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Rechtsextremismus im Internet

Klaus Parker

4. Wirksame Gegenstrategien

4.1 Der inhaltliche Ansatz

Das Internet ist ein - zunächst - unüberschaubarer Markt der Informationen und der Meinungen. Rechtsextremistische und neonazistische Internetangebote werden bestehen, solange es Rechtsexstremismus und Neonazismus gibt. Gegenstrategien zur Zurückdrängung rechtsextremistischer Internetinhalte müssen daher Information gegen Desinformation und Aufklärung gegen Verdummung setzen. In bezug auf das jüdische Internet-Magazin haGalil bedeutet dies, antisemitischer Hetze im Internet Informationen "aus erster Hand" entgegenzusetzen. haGalil-online wirkt schon seit Jahren wie ein Block, an dem antisemitische Seiten auf ihrem Weg zum Leser immer schwerer vorbei kommen. Noch vor 3 Jahren wurde jeder, der im deutschsprachigen Internet Informationen zu Begriffen wie .Judentum", "koscher", "Schabath" suchte, durch die Suchmaschinen auf antisemitische Seiten verwiesen. Unvoreingenommene Leser gelangten auf Seiten, die unter Titeln wie "Das Judentum besser verstehen" rechtsextremistische Gedanken verbreiten. Durch die Fülle der bei haGalil angebotenen Informationen gelang es inzwischen, die NS-Seiten auf abgeschlagene Positionen zu verdrängen.

Ein Internet-Magazin wie haGalil wird Rechtsextremisten in der Regel nicht zum Umdenken bringen können. Es kann aber dafür gesorgt werden, daß seriöse Informationen volksverhetzende Inhalte weitgehend verdrängen. Eine entscheidende Rolle spielen hierbei die erwähnten Suchmaschinen. Durch die Größe eines Internetangebotes, der häufigen Ver-linkung von anderen Sites und ähnlichen Umständen hängt es ab, welchen Stellenwert das Magazin innerhalb des Ergebnisses von Suchanfragen einnimmt. Bei diesem sog. Ranking haben zwischenzeitlich rechtsextremistische Internetseiten bei identischen Suchbegriffen wenig Chancen. Sie landen gegenüber seriösen Angeboten wie z.B. haGalil auf den hinteren Rängen bei den Ergebnisseiten der Suchmaschinen.

4.2 Der rechtliche Ansatz

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Was offline strafbar ist, ist es auch online. haGalil bietet seit langem auf seinen Seiten ein Meldeformular für rechtsextremistische und neonazistische Internetinhalte an. Diese werden von Juristen ausgewertet und, sofern strafbare Inhalte vorhanden sind und die Täterermittlung möglich ist, zur Anzeige gebracht. Bedingt durch geringe Kapazitäten der Strafverfolgungsbehörden im Bereich der Online-Krimi-malität stellt sich die gegenwärtige Situation so dar, daß Täter eher einem geringen flächendeckenden Verfolgungsdruck ausgesetzt sind. Die Präventivwirkung des Strafrechtes hängt aber von dem tatsächlichen Täterrisiko der Entdeckung und Verurteilung ab. Aus diesem Grunde setzt haGalil die Priorität auf die Täterermittlung und nicht auf die sofortige Sperrung von Webseiten. Selbst wenn Rechtsextremisten ihre Internetseiten auf US-Server auslagern, steht dies in vielen Fällen einer Täterermittlung nicht entgegen. In vielen Fällen werden sog. Webforen in diese Seiten eingebunden, wobei der Forenanbieter in Europa ansässig ist, dessen technische Verbindungsdaten also dem Grunde nach den Strafverfolgungsbehörden zugänglich sind.

Seit der sog. Toben-Entscheidung* des Bundesgerichtshofes vom 12. Dezember 2000 (1 StR 184/00) gilt das deutsche Strafrecht auch bei Volksverhetzungsdelikten, wenn der Täter die strafbaren Inhalte vom Ausland her ins Netz gestellt hat, sofern diese in Deutschland abrufbar sind und die Inhalte gerade auf das Publikum in Deutschland zugeschnitten sind.

