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Prag, 27. Mai 1942, 10.35 Uhr:
Operation Anthropoid - Das Heydrich Attentat

Von M. Reisinger

In Kooperation mit dem Militärhistorischen Instituts Prag zeigt das Deutsche Technikmuseum Berlin eine Ausstellung über das Attentat auf Reinhard Heydrich in Prag. Die Sonderausstellung, die über zehn Themenbereiche umfasst, dokumentiert, wer die Attentäter waren, was sie bewegte, von wem sie beauftragt waren, wie ihre Aktion ablief und schließlich welche Folgen dieses Attentat für die tschechoslowakische Bevölkerung hatte.
 

Oben: Reinhard Heydrichs Amtsantritt auf dem Prager Hradschin am 27. September 1941 als Stellvertretender Reichsprotektor von Böhmen und Mähren. Rechts neben Heydrich Staatssekretär Karl Frank.
Foto: Militärhistorisches Institut Prag

Rechts: Über das "Heydrich-Attentat" vom 27. Mai 1942 berichtete die Presse im Protektorat Böhmen und Mähren in aktuellen Sonderausgaben. Die Nachricht vom Tod Heydrichs wurde von der Bevölkerung im Protektorat Böhmen und Mähren als Signal zum Widerstand verstanden.
Foto: Militärhistorisches Institut Prag

Am Mittwoch, den 27. Mai 1942, gegen 10.35 Uhr, wurde der Wagen Reinhard Heydrichs in einer Haarnadelkurve des Prager Vororts Liben von zwei bewaffneten Männern attackiert. Wenige Tage später verstarb Heydrich im Krankenhaus an den Verletzungen, die er sich bei dem Attentat zuzog. Mit diesem erfolgreichen Anschlag auf einen der maßgeblichen Vorbereiter des Holocaust und Schlüsselfigur des Staatsterrors im Dritten Reich war sowohl Mythos als auch Bann der Unverwundbarkeit der NS-Führungsriege gebrochen. Dieser Umstand muss für den Widerstand gegen die Nazityrannei von großer Bedeutung gewesen sein. Mehrere Attentate auf Hitler schlugen fehl und Heydrich unterließ während seiner Prager Zeit nichts, um den tschechoslowakischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus mit aller Härte zu bekämpfen.


Die Aufnahme aus einem Untersuchungsprotokoll der Polizei zeigt das von Heydrich benutzte Mercedes-Benz Kabriolett vom Typ 320 B in der Spitzkurve der damaligen Klein-Holloschewitz-Straße im Prager Stadtteil Liben nach dem Attentat.
Foto: Militärhistorisches Institut Prag

Am Anfang der ein wenig unübersichtlichen Ausstellung steht das für die Tschechoslowakei demütigende Münchener Abkommen vom 29. September 1938, nach dem die sudetendeutschen Gebiete (Böhmen und Mähren) an das Deutsche Reich abgetreten werden mussten. Die zweite Schmach für die Menschen folgte ein knappes halbes Jahr später, als in einer Nacht-und-Nebel-Aktion der nach Berlin gereisten Präsidenten Emil Hácha, mit seiner Unterschrift das Ende der zweiten tschechoslowakischen Republik durch die Besetzung der Deutschen Wehrmacht besiegelte.

Der nächste Einschnitt, der die tschechoslowakische Exilregierung in London zum aktiven engagierten Handeln veranlasste, folgte am 28. September 1941, als Reinhard Heydrich, auf Anordnung Adolf Hitlers, stellvertretender Statthalter des "Protektorats Böhmen und Mähren" wurde. Bereit 24 Stunden nach Amtseinführung wurde die neue Qualität des nationalsozialistischen Terrors unter Heydrich im Protektorat sichtbar. Josef Bílý und Hugo Vojta waren die ersten von zahlreichen ranghohen Offizieren des tschechoslowakischen Widerstands, die hingerichtet wurden.

