Solidarität mit Karl
Pfeifer:
Über
alles in der Welt
Stellungnahme zur antizionistischen Attacke des österreichischen Trotzkisten
Michael Pröbsting auf den Journalisten Karl Pfeifer
Von
Café Critique
Wenn Café Critique sich mit Karl Pfeifer solidarisch erklärt angesichts der
unbeschreiblichen Infamien, die gegen ihn vom "ArbeiterInnenstandpunkt"
(arbeiterinnenstandpunkt.net/antwort_pfeifer.html)
publiziert wurden, dann nicht nur deshalb, weil wir uns ganz allgemein mit
dem Zionismus als politischer Emanzipationsbewegung von Juden und Jüdinnen
solidarisch wissen. Der konkrete Fall zeigt vielmehr, dass es keineswegs
Zufall ist, wenn hier Karl Pfeifer ausgewählt wurde, eine phantasierte
Verschwörung von "Antinationalen" zu personifizieren, die im Wahn des
"ArbeiterInnenstandpunkts", dem in Deutschland die Gruppe "Arbeitermacht"
entspricht, von US-amerikanischen Neokonservativen bis zu linksradikalen
Antideutschen reicht und einem "US-imperialistischen Griff nach der
Weltherrschaft" dient.
Eines
geht nämlich den Linken, die zur deutsch-österreichischen Volkgemeinschaft
stehen, über alles in der Welt: die Zionisten zu verfolgen, und zwar jeden
einzelnen, wo immer sich ein Jude zum Zionismus bekennt. Konsequent betitelt
Michael Pröbsting seine Attacke auf Karl Pfeifer mit einem Zitat von
Hoffmann von Fallersleben: "Der größte Lump im ganzen Land, das ist und
bleibt der Denunziant". Denunziant ist, wer das Land verrät, mit dessen
Volksgemeinschaft man gemeinsame Sache macht – gegen die "Siegermächte" des
Zweiten Weltkriegs und deren "Kollektivschuld-These"; Denunziant ist, wem
das deutsch-österreichische Vaterland nicht über alles geht – wer aus ihm
beizeiten flüchten muß, um nicht ermordet zu werden. Wie im Schlaf findet
der vom Haß getriebene Pröbsting die richtigen Gewährsmänner für seine
pathischen Projektionen. Hoffmann von Fallersleben ist bekanntlich der
Dichter der Deutschen Hymne: "Deutschland, Deutschland über alles, /
über alles in der Welt, / wenn es stets zu Schutz und Trutze /
brüderlich zusammenhält." Es hält aber unter bestimmten Umständen
allein in der Verfolgung und Vernichtung eines gemeinsamen Feindes
brüderlich zusammen – das hat derselbe Dichter in anderen Hymnen kundgetan,
die im Diktum über den "Denunzianten" immer mitschwingen: "Du raubtest
unter unsern Füßen / Uns unser deutsches Vaterland (...) O Israel, von Gott
gekehret, / Hast du dich selbst zum Gott gemacht, / Und bist, durch diesen
Gott belehret, / Auf Wucher, Lug und Trug bedacht." Ja, Hoffmann von
Fallersleben war ein Antizionist der allerersten Stunde: "...ewig soll
dein Beten dauern / und um Israel dein Trauern / denn es hebt nie wieder
an...". Daß es aber doch anhob, das können die Antizionisten den Juden
nicht verzeihen. Und darum zitieren sie nicht nur Fallersleben, sondern auch
Eichmann – ein weiterer Gewährsmann von Pröbsting –, der zwar als ein
"Nazi-Schlächter" und "Organisator der Deportationen der ungarischen
Juden" bezeichnet wird, aber für Pröbsting zitierbar ist, um die eigenen
"Überlegungen" auf "zynische Weise" zu bestätigen. Der Haß auf die
Zionisten ist so groß, daß offenbar auf die wortwörtliche Wiedergabe der
Eichmann-Äußerung über Rezsö Kasztner nicht verzichtet werden kann: "Dieser
Dr. Kastner war ein junger Mann etwa in meinem Alter, ein eiskalter
Rechtsanwalt und fanatischer Zionist. Er war damit einverstanden, die Juden
von einem Widerstand gegen die Deportationen abzuhalten – und sogar für
Ordnung in den Sammellagern zu sorgen – wenn ich dafür mein Auge zudrücken
würde und ein paar hundert oder ein paar tausend junge Juden illegal nach
Palästina auswandern ließe. Es war ein guter Tausch. Um die Ordnung in den
Lagern zu gewährleisten, war der Preis von 15.000 oder 20.000 Juden –
letztlich waren es vielleicht sogar mehr – für mich nicht zu hoch."
Zu
Schutz und Trutz halten sie zusammen: Bringen die Rechtsextremen die Essenz
dieser Gesellschaft und dieses Staats vor allem innenpolitisch zum Ausdruck,
so die Linksextremen vorzugsweise außenpolitisch. Es ist also kein Zufall,
daß sie in Österreich ein gemeinsames Feindbild haben: Karl Pfeifer, der
1943 vor der Vernichtung nach Palästina flüchtete, 1946 bis 1950 in der
Elitetruppe Palmach und in der israelischen Armee kämpfte und nach seiner
Rückkehr nach Österreich 1982 bis 1995 Die Gemeinde, das offizielle
Organ der jüdischen Gemeinde in Wien, redigierte. Er hat dabei in seinen
Stellungnahmen und Entscheidungen eine in Österreich ganz ungewöhnliche
Autonomie innerhalb der politischen Konstellationen behauptet, und darum
auch sieht er die "verfolgende Unschuld" der postnazistischen
Volksgemeinschaft, die sich hier auf der rechten wie auf der linken Seite
formiert, besonders deutlich. (In deren Denunziation trifft er sich
mit wesentlichen Positionen, wie sie im Umkreis des Café Critique vertreten
werden, dessen Kritik der politischen Ökonomie und radikale Staatskritik ihm
vermutlich eher fern liegen.) Seine Antwort auf Pröbstings Anwürfe, die
sachlich bleibt, wenn es um die Geschichte des Zionismus und Israels geht,
und doch den Wahn aufdeckt, der hinter den "sachlichen" Argumenten
Pröbstings steckt, ist dafür ein weiteres Beispiel ("Die
dünne und durchsichtige Maske des Mag. Michael Pröbsting"). Für ihn
selbst ergibt sich demnach nichts Neues über seine Position in Österreich:
"Rechtsextremisten dürfen mich als moralischen Mörder hinstellen und
Linksradikale mich als Mörder denunzieren und sie tun das auch, ohne
befürchten zu müssen, dass die öffentliche Meinung sich darüber empört."
Café
Critique kann und will für diese öffentliche Meinung nicht einspringen, aber
die sich hier zusammengefunden haben, wissen sich einig in ihrer unbedingten
Solidarität mit Karl Pfeifer gegen seine rechten und linken Verfolger.
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