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Jean-Marie Le Pen geht fremd:
Querfront oder Front National?

Alain Soral und Dieudonné erneut auf krummen Wegen...

Von Bernard Schmid, Paris

Jean-Marie Le Pen, Parteichef des rechtsextremen Front National (FN), ist in diesem September in gewissem Sinne fremd gegangen. Aus Kostengründen hatte der Front National sowohl seine "Sommeruniversität" – die Sommerakademie für die Parteikader findet normalerweise alljährlich Ende August statt – als auch das sonst im Herbst anstehende "Blau-Weiß-Rot-Fest" (Fête BBR, für Blau-Blanc-Rouge) in diesem Jahr abgesagt. Die rechtsextreme Partei muss nämlich sparen: Aufgrund seines schlechten Abschneidens bei den Parlamentswahlen sind die Parteikassen leer ([1]), und ferner muss die noch den nächsten Kongress am 17./18. November in Bordeaux organisieren und bezahlen.

Einer "eigenen" Sommeruniversität beraubt, tauchte Le Pen am Wochenende des 8./9. September in der Nähe von Versailles auf einer Sommerakademie auf, die von Anderen organisiert worden war. Es handelte sich um eine Ansammlung von 300 Leuten (so jedenfalls die Zahlenangabe der FN-eigenen "Nationalen Wochenzeitung", National Hebdo, NH, vom 13. September), die auf einen Aufruf der Association 'Egalité et Réconciliation' – Vereinigung "Gleichheit und Aussöhnung" – hin in das Kaff Villepreux zusammengeströmt waren. Diese Kommune mit rund 9.500 Einwohnern liegt in zwölf Kilometern Entfernung von Versailles.

Alain Soral

Die o.g. Vereinigung ist, laut dem Bericht von NH, vor nunmehr vier Monaten durch den Schriftsteller Alain Soral gegründet worden ([2]). Der Romancier trat seit längerem als Provokateur und politischer Geisterfahrer in Erscheinung, und berät seit rund zwei Jahren Le Pen ([3]). Am 6. Februar 2007 trat er offiziell dessen Wahlkampfteam zur Präsidentschaftswahl bei.

Der frühere Linke (mit oder ohne Anführungszeichen) Alain Soral, Jahrgang 1958, der in jüngerer Zeit vor allem durch seine antifeministischen, provokatorischen und teilweise pornographischen Schriften auffiel, gehörte bis in die frühen neunziger Jahre der französischen KP an. 1993 trat er aus der Partei aus. Danach ging er auf Abstand zur Linken, die in seinen Augen nicht mehr glaubwürdig den Wunsch nach radikaler sozialer Veränderung verkörpern konnte. Den Niedergang der KP vor allem in den Banlieues beschrieb er in einem 2002 erschienenen Buch (Jusqu'où on va descendre. Abécédaire de la bêtise ambiante, also "Bis wohin wir herabsinken werden. ABC der umgebenden Dummheit") und führte ihn dabei vor allem auf die Immigration zurück. Letztere habe zu einem Austausch der altansässigen Arbeiterschaft durch eine subproletarische und multinationale Bevölkerung geführt. Faktoren wie die Veränderung der Arbeitsverhältnisse selbst blendet Soral dabei völlig aus. Ebenso wie die Tatsache, dass auch zu Zeiten rauchender Fabrikschlote in den Banlieues -– die damals noch Arbeitervorstädte und von Industrieansiedlungen geprägt waren -– deren Bevölkerung bereits zu einem Gutteil aus Einwanderern bestand.

Neben der Einwanderung als angeblicher Ursache des Niedergangs für den Parteikommunismus bekämpft Soral vor allem die "Feminisierung" der Gesellschaft, die er in seinem zweiten zentralen Buch als "antidemokratisches Komplott" darzulegen versucht. Alles in allem verkörpert Soral die Gedankenwelt einer politisch desorientierten Fraktion der Arbeiterschaft, die durch die gesellschaftlichen Veränderungen der letzten 15 Jahre völlig in die Defensive geraten ist. Und die sich sowohl aufgrund des Wegfalls sozialer Garantien und aufgrund der neoliberalen Umwälzungen, als auch aufgrund gesellschaftlicher Modernisierungserscheinungen (Selbstbewusstsein  der aufwachsenden zweiten bzw. dritten Immigrantengeneration und der jungen Frauen u.ä.) nicht mehr zurecht findet, sondern mit dem Rücken an der Wand wähnt. Der Wegfall traditioneller Industriearbeitertätigkeiten in der Produktion und der Platz der Frauen in der Arbeitswelt hindern diesen Typus von "Proleten" daran, ihren an Muskelkraft und "Arbeitsethos" gekoppelten Produzentenstolz auszuleben. Für jenen Teil der Arbeiterschaft, der seinen eigenen Platz in der Gesellschaft vor allem darüber (statt über kollektive Solidarität, die aus der Stellung im Produktionsprozess erwuchs) definierte, muss dies in der Tat verwirrend und niederschmetternd wirken. Bei einem Typen wie Soral, der auch eine "Soziologie des Anbaggerns" (Sociologie du dragueur) verfasst hat, können daraus Kastrationsängste, eine Form von Sozialneid gegen Einwanderer mit anderem kulturellem Backgroud und sonstige Komplexe emporwachsen.

In den letzten Jahren legte Soral auch eindeutig antisemitische Tendenzen an den Tag. Originalton aus dem Jahr 2004: Es müsse doch an den Juden selbst liegen, "wenn sie nirgendwo dort, wo sie seit 2.500 Jahren den Fuß hinsetzen, gelitten werden".

Der unvermeidliche Dieudonné

Dort, wo Alain Soral ist, kann auch der "Komiker" bretonisch-kamerunischer Herkunft Dieudonné M'bala M'bala - der in Frankreich vor allem unter seinem Vor- und Künstlernamen bekannt ist - selten weit entfernt sein. Dieudonné, der sich seit Herbst 2006 ebenfalls unverkennbar an den Le Pen-Clan (Vater, Tochter und mehr noch an Jean-Marie Le Pens zweite Ehefrau Jany – mit ihr zusammen hielt er sich im März 2007 in Kamerun auf) annäherte, ist ebenfalls unter die politischen Geisterfahrer gegangen. 'National Hebdo' notiert im oben zitierten Veranstaltungsbericht: "Am Samtag (Anm.: 8. September) kam der sich jeder Klassifizierung entziehende Komiker Dieudonné vorbei, um guten Tag zu sagen, als guter Gefährte, der er ist: Noch nie hat der Begriff 'Aussöhnung' so treffende Bedeutung gehabt."

Der frühere Antirassist und aktive FN-Gegner Dieudonné – der noch vor zehn Jahren gegen den Front National in seiner damaligen Hochburg Dreux als Parlamentskandidat antrat - hat sich seit 2003/04 rasant in eine höchst ungute Richtung zu radikalisieren begonnen. Anfänglich fiel er, in diesem Zeitraum, in der Öffentlichkeit durch judenfeindliche Äußerungen auf. Ursprünglich motivierte ihn dabei vor allem eine Form von "Opferkonkurrenz": Durch die Erinnerung an die Shoah monopolisierten die Juden den Opferstatus, und angeblich deshalb schweige man zu den Verbrechen der Sklaverei und des Kolonialismus. Nachdem Dieudonné jedoch wegen seiner Ausfälle unter erhebliches Druck geraten war, hat er sich seither zunehmend in ein paranoides antisemitisches Weltbild hineinzusteigern begonnen. Aufgrund einer Verschwörung würde er in den Medien zum Schweigen gebracht, die Juden seien historisch für den Sklavenhandel verantwortlich (obwohl "dieser Kommerz" allen Personen jüdischen Glaubens durch den Artikel 1 des Code noir, des im 17. Jahrhundert verabschiedeten Gesetzbuchs zum Sklavenhandel, ausdrücklich verboten wurde) und monopolisierten heute die Medien und die Moral. Im Februar 2005 prangerte Dieudonné auf einer Pressekonferenz in Algier die "Erinnerungspornographie" bezüglich des Holocaust, der ständig in Erinnerung gerufen werde, an. Und beklagte, "zionistische Autoritäten" in der französischen Kulturwelt  seien dafür verantwortlich, dass er das Geld für einen Film über die Sklaverei nicht zusammen bekommen habe. ([4]) Kurz: Es stinkt, was der Mann seit einigen Jahren von sich gibt.

