Nicht nur die NPD:
Mit Rassismus ins Parlament
Mit gut drei Prozent zogen die
rechtsextremen Republikaner am Sonntag in die Pankower Bezirksvertetung ein
- geholfen hat ihnen dabei möglicherweise die Mobilisierung gegen die
geplante Moschee im Stadtteil Heinersdorf.
Von Ralf Fischer
Die Republikaner waren schon seit einigen Jahren nicht
mehr in einem Berliner Bezirksparlament vertreten. Doch in Pankow zogen sie
am Sonntag mit knapp über drei Prozent erstmals wieder in eine
Bezirksvertretung ein. Zu verdanken haben das die Rechtsextremisten einer
Wahlabsprache mit der NPD und der monatelangen Mobilisierung durch einen
Bürgerverein gegen einen geplanten Moscheebau im Pankower Stadtteil
Heinersdorf.
Die Kirche im Dorf zu lassen, und die Moschee in Istanbul,
das versprachen die REPs ihren Wählern in ganz Berlin. Doch nirgendwo in der
Stadt war mit diesem Spruch oder den anderen à la "Deutsch ist geil" ein
Blumentopf, geschweige denn Wählerstimmen, zu gewinnen. Außer in Pankow,
dort wussten die meisten Wahlberechtigten sofort etwas mit dem Slogan
anzufangen. 4.822 fanden ihn sogar so gut, dass sie dem Urheber der Parole
ihre Stimme gaben. Dies reicht für einen Sitz im Bezirksparlament, womit in
der traditionell rechten Hochburg Pankow der Niedergang der Republikaner
zumindest vorerst gestoppt wäre.
Bisher gestaltete sich die Geschichte der Republikaner in
Pankow mehr als wechselvoll, doch der Bezirk blieb immer eine regionale
Hochburg. Zwar war es den REPs zuletzt 1999 gelungen einen
Bezirksverordneten in Pankow zu stellen, aber allein schon die Präsenz der
Bundeszentrale der Partei ließ die parlamentarischen Misserfolge immer
wieder in Vergessenheit geraten. Nachdem - aus finanziellen Gründen - die
Bundeszentrale Ende 2003 aus Pankow wegziehen musste, wurde es auch im
Bezirk merklich ruhiger um die Partei.
Erfolge der rechten Volksfront
Kameradschaften und die lokale NPD versuchten gemeinschaftlich das Vakuum
welches die REPs hinterließ zu schließen. Zu Anfang eher erfolglos. Erst mit
dem Zuzug des Neonazikaders Jörg Hähnel aus Frankfurt/Oder kam dann langsam
auch der Erfolg. Unter seiner Führung wurden Sammlungsprojekte in der
Kameradschaftsszene wie die Vereinten Nationalisten Nordost (VNNO) aus der
Taufe gehoben und die lokalen NPD-Strukturen wieder reaktiviert. Der seit
2000 auch im Bundesvorstand der NPD aktive Hähnel ist seit seinem Umzug in
die Hauptstadt Berlin auch presserechtlich Verantwortlicher für die
Wahlkampfmaterialien der NPD und musikalisch immer für die "nationale
Erweckung des Volkes" unterwegs. Außerdem ist er aktiv in der Organisation
Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ) wo er mit Gitarre und seinem Gesang dafür
sorgt, dass der Nachwuchs auch ausreichend politisch indoktriniert wird.
So viel Aktivität kommt bei den extremen Rechten an. Wie nicht wenige
Mitglieder der Pankower Republikaner in den letzten zwei Jahren sind im Zuge
der Umstrukturierung der lokalen NPD auch einige jüngere
Kameradschaftsaktivisten in die aktionistische Partei eingetreten. Wegen dem
regen Zulauf konnte der Kreisverband Pankow neben einem Stützpunkt der
Jungen Nationaldemokraten auch einen Ortsverband für den Stadtteil Pankow
aufbauen. Derart organisatorisch gestärkt war es dem Kreisverband Anfang
diesen Jahres überhaupt möglich eine größere Kampagne gegen den geplanten
Bau einer Moschee in Pankow zu fahren. Im Gefolge dieser Kampagne rochen
auch die Republikaner wieder Morgenluft. Durch eine Wahlabsprache mit der
NPD kamen die REPs in die komfortable Situation in ihrer alten Hochburg
Pankow als einzige rechtsextreme Partei anzutreten. Womit sie erst wieder
eine kleine Chance hatten in das Regionalparlament einzuziehen.
