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Zum Tod eines engagierten Demokraten – und eines guten Menschen:
Klaus Parker 1952 -2006

Ein kleiner Kreis von Gleichgesinnten, die sich über Hagalil online, Europas größtem Portal zum Judentum, kennen gelernt hatten, schloss sich vor Jahren in einer mailinglist zum gelegentlichen Gedanken- und Informationsaustausch zusammen. Klaus Parker und ich zählten dazu.

Am 19. Oktober 2003 schrieb Klaus eine kurze, unscheinbare Nachricht, die folgendermaßen begann: "Besagter MdB soll am 3. Okt. 03 nachfolgende Rede gehalten haben:". Es folgte ein link zu einem braun-esoterischen Internet-Forum ("Jo Conrad"), in dem der Text dieser damals noch angeblichen Politikerrede veröffentlicht war. Der Name des Abgeordneten: Martin Hohmann.

Am nächsten Tag antwortete ich in die Liste: "danke für den Tipp. Der gesamte Text ist ein widerliches antisemitisches Pamphlet. Der Name Hohmann sagte mir bisher nichts, aber - wie ich sehe - er kommt aus Fulda...".

Es folgten ein paar Tage intensiver Nachforschungen und überraschender Entdeckungen. Die - bis dahin unbekannte - Rede stammte tatsächlich von einem - bis dahin fast unbekannten - MdB namens Martin Hohmann. Seitenweise zitierte er aus einem in haGalil kurz zuvor rezensierten Machwerk über "Juden und Bolschewismus".

Wir beschlossen auf diese Rede aufmerksam zu machen und am 27.10.2003 erschien in hagalil.com Andrea Livnats erster Artikel zur Rede. Gleichzeitig informierten wir den Fraktionsvorstand der CDU, den Bundestagspräsidenten und eine Journalistin des Hessischen Rundfunks, für die der Vertreter des Wahlkreises Fulda alles andere als ein Unbekannter war. Es kam ein politischer Skandal ins Rollen, der im Spätherbst 2003 die Republik in Atem hielt, der einem Bundeswehrgeneral seinen Posten und Hohmann CDU-Fraktions- und Parteizugehörigkeit und schließlich auch das Mandat kostete, und dessen Aufdeckung vor allem einem Mann zu danken ist: Klaus Parker.

Als in einigen Medien über die Urheberschaft der Aufdeckungen falsch berichtet wurde, die ganze Sache z.B. lieber anonymen jüdischen Kreisen in den Vereinigten Staaten zugeschrieben wurde, und ich Klaus vorschlug, bei ARD, ZDF und einigen überregionalen Zeitungen auf eine wahrheitsgemäße Darstellung des Hergangs zu dringen, lehnte er ab. Auch Bescheidenheit zählte zu seinen vielen Tugenden.

Der spektakuläre Fall Hohmann steht hier nur als leuchtendes Beispiel für Klaus Parkers ständige, unermüdliche Kärrnerarbeit im Kampf gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus inner- und außerhalb des Internets, deren Erfolge meistens nicht an die breite Öffentlichkeit gelangten. In den einschlägigen Kreisen war sein Name allerdings durchaus ein Begriff, was Klaus zum Angriffsziel von Drohbriefen und –anrufen aus den rechten Kreisen machte.

In der Liste erwähnte Klaus einmal seinen 1909 geborenen jüdischen Vater, einem leidenschaftlichen Sozialdemokraten und Reichsbannermann, der 1936 nach Palästina geflohen war, um 1946 zurückzukehren*.

Ich denke, von ihm muss Klaus seinen messerscharfen politischen Verstand und auch sein politisches Herz, seine Leidenschaft für die "res publica", für die relevanten öffentlichen Dinge und das Wohl des demokratischen Rechtsstaats geerbt haben. Die Katastrophe des Holocausts und besonders die Verfolgungserfahrung des Vaters sehe ich als die wesentlichen Triebfedern in Klaus Parkers unermüdlichem Kampf gegen die Feinde der Demokratie, den er vor allem mit juristischen Waffen führte.

Von den Schattenseiten dieser dauernden Auseinandersetzung mit dem Widerwärtigen und Bösartigen sprach er selten. Selbstmitleid war nicht seine Sache. Nur einmal öffnete er sich und ließ einen kurzen Blick auf seine seelischen Verletzungen zu, die wahrscheinlich viel tiefer gingen, als er es uns gegenüber (den Gesprächspartnern in der Liste) in einem Moment der Erschöpfung und vielleicht auch Verzweiflung andeutete. Immer wieder fürchtete ich, Klaus könnte sich zuviel zumuten, physisch und psychisch.

Jetzt ist Klaus Parker tot und ich kann es immer noch nicht fassen. Bei ihm ist es keine Floskel zu sagen: plötzlich, unerwartet und viel, viel zu früh. Sein Tod ist ein bitterer Verlust, ich trauere um ihn. Wie oft hat er mir nicht mit Geduld und umfassender Sachkenntnis Auskunft gegeben über komplizierte juristische Sachverhalte, hat mir erklärt, was ich gegen den geplanten Aufmarsch der NPD in meiner Heimatstadt unternehmen, wie gegen den öffentlichen Auftritt eines ins rechtsextreme Milieu abgeglittenen ehemaligen Offiziers vorgegangen werden sollte und – auch das ist wichtig – was *nicht* ratsam oder *nicht* zulässig ist zu tun, und, und, und...

In besonders dankbarer Erinnerung werde ich vor allem Klaus’ große, uneigennützige und stets freundliche Hilfsbereitschaft behalten. Er gehörte zu den ganz wenigen Experten, deren menschliche Größe sie befähigt, kein „Herrschaftswissen" anzusammeln, sondern es großzügig zu teilen. An seiner Kompetenz und fachlichen Erfahrung ließ er alle partizipieren, die bei ihm Rat suchten. Ein Entgelt hat er dafür nie verlangt.

Ich werde Klaus vermissen. Wer sollte ihn je ersetzen können?

Monika Muggli

*) Anm. (Ch.P.): Anton Parker (ehem. Ptacek) wanderte 1936 ins damalige britische Mandatsgebiet Palästina aus, wo es ihm in Haifa gelang, eine Anstellung bei der britischen Mandatsverwaltung zu erhalten. Dort erhielt er auch den neuen Nachnamen Parker, da die Briten mit dem tschechischen Ptacek nichts anzufangen wussten. 1945 verlor er bei militärischen Auseinandersetzungen ein Bein. 1946 kehrte er nach Deutschland zurück.

hagalil.com 25-04-2006

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