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Nackte, alte Männer und geschmacklose Witze:
"The Beach Boys" - 83 Minuten Ekel

Von Julia Anspach

[VIDEO TRAILER, Windows Media, 5.5 MB, 1.35min]

Der Film "The Beach Boys" erhielt beim Dokumentarfilmfestival "DocAviv" einen Preis für den außergewöhnlichen Filmschnitt. Er sei ein Beispiel, hieß es in der Begründung, dass ein geschickter Schnitt aus einer Fülle an Material auch dann einen Film machen könne, wenn das Material ohne Konzept und Story geschossen sei.

Ohne Konzept und Story – ohne Sinn und Verstand: Das ist es wohl auch, was das Leben der Alten-Männer-Clique am Strand von Tel Aviv auf den Punkt bringt. Aus den 30 Jahren Hobbyfilm-Aufnahmen zeichnet der Film die Entwicklung vor allem dreier Männer nach, deren wesentliches Merkmal der Stillstand ist: Nichtstun, Faulenzen, Sex haben, Trinken, Kiffen und wer weiß, welche anderen Drogen einschmeißen Beginnend Mitte der siebziger Jahre stammen die letzten Bilder aus dem Jahre 2005 und wären die Männer nicht grauhaarig, faltig und teilweise zahnlos geworden, könnte man meinen, der gesamte Film sei ein Fake. Denn nach 30 Jahren geben sie die selben platten Sprüche, die selben Dummheiten und Geschmacklosigkeiten von sich wie in der ersten Szene aus dem Jahr 1978.

Ob es das Wetter der Saison ist, das einer der Akteure mit Vorliebe vorhersagt, ob es rassistische Bemerkungen über sephardische, ashkenasische Juden und "Nigger" sind, Entwicklung heißt im Leben dieser Männer Wiederholung, als Gesellschaftskritik getarnte Verantwortungslosigkeit.

30 Jahre nichts anderes, als am Strand rumhängen, eine junge Frau nach der anderen belästigen, mit Vorliebe Touristinnen auf die Pelle rücken, in der Sonne braten, sich das Gehirn, vorausgesetzt, es ist eines vorhanden, verbrennen lassen, alt und faltig werden, mit etwas über Fünfzig verbraucht aussehen und sich immer noch für unwiderstehlich halten – das ist in wenigen Sätzen die Biographie des im Zentrum des Film stehenden Ronny.

Seinen beiden Freunden gelingt es schließlich, Veränderungen im Leben zu akzeptieren oder sogar herbeizuführen. Beide gehen eine festere Beziehung ein, einer wird sogar Vater. Jedoch muss sein Sohn nicht einmal das erste Lebensjahr vollenden, um an seinen Weisheiten über Frauen und das Leben teilzuhaben.

Ronny hingegen bleibt sich treu. An einigen Stellen teilt er der Kamera seine Gedanken und Reflexionen über Gesellschaft und Politik mit. Der intellektuelle Höhepunkt seiner Betrachtungen liegt wahrscheinlich in seiner Lösung der Bedrohung durch den Terrorismus: Es sollten einfach alle nackt herumlaufen, meint er. Erst die Nackten, dann kämen Religiöse und Araber hinterher. Lieber ließe er seinen Penis an der Luft baumeln als das Leben seines Sohnes zu gefährden, erklärt Ronny. Und er begründet seine Idee noch anders: "In Auschwitz sind wir ja schließlich auch alle nackt herumgelaufen."

Als eines Tages Ronnys zwanzigjähriger Sohn vor der Tür steht, wundert sich Ronny, dass die Mutter ihm nicht schon längst etwas von dessen Existenz gesagt hat. Schließlich mag er doch Babys. Einen kurzen Moment sieht es so aus, als würde Ronny sich selbst ins Frage stellen, sein Leben und den Lebenswandel reflektieren. Doch die Überlegung "Vielleicht wäre alles ganz anders gekommen" verdrängt er schnell.

Der mit Ronny befreundete Kameramann schreckt auch vor den intimsten Aufnahmen nicht zurück. Sein pubertärer Humor scheint insbesondere darin zu liegen, den gerne nackt umherlaufenden oder auch nackt an einer Art Schaukel im Wohnzimmer seines verkommenen, verwahrlosten, schmutzigen und ekelerregenden Appartements hängenden Ronny in den privatesten Momenten in den Blick zu nehmen. Je älter Ronny wird, desto mehr rückt sein Penis ins Zentrum der Betrachtung. Welche Veranlassung verschiedene junge Frauen haben, an selbigem vor laufender Kamera herumzuspielen, wird nicht deutlich. Dass ihr Bewusstsein jedoch nicht immer ganz ungetrübt ist, wird sehr wohl deutlich.

Der Versuch, der Zeit zu entfliehen, endet für Ronny in der Einsamkeit. Eine Kontaktanzeige ändert nichts daran, zumal Ronny auf die Zuschriften nicht antwortet. Er hat keine Zeit, sagt er. "Obwohl du die ganze Zeit nichts tust, hast du keine Zeit?", fragt ihn sein unsichtbarer Freund hinter der Kamera, der in der zweiten Hälfte des Films deutlicher und bewusster kommentierend und fragend ins Geschehen eingreift. Und Ronny erklärt, dass nur die, die etwas tun, auch Zeit haben. "Sie haben Zeit, etwas zu tun. Die, die arbeiten, haben Zeit zu arbeiten."

Ein deutlicher ästhetischer Bruch liegt im Film etwa Mitte der Neunziger, als Ronnys filmender Freund Honi offensichtlich über eine neue und modernere Kamera mit einer Zoom-Funktion verfügt. Nun folgt er seinem Freund nicht nur, hektisch und unkontrolliert, er mag es auch, einzelne Körperteile bis zur Unschärfe zu vergrößern, er dringt geradezu ein in die Objekte seiner Betrachtung. Anschließend fuchtelt er wild mit der Kamera herum. Wohl kaum ein Auge kann sich an diesen Stilwechsel gewöhnen, das Schwindelgefühl hält noch eine Weile nach Ende des Films an.

Und wer im Anschluss an den Film versucht ist, den alten und einsamen Mann selbst dann zu bemitleiden, wenn man schon persönlich die Bekanntschaft dieser Gruppe am Strand von Tel Aviv machen musste, kann von Glück reden, wenn Ronny der Jerusalemer Cinematheque just an jenem Tag die Ehre gibt.

Er wird nach Filmende auf die Bühne gerufen. Er bindet sich eine Plastiktüte aus dem Supermarkt wie eine Windel um seinen Penis und lässt die Hüllen fallen. Wie ein ästhetisches Wunderwerk präsentiert er stolz seine Muskeln unter Haut, die nach mehr als 30 Jahren intensivster Sonneneinstrahlung gar nicht anders aussehen kann als vertrocknet. Ob so etwas gefällt?

Erbärmlicher Exhibitionismus als letzte Sinnstiftung eines verantwortungslosen Lebens – die Mehrzahl des Publikums verlässt den Saal.

[VIDEO TRAILER, Windows Media, 5.5 MB, 1.35min]

THE BEACH BOYS
Israel, 2006, 83Min., Video, Hebrew, English Subtitles

Director: Honi Hameagl
Producer: Edna and Elinor Kowarsky - Eden Productions
Cinematography: Honi Hameagal
Editor: Noit Geva

hagalil.com 16-06-2006

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