Für seine Auslassungen zur "Erinnerungspornographie" ist Dieudonné übrigens jüngst, am 11. September dieses Jahres 2007, in Paris zu einer Geldstrafe in Höhe von 7.000 Euro verurteilt worden. (Vgl. u.a.: http://www.agoravox.fr) Es handelt sich um seine zweite Verurteilung aufgrund antijüdischer Äußerungen. ([5])

Dieudonné war zusammen mit Alain Soral, mit dem er persönlich befreundet ist, dem ex-linksliberalen und ex-antifaschistischen Verschwörungstheoretiker Thierry Meyssan sowie einer Handvoll französischer Rechtsextremistenkader in den Libanon geflogen ([6]). Aus dieser Zeit dürfte seine offene Annäherung an die extreme Rechte datieren. Im November 2006 nahm Dieudonné, den Samstag Nachmittag über, am das ganze Wochenende dauernden "Präsidentschaftskonvent" von Jean-Marie Le Pen in der Pariser Vorstadt Le Bourget teil. Am 18. Dezember 2006 führte er das Abschlussspektakel seiner letztjährigen Theatertournee vor einem Saal auf, in dem u.a. Le Pens Gattin (Jany Le Pen) sowie der hochrangige FN-Funktionär Bruno Gollnisch als geladene Gäste auf den Ehrenplätzen saßen.

Dieudonné rechtfertigte solche Annäherungen dadurch, dass er eine Art von Solidarität unter Verfolgten, Verfemten und durch die Medien Verleumdeten (unausgesprochen: von durch die jüdische Lobby Niedergemachten) praktiziere. In Wirklichkeit kommen bei ihm wohl Lust an der Provokation, Publicity- und Geltungssucht plus Antisemitismus – der inzwischen bei ihm wirklich klar hervortritt – zu einer übelriechenden   Mischung zusammen.

Nationalrevolutionär Christian Bouchet

Ein weiterer mehr oder minder prominenter Name, der in dem NH-Artikel über die zurückliegende "Sommeruniversität" fällt, ist jener von Christian Bouchet. Bei ihm handelt es sich um den führenden Kopf des am verbalradikalsten auftretenden Flügels innerhalb des, organisatorisch zerklüfteten, Spektrums der französischen Nationalrevolutionäre. Christian Bouchet, der in der Vergangenheit u.a. die Gruppierung Nouvelle Résistance (Neue Résistance, oder Neuer Widerstand) leitete, beansprucht für sich selbst auch den Begriff des "Nationalbolschewismus". Diese Bezeichnung existierte bereits im Deutschland der Weimarer Republik. Damals ging es dabei um eine der Spielarten der Konservativen Revolution, mittels derer preußische Junker – auf demagogische Art – proletarische Elemente für eine "gemeinsame Front gegen die Versailler Ordnung" gewinnen wollten; Erfolg war ihr dabei nicht unmittelbar gegönnt, aber sie wirkte (zusammen mit ähnlichen Erscheinungen) als einer der Wegbereiter für den später siegreichen Nationalsozialismus. Im heutigen Frankreich handelt es sich hingegen um eine, alles in allem maximal ein paar Hundert Personen starke, spezielle ideologische Unterströmung der "Nationalrevolutionäre".

Die Besonderheit der "nationalrevolutionären" Strömung innerhalb der extremen Rechten liegt darin, dass ihre Aktivisten sich subjektiv tatsächlich als Revolutionäre gegen die gesellschaftliche Herrschaftsordnung verstehen. (In scharfem Gegensatz zu anderen rechten Strömungen in Frankreich, die sich etwa von vornherein in der Tradition der Konterrevolution "gegen 1789" ansiedeln wie etwa der ultrakatholische FN-Flügel, und die Verteidigung bzw. Wiederherstellung "der natürlichen Ordnung" anstreben.) Und dabei verstehen ihre Aktivisten den Nationalismus, die nationalistische Ideologie in ihrem Weltbild als wichtigen Motor der Rebellion oder des "Befreiungskampfs". Dabei vermengen die Nationalrevolutionäre hemmungslos die Situation in Ländern, in denen tatsächlich nationale Unterdrückung besteht oder bestand (wie etwa in Lateinamerika unter US-abhängigen Diktaturen, in den französischen oder britischen Kolonien), mit jener der eigenen Nation bzw. in den großen europäischen Staaten. Nun kann zwar niemand behaupten, Frankreich oder Deutschland erlitten tatsächlich eine äußere Unterdrückung oder Besatzungsherrschaft, wie beispielsweise Algerien oder Madagaskar sie unter französischer Vorherrschaft erlebten. Aber aus der Sicht der "nationalrevolutionären Ideologie sind die großen europäischen Nationen genauso Subjekte "nationaler Befreiung" wie etwa die "unterdrückten Völker" der Iren, Basken... oder Kurden, Palästinenser... Den Unterschied zu Situationen, in denen tatsächlich eine Form von äußerer Herrschaft über ein Land oder eine Gesellschaft ausgeübt wird, überbrücken die Nationalrevolutionäre mit verschwörungstheoretischen Darstellungen zur Macht der USA (in deren Knechtschaft sich die übrigen Nationen, vor allem auch die eigene Nation befänden) und "des internationalen Zionismus". Gerne identifiziert sich diese Strömung auch mit den radikalsten Strömungen des palästinensischen Nationalismus, vor allem aber versucht sie die Lage der "eigenen" Nation mit jener der Palästinenser/innen auf eine vergleichbare Ebene zu setzen. Antisemitismus ist dieser Strömung der extremen Rechten, um es vorsichtig auszudrücken, nicht fremd. ([7])

Christian Bouchet gründete um 1990 die o.g. Gruppe unter dem Namen Nouvelle Résistance (NR); entstanden ist diese durch Abspaltung von der etwas größeren Gruppierung Troisième Voie ("Dritter Weg"; gemeint ist dabei die von Nationalrevolutionären propagierte Idee eines dritten Weges zwischen Kapitalismus und Marxismus, die durch nationale Volksgemeinschaft statt Klassenkampf zwischen Kapital un Arbeit verwirklicht werden soll). Diese ultraradikale Gruppe, der vielleicht 200 Mitglieder angehörten, bezog sich in ihren öffentlichen Äußerungen in den neunziger Jahren positiv auf russische Nationalisten, das iranische Regime oder die palästinensische Hamas. Sie kam allerdings über ein Kleingruppendasein nie hinaus. Im November 1996 beschloss NR, sich an den Front National anzunähern und ihre Mitglieder zum Beitritt zu der rechtsextremen Großpartei aufzufordern. Nunmehr glaubte Christian Bouchet, im Spektrum der "etablierten" extremen Rechten um einen Platz für seine eigene Strömung ringen zu können. Damals wurde der NR-Mann André-Yves Beck Angestellter im Rathaus des südfranzösischen Orange (30.000 Einwohner), unter dem rechtsextremen Bürgermeister Jacques Bompard. Auch heute noch, nachdem Jacques Bompard vom Front National zum rechtskatholischen MPF – der Partei des Grafen Philippe de Villiers - übergetreten ist, amtiert André-Yves Beck im dortigen Rathaus nach wie vor als Kommunikationsdirektor. Beim Übertritt von Jacques Bompard zu der rechtskatholischen Partei hatte MPF-Chef Philippe de Villiers allerdings klar gestellt, dass man André-Yvec Beck nicht in ihren Reihen wünsche.

