Klaus Parker 1952 -2006:
Wenn ich es nicht tue - wer wird es dann tun? Geboren am
03-07-1952 in Delmenhorst bei Bremen, gestorben am 20-04-2006 in Berlin.
Sein Vater Anton Parker, hieß eigentlich Ptacek. Den
Nachnamen Parker erhielt er erst im britischen Mandatsgebiet Palästina,
wohin er 1936 vor den Nazis geflohen war und wo die Briten mit dem
tschechischen Ptacek nichts anzufangen wussten. Nach einigen Jahren in
Haifa, verlor der Vater dort ein Bein und kehrte 1946 nach Deutschland
zurück, wo er Anna Jzewski aus Lemberg heiratete. 1952 kam Klaus zur Welt.
Während seines Studiums der Sozialpädagogik in
Bremen lernte Klaus 1977 seine spätere Frau Christa kennen. Sein erstes
Arbeitsfeld fand er in einem therapeutischen Männerwohnheim.
Während er als Bewährungshelfer beim Landgericht Bremen arbeitete, begann er
sein Studium der Rechtswissenschaften an der Fern-Universität Hagen, welches
er später als Präsenzstudium Jura in Bremen fortsetzte. Mit dem Landgericht
Bremen kam es 1991 zum Zerwürfnis, da er als "Reformer" die Praxis der
Bewährungshilfe zugunsten der Klientel zu verändern versuchte.
Mit der Wende ergab sich 1990 in Ostberlin die Wohnmöglichkeit im ehemaligen
Mietshaus von Christas Eltern. Ab 1992 ging Christa Parker in Berlin als
zugelassene Rechtsanwältin eine Sozietät ein. Klaus wurde juristischer
Mitarbeiter und vertiefte sich in diese Tätigkeit so sehr, dass er den
Abschluss seines eigenen Jurastudiums nach dem zweiten Staatsexamen
hintanstellte. Stattdessen zogen beide vollends nach Berlin und etablierten
in der Schönhauser-Allee eine Einzelkanzlei. Hier beschäftigte sich
Klaus viel mit Restitutions- und so genannten "Wiedergutmachungsansprüchen".
1998 waren Christa und Klaus Gründungsmitglieder des "Fördervereins haGalil
e.V.". Als sich abzeichnete, dass es fast unmöglich war, Fördermittel für
Aufbau und Erhalt des unter haGalil online abrufbaren Bildungsangebots zum
Judentum und gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus zu erhalten, brachte
Klaus in die Bekämpfung des Rechtsextremismus zunehmend seine juristische
Expertise ein.
Im Zuge seiner jahrelangen Betreuung des weltweit ersten
Online-Meldeformulars für antisemitische und rechtsextremistische
Hetzpropaganda im Internet erlangte er ein heute unersetzbares Wissen über
Ideologie und Vernetzung der rechtsextremen Szene. Die Unterstützung erster
Aussteiger, die sich an haGalil gewandt hatten, war ihm ein wichtiges
Anliegen.
Nachdem auch das über einen neuen Trägerverein, im Rahmen des "Aufstands der
Anständigen", unterstützte Projekt "Or"
keine Unterstützung seiner Arbeit am Meldeformular erbrachte, und Christa
Parker ihre Kanzlei im Frühjahr 2003 aus gesundheitlichen Gründen aufgeben
musste, engagierte sich Klaus verstärkt als Mitarbeiter beim Zentrum
demokratische Kultur (ZDK), wo er vor allem am Aufbau einer Initiative zur
Hilfe für Eltern rechtsextremistischer Kinder beteiligt war.
Seine Mitarbeit bei haGalil setzte er unterdessen fort. Im Jahr gingen über
das Meldeformular unter
nazis-im-internet.de ca. 1.000 Anzeigen ein, fast jede dritte
Strafanzeige in Deutschland im Bereich nazistischer Volksverhetzung ging auf
eine Meldung durch Klaus Parker zurück. Viel zu wenig bekannt ist sein
Anstoß zur Aufdeckung der "Affäre
Hohmann".
Seine Bereitschaft, sein Wissen großzügig zu teilen und einzubringen, machte
ihn zum erfolgreichen Berater einiger Staatsanwaltschaften. Bei zahlreichen
Gerichtsverhandlungen stand er als "sachverständiger Zeuge" zur Verfügung.
Oft waren es seine stets wohl ausgearbeiteten und begründeten Aussagen, die
den Ausschlag gaben. Als begehrter Referent war er Gast zahlreicher Tagungen
und Vortragsreihen. Überhaupt gewährte er jedem, der im Engagement gegen
Antisemitismus und Rechtsextremismus Hilfe suchte, großzügige Unterstützung,
sei es im publizistischen oder im juristischen Bereich, so dass zahlreiche
Initiativen und Institutionen an den angesammelten Erfahrungen partizipieren
konnten.
Ein besonderes Anliegen war ihm die Jugendbildung. Deshalb
schlug er fast nie eine Einladung einer Schule oder Jugendbildungsstätte
aus, auch dann nicht, wenn dafür nicht einmal Aufwandsentschädigungen oder
Fahrtkostenerstattungen möglich waren.
So anerkannt er auf der einen Seite war, so verhasst war er
auf der anderen. Gewaltdrohungen und Beleidigungen nahm er oft mit
erstaunlichem Gleichmut hin, auch wenn die Gewährleistung der persönlichen
Sicherheit, oft schwierig und gerade finanziell immer belastender wurde.
Mehr als alle nazistische Hetze verletzten ihn aber Häme und boshafte
Verleumdungen aus vermeintlich antifaschistischem Umfeld. Auch die fehlende
staatliche Unterstützung der wichtigen Arbeit machte ihm zu schaffen, die
vielen nicht eingehaltenen Versprechungen ließen ihn am Anstand der
Anständigen und am Zustand der Zuständigen zweifeln.