Rechte Prominenz abgedrängt
Den Anfang der Kampagne "Nein zur Moschee in Pankow" der NPD machte eine
Demonstration im Frühjahr diesen Jahres ausgehend vom S-Bahnhof
Wollankstraße. Anwesend auf der Demonstration waren neben der üblichen
Verdächtigen aus dem Umfeld der NPD und der Kameradschaften auch der lokale
CDU-Funktionär Bernhard Lasinski sowie der ehemalige Landesgeschäftsführer
der Republikaner sowie Kreisvorsitzende in Pankow, Detlef Britt. Was damals
noch zu einem mittleren Skandal reichte – eine gemeinsame Manifestation von
militanten Rechtsextremen und Rechtskonservativen – wurde über den Sommer
hinweg zu einer handfeste Allianz aus Rassisten, Antidemokraten und
Neonazis. Und zur Normalität. Nach der NPD demonstrierte regelmäßig eine
Bürgervereinigung gegen die Moschee deren gesamte Öffentlichkeitsarbeit fast
nur daraus zu bestehen schien, sich von Rechtsextremisten abzugrenzen, die
aber auf der Straße jedes Mal aufs Neue das Gegenteil unter Beweis stellten.
Zu den Demonstrationen der Interessensgemeinschaft Pankow-Heinersdorfer
Bürger (IPAHB) gesellten sich neben bekannten NPDler, militante
Kameradschaftsaktivisten, Republikaner auch Mitglieder der so genannte
Reichsbürgerbewegung, einem illuster Verein aus deutschen Holocaustleugnern.
In den Augen nicht weniger Demonstrationsteilnehmer kein wirklich
dringliches Ärgernis.
So überraschte es auch als am vergangenen Donnerstagabend (14.9.) – die
Bürgerinitiative hatte mal wieder zur Demonstration gerufen – die
versammelten Rechtsextremisten in einem zaghaften Zusammenspiel aus Polizei
und Demonstrationsveranstalter aus dem Zug herausgepickt und an das Ende der
Demonstration verbannt wurden. Zwar gab es unter einander dafür viel
Aufregung und nicht wenige engagierte Bürger ließen deshalb ihrem Unmut
freien Lauf, aber erstmals seit Beginn ihres Demonstrationsmarathons zogen
die 2000 Heinersdorfer Bürger getrennt von den Neonazis durch den Kiez.
Die prominente Unterstützung vom NPD-Vorsitzenden Udo Voigt und seinem
Wahlkampfteam war im Vorfeld der Wahlen wohl sogar den bürgerlichen
Moscheegegnern zu suspekt, als das man sich zusammen auf der Straße blicken
lassen wollte. Der zukünftige Bezirkverordnete von Treptow-Köpenick
verschwand ebenso schnell wie er auftauchte. Sein Kamerad Hähnel, er wurde
am Sonntag in die Bezirksverordnetenversammlung von Lichtenberg gewählt,
blieb dagegen vor Ort und dirigierte die rund 150 Rechtsextremisten durch
die Dunkelheit. Den Versuch seiner Jungs am Ende der Demonstration mit einer
aktionistischen Propagandashow zu brillieren machte die Polizei schnell
zunichte. Acht Personen wurden verhaftet und wegen Volksverhetzung
angezeigt.
Keine Anzeige wegen Volksverhetzung dagegen bekam der fleißig
mitdemonstrierende Kreisvorsitzende der Pankower Republikaner, Michael
Rauschenbach. Stattdessen wird er in Zukunft im Bezirksparlament eine
Politik betreiben, die "die Meinung der Bürger im Bezirksparlament mit
Nachdruck zu Gehör" bringen will. Dass damit eher die 6000 Bürger von
Heinersdorf gemeint sind, als die restlichen 344.000 Pankower kann wohl als
sicher gelten.
©
www.mut-gegen-rechte-gewalt.de - 19.9.2006, Fotos:
www.agentur-ahron.de
'Bürgeraktion gegen Überfremdung':
Mit der NPD gegen geplante
Moschee
500 Pankower demonstrierten gemeinsam mit Neonazis
gegen den geplanten Bau einer Moschee...
|