Nach der Parteispaltung des FN (1998/99) wurden Bouchet und seine Anhänger wieder verstärkt eigenständig aktiv, nachdem sie sich bereits 1998 mit anderen aktivistischen Strömungen jenseits der "etablierten" FN-Parteipolitik zu der Sammelbewegung Unité Radicale (UR) zusammengeschlossen hatten. Unité Radicale wurde im August 2002, nach dem Attentatsversuch eines durchgeknallten UR-Mitglieds namens Maxime Brunerie auf Präsident Jacques Chirac, verboten. Ihre Nachfolgeorganisation hört auf den Namen Bloc identitaire  und verfügt über eine Jugendorganisation namens Jeunesses identitaires. Diese organisatorischen Ansätze fielen in den letzten drei oder wieder Jahren hin und wieder durch Schlägeraktionen und durch provokatorische Auftritte (etwa mit der winterlichen "Suppenküche für Arme" vor einem Pariser Bahnhof, wo ausschließlich Schweinefleisch serviert wird, um Moslems wie Juden fern zu halten – diese "Armenspeisung" fand öffentlich auch die Unterstützung des Front National) auf ; kamen aber ansonsten  bisher nicht zu größerer Bedeutung. Christian Bouchet fand aber anscheinend bei dieser Strömung nicht seinen Platz, zumal er aufgrund seines – zumindest in der Vergangenheit praktizierten - Mystik- und Esoterikfimmels nicht bei allen Anhängern dieser rechtsextremen Unterströmung wohlgelitten ist. Noch vor der gesetzlichen Auflösungsverfügung für Unité Radicale hatte Bouchet UR im April 2002 verlassen, und im Juni desselben Jahres seine eigene Gruppierung unter dem Namen Réseau Radical (Radikales Netzwerk) gegründet. Dieses blieb jedoch bedeutungslos und erklärte im ersten Jahresviertel von 2006 seine Auflösung, um einer obskuren Nachfolgegruppierung namens Les nôtres (Die Unsrigen) Platz zu machen.

Seinem ideologischen Selbstverständnis nach sucht Bouchet eine Art gemeinsame Front "aller Rebellen" zu initiieren, die etwa Nationalisten, Ökologen bzw. Linksradikale sowie militante Islamisten umfassen könne. Allerdings ist auffällig, dass dort, wo Anhänger dieser (kleinen) Strömung sich in der Vergangenheit vereinzelt in Bündnissen mit "anderen Rebellen" – etwa gegen industrielle Großprojekte oder Kriegseinsätze – blicken ließen, diese vor allem ein quasi-(geheim)polizeiliches Verständnis ihrer Tätigkeit an den Tag legten. Also die Namen und persönliche Angaben anderer Teilnehmer/innen sammelten und in Listen erfassten etc. Es handelt sich in der Tat um eine faschistische Strömung, die aber durch ihr rebellenartiges Auftreten um einen Platz in der öffentlichen Wahrnehmung ringt und versucht, zu diesem Zweck Anerkennung bei andersartigen (vermeintlich "ähnlichen") Protest- und Oppositionsströmungen zu finden. 

Sommeruniversität auf "nationalrevolutionären" Spuren

Aufgrund seiner nationalrevolutionären, vorgeblich "befreiungsnationalistischen" Ideologie verwundert es nicht, dass Christian Bouchet auch Töne anschlägt, die vordergründig nach Dritte-Welt-Solidarität (in progressiver Tradition) oder zumindest ähnlich klingen. Handelt es sich dabei um ideologische Schaumschlägerei, so bietet doch gleichzeitig die lautstarke pro-arabische Rhetorik Leuten wie Bouchet die Gelegenheit, ihren Antisemitismus offen auszuagieren.

In ihrer Haltung zu den Konflikten zwischen "Juden" und "Arabern" – sowohl bei den zwischenstaatlichen Konflikten im Nahen Osten und dem Besatzungskonflikt in den palästinensischen Territorien, als auch bei den (vor allem in den Jahren 2000 bis 2002 in Form gewalttätiger Übergriffe auf jüdische Einrichtungen) verspürten Schockwelle desselben in Frankreich – ist die französische extreme Recht gespalten. Alle ihre Strömungen freuen sich explizit darüber, wenn Spannungen insbesondere zwischen den entsprechenden Bevölkerungsgruppen vor allem auch innerhalb Frankreichs zunehmen. Wird dadurch doch "ein Keil in die antirassistische Front" (der Minderheiten, gegen den weiß-französischen Rassismus eines Teils der Herkunftsfranzosen) getrieben.

Vor allem jene Fraktionen des heterogenen rechtsextremen Spektrums, die einem (national)konservativen Bündnis mit der bürgerlichen konservativ-liberalen Rechten – oder Teilen von ihr – am stärksten zugeneigt sind, plädieren dabei dafür, "die Juden" stärker gegen "die Araber" zu unterstützen. So vertritt die FN-nahe rechtsextreme Wochenzeitung Minute die Position, es sei positiv zu vermerken, "dass die antirassistische Front Risse bekommt". (So lautete der Titel ihrer Ausgabe vom 01. März 2006: Le front antiraciste se fissure.) Aufgrund der im Februar desselben Jahres, infolge des Mords an dem jungen französischen Juden Ilan Halimi (vgl. http://www.hagalil.com), vorübergehend gewachsenen Spannungen zwischen französischen Juden und arabischen oder schwarzen Einwanderergruppen, könne es gelingen – so Minute -, diese Bevölkerungsgruppen dauerhaft gegeneinander aufzubringen. Die in Frankreich lebenden Juden müssten in ein Bündnis gegen arabischstämmige Einwanderer und zur Verteidigung des Westens, des Abendlands integriert werden. Originalton Minute: «Der Lepenist Jean-Richard Sulzer (Anm. d. Verf. : Regionalparlamentarierer der extremen Rechten im Pariser Regionalparlament und selbst jüdischer Konfession; er zählt zum wirtschaftsliberalen Flügel des FN und nahm, diskret, an der Demonstration nach dem Tod von Ilan Halimi teil) (...) weiß, er spürt, dass heute eine historische Gelegenheit besteht, die so genannte antirassistische Front zu zerbrechen, deren unterschiedliche Bestandteile nicht mehr viel miteinander gemeinsam haben, außer der Verteidigung ihrer Eigeninteressen. (...) Die Achse, die sich abzeichnet, ist gleicher Natur wie jene, die in Belgien die flämische nationalistische Partei Vlaams Belang – die Nachfolgepartei des aufgelösten Vlaams Blok – dazu bringt, sich an die jüdische Gemeinschaft in Antwerpen anzunähern, um gemeinsam einen Block gegen die Moslems zu bilden. Ist dieser Versuch auf Frankreich übertragbar? Die Umgruppierung der französischen politischen Landschaft, die seit Jahrzehnten durch die verbalen Entgleisungen auf der einen Seite und die Befürchtungen auf der anderen Seite verhindert wurde, ist möglich. (...)  Diese Strategie (...) impliziert, mit den pro-arabischen Sympathien (Anm. d. Verf.: eines Teils der extremen Rechten, die in Frankreich ein ziemlich heterogenes ideologisches Konglomerat bildet) zu brechen. Sie impliziert, die Idee zu akzeptieren, dass wir einem 'Schock der Zivilisationen', mit religiöser Hauptkomponente, gegenüber stehen (...). Sie impliziert auch, sich dem einzugliedern, was man die europäisch-atlantische Achse nennt."

Umgekehrt plädiert der nationalrevolutionäre Flügel, der sich dabei teilweise eines beinahe tiersmondistisch (d.h. nach antikolonialer Dritte-Welt-Solidarität) klingenden Tonfalls bedient, für eine genau umgekehrte ideologische Positionierung: Ihm zufolge gilt es, "die Araber" (ausgesprochen oder unausgesprochen:) gegen "die Juden" stark zu machen. Auch die offenen Neonazis, Hitlerverehrer und sonstigen Stiefelfaschisten, die im Spektrum der französischen extremen Rechten eine relativ kleine Minderheit formen, tendieren in dieselbe Richtung. So forderten Anhänger dieser Unterströmung, die am 1. Mai 1996 bei der jährlichen Maidemonstration des FN – eher am Rande – mitlaufen durften – demagogisch: "In Paris wie in Gaza: Intifada!" (Nach einem "Wahrheitskern" braucht man bei dieser brachial-ideologischen Hassrhetorik gar nicht erst zu suchen: Selbstverständlich sind die Situationen in Frankreich und im – damals noch besetzten – Gazastreifen zu keinem Zeitpunkt miteinander vergleichbar gewesen.)

