Ein Buch für Klaus Parker:
Munition gegen Rechts
Die
Wochenzeitung "Junge Freiheit" - Kritische Analysen zu Programmatik,
Inhalten, Autoren und Kunden
Ramona Ambs
Es gibt einige Publikationen zur Zeitung Junge Freiheit, zum Beispiel die
2001 im Unrast Verlag erschienene Untersuchung mit dem Titel " Verbiegen,
verdrängen, beschweigen. Die Nationalgeschichte der "Jungen Freiheit".
"Auschwitz im Diskurs des völkischen Nationalismus" oder die 2004 im selben
Verlag erschienene Studie "Nation
statt Demokratie. Sein und Design der 'Jungen Freiheit'".
Die neuste, im VS-Verlag Wiesbaden erschienene Publikation
zu diesem Thema ist jedoch mit ihren 362 Seiten die umfangreichste und vor
allem aktuellste Untersuchung zu dieser Zeitung, die sich so eifrig um ein
tadelloses Image bemüht. Stephan Braun und Ute Vogt haben sie herausgegeben
und zahlreiche Autoren haben die Junge Freiheit aus unterschiedlichsten
Blickwinkeln analysiert. Daher auch der Titel: "Die Wochenzeitung "Junge
Freiheit". Kritische Analysen zu Programmatik, Inhalten, Autoren und Kunden".
Im ersten Teil des Buches wird die Bedeutung des Blattes für die
Vernetzung zwischen extrem rechten und konservativen Kreisen aus bundes- und
landespolitischer Perspektive erörtert sowie eine kurze Chronologie der
Zeitungsentwicklung aufgezeigt. Vor allem die Zusammenstellung von Helmut
Kellersohn gibt hier Auskunft zu den Herausgebern, den Anteilseignern und
Personen, die im Hintergrund agieren.
Im zweiten Teil setzen sich die Autoren vertieft mit
Inhalten und Programmatik der Jungen Freiheit auseinander. Thomas Pfeiffer
erläutert gemeinsam mit Michael Puttkamer, weshalb das Blatt im
nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzbericht erwähnt wurde. Puttkamer
selbst war von 1994 bis 2003 beim Verfassungsschutz insbesondere für die
Auswertung der Jungen Freiheit zuständig und hat daher reichlich Material
einarbeiten können. Anhand zahlreicher Originalzitate aus der Jungen
Freiheit wird klar herausgearbeitet, dass der Verdacht naheliegt, dass es
den Akteuren der intellektuellen neuen Rechten darum geht , "die Grundlagen
der Demokratie publizistisch zu untergraben." Dabei wird jedoch sprachlich
so geschickt vorgegangen, dass es nahezu unmöglich wird die Junge Freiheit
auf eine Position festzulegen. Dies wird auch von Braun, Geisler und Gerster
festgestellt. Sie zititeren den Jenaer Philosophieprofessor Zehm, der in der
Jungen Freiheit 09/00 folgendes schrieb: "Der Holocaust ist an Gottes
Stelle getreten. Über 'das hohe C' im Namen von Parteien darf man spotten,
aber an den Holocaust muss man glauben; wer Zweifel erkennen lässt,
verschwindet hinter Gittern. Nicht viel anders steht es mit Multikulti. Das
Vaterland, die Polis, darf nach Belieben verhöhnt werden; wer Multikulti
ablehnt, wer Zuwanderung begrenzen oder Sozialhilfe für 'Asylanten' kürzen
will, der outet sich als 'Rassist', und das ist fast so schlimm wie
'Verharmloser des Holocaust'".
Die Autoren analysieren gekonnt dieses und andere Zitate von JFAutoren:
"Unvergleichbares wird en passant gleichgesetzt und gleichzeitig
zurückgenommen. So lässt sich in einem Satz rassistisches Gedankengut
verteidigen, die Strafbarkeit der Holocaustleugnung implizit in Frage
stellen und der zweifelsohne legitime Gottesglauben mit der Identifikation
mit einem völkisch verstandenen Vaterland verknüpfen - ohne zu einem
einzigen der Gegenstände eine explizite Position bezogen zu haben."
Dennoch lassen sich gewisse Chiffren und Codes in den Zeilen der Jungen
Freiheit erkennen, die ein höchst problematisches Geschichtsbild offenbaren.
Michael Pechel untersucht dies im zweiten Teil des Buches genauer, und
Regina Wamper belegt anhand zahlreicher Zitate wie sich bei der Jungen
Freiheit Elemente eines völkischen Nationalismus mit traditionellen
antijudaistischen Ideologemen verschränken.
Fabian Virchow hingegen beleuchtet die Haltung der Jungen Freiheit zur
Außenpolitik und Helmut Kellersohn zeigt, wie die Zeitung es dennoch schafft
ihre Weltanschauung so darzustellen, dass sie Anschlussmöglichkeiten in alle
Richtungen hat. Diese Anschlussmöglichkeiten versucht die Junge Freiheit
auch durch die Aufzählung ihrer Interviewpartner, darunter bekannte
Wissenschaftler, Künstler und Politiker aller Couleur im Internet zu
demonstrieren. Helmut Lölhöffel analysiert die Motiviation der
Zeitungsmacher und ihrer Interviewpartner und mahnt: "Für manche Medien sind
Interviews (..) nichts anderes als ein Mittel selbst ins Gespräch zu
kommen." So führen Interviews mit berühmteren Zeitgenossen dazu die Auflage
zu steigern und suggerieren der Öffentlichkeit die Zeitung sei doch nicht so
rechts wie ihr Ruf.