Bereits in den Jahren 1934 bis 1939 war Reinhard Heydrich als Leiter der Sicherheitspolizei, des SD, der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) und später des Reichssicherheitshauptamts (RSHA) bei Regimegegnern und Rivalen gefürchtet. Er baute ein Kontroll- und Unterdrückungssystem auf, und wendet Einschüchterung, Erpressung, Folter und Mord als Terrormaßnahmen an.

Bei der Verfolgung von Jüdinnen und Juden in Europa nahm Heydrich eine Schlüsselstellung ein. So richtete er in Wien die Zentralstelle zur Verfolgung und Ausweisung von Juden ein, organisierte im besetzten Polen die Einrichtung jüdischer Ghettos und überwachte die Deportation der jüdischen Bevölkerung aus Deutschland und Österreich in diese Ghettos. In einem "Bestellungsschreiben" Görings vom 31. Juli 1941 wurde Heydrich beauftragt, "einen Gesamtentwurf über die organisatorischen, sachlichen und materiellen Vorausmaßnahmen zur Durchführung der angestrebten E.[ndlösung] der Judenfrage vorzulegen". Die Wannseekonferenz am 20. Januar 1942, auf der Fragen zur Koordination des bereits eingeleiteten Massenmord an den europäischen Juden besprochen wurden, diente Heydrich dazu, sich die Federführung in dieser Sache endgültig zu sichern. Die Ermordung der europäischen Juden war damit Sache von Polizei und SS.

Einige Besucherinnen und Besucher der Ausstellung werden erstaunt fragen, warum dort eine von zwei Kopien der tschechischen Krone gezeigt wird. Für Michal Burian, stellvertretender Direktor des Militärhistorischen Instituts Prag, spielt diese Kostbarkeit eine wichtige Rolle in der Ausstellung. Als Reinhard Heydrich am 19. November 1941 vom Protektoratspräsidenten Emil Hácha vier Schlüssel zur Kronjuwelenkammer in einem Demütigungsakt überreicht bekam, war, so die Prophezeiungen, Heydrichs Schicksal besiegelt. Denn laut mittelalterlicher Legende wird derjenige, der sich zu Unrecht der Krone bemächtigt, innerhalb eines Jahres zu Tode kommen.

Wer waren aber diejenigen, die diese Legende wahr werden ließen? Es waren natürlich keine Propheten oder Hüter der Kronjuwelen, sondern die in Großbritannien speziell trainierten tschechoslowakischen Soldaten Josef Gabcík und Jan Kubiš. Sie waren die Helden der "Operation Anthropoid", die fast einer antiken Tragödie mit all ihren Bestandteilen, wie Tapferkeit, Liebe, Verrat und Tod gleichkam.
 

Jan Kubiš in Zivil. Der Tscheche führte als Mitglied der tschechoslowakischen Exilarmee zusammen mit Josef Gabcík am 27. Mai 1942 in Prag das Attentat auf den Stellvertretenden Reichsprotektor und Gestapochef Reinhard Heydrich aus.
Foto: Militärhistorisches Institut Prag

Josef Gabcík in Zivil. Der Slowake führte als Mitglied der tschechoslowakischen Exilarmee zusammen mit Jan Kubiš am 27. Mai 1942 in Prag das Attentat auf den Stellvertretenden Reichsprotektor und Gestapochef Reinhard Heydrich aus.
Foto: Militärhistorisches Institut Prag

Eines der zentralen Objekte dieser Operation und der Ausstellung ist Heydrichs offener Mercedes-Benz Typ 320 B. Deutlich und durch Exposes abgesichert sind heute noch die Spuren der Beschädigung über dem Trittbrett zu sehen, wo die Handgranate, die Jan Kubiš gegen den Wagen schleuderte, ein Loch in die Karosserieaußenwand riss. Durch Granatensplitter und Teile der Sitzpolsterung an der Milz verletzt, verstarb Reinhard Heydrich am 4. Juni 1942 an Blutvergiftung im Krankenhaus.