In ihrem Artikel über die von Alain Soral auf die Beine gestellte "Sommeruniversität" zitiert die FN-nahe Wochenzeitung NH den dort auftretenden Bouchet mit folgenden Worten: "Christian Bouchet, Doktor in Ethnologie, Herausgeber der Zeitung 'Résistance' und einer der Hauptanimateure der bemerkenswerten Webpage 'VoxNR.com' (Anm.: zwei Publikationen aus dem 'nationalrevolutionären' Spektrum), bemüht historische Erinnerungen und spricht von einer langen Tradition der Araber- und Islamfreundlichkeit auf der französischen Rechten, von Maurice Barrès (Anm.: Ideologe des französischen Nationalismus im späten 19. Jahrhundert) über Charles Maurras (Anm.: national-katholischer und monarchistischer Ideologe der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Kopf der 'Action française') über Gustave Le Bon (Anm.: Autor von 'Psychologie der Massen', der eine in verborgenen Gehirnstrukturen angelegte Völker- und Rassenpsychologie zu erkennen glaubte). Christian Bouchet: 'In der Zwischenkriegszeit haben die nationalen Partei und Ligen ganz selbstverständlich in ihren Reihen moslemische Aktivisten aufgenommen. Laut den Berichten der Polizeipräfektur von Paris fanden sich nordafrikanische Bürger entweder bei den Kommunisten oder bei den nationalistischen Ligen."

Dazu muss notwendig angemerkt werden, dass Bouchet hier vom Kontext eines kolonialen Frankreich – der unmöglich auf die heutige Situation übertragen werden kann – spricht. Natürlich bot gerade die Ultrarecht jener Tagen den "Subalternen" jenes kolonialistisch geprägten Frankreichs symoblisch die ausgestreckte Hand. Allerdings mit der klaren Absicht verknüpft, dass Frankreich sich die Kolonien auf Dauer einverleiben solle, und dass den Einwohnern dieser Kolonien auf Dauer ein Platz als Hilfstruppe – die notfalls als schlagender Arm des Empire français eingesetzt werden könne – sowie als faktische Staatsbürger zweiter Klasse angeboten werden müsse. Zudem geisterte in Teilen der nationalistischen Rechten, vor allem während der Vichy-Ära, tatsächlich eine Faszination für ein bestimmtes Araberbild herum. Dieses trug vor allem die Züge des "männlichen, unerschrockenen Kriegers", der mal der "ehrliche, zu respektierende Gegner" und mal – optimalerweise – der Verbündete gegen die Ansprüche anderer Groß- und Kolonialmâchte sein könne. Dem widersprach allerdings ein anderes Araberbild, das vor allem von den in nordafrikanischen Kolonien unmittelbar vor Ort aktiven Milizen der weißen Europäer gepflegt wurde: Ihm zufolge waren die Kolonialsubjekte vielmehr arbeitsunwillige, schmutzige, feige und verschlagene Untertanen, denen man nicht über den Weg trauen könne und die hinterrücks den Aufstand planten – also fähig seien, den Europäern den Dolch in den Rücken zu jagen, wenn sie nicht wachsam genug seien. Spätestens mit dem algerischen Befreiungskrieg (1954 bis 62) und den französischen Bemühungen zu seiner Unterdrückung, die in den fünfziger Jahren zum Fokus aller rechtsextremen und nationalistischen Mobilisierungen wurden, setzte sich klar das letztere Bild durch. Auch wenn in den späten 1960e und 70er, mit den rechtsextremen Studenten und Intellektuellen, die unter Druck starker linker und antikolonialistischer Kräfte an den Universitäten standen, daneben die nationalrevolutionäre und vermeintlich "befreiungsnationalistische" Rhetorik auf der extremen Rechten entstand, so blieb doch dieser antiarabische Rassismus in ihrem Spektrum – und vor allem um Umfeld des Front National – lange Jahre hindurch dominierend. Insbesondee unter den "einfachen" Wählern, während intellektuell geprägte Kader schon mal den Appell an den Araberhass in Frankreich mit einer gewissen Faszination für arabischen Nationalismus oder den politische Islam in den "Herkunftsländern" von Immigranten – als "Erwachen der eigenen Kultur, die selbstständig bleiben und sich von den Europäern getrennt entwickeln möchte" – verknüpfen konnten, sofern beides sich auf den gemeinsamen Nenner "Einwanderer raus aus Frankreich" bringen ließ.

Christian Bouchet knüpft nun an ältere, verschüttete Traditionen der extremen Rechten (aus Perioden vor den Kolonialkriegen, und vor allem dem Algerienkrieg) an, um eine Verschiebung dieses Bilds zu erreichen. Dazu gräbt er auch ein jüngeres Zitat von Jean-Marie Le Pen aus, der, befragt von einer Zeitschrift für französische Arabienspezialisten ('Arabies'), ganz im Sinne der Befürworter einer "getrennten Entwicklung der Kulturen" geantwortet hatte: "Man schürt die Furcht der Franzosen vor dem, was man als 'Islamismus' oder 'islamischer Fundamentalismus' zu bezeichnen übereingekommen ist. Jene, die diese Ängste manipulieren, zögern nicht, die Botschaft des Islam grobschlächtig zu verzerren, um sie besser in ihre Schemata einzupassen. (Und) sie tun dies in einer präzisen Absicht; Jene, die mondialistische Utopie (Anm.: Eine-Welt-Utopie) und die Ideologie der Menschenrechte (zu fördern), welche die Zerstörung der kulturellen Identitäten und die Ablehnung der Transzendenz (Anm.: des Jenseitigen oder Göttlichen) zur Voraussetzung haben." - Auch dieses Zitat von Jean-Marie Le Pen, das durch Christian Bouchet bemüht worden war, wird in dieser Passage des NH-Artikels wiedergegeben. Der FN-Chef hatte sich an dieser Stelle in dem heterogenen Fundus des rechtsextremen Ideologiekonglomerats bedient, um im Sinne der Nationalrevolutionäre, aber auch der intellektuellen Nouvelle Droite ('Neue Rechte' der 1970er Jahre) jene Elemente innerhalb der "anderen Kulturen" rhetorisch zu stützen, die in seinen Augen ebenfalls für einen "getrennten Marsch der Kulturen zu ihrer Höherentwicklung" plädieren.

Querfront-Projekt: Sammelsurium von "Rebellen aller Art" oder politischer Bluff?

Leute wie Christian Bouchet lieben es, das Szenario einer angeblichen gemeinsamen Front sämtlicher "Rebellen", an der sie selbst auf legitime Weise teilhaben können, auszumalen. Ähnlich liest sich der Veranstaltungsbericht in der FN-nahen Wochenzeitung National Hebdo, dessen Autor (Nicolas Gauthier) dabei aber anscheinend ein bisschen zu tief in den Farbkasten gegriffen hat, um ein getreues Abbild der Wirklichkeit zu malen. So scheint sein Artikel nicht von Übertreibungen frei zu sein; die politische Absicht, die er mit seiner Beschreibung verknüpft, wird jedoch offenkundig.

Nicolas Gauthier startet seinen Bericht mit folgenden Sätzen: "Was zu allererst frappiert, das ist die Vielfältigkeit (diversité) der Teilnehmer, 300 am Samstag und fast eben so viele am folgenden Tag. Kaum mehr als 20 Leute vom Front National. Die übrigen? Trotzkisten, die sich Fragen stellen, 'Beurs' (Anm.: so nannte man in den 1980er Jahren arabischstämmige französische Jugendliche, der Begriff ist jedoch längst veraltet bzw. wird von den so Bezeichneten inzwischen abgelehnt) auf Sinnsuche, rechte Leute von links – Tercéristen (Anm.: wörtlich Anhänger des o.g. <dritten Weges> im Sinne der Nationalrevolutionäre, also der 'troisième voie'; von 'tierce' = dritte/r/s), wie man sie früher nannte, Katholiken, <Nationalbolschewisten>, Ehemalige des GUD (Anm.: extrem gewalttätige rechtsextreme Studentenvereinigung, die unter ihrem alten Namen verboten ist), Royalisten, mutmaßliche Islamisten, auch einfache Neugierige; aber alles ausschließlich Leute, die sich Fragen stellen."'

Aus dieser Beschreibung lässt sich schon heraushören, dass unterschiedliche politische Unterströmungen der extremen Rechten vertreten waren – Royalisten, katholische Fundamentalisten... -, aber der Schwerpunkt bei den Nationalrevolutionären lag, die gleich doppelt auftauchen (mit den "Nationalbolschewisten" und den 'tercéristes'). Ansonsten kann man die weitere Ausschmückung dieses Beitrags erst einmal getrost vergessen: Dass sich "einfache Neugierige" zu einem solch exquisiten Treffen verirrt hätten, ist erst einmal nicht anzunehmen. Hervorstechend wirken jedoch zwei Gruppen, die vorgeblich an dem Treffen teilnahmen und sich vom Rest abheben: die vom Autor genannten "Trotzkisten" und "mutmaßlichen Islamisten". An dieser Stelle gebietet sich eine kritische Prüfung, den Wahrgeheitshalt dieser Behauptung betreffend.