Dass jedoch keine klare Abgrenzung nach rechts erfolgt zeigt der dritte Teil
des Buches. Anton Maegerle beeindruckt mit umfangreichem Detailwissen über
Autoren der Jungen Freiheit, was an die guten alten Zeiten des 2006
eingestellten IDGR, dessen Mitarbeiter er war, erinnert.
Gabriele Nandlinger zeigt anhand zahlreicher Beispiele, dass die
Anzeigenkunden der Jungen Freiheit von gemäßigten konservativen Kreisen bis
hin zu extrem rechten Burschenschaften reichen und entlarvt dadurch das
scheinbar harmlose Image der Zeitung.
Magret Chatwin schließlich durchleuchtet Kampagnen der Jungen Freiheit im
Internet. Am Beispiel von Wikipedia gelingt es ihr zu belegen wie die Neue
Rechte versucht Meinungshoheit im WWW zu erringen. Sie zitiert aus einem im
Jahre 2005 in der Jungen Freiheit erschienen Artikel von Frank Liebermann,
in dem die Leserschaft explizit dazu aufgerufen wird sich bei Wikipedia
stärker zu engagieren und zeigt im weiteren auf, wie sich Einträge bei
Wikipedia entsprechend veränderten, die Darstellung der Jungen Freiheit
geschönt wurde und Einträge von Gegnern wie beispielsweise Christoph
Butterwegge oder Stephan Braun negativ bis verleumderisch manipuliert
wurden.
[Anm. Red.: Beispiele dafür finden sich auch auf Seiten, die das Buch zur
Online-Bestellung anbieten, wie z.B. bei
amazon.de]
"Eine Herausforderung für Politik und Öffentlichkeit, Wissenschaft und
Bildungsarbeit" ist der letzte Teil des Buches überschrieben in dem nochmal
erörtert wird, dass die Junge Freiheit ein "subtil wirkendes Strategieorgan
der Neuen Rechten" ist und deshalb alle Aufklärungsarbeit im schulischen und
außerschulischen Bereich darauf abgestimmt und eingestellt sein muss. Thomas
Schlag u.a. entwirft dazu konkrete Vorschläge, die sich in Seminaren und
Lehrplänen umsetzten lassen.
Gewidmet haben die Herausgeber das Buch
Klaus Parker sel.A.* und hoffen,
dass der vorliegende Band ein Signal und Anstoß für eine offensiv geführte
Auseinandersetzung mit den Inhalten und Netzwerken der Neuen Rechten und
ihrer führenden Wochenzeitung sein wird. Dabei wird auch nicht vergessen auf
bisherige Versäumnisse der Politik einzugehen: "Auch Versuche konservativer
Kräfte, missliebige politische Programme zur Rechtsextremismusbekämpfung zu
verwässern, in dem man auf die ebenfalls aktuellen Gefahren des Islamismus
verweist führen in die Irre und spielen den Neuen und Alten Rechten in die
Hände. Das Tauziehen um den Erhalt der CIVITAS und ENTIMON-Mittel und um die
Ausgestaltung der Folgeprogramme* stellte in diesem Trauerspiel einen
bundespolitischen Höhepunkt dar. Dass das größte jüdische Onlinemagazin
Europas, haGalil-online, nur noch als Notausgabe im Netz erscheint, weil es
keine Förderung aus diesen Programmen mehr erhält, ist gerade für die
Aufklärung und die Befähigung zur Ideologiekritik ein herber Verlust. In
Anbetracht der Tatsache, dass der IDGR, Informationsdienst gegen
Rechtsextremismus, 2006 leider vom Netz gegangen ist, wiegt dieser Fehler
umso schwerer." Deswegen mündet letztlich diese Kritik in der Forderung:
"Wir dürfen das World Wide Web nicht den Neuen und Alten Rechten überlassen,
die die Chancen dieses Mediums frühzeitig erkannt haben und das Internet
konsequent nutzen." In diesem Sinne kann man nur hoffen, dass das Buch viele
Leser findet.
Nachtrag: Klaus hätte sich sicherlich über diese Widmung
gefreut. Googelt man seinen Namen nämlich aus, so landet man leider in
erster Linie auf den Seiten, die für ihn und sein Werk nur Häme übrig haben.
Stephan
Braun, Ute Vogt (Hrsg.):
Die Wochenzeitung "Junge Freiheit" - Kritische Analysen zu Programmatik,
Inhalten, Autoren und Kunden.
VS, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-531-15421-3
[BESTELLEN?]
*) Es handelt sich hier um die dem
Bundesfamilienministerium BMFSFJ zur Verwaltung überlassenen Steuermittel,
deren Summe sich seit Ausrufung des sogenannten "Aufstands der Anständigen"
im Jahre 2001 auf fast 250 Millionen Euro beläuft.
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