Trotz der Vorbereitungszeit von einem halben Jahr, verlief das Attentat nicht so, wie es von Kubiš und Gabcík geplant war. Als Josef Gabcík seine Maschinenpistole auf Heydrich richtete und abdrückte, passierte nichts. Hatte er etwa vergessen, seine Waffe zu entsichern? Diese Frage wird auch nach Ausstellungsrundgang offen bleiben müssen. Jedenfalls machte Heydrich den Fehler seinen Fahrer zum Anhalten des Fahrzeugs aufzufordern. Dies gab Jan Kubiš nun die Gelegenheit eine seiner Handgranaten gegen das Fahrzeug zu schleudern. Auf der Flucht ließen Kubiš und Gabcík einige Gegenstände zurück, mit denen die Gestapo erfolglos nach den Attentäter fahndete und die ebenfalls in der Ausstellung zu sehen sind.


Marie Moracová mit ihren Söhnen Vlastimil (links) und Miroslav (rechts). Die Wohnung der
Moracovás war der Hauptzufluchtsort der Fallschirmspringer in Prag. Nach ihrer Verhaftung
durch die Gestapo beging Marie Moracová am 17. Juni 1942 Selbstmord. Ihr Sohn Vastimil
und ihr Mann Alois wurden am 24. Oktober 1942 im Konzentrationslager Mauthausen
hingerichtet. Ihr zweiter Sohn Miroslav diente als Pilot der tschechoslowakischen Exilarmee in
England. Er starb am 7. Juni 1944 bei einem Flugzeugabsturz.
Foto: Militärhistorisches Institut Prag

Das NS-Regime reagierte auf das Attentat mit einem Rache- und Terrorfeldzug gegen die Bevölkerung im Protektorat. Einen Tag nach dem Begräbnis Heydrichs in Berlin wurde am 10. Juni 1942 das Bergarbeiterdorf Lidice dem Erdboden gleich gemacht. Alle 173 männlichen Einwohner im Altern von 15 und 84 Jahren wurden erschossen. Frauen und 104 Kinder wurden in Konzentrationslager verschleppt, wo die meisten von ihnen starben. Nur 17 Kinder aus Lidice überlebten die nationalsozialistische Todesmaschinerie.


Die Bergarbeitersiedlung Lidice wurde am 10. Juni 1942, einen Tag nach Heydrichs Begräbnis in Berlin, als Vergeltungsmaßnahme der Nationalsozialisten dem Erdboden gleichgemacht, die Einwohner erschossen oder verschleppt. Lidice ist bis heute ein Symbol für die menschenverachtende Brutalität des NS-Regimes und den antifaschistischen Widerstand.
Foto: Militärhistorisches Institut Prag

Doch keine Folter und kein Terror half, den Tätern auf die Spur zu kommen. Diese hielten sich währenddessen mit fünf anderen Widerstandskämpfern in der Krypta der orthodoxen Sankt Kyrill und Methodius Kirche in Prag versteckt. Eigentlich hätten es acht Fallschirmjäger seien sollen, die dem nationalsozialistischen Terror erfolgreich die Stirn boten. Karel Curda, Mitglied der Operation "Out Distance" verließ nach dem Attentat gegen alle Absprachen Prag und fuhr zu seiner Mutter in die Nähe von Trebon. Dem psychischen Druck des NS-Terrors nicht stand haltend, kehrte er am 16. Juni nach Prag zurück, sagte umfangreich bei der Gestapo aus und führte so die Häscher auf die Spur seinen Kameraden in der Kirche.

Am Morgen des 18. Junis 1942 war deren Schicksal besiegelt. Josef Bublík, Josef Gabcík, Jan Hrubý, Jan Kubiš, Adolf Opálka, Jaroslav Švarc und Josef Valcík führten mehr als sechs Stunden lang einen aussichtslosen Kampf gegen eine 800-köpfige Armada von Waffen-SS und Gestapo. Die letzten Patronen in ihren Waffen richteten die Widerstandskämpfer gegen sich selbst. Da das Ziel der Gestapo, Heydrichs Attentäter lebend gefangen zu nehmen, fehl schlug, rächte sich das Regime an über 300 Familienangehörigen und Helfeshelfern. Ende 1942 und Anfang 1943 wurden sie in zwei Wellen im KZ Mauthausen ermordet.
 

