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Juden in Deutschland - Fragen 2006:
Die christlichen Gebote

Zweiter Teil des Essays "Reden und Taten: Die deutsch-jüdische Frage 2006" von Daniel Haw

Was sagt die christliche Glaubenslehre, die moralische Hüterin abendländischer Kultur, zum deutsch-jüdischen Schlamassel?

Sollte es Deutschen christlicher Prägung besser gehen als seinen Juden? Es wäre doch nur recht und billig, Deutschland teilte die Schmerzen der Menschen, denen es die Familien mordete. Darum geht es doch wohl auch entscheidend in der christlichen Glaubenslehre - das Mittragen des Schmerzes?

Doch da befinde ich mich bereits in der nächsten Problematik: die christliche Glaubenslehre, die sich einem Juden kaum zu erschließen vermag: Nimmt der Christos oder Christus oder Sohn Gottes oder Jesus oder Messias nun die Schuld der Welt (hebr.: "haOlam") auf sich und entschuldet somit den Menschen (hebr.: "Adam") auf immer und ewig oder macht sich der Mensch immer wieder schuldig und muss die Schuld abtragen, die der Gekreuzigte bereits auf sich genommen hat? Weder Geistliche noch Theologen haben mir diese Frage beantworten können.

Der Tanach, der von den Christen in Selbstüberschätzung schlecht und falsch übersetzt, als "Altes Testament" etikettiert wurde, wiegt (als adäquates Vergleichsmittel in der Buber-Rosenzweig-Übersetzung) insgesamt 1750 Gramm; das Neue Testament hingegen nur 537 Gramm und dies bei gleicher Papierstärke.

In Anbetracht des Wahrhaftigkeitsanspruches der christlichen Religion, die mit dem "Neuen Testament" das alte zu überwinden, also abzulösen meint, verblüfft immer wieder ihre naive Arroganz, mit der sie das Fremde als das Eigene verkauft und zur Anfütterung des mageren Eigenen sich des wohlgenährten Fremden bedient. (Die Werke der Evolutionstheoretiker und -forscher füllen Bibliotheken; die Schrift der Zeugen Jehovas, mit denen diese einen Gegenbeweis antreten, ist so dünn wie ein Supermarkt-Prospekt.)

Manchmal bedaure ich meine materiell geprägte Skepsis, aber mich beeindrucken 1750 Gramm mehr als 537 Gramm.

Vielleicht fehlt aber der christlichen Religion gerade diese Skepsis? Vielleicht hätten ein paar ungläubige "Thomasse" in der Kirchengeschichte Wunder bewirkt und die Entwicklung des Christentums menschlicher und der Welt verträglicher gestaltet. Doch die ungläubigen "Thomasse" wurden stets zu Tode gefoltert, ertränkt, erschlagen, verbrannt. Blut klebt an den Händen der christlichen Kirchen bis ins 20. Jahrhundert hinein. Das ist der Menschheit bekannt.

In der Tat, ein Jude muss unweigerlich Probleme mit dem Christentum haben, denn er hat seit dessen Existenz die Intoleranz und Grausamkeit der Kirchen erleben und am eigenen Leibe erleiden müssen. Friedlich sind die Kirchen erst, seitdem sie ihre politische Macht verloren haben. Was also garantiert den Juden die Friedfertigkeit Iglesias?

Auch hier begegnen wir den Wort- und Schriftwiederholungen, die überzeugen sollen; und sie überzeugen - nur nicht die Juden. Die stehen naturgemäß außerhalb christlicher Wertigkeiten und denken mit Schrecken an die Menschenmassen, die dem flammenden Richtschwert der heiligen Mutter Kirche zum Opfer fallen mussten: Albigenser, die zahlreichen Völker des amerikanischen Kontinents, Hexen und Hexer und - Juden.

Angeblich sucht die Kirche den Dialog mit den Juden.
Weshalb? Was gibt es zu dialogisieren?

Will sie ihnen nachträglich die Notwendigkeit des Reichskonkordats begreiflich machen?
Will sie ihnen von der humanitären Verpflichtung dozieren, der gemäß sie auf der "Rattenlinie" NS-Mörder durch den Vatikan schleuste und mit frischen Pässen und einem fragwürdigen Segen versehen ins südamerikanische Paradies schickte?

Worüber sollten Juden mit Christen also reden?

Wir schreiben das christliche Jahr 2006. An 29 deutschen Gotteshäusern prangen immer noch sogenannte "Judensäue", steinerne Reliefs, die bildhaft darstellen, wie Juden an den Zitzen eines Schweins saugen und ihm den Anus küssen. Lediglich an der Stadtkirche von Wittenberg befindet sich eine Informationstafel, auf der sich die Kirche von dieser antisemitischen Geschmacklosigkeit distanziert, die der segensreiche Denkmalsschutz vor der Vernichtung schützt.

Welcher christlich-jüdische Dialog ist also eigentlich gemeint?

