Rechtsextremismus im Internet
Klaus Parker
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Das Internet ist das weltweit am schnellsten wachsende
Kommunikationsmedium. Aufgrund seiner Struktur ist es im wahrsten Sinne
grenzenlos. Ob Inhalte in den USA, in Japan oder sonstwo auf der Welt zum
Abruf bereitgehalten werden, spielt keine Rolle, da die Abrufbarkeit im
Prinzip fast zeitgleich für jeden beliebigen Inhaber eines Zuganges zum Netz
möglich ist.
Dies eröffnet ungeahnte Chancen des schnellen Daten- und Meinungsaustausches
über alle politischen und kulturellen Grenzen hinweg, aber selbstredend auch
die naheliegende Möglichkeit des Mißbrauches in jedweder Form. Dieser
Aufsatz soll darstellen, in welchen Formen rechtsextremistische Hetze als
eine Form des Missbrauches im Netz betrieben wird, sowie welche
Gegenstrategien machbar und Erfolg versprechend sind.
Jegliches Agieren im Netz geschieht notwendigerweise auf der Grundlage der
technischen Gegebenheiten. Ich kann es also dem Leser nicht vollends
ersparen, an einigen Stellen zur Netzstruktur und deren Funktionen
Ausführungen zu machen.
1. Das Internet als Kommunikationsmedium
Um für den militärischen Bereich in den USA ein stabiles
Kommunikationsmedium zu schaffen, Wurde Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre
nach längerer Entwicklungszeit das sog. ARPA-Net in Betrieb genommen. Es
handelte sich nicht um ein System mit Zentrale, sondern um ein sog.
verteiltes Netzwerk. Dies geschah, um bei Beschädigung von Teilen des
Netzwerkes die Kommunikationsstrukturen aufrechtzuerhalten. Deshalb "suchen"
sich die in Pakete zerlegten Daten ihren Weg über andere noch
funktionsfähige Rechner. Bis 1971 waren 15 Knotenrechner im ARPA-Net
vorhanden. 1973 wurden einzelne Computer-Netzwerke über die vorhandenen
Knotenrechner mit dem Netz verbunden.
1994 umfasste das Netz bereits ca. 1.000 Hosts mit entsprechender Anzahl
angeschlossener Subnetze. In diesen Zeitraum fällt auch die erste Anbindung
einer deutschen Institution an das Netz: die Universität Dortmund. Aufgrund
des rasanten Wachstums wurde von den USA der militärische Bereich vom
ARPA-Net abgekoppelt und in ein neues Netzwerk, dem MILNET, überführt. Das
ARPA-Net wurde zunächst vorrangig im universitären Bereich und im
Forschungsbereich weiter entwickelt. Es wurde im allgemeinen Sprachgebrauch
ab dort als "Internet" bezeichnet.
Die am meisten genutzten Dienste des Internet bestehen traditionell in der
Möglichkeit des Dateiaustausches (File-Transfer-Protocoll), der Übermittlung
elektronischer Nachrichten (e-mail) und dem Usenet. Hierbei handelt es sich
um sog. "schwarze Bretter", die in einzelnen News-Gruppen zusammengefaßt
werden.
Neben diesen Ursprungsdiensten wurde Anfang der 90er Jahre als jüngster
Dienst das sog. "World-Wide-Web" (WWW) entwickelt. Das diesem Dienst zu
Grunde liegende HTTP-Protokoll erlaubt eine Darstellung der übermittelten
Daten auf einer benutzerfreundlichen Oberfläche, dem Browser. Durch die
Verwendung sog. Links können Daten, die sich auf einem beliebigen Rechner
befinden, schnell verknüpft werden. Neben der Übermittlung von Texten können
innerhalb einer WWW-Seite auch Grafik- oder Tondateien eingebunden sein.
Weiterhin ist es möglich, durch Zusatzprogramme interaktive Bereiche zu
schaffen, in denen der Datenfluß auch vom Nutzer zum Rechner des Anbieters
läuft. Dies geschieht in den WWW-basierten Chats und Diskussionsforen.
Der WWW-Bereich ist der am schnellsten wachsende Teil des Internets.
1.2 Globales Dorf oder Abbild der Realität?
Da das Internet zunächst im Forschungs- und universitären Bereich
etabliert wurde und die dort tätigen Nutzer wie selbstverständlich die
notwendigen Regeln des Umgangs mit der Technik und des Umgangs untereinander
entwickelten und einhielten, entstand die Illusion eines "globalen Dorfes",
einer zwar verschworenen, aber weltoffenen Netzgemeinschaft. Mit der
rasanten Verbreitung des WWW-Dienstes und der damit einhergehenden
Kommerzialisierung hat sich diese Sichtweise als Illusion erwiesen. Das
Internet ist Spiegel der jeweiligen gesellschaftlichen Verhältnisse. Durch
die sprichwörtliche Grenzenlosigkeit des Mediums und durch die Kommunikation
praktisch in Echtzeit werden im Internet "die dunklen Seiten"
gesellschaftlicher Zustände besonders krass sichtbar.
In dem Verfahren gegen den Geschäftsführer von CompuServe in Deutschland,
Felix Somm, Ende der 90er Jahre wurde das Verhältnis von legalen zu
illegalen Internetinhalten mit 1:999 angegeben und auch in das Verfahren
eingeführt. Dieses Verhältnis dürfte auch heute noch zutreffend sein.
Für den Bereich der im WWW abrufbaren Homepages mit rechtsextremistischem
Inhalt liegen folgende Zahlen vor: Waren es 1996 noch 32, so belief sich die
Zahl im Jahre 2000 schon über 800 (1).
Gleichwohl handelt es sich im Verhältnis zu neuen hinzugekommenen Web-Seiten
um eine unterproportionale Steigerung. Mit anderen Worten: Der Anteil
volksverhetzender und rechtsextremistischer Propagandaseiten ist gegenüber
dem Gesamtangebot gesunken. Allerdings nehmen die bestehenden einschlägigen
Seiten an Bedeutung zu. Sie übernehmen die Funktion von Informations- und
Schaltstellen für die Neonazi-Szene auch in Deutschland. Zur steigenden
Attraktivität für Rechtsextremisten führen u. a. eine durchaus
professionelle Gestaltung sowie ein verstärkter Regionalbezug der Inhalte.
2.
Rechtsextremisten entdecken das Netz
*) Klaus Parker, Studium der Pädagogik in Bremen
sowie der Rechtswissenschaften in Hagen und Bremen. Er ist zuständig für den
Bereich "Rechtsextremismus im Internet" bei dem jüdischen Online-Magazin
haGalil und lebt in Berlin.
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[Info zum Buch?]
1) Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der
Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke, März 2001.
[FORUM]
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