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"Heß-Gedenkmarsch":
In Wunsiedel oder anderswo

Zwar könnte der Marsch zum Grab von Rudolf Heß verboten bleiben. Doch Nazis und Antifas bereiten sich auf mögliche Alternativen vor.

Von Peter Sonntag
Jungle World 33 v. 16.08.2006

Mit einer unmissverständlichen Beschwerde hat der Veranstalter der Heß-Gedenkveranstaltung in Wunsiedel auf den rechtsfeindlichen Beschluss des VG Bayreuth vom 18. Juli 2006 reagiert." So steht es seit gut zwei Wochen auf dem Neonazi-Portal "Widerstandnord" zu lesen. Und tatsächlich darf man annehmen, dass der Veranstalter in der Lage sein dürfte, eine "unmissverständliche Beschwerde" zu verfassen. Denn der, Jürgen Rieger, ist seit Mitte der siebziger Jahre als Rechtsanwalt tätig.

Der 59jährige Hamburger Neonazi hat den "Heß-Gedenkmarsch" bis auf zehn Jahre im Voraus jeweils zum Todestag des Nationalsozialisten in Wunsiedel angemeldet. Genützt hat das bislang nichts. Am Donnerstag voriger Woche bestätigte der bayrische Verwaltungsgerichtshof in München das Verbot. Nun bleibt Rieger nur noch die Hoffnung, dass das Bundesverfassungsgericht zu seinen Gunsten entscheiden könnte.

Das Gedenken an den Kriegsverbrecher führt seit dem Jahr 2001 zum größten Aufmarsch von Neo- und Altnazis in Europa, bei dem der Nationalsozialismus abgefeiert wird. Im Jahr 2004 liefen mehr als 4500 Nazis aus Deutschland, Italien, Spanien, England, Frankreich, Österreich und anderen Ländern durch die fränkische Kleinstadt, um ihres Idols zu gedenken. Lediglich etwa 350 Antifas und ein bürgerliches Bündnis versuchten damals, sich dem Marsch entgegenzustellen.

Rudolf Heß, der Stellvertreter Hitlers, Mitorganisator des Mordes an den europäischen Juden und Mitglied der NSDAP seit 1920, war im Jahr 1941 nach Schottland geflogen, um dort Friedensverhandlungen mit England zu beginnen. Ob die Mission mit oder ohne Wissen des "Führers" stattfand, ist umstritten. Heß, der zu diesem Zweck persönlich ein Flugzeug zur britischen Insel lenkte und mit einem Fallschirm dort absprang, wurde jedoch gefangen genommen. Hitler ließ über den Rundfunk verbreiten, der "Parteigenosse Heß" sei wohl "Wahnvorstellungen erlegen", und das Thema hatte sich bis zur Zerschlagung des deutschen Faschismus erledigt.

Im Jahr 1946 wurde Heß in Nürnberg zu lebenslanger Haft verurteilt und saß fortan in Berlin-Spandau im britischen Kriegsverbrechergefängnis ein, seit dem Jahr 1966 als einziger und letzter Häftling. Am 17. August 1987 erhängte er sich am Fensterkreuz in seiner Zelle, und der Spandauer Knast wurde abgerissen. Nicht zuletzt der Umstand, dass Heß im Schlusswort zu seinem Prozess geäußert hatte, er "bereue nichts", machte ihn bereits zu Lebzeiten zu einer Heldenfigur für die rechte Szene. Später galt er als Märtyrer. Sein Grab in Wunsiedel wurde zum Wallfahrtsort für Nazis aus ganz Europa.