Was die angeblichen "trotzkistischen" Teilnehmer betrifft, so legt der Autor des Artikels selbst eine Fährte, indem er einen Namen für dieses Spektrum nennt. Er schreibt: "Der Ökumenismus (Anm.: die gemeinde- oder konfessionsübergreifende Gemeinsamkeit) geht so weit, dass der Schriftsteller Jean Robin, den wir mangels besserer Begrifflichkeit als 'trotskisant' (Anm.: <trotzkisierend> oder trotzkismusähnlich) definieren werden, und der im übrigen jüdischer Herkunft ist, die Anwesenden durch die Vorstellung seines jüngsten Essays 'La judéomanie' in Bann ziehen kann..." Stellt man aber Nachforschungen zu besagtem Jean Robin an, so trifft man auf nichts, aber schlichtweg gar nichts, was ihn auch nur entfernt mit dem Trotzkismus oder anderen Varianten des Marxismus in Verbindung bringen würde. Hingegen findet sich die Bestätigung, dass fraglicher Schriftsteller – ob er nun real jüdischer Herkunft, oder ob dies nur eine durchsichtige Behauptung sei – tatsächlich der Verfasser eines Buches namens 'La judéomanie' (ungefähr: Der Juden- oder jüdische Rummel) ist. Darin wirft er dem "jüdischen Kommunitarismus" vor, fälschlich Alarmismus bezüglich antisemitischer oder rechtsextremer Tendenzen zu betreiben, und durch seine Umtriebe die Einheit von Nation und Republik zu gefährden. Dadurch wiederum werde die 'judéomanie' erst ursächlich dafür, dass Antisemitismus entstehen könne. Man könnte das Buch infolge solcher Thesen als, nun ja, antisemitisches Machwerk bezeichnen. ([8])

Was die behaupteten "mutmaßlich islamistischen" Teilnehmer betrifft, so bleibt der Verfasser des Artikels in NH noch weitaus vager und unkonkreter. Hatte er für die angeblichen "Trotzkisten" noch einen Namen geliefert, so stochert er bezüglich der "mutmaßlichen Islamisten" vollends im Nebel. An einer Stelle in dem Artikel liest man freilich, ein "salafistischer Muslim von der Tabligh-Tendenz" habe am Tresen – wo die anderen Teilnehmer Bier, die muslimischen aber Kaffee getrunken hätten – den Ausspruch geliefert: "Die Franzosen sind schön dumm, dass sie nicht für Jean-Marie Le Pen stimmen, den Freund der Völker, der Kulturen und Religionen." Dass irgend ein politisch verirrter Migrant oder Franzose migrantischer Herkunft eine solche Aussage getroffen haben mag: Es ist nicht unmöglich. Aber die politischen Einordnungsversuche des NH-Journalisten tendieren jedenfalls ins Groteske. Tabligh ist eine in den Jahren 1900 bis 1920 in Indien entstandene muslimische Frömmigkeitsbewegung, die ein Streben nach "spiritueller Erweckung" und Missionsversuche vorwiegend unter Moslems mit strikter Abstinenz in politischen Dingen und weitgehender Jenseitsorientierung verbindet. Die Tabligh-Bewegung hat heute Ableger im Raum Paris, wo sie vor allem durch Pakistaner und Inder vertreten wird, hält sich aber aus der französischen (und internationalen) Politik fein heraus. Und wird deshalb auch, trotz ihres missionarischen Eifers, durch die französische Polizei als ungefährlich eingeschätzt; Islamisten hingegen werfen ihrer Bewegung vor, aufgrund ihrer politischen Haltung "ihrer Verantwortung zu entfliehen". Die "Salafisten" (von al-salaf, die "rechtgläubigen Vorfahren" oder Weggefährten) sind hingegen eine besonders radikale – und oft bewaffnete - Fraktion des politischen Islam. In der salafistischen Variante des Islamismus sind alle Kompromisse mit "fremden" Ideologien, etwa dem (algerischen, ägyptischen...) Nationalismus, als "unislamisch" abzulehnen. Deshalb grenzen die Salafisten sich etwa von den Mehrheitsströmungen des bspw. algerischen politischen Islam ab, die ihre Ideologie mit dem Nationalismus zu vermengen versuchen. Auch die Beteiligung an Wahlen lehnen sie ab. Den Salafisten geht es im Kern darum, "notfalls" unter Einsatz von Gewalt die Rückkehr zu einem verschüttetet gegangenen "Goldenen Zeitalter" der gerechten islamischen Gesellschaft herbeizuführen. Sie bilden eine Art politischer Sekte, die mitunter sehr gewalttätig auftreten kann. Die Gegensätze zur Tabligh-Bewegung könnten kaum größer ausfallen, auch wenn beide (in der Neuzeit entstandenen) Ideologien aus derselben Religion zu schöpfen vorgeben.

Im Übrigen wäre es auch sowohl bei einem "echten" Salafisten als auch bei einem Tabligh-Anhänger unwahrscheinlich, ihn an der rechtsextremen "Sommeruniversität" (oder irgendeiner anderen, mehrheitlich von Nichtmuslimen aufgesuchten Politveranstaltung) teilnehmen zu sehen. Und nicht jeder politisch verwirrte Moslem, der vollbärtig daherkommt und aussieht wie ein Waldschrat, ist ein Salafist...

Nicht auszuschließen ist dagegen, dass einzelne (!) Nachfahren arabischstämmiger Einwanderer sich bei einer solchen Veranstaltung herumgetrieben haben. Tatsächlich hat Jean-Marie Le Pens Eintreten für eine "getrennte Entwicklung der Kulturen", die manchmal – aber nur manchmal – mit Respektsbezeugungen vor dem Islam einhergeht, jedenfalls so lange dieser sich außerhalb des europäischen Kontinents zu entwickeln versucht, manche ihrer Köpfe vor dem Hintergrund von Ethnisierung (durch die französische Mehrheitsgesellschaft) und Selbstethnisierung erreicht. Wichtig war in der Vergangenheit auch Jean-Marie Le Pens Eintreten nicht nur gegen die US-amerikanischen Angriffskriege gegen den Iraq von 1991 und 2003, sondern auch – und das unterschied ihn von allen anderen Gegnern dieser Interventionen etwa auf der politischen Linken – explizit für die Diktatur von Saddam Hussein. Jean-Marie Le Pen, der den verblichenen iraqischen Präsidenten zwei mal (im November 1990 und im Juni 1996) in Baghdad getroffen hat, konnte sich damit als der "konsequenteste Freund der Araber" aufspielen; jedenfalls bei denen, die gedanklich nicht in der Lage waren, zwischen den Intereressen der iraqischen Bevölkerung und denen der sie beherrschenden Diktatur zu unterscheiden. Eine Minderheit, eine kleine Minderheit, der arabischstämmigen Einwohner Frankreichs sprach Le Pen vor diesem Hintergrund ihre Anerkennung aus -  während eine Mehrheit unter ihnen weiterhin durch den offenkundigen Rassismus seiner Partei (der sich erklärtermaßen insbesondere gegen Einwanderer aus afrikanischen und arabischen Ländern richtet) abgeschreckt blieb.

Auch muss erwähnt werden, dass der Front National einzelne arabischstämmige Politiker und Kader zählt. Viele von ihnen sind Kindern von 'Harkis' (also solchen Algeriern, die im Entkolonialisierungskrieg von 1954/62 aus welchen Gründen auch immer in der französischen Armee kämpften), oder aber von nordafrikanischen Veteranen der französischen Armee im Zweiten Weltkrieg oder im Indochina- bzw. anderen Kolonialkriegen. Ihnen geht es darum, (sich und Anderen) zu beweisen, dass sie auf gar keinen Fall Einwanderer oder gar "Ausländer" sind, sondern ganz besonders "echte" und loyale Franzosen - indem sie ihren Protest gegen ihr immer noch drohendes Abrutschen auf der Leiter der sozialen Hackordnung gleich nach Rechtsaußen tragen.