*Fredrick Toben ist australischer Staatsbürger deutscher Herkunft. Er betrieb von Australien aus ein Internetangebot, in dem er den nazistischen Völkermord an den Juden Europas leugnete und die Behauptung aufstellte, es handele sich um eine Erfindung jüdischer Kreise, um Geld zu erpressen. Toben wurde 1999 bei einem Besuch in Deutschland festgenommen und angeklagt. Das Landgericht Mannheim sah die Anwendbarkeit deutschen Strafrechtes für nicht gegeben, da T. lediglich in Australien gehandelt habe. Der Bundesgerichtshof hob die Entscheidung auf und führte aus, daß die Internetseiten schließlich in Deutschland abrufbar seien und auch für das "Missionsgebiet Deutschland" erstellt wurden. Die Auswirkungen der Tat träten im Inland ein. Von daher sei das deutsche Strafrecht zur Anwendung zu bringen.

Diese Entscheidung hat weitreichende Folgen, weniger in bezug auf zu erwartende tatsächliche Verurteilungen von Straftätern durch deutsche Gerichte, sondern vielmehr durch indirekte Wirkungen. Täter dieser sog. Distanzdelikte werden nunmehr einen großen Bogen um die Bundesrepublik Deutschland machen, da sie damit rechnen müssen, hier zur Verantwortung gezogen zu werden. Und ohne die Geltung des deutschen Strafrechtes für Volksverhetzungsdelikte im Internet, sofern der Täter nur im Ausland handelt, wäre auch die im Inland begangene Beihilfe straflos. Beihilfe kann immer nur zu einer Haupttat begangen werden. Ein Berliner Holocaust-Leugner und Esotheriker mit rechtsextremistischem Hintergrund z.B. rühmte sich vor etlicher Zeit in einer Newsgroup der Tatsache, er habe dem Betreiber der neonazistischen Zündel-Site eine Reihe von Spenden zukommen lassen. Diese Art von Beihilfe wäre ohne Strafbarkeit der genannten Distanzdelikte straflos. Ein solches innerstaatliches Recht würde auch gegen die Bestimmung der o.a. CERD-Conven-tion vom 9. Mai 1966 diametral entgegenstehen, da diese Konvention die Signarstaaten verpflichtet, auch die bloße Finanzierung von Volksverhetzungsstraftaten zu einer nach dem Gesetz strafbaren Handlung zu erklären. In der Gesamtschau hat die BGH-Entscheidung vom Dezember 2000 nicht nur zu einer Klarstellung der Rechtslage beigetragen, sondern die Handlungsspielräume der im Internet agierenden Rechtsextremisten und Antisemiten entscheidend eingeschränkt.

Das Urteil bindet auch die Strafverfolgungsbehörden im Ergebnis streng an den Legalitätsgrundsatz, wonach diese verpflichtet sind, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen (§ 152 Abs. 2 StPO). Diese Pflicht zum Tätigwerden kann aus Opportunitätsgründen nur dann entfallen, wenn die Durchführung des Verfahrens die Gefahr eines schweren Nachteils für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführen würde oder wenn der Verfolgung sonstige überwiegend öffentlichen Interessen entgegenstehen (§ 153 c Abs. 2 StPO). Diese engen Voraussetzungen werden wohl kaum eintreten.

