Senderechte:
Manche Israelis "fressen" schon die WM
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Hunderte israelische Restaurants, Pubs und Kneipen
wurden von der Firma Charlton aufgefordert pro Sitzplatz umgerechnet 30 Euro
für jedes in ihren Etablissements ausgestrahlte WM-Spiel zu entrichten. "Das
ist eine Unverschämtheit. Manche Gäste wollen vielleicht nur eine Tasse
Kaffee trinken oder etwas essen und gar keinen Fußball schauen", meinte ein
Tel Aviver Bar-Besitzer. "Im schlimmsten Fall werde ich den Fernseher, der
bei uns immer läuft, mit einem Tuch verdecken." Bis Freitag will die
Vereinigung der Barbesitzer eine einstweilige Verfügung gegen die
übertriebene Schröpfforderung erzwingen.
Charlton hat die Senderechte der WM für Israel erworben und versucht jetzt
mit allen Mitteln abzusahnen. Zunächst hieß es, dass jeder an das Kabelnetz
angeschlossene Fernsehbesitzer die stolze Summe von fast hundert Euro
entrichten sollte, falls er eine Freischaltung für das komplette WM-Paket
erwerben wolle. In der Knesset, dem israelischen Parlament verlief ohne
Beschluss eine Beratung, ob und wie die geforderte Summe wenigstens halbiert
werden könne. Einige Kabelnetzbetreiber bieten "verlockende Angebote" für
Fußballfans. Schon für ein paar Euro bekommt man bei "Hot" oder bei "Yes"
das ganze Paket. Doch das Angebot hat einen Haken: man muss sich zu einem
zweijährigen Abonnement verpflichten, das mindestens 50 Euro pro Monat
kostet.
Die Bundesrepublik Deutschland nutzt die Gelegenheit, für sich Reklame zu
machen. So sind Palästinenser eingeladen, in das Bethlehemer Friedenszentrum
zu kommen, wo ein großer amerikanischer Getränkehersteller zusammen mit der
diplomatischen Vertretung in Ramallah zur Ausstrahlung des "Fifa World Cup
2006" auf einer Großleinwand einlädt. Die Anzeige verspricht "Überraschungen
bei den deutschen Spielen".
Die deutsche Botschaft in Tel Aviv ließ das offizielle Emblem umgestalten.
Die deutschen Farben in der Form eines Fußballs, mitten drin das
Brandenburger Tor und darunter auf Hebräisch und Deutsch die Worte:
"Deutschland 2006".
Israel ist schon im Vorfeld ausgeschieden und wird bei der WM in Deutschland
nicht auftreten. Aber eine Fabrik in Kirjat Schmone, im hohen Norden
Israels, hart an der Grenze zu Libanon, wo es erst kürzlich wieder zu
Kämpfen und Raketenangriffen kam, ist stolz, allen Spielern der WM die
offiziellen Fußballerstrümpfe zu liefern. In den Produktionshallen hängen
zum Ansporn der Mitarbeiter von "Sport-Helden" (so die Übersetzung des
hebräischen Namens der Firma) großformatige Fotos von Ronaldo und anderen
Fußballgrößen mit den knielangen israelischen Socken. |