Eine der herausragenden Figuren bei diesem seltsamen Versuch, die eigene besonders gute "Integration" bzw. Assimilation einzuklagen, ist der Pariser Regionalparlamentarier Farid Smahi. ([9]) Der algerischstämmige FN-Politiker nahm auch an der "Querfront"-orientierten Sommerakademie in der Nähe von Versailles teil. Im Veranstaltungsbericht von NH liest man über ihn: "Danach ist der Freund Farid Smahi dran, der Menge einige Tränen zu entlocken, indem er lautstark seine Verbundenheit mit dem Vaterland beschwört. Seinen Großvater, der am Ersten Weltkrieg, und seinen Vater, der am Zweiten Weltkrieg teilgenommen hat. (...) Und er lässt sich von den Teilnehmern stehend applaudieren, als er dieses juristische Monstrum denunziert, das die doppelte Staatsbürgerschaft darstellt." (Die doppelte Staatsbürgerschaft ist in Frankreich prinzipiell anerkannt, wird jedoch vom Front National abgelehnt.)

Insofern muss vermutet werden, dass die vom Autor des NH-Artikels gesichteten "muslimischen" (ja islamistischen) Teilnehmern wohl eher im Umfeld dieses Assimili-Alis bzw. –Farids zu suchen waren. Aber gut, wir sind nicht selbst dabei gewesen...

Schlussbetrachtungen

Eine echte "Querfront" war das, was da in der Nähe von Versailles tagte, jedenfalls noch nicht: Es fehlten tatsächliche Brückenschläge in andere – rebellische, protestlerische, gar linke – Spektren hinein. Unterschiedliche Strömungen der extremen Rechten blieben anscheinend weitgehend unter sich, freilich zusammen mit einigen in den letzten Jahren frisch Hinzugewonnen. Insbesondere Alain Soral (der selbst die Veranstaltung ausrichtete) und Dieudonné zählen zu ihnen. Der politische Schwerpunkt lag entsprechend auf dem Diskurs der "nationalrevolutionären" Fraktion, zu deren politischem Profil Annäherungs- oder Abwerbeversuch in dieser Richtung mit dazugehören. Die nationalkonservative, monarchistische oder katholisch-fundamentalistische Unterströmung der französischen extremen Rechten vermöchte es jedenfalls nicht in vergleichbarem Maße, ehemalige Linke oder Antirassisten herüber zu ziehen.

Bemerkenswert ist dabei jedoch, dass auch Parteichef Jean-Marie Le Pen vom FN die Tagung mit seiner persönlichen Anwesenheit beehrte. Auch wenn er, laut dem Bericht von Nicolas Gauthier in NH, erst am zweiten Veranstaltungstag "zum sonntäglichen Mittagessen" eintraf. Dem Bericht von Gauthier zufolge richtete er allerdings auch eine Ansprache an die Versammelten, deren Inhalt zwar nicht wiedergegeben wird, die der NH-Journalist aber so zusammenfasst: "Jean-Marie Le Pen blieb es vorbehalten, auf die Zukunft der alten Idee, die die Nation darstellt, zu insistieren. Er tut es mit Begriffen, die bei allen (Anwesenden) für Einverständnis sorgen." Neben dem Bericht von N. Gauthier auf Seite 11 (von NH; Ausgabe vom 13. September) findet sich allerdings auf der Seite 2 auch noch ein Kasten unter dem Titel: "Le Pen bei Soral". Dort wird eine längere Passage aus Le Pens Erklärung wiedergegeben. In ihr heißt es: "Ich war immer für die Gründung von unabhängigen Stukturen zur Reflexion (zum Nachdenken), da ich mir darüber bewusst bin, dass sie nur schwerlich im sehr engen Rahmen der politischen Parteien gedeihen können. Diese sind von Natur aus im Tagesgeschäft der Wahltermine eingebunden (...) Die inhaltliche Analyse benötigt zudem eine gewisse Unabhängigkeit des Geistes und der (finanziellen) Mittel, welche – man muss es wohl sagen – nicht unbedingt mit den Regeln des Funktionierens einer Partei zusammen passt. Ich lege daher Wert darauf, den Teilnehmern dieser Sommeruniversität zu gratulieren..."

Dies bedeutet so viel wie: Die Stuktur, die Alain Soral ins Leben gerufen hat, genießt eine Unabhängigkeit vom Front National und politisch-ideologische Bewegungsfreiheit für ihre Gehversuche. Diese Manövrierfreiheit bedeutet aber im Gegenzug auch, dass die Partei nicht (unbedingt) mit ihren politischen Experimenten identifiziert werden möchte. Falls aber das ideologische Gebräu, das da aufgesetzt wird, einen Erfolg versprechen sollte, kann die rechtsextreme Partei ja dann etwas von den Rezepten kopieren, die in diesem – "unabhängigen" – Rahmen zuvor ausprobiert worden sind.

Auffällig ist jedenfalls, dass nicht nur Jean-Marie Le Pen (der ja auch vordergründig als "Privatmann" hätte auftreten können) an dieser Veranstaltung teilnahm, sondern auch die parteieigene Wochenzeitung NH ausführlich darüber berichtet hat. Dies verleiht der Teilnahme des FN-Präsidenten auf jeden Fall eine offen politische Dimension. Aber mit der faktischen Unterstützung Le Pens für die Experimente mit politischer Alchimie, die ein Alain Soral durchführt, nimmt der FN-Chef auch im innerparteilichen Streit Stellung. Denn mehrere profilierte Aktivisten und Kader des FN, darunter inzwischen auch Kandidaten auf die Nachfolge Jean-Marie Le Pens an der Parteispitze, wollen solchen "linkslastigen" Abweichungen ganz klar ein Ende bereiten. ([10])

Bemerkenswert ist ferner die Überschrift, die NH dem Artikel von Nicolas Gauthier gegeben hat. 'Un petit air de Cercle Proudhon...' (Ein kleines bisschen schaut es nach Cercle Proudhon aus...), lautet dieser Titel. Der gleichnamige Zirkel, benannt nach dem nicht-marxistischen Frühsozialisten – und glühenden Antisemiten – Pierre-Joseph Proudhon, der die Klassenunterschiede seiner Zeit durch eine Gesellschaft voller kleiner Eigentümer (anstelle der Marx'schen Vision von einer kollektiven "Association freier Produzenten") ersetzten wollte, existierte von 1911 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914. Seine Bedeutung liegt nicht darin, dass er je zur Massenbewegung geworden wäre – die durch den Zirkel herausgegebenen 'Cahiers' (Hefte) hatten eine Auflage von 600 Exemplaren – sondern darin, dass in diesem Rahmen wegweisende ideologische Kombinationen vorbereitet bzw. vorgenommen wurden.

Dem Cercle Proudhon, dessen Vorsitz der Chefideologe der nationalkatholischen und monarchistischen Action française – Charles Maurras – innehatte, gehörten sowohl rechte Republikgegner und insbesondere Monarchisten als auch "revolutionäre Syndikalisten" an. Den Verfechtern der Monarchie ging es dabei insbesondere darum, kämpferische und energische Elemente aus den unteren Klassen für einen "gemeinsamen Kampf gegen die bürgerliche Republik" zu gewinnen. Hatte das Bürgertum sich in Frankreich doch 1789 in einem scharfen Bruch gegen Adel und Klerus durchgesetzt, so dass die Anhänger der vormaligen Alten Ordnung ihrerseits – wollten sie Letztere wiederherstellen – bestrebt sein mussten, diesen Bruch unter Einsatz hoher Energie rückgängig zu machen. In den Kreisen des anarchosyndikalistisch geprägten "revolutionären Syndikalismus", der in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts die französische Gewerkschaftsbewegung dominierte und der sich als revolutionäre Gegenmacht zur Republik des Großbürgertums verstand, gab es eine faktisch rechte Unterströmung. Diese warf der Bourgeoisie nicht (nur) vor, die Arbeiterschaft auszubeuten, sondern vor allem auch, nicht mehr "männlich", sondern "verweichlicht" zu sein und dem historischen Zusammenstoß mit dem Proletariat auszuweichen. Das Letztgenannte aber werde, mit der Energie und der Dynamik der "jungen" Kräfte, dieses schlapp gewordene "Alte" hinwegfegen – und erkenne sich eher in der Tapferkeit des Adels und seiner militärischen Werte wieder als in der "Geschwätzigkeit" der Bourgeoisie in ihren Soldats. (Nicht der gesamte "revolutionäre Syndikalismus" im Frankreich des frühen 20. Jahrhunderts lässt sich freilich auf diesen Punkt bringen. Überwiegend dominierten Antiklerikalismus, Antimilitarismus und Antipatriotismus diese Strömung der Arbeiterbewegung.)