Rechtsextremisten in Deutschland, die, von der Person her unschwer identifizierbar, ein eigenes Internetangebot betreiben, halten in der Regel ihren redaktionellen Inhalt knapp unterhalb der Grenze zur Strafbarkeit. Das Teledienstgesetz (TDG) kennt drei Abstufungen von Verantwortlichkeit:

Der sog. Contentprovider, der eigene Inhalte ins Netz stellt, ist hierfür im vollen Umfang nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich (§ 5 Abs. 1 TDG). Der Service-Provider hält fremde Inhalte zur Nutzung vor. Er ist verantwortlich, sofern er von diesen fremden Inhalten Kenntnis hat und ihm eine Sperrung bzw. Löschung möglich und zumutbar ist (§ 5 Abs. 2 TDG). Letztendlich ist derjenige, der lediglich den Zugang zu fremden Inhalten vermittelt, als Accessprovider für diese Fremdinhalte nicht verantwortlich (§ 5 Abs. 3 TDG). Fremdinhalte, die zur Nutzung vorgehalten werden, sind z.B. Beiträge von Dritten in Webforen oder auch nach herrschender Meinung die sog. Links (Verknüpfungen zu anderen Web-Seiten). Hier sind bei den genannten inländischen Internetangeboten die meisten der eindeutig strafbaren Inhalte auszumachen.

Bei eingebundenen unmoderierten Foren ist dem Seitenbetreiber zunächst der Nachweis der positiven Kenntnis vom rechtswidrigen Beitrag des Posters zu erbringen. Behauptet nun der Betreiber eines Diskussionsforums, er habe in dem bewußten Wollen, möglicherweise strafbare Einträge nicht zur Kenntnis zu nehmen, sein eigenes Forum über einen längeren Zeitraum nicht gelesen, so wird ihm dies schwerlich zu widerlegen sein. Auch ein derartig bewußtes "Nicht-zur-Kenntnis-nehmen-wollen" privilegiert den Betreiber gem. § 5 Abs. 2 TDG. Strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen ist in einer solchen nicht unüblichen Fallkonstellation aber dennoch selbstredend derjenige, der diesen Beitrag in das betreffende Forum gesetzt hat. Zwangsläufig wird der Forenbetreiber durch das Ermittlungsverfahren insoweit tangiert, als er, soweit bei ihm vorhanden oder durch ihn zugänglich, die technischen Verbindungsdaten an die Strafverfolgungsbehörden herauszugeben hat. Über kurz oder lang wird sich ein solcher Forenbetreiber dafür entscheiden, entweder nur registrierten Benutzern Schreibrechte einzuräumen oder aber die Beiträge vor Veröffentlichung gegenzulesen und erst nach einer "Unbedenklichkeitsprüfung" die Freischaltung vorzunehmen. Auf diese Weise erfolgt zunächst eine "Verumständlichung" des Veröffentlichungsprozederes der rechtslastigen und damit gefahrgeneigten Webforen.

Entschließt sich der Forenbetreiber zu einer Moderation, mithin zum Gegenlesen der Forenbeiträge vor Freischaltung, so ist gleichzeitig damit klar, daß er Kenntnis von den jeweiligen Inhalten hat, noch bevor sie eigentlich Inhalte geworden sind. Da er sie freischaltet, entfällt auch das weitere Erfordernis der Zumutbarkeit einer Löschung. Hiermit steigt das persönliche Risiko des Forenbetreibers beträchtlich. Er haftet voll für die von ihm freigeschalteten strafbaren Diskussionsbeiträge, und er kann sich nicht damit herausreden, er habe deren Strafbarkeit nicht erkannt. Dies wäre nämlich allerhöchstens ein vermeidbarer Verbotsirrtum, der praktisch nur durch Gegenlesen der Beiträge durch einen Juristen zu einem unvermeidlichen Verbotsirrtum und damit zur Straflösigkeit führen könnte. Im Endeffekt wird für den Forenbetreiber die Plattform für Rechtsextremisten jedweder Coleur entweder zu einem Balanceakt mit unüberschaubaren Risiken oder zu einer äußerst kostenaufwendigen Angelegenheit, da jeder Beitrag auf strafbare oder ordnungswidrige Inhalte von einem Rechtsanwalt "abgeklopft" werden muß.

