten Themen unter Druck zu
geraten". Wie fein von Edition Antaios, sich nicht der "Diktatur der
sogenannten "Political Correctness"" zu unterwerfen!
HaGalil als "Inszenator des Politikskandals" bekommt noch
eine ordentliche Portion ab. Unser ehemaliger, mittlerweile verstorbener
Mitarbeiter Klaus Parker s"l wird nach Tel Aviv verpflanzt (sitzen dort die
Inszenatoren von Politikskandalen in der Bundesrepublik?), haGalil habe die
Rede von Hohmann "zu einer riesigen, die CDU in eine Zerreißprobe bringende
Staatsaffäre" aufgebauscht. Die arme CDU, musste sich einfach unserer
Meinungsdiktatur unterwerfen! Frau Merkel hört eigentlich immer auf das, was
wir so sagen, da hat sie dann auch gleich reagiert. Überhaupt haben wir,
haGalil, der Zentralrat, die Juden, ganz Deutschland in der Hand, und dann
sind wir ja auch immer so sensibel. Denn Martin Hohmann, so der unbekannte
Autor, habe ja nun nichts anderes gemacht als das "Mega-Tabu" "Jüdischer
Bolschewismus" aufgegriffen. Er tat das "als Politiker vereinfachend in der
Absicht (..), gegen die Kollektivschuldthese anzugehen". Und dabei,
festhalten!, hat er "äußerst sensible Juden mit der - anschließend von ihm
verneinten - rhetorischen Frage nach dem "Tätervolk" elektrisiert". Aha,
ganz klar, die Juden machen mal wieder einen auf Sensibelchen...
In Folge des Hohmann-Skandals geriet Johannes Rogalla von
Bieberstein in die Kritik, was schließlich auch dazu führte, dass an seiner
Universität, der Universität Bielefeld, eine Kommission einberufen wurde, um
Rogalla von Bieberstein und sein Buch auf Volksverhetzung zu prüfen. Der
Rest der unter Ruth Römers herausgegebenen Buches widmet sich der Antifa und
all jenen an der Universität Bielefeld, die sich gegen Johannes Rogalla von
Bieberstein äußerten, wobei die Worte "Treibjagd", "Stigmatisierung" die
wichtigsten Stichworte sind. AStA und Antifa-AG der Universität Bielefeld
haben sich gemeinsam für die sofortige Entlassung von Dr. Rogalla von
Bieberstein eingesetzt, das Buch ist offensichtlich die Abrechnung dafür.
So folgt beispielsweise eine Aufstellung von Aktivitäten der
Antifa und Linken in NRW und Bielefeld, mit ganz erschreckenden
Enthüllungen, wie beispielsweise, dass sich Andrea Baier von der Universität
Bielefeld 1994 bei einer Tagung der Lippischen Landeskirche "über "lesbische
Existenz" als "Widerstandsform" auslassen" durfte. Oh je! Und die
Landespfarrerin für Frauenarbeit, Birgit Wulf-Meier-Pötsch forderte gar,
"daß wir als Christen nicht in der Diskussion an moralischen Äußerlichkeiten
wie Homosexualität, Heterosexualität, Ehe und Zeugung stehen bleiben
dürfen." Zustände sind das in NRW! Man kann dies nur amüsiert lesen,
versucht doch der unbekannte Autor krampfhaft, Johannes Rogalla von
Bieberstein, der sich nicht scheut bei einer Tagung des Bundes Junger
Ostpreußen, dem Studienzentrum Weikersheim und der Staats- und
Wirtschaftspolitische Gesellschaft e. V. Hamburg aufzutreten, aus der
rechten, aus der streng konservativen Ecke zu befreien.
Abgerechnet wird aber auch mit Prof. Hans-Ulrich Wehler (wo
es sich so anhört, als ob es nur deswegen geringschätzig über Rogalla von
Bieberstein redet, weil sein "Intimfeind" Ernst Nolte das Vorwort zu
"Jüdischer Bolschewismus" geschrieben hat), Dr. Lutz Hoffmann und besonders
Prof. Wilhelm Heitmeyer, dessen politische Herkunft ihn in den Augen des
unbekannten Autors als kompetenten Forscher unmöglich machen. Auch
Studenten, wie etwa Mario Andreas Sarcletti, "spielten als verfolgungswütige
Politruks beim "Bieberstein-Skandal" eine besondere Rolle" und werden daher
als "dreiste Politkommissare" etc. bezeichnet.
Der Herausgeberin des Buches, die emeritierte Bielefelder
Professorin Ruth Römer, begegnet man erstmals auf Seite 132, sie schrieb
nämlich nachdem sie Rogalla von Biebersteins Buch gelesen hatte, einen
empörten Brief an den Rektor der Universität Bielefeld, wo sie sich über die
Kommission gegen Rogalla von Bieberstein und sein Buch beschwerte.
Um es kurz zu sagen, das Buch bringt seitenlange Erklärungen
über Rogalla von Biebersteins lupenreine Weste, schließlich ist er Mitglied
des Johanniter Ordens und des Evangelischen Arbeitskreises, sowie
seitenlange Beispiele über die bösen linken Gruppierungen in Bielefeld, um
zu dem Fazit zu gelangen: "Aus all dem hier Dokumentierten ist klar
ersichtlich, daß sich sowohl der Bielefelder AStA als auch das Rektorat der
Universität zum Schaden der Universität und auch der Region Ostwestfalen mit
der vom AStA finanzierten und von der SED-Nachfolgepartei protegierten
dubiosen Antifa-AG der Universität tief eingelassen haben."
Einen Lichtblick lässt uns der unbekannte Autor noch
erheischen: "Im Süden der Bundesrepublik, wo es die erfolgreichsten
deutschen Universitäten gibt, sind derartige Wucherungen des 68er-Erbes
unbekannt oder doch längst beschnitten worden."
Ja, in Bayern herrscht halt noch Recht und Ordnung! haGalil
ist übrigens in München ansässig... |