Diese ideologische Mischung, die sich da zusammenbraute, hat der israelische Historiker Zeev Sternhell (u.a. in seinem famosen Buch über den französischen Präfaschismus von vor 1914, 'La droite révolutionnaire') ([11]) als Voraussetzung für die spätere "faschistische Synthese" beschrieben. Noch ein weiteres Element musste freilich hinzu kommen, damit das Gebräu aus Konterrevolution und sozialer Sprengkraft wirklich explosiv werden konnte. Beispielsweise die nationalistische Massenmobilisierung im Ersten Weltkrieg, die auch einen Teil der Arbeiterschaft erfasste. Vor diesem Hintergrund wanderte der italienische Syndikalist Benito Mussolini, der aus einer ähnlichen Ecke kam wie die französischen "Revolutionäre" mit Rechtsdrall, dann im Zuge des Ersten Weltkriegs nach rechtsaußen. In Frankreich war das Modell nicht so erfolgreich: In diesem Land gab es, anders als in Italien, keine konkurrenzlos erfolgreiche faschistische Massenbewegung - sondern stets "nur" zersplitterte und miteinander rivalisierende autoritär-nationalistische und (proto)faschistische Parteien mit geringerem Masseneinfluss als die italienischen Faschisten, selbst unter dem Vichy-Regime, das nie eine Einheitspartei zustande bekam. Aber auch hier gab es Bewegungen, die versuchten, eine ähnliche ideologische Kombination hinzubekommen. Deutschland ist insofern untypisch, als es hier anders als in Italien oder in Frankreich  nicht oder kaum gelang, ehemalige Sozialisten, Gewerkschafter oder "Arbeiterführer" (organisatorisch) nach rechtsaußen herüberzuziehen: Die NSDAP entwickelte sich von Anfang an auf eigenen Fundamenten, nicht durch Zusammenbringen ehemals "linker" und "rechter" (etwa monarchistischer) Elemente. Aber im französischen wie im deutschen Falle gab es zumindest starke Anklänge an das, was Sternhell die "faschistische Synthese" nennt, also des Zusammenmixens aus Nationalismus und "sozialer Frage" – wobei in beiden Fällen der damals in beiden Ländern starke Antisemitismus den Katalysator bildete. Beim Cercle Proudhon spielte der Antisemitismus hingegen eine eher geringe Rolle, wie er auch im italienischen Faschismus unter Mussolini kein zentrales ideologisches Elemente bildete (sondern eher nur – höchstens - Beiwerk war, bevor auf Druck Nazideutschlands hin auch hier eine antisemitische Rassengesetzgebung eingeführt wurde, freilich mit weitaus geringerem möderischem "Erfolg" als in Deutschland).

Vordenker der französischen extremen Rechten haben sich ihrerseits erkennbar für den Cercle Proudhon, als erstes historisches "Modell" für eine Art von Querfront ([12]), interessiert. Der Chefdenker der intellektuellen Nouvelle Droite - der "Neuen Rechten" seit den siebziger Jahren –, Alain de Benoist, hat dem Cercle Proudon jüngst eine umfangreiche Buchveröffentlichung gewidmet. Dieses Werk wurde im Januar 2007 publiziert ([13]). Auch die angebliche 'Gauche nationale' (Nationale Linke), die bspw. beim "Präsidentschaftskonvent" von Jean-Marie Le Pen im November 2006 in Le Bourget einen eigenen Stand hatte und Flugschriften vertrieb, orientiert sich am historischen Vorbild des 'Cercle Proudhon'. Es handelt sich dabei aber eher um einen Club am Rande des Front National. ([14]) Auf ihrer Homepage wird etwa für die 'Action sociale et populaire' (Soziale und den kleinen Leuten verpflichtete Aktion) des Pastors Blanchard geworben, eines ehemals führenden FN-Mitglieds,  das 1996 erstmals die wöchentlichen rechtsextremen "Suppenküchen für Arme" vor einem Pariser Bahnhof eingeführt hat – diese Idee haben sich inzwischen andere Figuren der extremen Rechten angeeignet. Um den (protestantischen) Pastor Blanchard, der auch der Seelenhirte der ebenfalls protestantischen Chefgattin Jany Le Pen ist, wurde es ansonsten zwischenzeitlich eher still.

Noch kann nicht behauptet werden, mit dem Club, den Alain Soral um sich versammelt, sei so etwas wie eine erfolgreiche "neue faschistische Synthese" geglückt. Im Moment wirkt er eher wie ein Sammelsurium rechtsextremer Kader auf der Suche nach einer (eigenen) Basis und diverser gescheiterter Existenzen à la Dieudonné. Dennoch ist höchstes Augenmerk auf das, was da ideologisch zusammenzubrauen versucht wird, geboten. So viel steht fest: Der Antisemitismus bildet für "unsere" politischen Alchimisten eine wichtige Zutat.