Ausgehend von den hier geschilderten Notwendigkeiten, denen sich ein Forenbetreiber gegenübersieht, sei hier ein Vorgehen geschildert, das zur massiven Ausbremsung eines neonazistischen Internetangebotes und schließlich zu dessen Schließung führte:

Es handelt sich um das ehemalige Internetangebot des Rechtsextremisten Andre Goertz, dem "NIT" (Nationales Infotelefon). Das NTT wurde im Dezember 2001 vom Netz genommen. Vorher war es über lange Zeit eines der entscheidenden Drehscheiben rechtsextremistischer Aktivitäten. Dort wurden die überfallartigen Angriffe z.B. auf das Forum des "Stern" (s.o.) abgesprochen. Von den Bearbeitern des haGalil-Meldeformulars wurden die Inhalte des NIT einschließlich sämtlicher Forenbeiträge seit dem Jahre 1999 gegengelesen und mitverfolgt. Sofern sich bei einem Forenbeitrag der Verdacht einer Straftat ergab, wurde Strafanzeige zur zuständigen Staatsanwaltschaft erstattet. Der zunehmende "Verfolgungsdruck" auf den Forenbetreiber hatte zunächst zwei Effekte. Es wurde wesentlich sorgfältiger gegengelesen. Viele Beiträge wurden gekürzt oder gar nicht in Veröffentlichung gestellt. Dies brachte dem NIT bei dem rechtsextremistischen Klientel den Ruf ein, zu moderat und zu wenig radikal zu sein. Weiterhin verzögerte sich das Freischaltungsverfahren durch die beschränkten personellen und qualitativen Ressourcen.

In einem veröffentlichten Forenbeitrag wurde der Betreiber Goertz am 14. Juni 2001 von einem Poster, der unter dem Pseudonym .Jemand" schrieb, gefragt, ob es eine Möglichkeit gäbe, das Forum aktueller zu halten. Am Vortage, dem 13. Juni 2001 z.B. habe das Forum einen ganzen langen Arbeitstag ohne Veränderung gestanden. Der Forenbetreiber Goertz antwortete am Samstag, 16. Juni 2001 mit folgenden Worten:

"Klar gibt es die! Geschulte Freiwillige, die die Texte vorher durchlesen und auf strafrechtlich relevante Inhalte überprüfen. Angesichts des sehr ausgeprägten politischen Strafrechts ist das eine Kunst für sich und jede Stelle, die wir übersehen, kreidet man uns an, selbst wenn wir den Beitrag gar nicht verfaßt haben. Es gibt da auch eine ziemlich frustrierte Rechtsanwältin in Berlin (den Namen verschweige ich aus Datenschutzgründen), die jeden veröffentlichten Beitrag prüft und bei kleinster Gelegenheit sofort eine Strafanzeige erstattet. Das nennt sich heute Zivilcourage. Wenn ich jemanden die Beiträge freischalten lasse und der macht einen Fehler, bin erneut ich es, der zur Rechenschaft gezogen wird, weil ich meine Sorgfaltspflicht nicht genügend ausgeübt habe. Meine Freizeit ist aus beruflichen Gründen bis Mitte nächsten Jahres auf ein Minimum beschränkt, deshalb dauert es hier eben häufig sehr lange. Mit der Konsequenz, daß sich die Leute beschweren und wer? -natürlich ich - dafür gebrandmarkt werde. Die NIT-Seiten und ihr Forum sind wirklich eine kostbare Sache! Sie kosten meine Zeit, mein Geld, meine Nerven."

Im Dezember 2001 stellte das "NIT" sang- und klanglos sein Erscheinen ein. Eine der wesentlichen Schaltstellen des Online-Rechtsextremismus war damit zunächst massiv in der Bewegungsfreiheit eingeschränkt worden und schließlich vom Netz genommen worden. Die über einen langen Zeitraum erforderliche Beobachtung und Analyse eines Internetauftrittes wie dem "NIT" erforderte auch diesseits erhebliche personelle Aufwendungen. Jedoch unter dem Strich: Die Risiko- bzw. Kostenerhöhung bei dem rechtsextremistischen Forenbetreiber war um ein Vielfaches größer!

