Ein erschütterndes Dokument der Barbarei:
Babij Jar
Von Azad Abramov, München
Gedenkstunde in München anlässlich des 65. Jahrestages des Massakers
von Babij Jar
In dieser Woche wird vielerorts der Opfer des Massakers
von Babij Jar gedacht. 33.771 jüdische Zivilisten, Männer, Frauen und Kinder
wurden am 29. und 30. September 1941 in der Schlucht von Babij Jar, einem
Ort außerhalb der ukrainischen Stadt Kiew von Nationalsozialisten ermordet.
Aus diesem Anlass fand am Dienstag, dem 26. September 2006 auch in der
Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern (IKG) eine Gedenkstunde
mit prominenten Rednern und mit einem vielseitigen Kulturprogramm statt.
Veranstalter der Gedenkstunde, die in zwei Sprachen, russisch und deutsch,
abgehalten wurde, war die Integrationsabteilung und das Jugend – und
Kulturzentrum der IKG.
Die Grußworte wurden gesprochen von der
Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern,
Charlotte Knobloch, dem Vorsitzenden des Vereins „Phoenix aus der
Asche“ Semen Moshkovych, vorgestellt von Yehoshua Chmiel , dem
Vizepräsidenten der IKG und dem Gemeinderabbiner Steven E. Langnas.
Charlotte Knobloch hob die besondere Grausamkeit der deutschen
Nationalsozialisten hervor, die Menschen aus Fleisch und Blut gewesen seien
und keine wilden Tiere. Sie hätten nein sagen können, aber sie hätten es
nicht gesagt und „deshalb sind wir heute hier“.
Semen Moshkovych, 1936 in der Ukraine geboren, lebte von 1941 bis 1944 unter
der Okkupation der Deutschen Wehrmacht. Er erzählte die Geschichte über das
Denkmal für die Opfer von der Babij Jar: Bereits 1967 boten ukrainische
Architekten Entwürfe an. Erst 1976 fiel die Entscheidung für den Beginn der
Bauarbeiten des Denkmals, das 1991 eröffnet wurde. Trotz des Mahnmals kann
man heute wieder antisemitische und nazistische Literatur in der Hauptstraße
der Landeshauptstadt Kiew kaufen.
Im Anschluss an diese Darstellung mahnte der Rabbiners Steven E. Langnas, in
seiner Ansprache, das Geschehene und die Leiden der Opfer nicht zu
vergessen.
Es folgte eine Schweigeminute.
Im Anschluss begann das Kulturprogramm mit hebräischen und jiddischen
Liedern, dem Gedicht „Babij Jar“ von Jewgeni Jewtuschenko, vorgetragen von
der Jugendtheatergruppe, die auch Erinnerungsfragmente von
Schoah-Überlebenden in russisch und deutsch aufführte.
Der Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt und die Stimmung war, dem
Anlass entsprechend sehr niedergedrückt. Die IKG-Mitglieder aus der Ukraine
waren eindeutig in der Mehrheit unter den Teilnehmern der Veranstaltung.
Die Ereignisse von Babij Jar sind eines von vielen schrecklichen Verbrechen
des Holocaust im Zweiten Weltkrieg, die erst nach dem Zerfall der
Sowjetunion wieder ins Bewusstsein der Menschen traten. Sie sind ein
erschütterndes Dokument menschlicher Barbarei und mahnen bis in die heutige
Zeit zu mehr Menschlichkeit und Toleranz.
65. Jahrestag des Massakers von Babij Jar:
Charlotte Knoblochs Appell an die
menschliche Verantwortung
Heute wissen wir, dass nur wenige Menschen den Mut und die
Charakterstärke aufbringen, "Nein" zu sagen. Nur wenige sind bereit,
hinzusehen, aufzustehen und dagegen einzutreten, wenn irgendwo auf dieser
Welt Unrecht geschieht... |