Trotzdem lies er in seinem Engagement nicht nach. Im Gegenteil: "Wenn ich es
nicht tue, wer soll es denn tun?" sagte er oft. "Sollen wir warten, bis die
Politik begreift, was wir warum tun? Wenn ich es nicht heute erledige, wann
soll es dann getan werden?"
"Mein größter Lohn ist es, wenn ich sehe, dass die Rechten merken, dass man
sich ihnen in den Weg stellt".
Einer Infektion schenkte er lange Zeit keine Beachtung - und arbeitete
weiter. Erst am Morgen des 20-04-2006 teilte er einigen Freunden mit, er
müsse seine Mitarbeit an einem von ihm gegründeten Pressespiegel aus
gesundheitlichen Gründen etwas einschränken. Am Abend des selben Tages starb
er in einem Berliner Krankenhaus.
Einige Publikationen:
- Hsg.: Grumke / Wagner (2002):
Handbuch Rechtsradikalismus
Personen - Organisationen - Netzwerke vom Neonazismus bis
in die Mitte der Gesellschaft...
- Hsg.: Braun / Hörsch (2004):
Rechte Netzwerke
- eine Gefahr
Dieses Buch zeichnet sich besonders durch die Darstellung
möglicher Gegenstrategien aus...
und einige frühere Beiträge - von und über Klaus
Parker:
- Video:
Rote Karten
für Nazis im Internet
Ein Beitrag des Nachrichtensenders N24
- Meldeformular hat sich bewährt:
Verhütung und Bekämpfung von Hassdelikten
Methoden zur Rechtsdurchsetzung und Erfahrungen
mit der strafrechtlichen Verfolgung antisemitischer /
rechtsextremistischer Hetze...
- Gleichgültig? Unerfahren? Hilflos?
Antisemitismus im
Internet
Über antisemitische Hetze in den mittlerweile
nicht mehr ganz so "neuen Medien" wurde im Laufe der letzten 10
Jahre viel geschrieben, viel diskutiert, viel lamentiert. Viele
Gründe wurden dafür angeführt, weshalb man so wenig gegen diese Flut
der Hetze unternehmen könne...
- Eine Flut von Wahrheit gegen die Hetze:
Bastion gegen den Antisemitismus
Wer sich vor wenigen Jahren im Internet über jüdische
Feiertage informieren wollte, geriet schnell auf antisemitische
Seiten...
- Gegen antisemitische Propaganda:
"Das Netz nutzen"
haGalil-online gehört zu den weltweit größten
Online-Diensten, die Informationen zum Thema Judentum anbieten. Wie
entstand die Idee, ein solches Internet-Angebot zu etablieren?...
- "OR = Licht":
Bildung gegen Antisemitismus
Ergebnisbericht 2002 - Seit 1995 ist es haGalil
onLine gelungen, die Dominanz nazistischer Propaganda im Internet im
Bereich des Antisemitismus zurückzudrängen...
- haGalil onLine 2002:
Wahrheit gegen Lüge und Hass
"Wehe! Mordechai ist übermütig geworden und von
seinem Sieg geblendet. Er übersieht die Zeichen der Zeit"...
- Interview mit David Gall:
"Hundert Seiten gegen jede Naziseite"
Ein wichtiges Medium zur Verbreitung judenfeindlicher
Propaganda ist das Internet. Die Betreiber der jüdischen
Online-Seite
Hagalil.com versuchen, dem entgegenzutreten. Seit 1995 im
Netz...
- Erfolgreich gegen Nazi-Propaganda im Internet:
Seite um Seite - Wahrheit gegen Lüge und Hass
Mit fast 50.000 Dateien bieten wir umfassende und
aktuelle Information zum jüdischen Leben in Deutschland, Europa und
Israel. Mit 1.400.000 Seitenaufrufen (PageViews) erreichen wir jeden
Monat 150.000 Leser...
- Podiumsdiskussion zum Thema:
"Rechtsextremismus im
Internet"
Um unsere Lösungsansätze verständlich zu machen, muss
ich ihnen erst zwei grundsätzliche Thesen vortragen...
- Erfolgreiches Engagement gegen NS-Propaganda
im Internet:
Meldeformular hat sich bewährt
Nach eigenen Unterlagen haben die Rechtsanwälte, die
mit haGalil onLine und dem Förderverein haGalil zusammenarbeiten, im
Jahr 2000 annähernd 100 Strafanzeigen wegen rechtsextremistischer
Inhalte im Internet erstattet...
- Abe Foxman zum Antisemitismus:
Auschwitz begann mit Worten!
Wir, das jüdische Volk, beschäftigen uns letztendlich
mit Worten. Unsere Tradition lehrt uns, dass die Macht des Lebens
und des Todes in der Zunge liegt...
- Gegen Haßseiten im World Wide Web:
Kein
technisches Kraut gewachsen
Eine Art Zensurbehörde einzurichten, die täglich die
Millionen neuer Seiten im World Wide Web auf ihren Inhalt prüft,
würde nicht nur den Orwellschen Zukunftsstaat bei weitem in den
Schatten stellen; sie würde auch aus technischen Gründen schon im
Ansatz scheitern...
- Hass und Hetze im Internet:
...was dagegen getan
werden kann
Die größte jüdische Gemeinschaft Europas findet man
nicht in Frankreich oder England, sondern im Internet. Das iw hat
die Macher von «haGalil onLine» in München besucht...
- Rassismus, Antisemitismus, Morddrohungen:
Hass im WWW
Der Spiegel, den das Internet der Gesellschaft
vorhält, zeigt ein unschönes Bild...
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