Der zweite Bereich, in dem identifizierbare inländische Webseitenbetreiber trotz zurückhaltendem redaktionellen Inhalt die Grenzen der Strafbarkeit überschreiten, ist das Setzen von Links von in der Regel im außereuropäischen Ausland gehosteten Websites mit volksverhetzenden und NS-propagandistischen Inhalten. Dies geschieht nach dem unterschwelligen Motto, doch andere das sagen zu lassen, was man selber vortragen möchte.

Links werden nach der überwiegend herrschenden Rechtsansicht im Ergebnis so wie Fremdinhalte, die zur Nutzung bereitgehalten werden, bewertet (§ 5 Abs. 2 TDG). Allein durch die äußere Gestaltung der Verlinkung können sie aber auch Bestandteil des eigenen redaktionellen Inhaltes werden, so daß gem. § 5 Abs. 1 TDG die volle Verantwortlichkeit eintritt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der verlinkte Inhalt im Hauptframe des Webbetreibers läuft. Durch Frames (Rahmen) wird eine Webseite in verschiedene Bereiche geteilt. Jeder dieser Einzelrahmen kann unterschiedlicher Herkunft sein. In der Regel besteht ein Frameset aus einem Kopf- und Navigationsframe sowie dem Hauptframe. Richtet der Seitenbetreiber seinen Auftritt so ein, daß im Hauptframe ein Fremdinhalt durch Verweis auf eine externe Seite läuft, so ist für den Betrachter nicht erkennbar, ob es sich um ein eigenes oder fremdes Angebot handelt. Durch die Einbindung der Fremdseite in die eigene Gestaltung (Navigationsleiste, Kopfframe) macht der Betreiber das fremde Angebot zu einem eigenen. Diese qualifizierte Form der Verlinkung findet z.B. statt bei den diversen Internetauftritten eines NPD-Mitgliedes aus Sachsen, welches u.a. so illustre Domain-Bezeichnungen wie "Kulturkammer.de",, Jungfroh.de" und bis vor einiger Zeit auch ,3raun-hemd.de" hielt. Auf den entsprechenden Seiten wurden die in den USA gehosteten aktuellen "Tagesnachrichten" des neonazistischen Störtebeker-Netzes5 durch Verlinkung im Hauptframe verbreitet. Diese enthielten und enthalten eine Fülle von volksverhetzenden Inhalten. So werden Asylbewerber als lediglich menschenähnliche Gestalten diffamiert, vom NS-Volksgerichtshof verurteilte Widerstandskämpfer und hingerichtete katholische Geistliche als Volksschädlinge dargestellt usw.

Als vorläufiges Ergebnis ist hier festzuhalten, daß auch die weitaus größte Zahl von rechtsextremistischen Internetauftritten identifizierbarer Personen in Deutschland sich nicht im rechtsfreien Räume bewegt. Mag auch der im engeren Sinne redaktionelle Bereich zwar jenseits aller zivilisierten Vorstellungen von Menschenwürde und Akzeptanz des demokratischen Rechtsstaates sein, jedoch noch nicht eindeutig die Grenzen der Strafbarkeit überschritten haben, so ist doch bei fast allen in diese Kategorie fallenden Webseiten zu konstatieren, dass die Grenze zur Strafbarkeit regelmäßig in den interaktiven Segmenten und im Bereich der Verlinkung weit überschritten wird. Und dies ist kein Zufall. Rechtsextremismus geht stets einher mit einer Ideologie, der per se die Universalität der Menschenrechte nicht anerkennen kann. Diese Ideologie muß von der prinzipiellen Ungleichwertigkeit der Menschen ausgehen. Ansonsten würden sich rechtsextremistische Gedankenstrukturen ihrer eigenen Grundlage berauben und sich damit obsolet machen.