Bereits im Jahr 1988 fanden sich 120 von ihnen zu einem ersten Gedenkmarsch zusammen, der von einer Gruppe um Michael Kühnen und Christian Worch organisiert worden war. Rieger setzte die zunächst verbotene Veranstaltung gerichtlich durch. Im folgenden Jahr reisten etwa 250 Nazis nach Wunsiedel, 1990 waren es 1500. In den Jahren 1991 bis 2000 blieb der zentrale Heß-Gedenkmarsch verboten. Weil die Ersatzveranstaltungen der Jahre 1994 und 1995 große Misserfolge für die Neonazis darstellten, verlor das Ereignis vorübergehend seine einigende Wirkung in der rechten Szene und damit an Bedeutung. Darüber hinaus hatte sich mit der Wehrmachtsausstellung ein neues Thema gefunden, mit welchem sich die Rechten überwiegend beschäftigten.

Seit der Marsch 2001 wieder erlaubt war, stieg auch die Zahl der Teilnehmer von Jahr zu Jahr an, von rund 900 bis zum vorläufigen Höhepunkt im Jahr 2004. Im vorigen Jahr blieb der Aufmarsch erneut verboten. Der Paragraf 130 des Strafgesetzbuchs, in dem es um den Tatbestand der Volksverhetzung geht, war im April 2005 um einen Absatz ergänzt worden. Danach gilt auch als volksverhetzend, wenn jemand "öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt". Jürgen Rieger ging mit seiner Beschwerde gegen das Verbot bis vor das Bundesverfassungsgericht, wurde jedoch abgewiesen.

Eine Eilentscheidung des Gerichts zugunsten der Rechten gilt auch in diesem Jahr als eher unwahrscheinlich. Dennoch bereiten sich alle auf den 19. August vor – und für alle Fälle. Die Neonazis haben Ersatzveranstaltungen in München und im benachbarten Dorfen, in Jena und Fulda angemeldet. Die Aufmärsche in Fulda und Jena, welche die "Meinungsfreiheit" zum Thema haben sollen und sich gegen die Ergänzung des Volksverhetzungsparagrafen richten, sind bislang auf gleicher Grundlage verboten wie der in Wunsiedel.

Dort ruft das "Wunsiedler Bündnis gegen Rechtsextremismus für Demokratie und Menschenwürde" zu einem "Tag der Demokratie". Geplant sind unter anderem eine "Meile der Demokratie", ein Gottesdienst und Informationsveranstaltungen. Wegen der vielen im Stadtgebiet angemeldeten Kundgebungen rechnet der zweite Bürgermeister Matthias Popp (CSU), selbst im Einsatz für ein "buntes" Wunsiedel, nicht mit einem Aufmarsch der Rechten.

Die Kampagne "NS-Verherrlichung stoppen!", infolge welcher sich im vergangenen Jahr gut 2000 Antifas in Wunsiedel versammelten, ruft ebenfalls wieder dazu auf, sich dem Gedenkmarsch in den Weg zu stellen. Sie war nach den kaum wahrnehmbaren Protesten des Jahres 2004 ins Leben gerufen worden. In der Selbstdarstellung heißt es: "Von Anfang an richtete sich unser Widerstand gegen jede Art der Verherrlichung des Nationalsozialismus und gegen jede Art der Verdrehung und Relativierung der deutschen Geschichte." Entsprechend beschäftigt sich die Kampagne auch mit den anderen regelmäßig stattfindenden Großereignissen für Neo- und Altnazis: dem Gedenken an die Bombardierung Dresdens durch die Alliierten Mitte Februar, dem Gebirgsjägertreffen in Mittenwald an Pfingsten und dem "Heldengedenken" auf dem Soldatenfriedhof in Halbe.

Da der Ausgang des Verbotsverfahrens noch ungewiss sei, bereite man sich "auf Hochtouren" auf den 19. August vor, sagt Peter Brock, der Sprecher der Kampagne. "Wenn es ein zentrales Heß-Gedenken gibt, werden wir da sein, in Wunsiedel oder anderswo."

Verwaltungsgericht Bayreuth bestätigt:
Verbot von Hess-Marsch in Wunsiedel
Das Verwaltungsgericht Bayreuth hat am 27. Juli das Verbot der für den 20. August in Wunsiedel geplanten Demonstration zum Todestag des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß bestätigt.

hagalil.com 17-08-2006

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