Oben: Funkstation vom Typ MARK III, mit der die Widerstandskämpfer den Kontakt zur Militärführung in England hielten
Foto: Clemens Kirchner, DTMB

Links: Bischof Gorazd leistete mit den Mitgliedern der orthodoxen Gemeinde St. Kyrill und Methodius in Prag den Fallschirmjägern Hilfe, indem er ihnen Unterschlupf gewährte. Als oberster Repräsentant der Tschechischen Orthodoxen Kirche wurde er auf dem Exekutionsplatz in Prag-Kobylisy, heute Gedenkstätte des antifaschistischen Widerstandes, am 4. September 1942 hingerichtet.
Foto: Militärhistorisches Institut Prag

Persönliche Gegenstände der Widerstandskämpfer wurden von der Gestapo in der Kathedrale zusammengesammelt und archiviert. Nach Ende des Kalten Kriegs fanden sich diese Sachen bei einer Inventarisierung im Militärhistorischen Institut wieder an, was das Institut dazu bewog diese Ausstellung, zuerst in Prag 2002, zu initiieren. Durch ärztliche Protokolle, die damals die Gestapo in der Kirche anfertigen ließ, konnten die Sachen der jeweiligen Fallschirmjägern für die Darstellung in der Ausstellung zugeordnet werden. Neben diesen persönlichen Exponaten zeigt die Ausstellung auch einige Gegenständen, die Familienangehörige im Konzentrationslager Terezín (Theresienstadt) angefertigt hatten.

Ergänzt wird der Ausstellungsrundgang, zu dem ein Katalog leider nicht erschienen ist, durch eine 52-minütige BBC-Dokumentation in deutscher oder englischer Sprache. Sie beschreibt Vorbereitung, Verlauf und die Folgen des Attentats auf Heydrich, mit Originalaufnahmen und nachgestellten Spielsequenzen.

Mit dieser Ausstellung wendet sich das Technikmuseum zum zweiten Mal in kurzer Zeit einem Thema zu, dass so gar nicht in ein Museum passt, in dem sich die Besucher durch die Details von Lokomotiven, Flugzeugen oder anderen technischen Errungenschaften begeistern lassen. Vor einigen Wochen eröffnete das Museum die Dauerausstellungen zur "Judendeportationen mit der Deutschen Reichsbahn 1941-1945", in der u.a. 12 Berliner Schicksale, von denen nur drei überlebten, porträtiert werden.

In seiner Eröffnungsrede zur jetzigen Ausstellung betonte Prof. Dirk Böndel, Direktor des Museums, dass Technikgeschichte nicht losgelöst von der politischen Verantwortung betrachtet werden darf. Technik sei in seiner Darstellung nicht nur auf reines Funktionieren zu reduzieren, sondern müsse auch vor dem Hintergrund der Auswirkungen auf den Menschen betrachtet werden. Diese Verbindung wolle man zukünftig vermehrt in Ausstellungen und darüber hinaus in begleitenden Vortrags- und Diskussionsforen in Augenschein nehmen.

Die Ausstellung ist noch bis April 2006 im Deutschen Technikmuseum Berlin zu sehen.

Trebbiner Str. 9
10963 Berlin-Kreuzberg
U-Bhf. Möckernbrücke oder Gleisdreieick
Öffnungszeiten: Di-Fr, 9:00-17:30 Uhr; Sa/So, 10:00-18:00 Uhr (bis April 2006)
Eintritt: 4,50 Euro; erm. 2,50 Euro

Weitere Informationen:
Sonderseite des Technikmuseums zur Ausstellung

Website des Militärhistorischen Instituts Prag

hagalil.com 22-12-2005

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