'Bürgeraktion gegen Überfremdung':
Mit der NPD gegen geplante Moschee
500 Pankower demonstrierten gemeinsam mit Neonazis
gegen den geplanten Bau einer Moschee
Von Ralf Fischer und Juri Eber
Für den frühen Samstagvormittag rief eine 'Bürgeraktion gegen
Überfremdung' zum Protest gegen den geplanten Bau einer Moschee in Berlin –
Heinersdorf auf. Statt der 100 Teilnehmer wie von den Veranstaltern
erwartet, folgten dem Aufruf weit über 450 Menschen. Unter ihnen waren auch
40 Neonazis.
Während die Jungen Liberalen noch am Straßenrand ihre Materialien für
ihre Gegenkundgebung inklusive symbolischer Grundsteinlegung aufbauen,
strömen immer mehr Anwohner zum Startpunkt der Demonstration. Die
Flugblätter, die ihnen von den jungen Moscheebaubefürwortern gereicht
werden, und auf denen mit Friedrich dem Großen, der den Satz prägte "In
meinem Staate kann jeder nach seiner Facon selig werden", argumentiert wird,
belächeln sie nur.
Derweil hundert Meter weiter in der Tiniusstraße - direkt vor dem
Grundstück, auf dem die Moschee von der Ahmadiyya Gemeinde gebaut werden
soll - sammeln sich die Gegner des Moscheebaus. Einfache Heinersdorfer
Bürger stehen Seit an Seit mit Mitgliedern des Pankower NPD-Kreisverband,
des Märkischen Heimatschutzes und Anhängern der Berliner
Kameradschaftsszene. Unter ihnen der rechtsextreme Multifunktionär Jörg
Hähnel, seines Zeichen Vorsitzender des lokalen NPD-Kreisverbandes und
Mitglied im Bundesvorstand der NPD, das DVU-Mitglied Sascha Kari ebenso wie
der Anti-Antifa Paul Schneider. Die Stimmung ist gereizt. Die Verbalnote des
Demonstrationsanmelders, nicht gemeinsam mit Rechten oder Linken
demonstrieren zu wollen, bleibt an diesem Tag ein hehrer Wunschtraum.
Aufstand der Kleinbürger
Als es losgeht ist klar, dass die Neonazis mitmarschieren dürfen, am Ende
der Demonstration als eigener Block. Später steht auf den Seiten der
Berliner NPD zu lesen, dass Hähnel und Kameraden 'privat' an der
Veranstaltung teilnahmen. Der Grund dafür ist simpel: Parteienvertreter
wollten die Bürgeraktion eigentlich nicht auf ihrer Demonstration dulden.
Doch in bestimmten Notsituationen kennen bekanntlich Deutsche keine Parteien
mehr: Es gilt nur noch das völkische Prinzip.
10:30 bewegt sich der Mob aus Neonazis, Stammtischrassisten und
chauvinistischen Kleinbürgern mit dem Ziel Rathaus Pankow los. Mit den Rufen
'Nein, nein, nein zur Moschee' biegt die Demonstration lautstark aus der
Tiniustraße in die Prenzlauer Promenade ein. Als das Häuflein Liberaler ins
Blickfeld der Demonstranten rückte, entlädt sich das erste Mal der geballte
Zorn. 'Geht doch nach Hause', oder Angebote, doch endlich in die Linkspartei
überzutreten, prasselten wild auf die Gegendemonstranten ein.
Nur hundert Meter weiter steht das Original am Rande der Demonstration,
eine Abordnung der Linkspartei.PDS mit dem Transparent "Für
Religionsfreiheit und Toleranz". Neben dem Bezirksvorsitzenden aus Pankow,
Gernot Klemm, dem Mitglied im Abgeordnetenhaus, Marion Seelig, stellte sich
auch der Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus, Stefan Liebich,
öffentlich gegen die rassistische Hetze von Rechts. Die Antwort aus dem
Demonstrationszug war dementsprechend und vielstimmig: minutenlang stimmten
die Moscheegegner 'Schämt Euch' Sprechchöre und Buhrufe an.
Kein Ende der Fahnenstange in Sicht
Den rund 30 autonomen Antifaschisten, die ständig versuchten an die Route
zu gelangen, um die Demonstration zu blockieren, erging es ebenso. Wenn sie
nicht gerade von der Polizei weiträumig vom Demonstrationszug fern gehalten
wurden, bekamen sie die Schimpftiraden der Moscheegegner zu hören. Die
Sprechchöre der Antifaschisten gehen einfach immer wieder im Lärm der
Heinersdorfer Bürger unter.
Anderthalb Stunden später, gegen 11:30, endete der braune Spuk vor dem
Rathaus Pankow. Der befürchtete Sturm aufs Rathaus blieb am 20. Mai zwar
vorerst noch aus, doch die Organisatoren von der rechten Bürgeraktion
kündigten schon an, mit ihrem Straßenprotest weiterzumachen. An
Selbstbewusstsein jedenfalls mangelt es den Moscheegegner nicht. Nachdem der
juristische Einspruch gescheitert ist, wollen sie nun über den Druck der
Straße verhindern, dass die erste Moschee in Ostberlin Realität wird. Bleibt
zu hoffen, dass sie damit keinen Erfolg haben.




Fotos: ©
Agentur Ahron
hagalil.com 24-05-2006 |