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München, den 29. September 2006
Es gilt das gesprochene Wort.

65. Jahrestag des Massakers von Babij Jar:
Charlotte Knobloch appelliert an die menschliche Verantwortung

... Die Schwelle zum Neuen Jahr haben wir bereits überschritten und ich darf die Gelegenheit nutzen, Ihnen noch einmal alles Gute für Sie und Ihre Familien zu wünschen. Mögen Sie eingeschrieben werden in das Buch des Lebens.

Mein besonderer Gruß und herzlicher Dank gilt allen Organisatoren und Mitwirkenden des heutigen Abends, Herrn Mushkovych, dem Vorsitzenden des Vereins "Phoenix aus der Asche", der Theatergruppe unseres Jugendzentrums, dem Chor "Druschba" sowie allen anderen Künstlerinnen und Künstlern, die zur heutigen Veranstaltung beitragen werden. Haben Sie alle herzlichen Dank für Ihr Engagement.

Was uns heute hier zusammenführt, ist das Andenken an ein furchtbares Ereignis in der Geschichte unseres Volkes.

Vor 65 Jahren - am 29. und 30. September 1941 wurden 33.771 unschuldige Menschen auf grausame und niederträchtige Weise ermordet. 33.771 jüdische Frauen, Kinder und Männer wurden an diesen beiden Tagen im September in eine Schlucht unweit von Kiew getrieben und dort erschossen. Ein Sonderkommando der SS verübte zusammen mit ukrainischen Hilfs-Schergen, diesen schrecklichen Massenmord.

Babij Jar - der Name dieser Schlucht - hat sich in das Gedächtnis unseres Volkes eingebrannt. Babij Jar ist eine Chiffre für die Abgründe der menschlichen Natur. Unwillkürlich lässt uns dieser Name - Babij Jar - an Auschwitz denken, an Treblinka, Sobibor und Dachau.

An diesen Orten verloren Menschen ihr menschliches Gesicht. Sie offenbarten all das unvorstellbar Böse und Brutale, zu dem die Menschheit fähig ist.

Heute wissen wir um diesen dunklen, gefährlichen Zug der menschlichen Natur.
Wir wissen, was Menschen einander antun können - im Namen eines Befehls oder eines Despoten, der sie verblendet, aufhetzt und ihre niedrigsten Beweggründe sichtbar macht. Habgier, Heimtücke und Machtgelüste können stärker sein als Erbarmen und Mitgefühl.

Heute wissen wir, dass nur wenige Menschen den Mut und die Charakterstärke aufbringen, "Nein" zu sagen. Nur wenige sind bereit, hinzusehen, aufzustehen und dagegen einzutreten, wenn irgendwo auf dieser Welt Unrecht geschieht.

Dass das Verbrechen in der Schlucht von Babij Jar - in der Schlucht des Leids - Unrecht war, hätter jeder der Täter sehen müssen, wenn er auf seine innere Stimme gehört hätte. Denn das Gewissen des Menschen weiß genau, was gut und böse ist. Der Mensch kennt das Gefühl von Mitleid und Erbarmen. Er hört das Weinen der eigenen Kinder im Weinen derjenigen, die er in die Schlucht treibt. Er spürt die eigene Verzweiflung und die eigene Hilflosigkeit, wenn er die Schreie der Frauen und Mütter, die er ermordet, hört. Im fassungslosen Grauen der Großväter und Männer, die in den Salven der Maschinengewehre sterben, erkennt er das eigene Entsetzen.

Verehrte Anwesende, die Täter von Babij Jar wussten, was sie tun. Und trotzdem haben sie es getan. Sie ermordeten Kinder und Frauen und gingen anschließend nach Hause zu ihren eigenen Familien. Die Täter von Babij Jar waren Menschen. Sie waren keine irrealen Ungeheuer, keine Geisteskranken oder Außerirdische. Sie waren keine Raubtiere, die einem Tötungsinstinkt folgen mussten. Sie waren keine unzurechenbaren Psychopathen. Nein. Sie waren Menschen aus Fleisch und Blut.

Genau dies macht sie für ihr Handeln haftbar. Gerade weil sie das Unrecht erkennen hätten können, tragen sie die Verantwortung für ihr Tun. Sie waren Menschen und als Menschen hatten sie eine Wahl. Sie hatten die Wahl, auf ihre innere Stimme zu hören und "Nein" zu sagen.

Weil sie nicht "Nein" gesagt haben, sind wir heute hier. Weil sie am 29. und 30. September 1941 in der Schlucht von Babij Jar 33.771 Menschen ermordet haben, gedenken wir heute dieses Massakers.

Wir sind erschüttert. Wir sind verzweifelt.
Nicht nur mit Blick auf die Vergangenheit, sondern auch angesichts der Gegenwart. Denn auch heute schaffen es rechtsextremistische Parteien, demokratisch in den Landtag gewählt zu werden. Auch heute wagen sie es, unser Grundgesetz - den Garanten unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaftsordnung - in Frage zu stellen. Schon einmal mussten wir erleben, wie demokratische Wahlen extremistische Parteien an die Macht brachten.
Wir alle wissen, wo das endete. Zum Beispiel in Babij Jar.

Wenn wir heute an Babij Jar denken, erinnern wir uns auch daran, dass auf die Diktatur des Hitler-Regimes eine andere Diktatur folgte. Wir wissen, dass Babij Jar in der Sowjetunion verschwiegen und verleugnet wurde. Ein Mahnmal für die unschuldigen Opfer, die im Massengrab von Babij Jar verscharrt wurden, durfte es nicht geben. Auch nach Stalins Tod wurden alle Versuche, eine Gedenkstätte zu errichten, im Keim erstickt.

Intellektuelle, die es wagten, den sowjetischen Antisemitismus zu kritisieren, wurden kalt gestellt. Erst 1967 gelang es dem Verband ukrainischer Architekten, eine öffentliche Ausstellung durchzusetzen, die an die Greueltaten von Babij Jar erinnerte. Seit Anfang der 90er Jahre gibt es für die jüdischen Opfer von Babij Jar endlich ein eigenes Denkmal.

Verehrte Anwesende, Babij Jar ist eine ständige Aufforderung, wachsam zu bleiben. Antisemitischen und rechtsextremistischen Tendenzen die Stirn zu bieten.

Gerade heute, wo politischer Extremismus und Terrorismus unsere Freiheit bedrohen, weist uns die schmerzliche Erinnerung an Babij Jar den Weg.

Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass es nie wieder ein Babij Jar geben wird. Lassen Sie uns verhindern, dass die Toleranz der demokratischen Gesellschaften zur Schwäche wird. Lassen sie uns an einer Welt arbeiten, in der freie Menschen unter anderen freien Menschen unabhängig von ihrer Religion, Volkszugehörigkeit oder Hautfarbe in Frieden leben können.

Lassen Sie uns nie vergessen, dass wir Menschen sind und die Wahl haben, "Nein" zu sagen.

Ich danke Ihnen.

hagalil.com 28-09-2006

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