Anmerkungen:
[1] 362 Parlamentskandidaten (von insgesamt 555, die der FN aufstellen konnte, für frankreichweit 577 Wahlkreise) kamen nicht über die Fünf-Prozent-Hürde, deren Überschreitung erforderlich ist, um in den Genuss der staatlichen Wahlkampfkosten-Rücksterstattung zu kommen. Diese Kandidaten, immerhin rund 60 Prozent der vom FN präsentierten Bewerber, gingen deswegen finanziell leer aus. Aufgrund bereits getätigter Wahlkampfkosten muss der FN nun 8 Millionen Euro zurückzahlen, und hat Schulden sowohl gegenüber den Banken als auch gegenüber den Kandidaten, die zunächst in die eigene Tasche gefasst hatten. Zudem sinkt die staatliche Parteienfinanzierung, die sich an den jeweiligen Wahlergebnissen bei den Parlamantswahlen bemisst und daher zukünftig am geringen Ergebnis des FN vom Juni 2007 ausrichtet, ab jetzt von bisher 3,5 Millionen Euro auf nur noch knapp 1 Million (laut ‚Libération’ vom 08. September) bis 1,5 Millionen  Euro (so die Pariser Abendzeitung ‚Le Monde’ vom 11. September) jährlich. Von derzeit 60 hauptamtlich Beschäftigten am Parteisitz in Saint-Cloud, in der Nähe von Paris, sollen voraussichtlich 20 entlassen werden. Den Verkauf (oder – alternativ - die Vermietung) desselben Parteisitzes, den bspw. der Schatzmeister der Partei, Jean-Pierre Reveau, angeregt hatte, lehnen Le Pen (Vater und Tochter) jedoch nunmehr ab. Jean-Marie Le Pen selbst hatte zunächst Überlegungen in dieser Richtungen angestellt: „Politik kann man notfalls auch in einer Dachkammer machen“. Aber Cheftochter Marine Le Pen hatte im Juli 2007 eine Attacke gegen diese Pläne - und gegen jene, in Partei „die sich bereits darauf vorbereiten, Tomaten zu züchten statt Politik zu machen“ - geritten. 
[2] Die offizielle Gründungsversammlung scheint tatsächlich am 18. Juni 2007 (also vor nunmehr knapp drei Monaten) stattgefunden zu haben. Vgl. dazu folgende Video, wo Alain Soral die neue Vereinigung präsentiert: http://www.dailymotion.com/lorgane/video/x2cnie_alain-soral-presente-er
[3] Vgl. http://fr.wikipedia.org/wiki/Alain_Soral .. Dort heibt es, Soral sei bereits „während des Herbstes 2005“  Berater des FN „für soziale Fragen und die Vorstadtproblematik“  geworden; doch habe Soral dies erst anlässlich eines Interviews, das am 29. November 2006 im Internet publiziert wurde, öffentlich eingeräumt.
Im Mârz 2007 hat Soral demnach ferner angegeben, er habe bereits im April und Mai 2002 in beiden Wahlgängen der damaligen Präsidentschaftswahl für Jean-Marie Le Pen gestimmt – nachdem er zuvor gezögert habe, für den Linksnationalisten und republikanischen Nationalisten Jean-Pierre Chevènement zu stimmen. Ob es sich bei dieser Angabe, betreffend die Wahl von vor fünf Jahren, um die Wahrheit oder um eine rückblickende Zurechtrückung derselben handelt, kann nicht überprüft werden.
[4] Zu Dieudonné vgl. ausführlich: http://www.hagalil.com/archiv/2006/05/frankreich-5.htm ; http://www.trend.infopartisan.net/trd0304/t010304.html ; http://www.trend.infopartisan.net/trd0205/t470205.html ; http://www.trend.infopartisan.net/trd1106/t201106.html.
[5] Am 10. März 2006 verurteilte ihn die 17. Strafkammer im Pariser Justizpalast zu 5.000 Euro Geldstrafe wegen "Aufstachelung zum Rassenhass". Dem Urteil zugrunde lag ein Interview, das Dieudonné der Sonntagszeitung JDD (Journal du dimanche) in ihrer Ausgabe vom 08. Februar 2004 gegeben hatte. Darin hatte Dieudonné pauschal davon gesprochen, jene (jüdischen) Personen, die – zum Teil tatsächlich - gewälttätig gegen ihn vorgingen, seien „alles ehemalige Sklavenhändler, die sich im Bankgeschäft und im Mediengeschäft recycelt haben, heutzutage auch im Terrorismus, und die die Politik von Ariel Sharon unterstützen“. Da keinerlei nachvollziehbarer inhaltlicher Zusammenhang zum  realen Sklavenhandel und ähnlichen historischen Negativerscheinungen bestand, kam das Gericht zum Schluss, dass Dieudonné tatsächlich die jüdische Bevölkerungsgruppe als solche bezichtige, ‚négriers’ (Sklavenhändler) zu sein. Dies entspreche der antisemitischen Vorstellungswelt vom jüdischen „Blutsauger“. – Historisch war die Teilnahme am Geschäft des Sklavenhandels den Juden durch den Artikel 1 des ‚Code Noir’, des Gesetzbuchs zur Regelung der Sklaverei unter der französischen Monarchie, verboten worden.
[6]Vgl. ausführlich: http://www.trend.infopartisan.net/trd0906/t400906.html
[7]Vgl. ausführlich:. http://www.hagalil.com/archiv/2006/05/frankreich-5.htm, vor allem im unteren Bereich (Text der Anmerkung 1).
[8]Vgl. dazu, mitsamt Foto des Schriftstellers: http://www.communautarisme.net/Jean-Robin-La-judeomanie-a-cree-une-distinction-entre-les-citoyens-francais-_a808.html
[9]Vgl. zu ihm auch: http://www.qantara.de/webcom/show_article.php/_c-468/_nr-784/i.html
[10] Das gilt tendenziell sogar für alle drei zur erklärten Bewerber/innen um seine Nachfolge: Die „Modernisiererin“ Marine Le Pen tritt für ein eher medien- und wirtschaftsfreundliches Image der Partei ohne allzu viele Ecken und Kanten ein, und wünscht ebenfalls ein Ende des offenen Antisemitismus in der Partei. Allerdings lieb sie sich, neben ihrem Vater, auch offiziell von Alain Soral „beraten“, an dem sie sicherlich die Anziehungskraft auf die Medien (aufgrund seines „unklassischen Profils“) schätzte. Ihr Herausforderer Bruno Gollnisch, der aufgrund der Auswirkungen seines im Sommer 2007 erlittenen Herzinfarkts nun im Rennen um die Nachfolge an der Parteispitze zurückgefallen ist, steht seinerseits ohnehin eher für ein katholisch-nationalreaktionäres Profil. Nun kam als dritter Bewerber jüngst noch Jean-François Touzé hinzu, ein alter Kader, der zwar schon 1980 dem FN beigetraten war, aber zwischen 1989 und 1998 u.a. mit seinem ‚Parti National-Républicain’ eigene organisatorische Wege ging. Obwohl Touzé historisch selbst aus dem „nationalrevolutionären“ Spektrum kommt, tritt er jetzt innerparteilich klar für das Ende „linkslastiger“ Experimente ein. Er verficht die Auffassung, durch das politische Techtelmechtel mit Dieudonné in der Medienöffentlichkeit im Winter 2006/07 und einen entsprechend ausgerichteten Wahlkampf (in dem Le Pen sich plötzlich als Freund der Franzosen migrantischer Herkunft und Vorstadtbewohner anzupreisen versuchte, um  - vermeintlich - seine Wählerschaft zu verbreitern, deren konservativer Teil stattdessen in Scharen zu Nicolas Sarkozy überlief) habe der FN „seine rechtsgerichteten Wähler vergessen“. Was Touzé von den beiden anderen Kandidaten für die zukünftige Parteiführung unterscheidet, ist ferner, dass er für eine Wiederannäherung an die „Mégretisten“ eintritt. Also an die 1998/99 ausgetretenen bzw. ausgeschlossenen Anhänger des früheren FN-Chefideologen Bruno Mégret, der heute der Schrumpfpartei MNR (Mouvement national républicain) vorsitzt. Die Mégret-Anhänger ihrerseits hegen eine klare Abneigung gegen Figuren wie Dieudonné, und ziehen den politischen Experimenten beim Gewinnen von Immigrantenkindern für rechtsextreme Inhalte viel mehr einen klaren Rassismus des „biologischen Sachverhalts“ vor: Dieudonné ist in ihren Augen „ein Neger“, punktum.
[11]Vgl. dazu (in deutscher Sprache) näher: http://www.nadir.org/nadir/periodika/jungle_world/_2000/03/30a.htm ; http://www.nadir.org/nadir/periodika/jungle_world/_2000/04/30a.htm.
[12]Der Begriff „Querfront“ als solcher wurde am Ende der Weimarer Republik eingeführt, allerdings nicht seitens der extremen Rechten, sondern der preubischen Staats- und Militärbürokratie. Als Generalmajor Kurt von Schleicher 1932 als Vertreter der Reichswehr, nach dem Scheitern diverser Notstandsregierungen und Krisenkabinette, eine neue Reichsregierung bilden sollte (ohne dafür über eine Mehrheit im Parlament zu verfügen), versuchte er eine neue Lösung zu basteln: Um der kriselnden Staatsmacht doch noch eine Massenbasis zu besorgen, ohne dem aufsteigenden Nationalsozialismus direkt die Macht zu übertragen, wollte er eine „quer“ zu den bisherigen Linien der politischen Auseinandersetzung und den Klassenfronten liegende Bündnisfront aufbauen. Sie sollte u.a. die patriotischen und staatstragenden Elementen der Gewerkschaften, Militärs und dem „antikapitalistischen“ Flügel der NSDAP (um die Brüder Strasser) bestehen. Während die Führung der Nazipartei bereits unmittelbar durch die Grobindustrie finanziert wurde, sollte die soziale Frustration und „Ungeduld“ eines Teils ihrer Basis ausgenutzt werden, um sie gegen die Parteispitze aufzustacheln und – statt auf diese – auf die Loyalität zu einer Militärdiktatur verpflichten. Das Konzept scheiterte jedoch, die NSDAP spaltete sich nicht, und trat wenige Monate später den Marsch an die Macht alleine an. – Vgl. ergänzend auch: http://www.nadir.org/nadir/periodika/aib/archiv/62/38.pdf?PHPSESSID=9cd00b546842833be27a8f7b0bc7e3ae
Heute hat sich der Begriff jedoch popularisiert, und wird – zu Recht und mitunter auch zu Unrecht – oftmals aus Antifa-Kreisen benutzt, um jegliche Kontakte oder auch ideologischen Überschneidungen zwischen (faschistischen) Rechten und andere, insbesondere linken politischen Milieus zu bezeichnen und zu stigmatisieren. Zum Teil wird der Begriff dabei treffend benutzt, zum Teil aber auch – wie jedes in Mode gekommene Wort – hemmungslos überstrapaziert und auf nicht passende Sachverhalte übertragen. Besonders gilt das seit dem 11. September 2001, im Kontext der Konjunktur diverseer Verschwörungstheorien auch in (ex-)linken Kreisen sowie der wechselweitigen Rassismus- und Antisemitismus-Vorwürfe im Kontext einer zersplitterten Linken im deutschsprachigen Raum.
[13]Vgl. dazu die Annonce bei einem, entsprechend politisch ausgerichteten, Buchvertrieb: http://www.tilsafe.com/libfr/126-LRB-AE-p-LRB.html
[14]Vgl. http://www.unf-francesocial.com/

hagalil.com 17-09-2007

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