Anders gefragt: was wollen die christlichen Kirchen von den Juden? Absolution für die Mordhetze, die sie gegen sie betrieben haben? Und wonach begehren ihre deutschen Mitbürger? Nach Absolution für den staatlich angeordneten Massenmord? Fühlen sie sich nach einer Absolution ruhiger - beruhigter?

Wo war die Abscheu?

Weder das deutsche Tätervolk von 1945 noch seine nationalsozialistisch missbrauchte Jugend der HJ und des BDM wandten sich voll Abscheu gegen die toten oder gefangenen oder geflohenen Staatsverbrecher, um ihnen vor aller Welt entgegenzuschleudern:
"Verflucht sollt ihr sein in alle Ewigkeit, dass es euch gelingen mochte, unsere niedersten Instinkte zu wecken, dass wir zu Räubern und Mördern, Hehlern, Betrügern, Verrätern, Feiglingen, Denunzianten und Duckmäusern wurden! Verflucht sollt ihr sein in alle Ewigkeit, ihr, die ihr uns zum Aussatz dieser Welt machtet! Verflucht - ihr, die ihr den Schatten der Schuld auf unsere Kinder und Kindeskinder werft! Hitler, Himmler, Heydrich, Goebbels, Göhring, Hess, von Ribbentrop, Deutsche Bank, Raeder, von Schirach, Krupp, Sauckel, IG Farben…!"

Nein, niemals war dieser Fluch zu hören, der Aufschluss hätte geben können über die moralische Position des deutschen Volkes und die Ernsthaftigkeit des Credos: "So etwas darf sich niemals wiederholen!"
Ist dieser Fluch zu emotional und pathetisch für einen Deutschen, der vielleicht nur das Pathos des Bösen ernst zu nehmen vermag?

"So-etwas-darf-sich-niemals-wiederholen!"  Wie mag dieser Satz in eines Juden Ohren klingen?

60 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges und Deutschlands bedingungsloser Kapitulation überschütteten die deutschen TV-Medien ihre Zuschauer mit Dokumentarsendungen über das Leid der deutschen Zivilbevölkerung. Zeitzeugen berichteten über die "Stunde Null", diese herrliche deutsche Geschichtserfindung, die dem Volk suggerieren soll, mit dem Neuanfang sei die alte Schuld getilgt; als hätte die Geschichte selbst, als oberste ethische Instanz, eine Generalamnestie erlassen.
Diese Vorstellung besitzt schon religiöse Dimensionen: Das Alte Testament wird in Dresden, Hamburg und Köln überwunden. Die Stunde Null, das deutsche Golgatha, schafft ein Neues Testament, frei von Verpflichtung und Verantwortung.

So hatten es die Christen gern - so haben es die Deutschen gern.

Und was lernten die Deutschen durch ihr Golgatha: Die Aussagen der Zeitzeugen gleichen sich fast vollständig: Man sei erleichtert gewesen, vor den alliierten Bombern nicht mehr in den Keller flüchten zu müssen. Man sei über das Ende des Krieges erleichtert gewesen. Man sei froh gewesen, endlich der Verdunklungsverordnung nicht mehr Folge leisten zu müssen…

Nicht ein einziges Mal war zu vernehmen: "Wir waren froh, von der braunen Verbrecherbande befreit worden zu sein! Wir waren glücklich, endlich wieder unsere Meinung offen aussprechen zu dürfen! Wir waren außer uns vor Freude, nicht mehr von Nachbarn, Bekannten, Kollegen oder vom Blockwart bei der Gestapo denunziert werden zu können! Wir waren so erleichtert, wieder leben zu dürfen! Warum war dies nicht zu hören? Und vor allem: weshalb wunderte sich niemand, dass hiervon nichts zu hören war?

Wird fortgesetzt...

[Im Forum hat sich hierzu eine interessante Diskussion entwickelt]

Daniel Haw ist Leiter des Schachar, des jüdischen Theaters Hamburg. Er ist aber nicht nur Autor, Regisseur, Schauspieler und Komponist, sondern auch Maler und Grafiker, der in Frankreich und Deutschland die Aufmerksamkeit des kunstinteressierten Publikums geweckt hat. Mit seiner surrealen Ausstellung "L'enfant et les sortilèges", einer Hommage an Maurice Ravel und dessen gleichnamige Oper, präsentierte er seine Malerei erstmals 1988 in der Hamburger Galerie "Leopold" und begeisterte Presse und Besucher. Den regelmäßigen Lesern von haGalil ist er auch als Vater der ersten jüdischen Cartoon-Figur der Bundesrepublik bekannt.

Erster Teil:

Juden in Deutschland - Fragen 2006:
Die Heuchelei korrumpiert
Symbolisierende Entrückung in Ferne und Vergangenheit verhindert respektvolles Interesse in der Gegenwart...

hagalil.com 07-05-2006

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