Mit diesem Gedankengang soll auch deutlich gemacht werden, daß Rassismus und Rechtsextremismus kein integrierbarer "Meinungsstand" innerhalb demokratisch verfaßter Gesellschaften sein kann. Durch internationale Abkommen sind derartige Ideologien geächtet. Sie stehen außerhalb einer jeglichen Diskussion. Sie sind so wenig akzeptabel wie die Propagierung von individuellen Mordtaten aus niederen Beweggründen.

Es geht mithin nicht um den Austausch von Argumenten. Es geht auch nicht darum, ob rechtsextremistische Hetzer "meinungsverfolgt" werden. Es geht darum, den unheilvollen Einfluß von menschenverachtender Hetze im Internet, die auch stets zu Taten führen kann und soll — die Brandanschläge auf Asylbewerberheime, die Schändung jüdischer Friefhöfe und Synagogen, das Tottreten von Obdachlosen sprechen hier eine beredte Sprache -, in der beabsichtigten Propagandawirkung zurückzudrängen und letztlich hierdurch in ihrer Bedeutung zu minimieren oder zu eliminieren.

Ein solches Vorgehen kann sich nicht auf den mehr repressiven Bereich des justitiellen Vorgehens beschränken. Die "Konkurrenz" der um Aufklärung bemühten Internetangebote mit volksverhetzenden Desinformationsseiten wird aufgrund des grenzenlosen Charakters des Internets bestehen bleiben. Von daher hat der Ansatz, gegen jede Hate-Speech-Seite mehrere Informations- und Aufklärungsseiten zu setzen, das Primat. Gleichwohl kann und darf auf eine effektive Strafverfolgung, soweit diese möglich ist, nicht leichtfertig verzichtet werden. Die Poenalisierung bestimmten Verhaltens in Übereinstimmung mit internationalen Abkommen bedarf ihrer Durchsetzung. Eine Strafnorm läuft ins Leere, wenn de facto ein geringes Täterrisiko besteht.

Die Handlungsmöglichkeiten gegen rechtsextremistische Internetinhalte sind, wie aufgezeigt, vorhanden. Sie sind vielfältig. Sie müssen und sie können genutzt werden, und zwar in einem weit größeren Umfange, als bisher geschehen.

5) Mit dem Störtebeker-Netz verbindet der Verfasser übrigens eine seiner ersten unliebsamen Begegnung mit den Bedrohungsaktionen der sog. Anti-Antifa. Nach der Verurteilung des "freien Nationalisten" Axel Möller aus Stralsund wegen Volksverhetzung (Möller hatte in einem der damals noch offenen Foren von haGalil die Forderung aufgestellt, Juden in Deutschland erneut zu ghettoisieren), erschien im Störtebekernetz die verhohlene Aufforderung, an die seinerzeitige Büroanschrift des Verfassers Briefe der "besonderen Art" zu versenden. Am 22. August 2002 wurde Möller emeut wegen Volksverhetzung durch das Amtsgericht Stralsund verurteilt.

Bibliographie

Brehmer, Karsten: Strafbare Internet-Inhalte in internationaler Hinsicht, Frankfurt/Main (Peter-Lang-

Verlag), 2000. Flatz, Christian/Riedmann, Sylvia/Kröll, Michael (Hrsg.): Rassismus im virtuellen Raum, Berlin,

Hamburg (Argument-Verlag), 1998. Nickolay, Bernd: Rechtsextremismus im Internet, Würzburg (Ergon Verlag), 2000.528 Autoren

Klaus Parker, Studium der Pädagogik in Bremen sowie der Rechtswissenschaften in Hagen und Bremen. Er ist zuständig für den Bereich "Rechtsextremismus im Internet" bei dem jüdischen Online-Magazin haGalil und lebt in Berlin.

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hagalil.com 25-04-2006

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