Die gute Stimmung verdorben:
O Deutschland, Deine Dichter!
von Miriam Magall, 21-11-2005
Im Deutschen besagt ein geflügeltes Sprichwort: "Gute
Vorsätze pflastern den Weg zur Hölle." Wie wahr, wird der hoffentlich
geneigte Leser der Verfasserin dieser Zeilen zustimmen.
Wer erinnert sich nicht an seine guten Vorsätze, geduldiger zu werden,
sparsamer, aufmerksamer oder aber mehr Sport zu treiben, etwas für die
Gesundheit zu tun und viele gute Dinge mehr?
Solche guten Vorsätze standen sicher auch den Personen vor Augen, als sie im
März 2004 im Literaturhaus in München den Verein "Aktion
Patenschaften für verbrannte Bücher" ins Leben riefen. Genau wie die
Aktivisten, die im Herbst 2004 ihrerseits die Aktion "Brandloch" gründeten,
um diese Aktion aktiv zu unterstützen.
Geschehen sollte dies durch die tatkräftige Teilnahme von Mitgliedern des
Verbands deutscher Schriftsteller in ver.di. Es sollte eine lebendige Sache
werden. AutorInnen der Vergangenheit sollten nicht nur in Lesungen
vorgestellt werden, nein, das wäre das Übliche gewesen. Vielmehr sollten sie
ihre Ergänzung finden durch die Antworten heute lebender Autoren, die auf
die Worte der AutorInnen der Vergangenheit reagierten und mit ihnen
sozusagen in einen Dialog traten. Selbst begleitender Tanz und Lieder
sollten die Lesungen zu einem aktuellen Erlebnis machen.
Hinter beiden Aktionen steht die Salzmann-Sammlung in Gräfelfing. Herr Georg
P. Salzmann, nach eigener Aussage Sohn eines überzeugten Nazis, begann vor
40 Jahren, aus eigenen Mitteln über 10.000 Exemplare verbrannter Literatur
aus aller Welt zusammenzutragen. Ein gewaltiges Unterfangen! Durchaus! Und
ein ebenfalls durchaus lobenswertes Unterfangen.
Herr Salzmann hat angefangen diese Bücher zu sammeln, inspiriert nach
eigener Aussage durch das, was er als die "Geschehnisse damals" bezeichnet.
Er möchte die Sammlung jetzt verkaufen. Interessenten für die Sammlung gibt
es nach Auskunft des von der "Aktion Patenschaften" verteilten Flyers
durchaus -- sogar Anfragen aus dem Ausland, aber man möchte "deutsches
Kulturgut" in Deutschland behalten. Bezahlen will dafür aber in Deutschland
keiner, denn wie wir wissen ist Deutschland ein sehr armes Land. Deshalb
sollen "Paten" gewonnen werden.
An der "Brandloch"-Veranstaltung am 6. Oktober 2005 in der Seidl-Villa in
München nahm Herr Salzmann höchstpersönlich teil. Nach der Lesung stand er
für Auskünfte bereitwillig zur Verfügung. Die Verfasserin dieser Zeilen war
die von "Brandloch" veröffentlichte Liste verbrannter Autoren durchgegangen
-- "verbrannte Autoren", eine eher unglückliche Formulierung, denn in den
meisten Fällen wurden "glücklicherweise nur" ihre Werke, nicht sie selbst
verbrannt, wenngleich es auch da einige Ausnahmen gab.
Auf einer ersten Liste stehen 76 Namen, davon 34 von jüdischen Autoren. Also
fragte sie Herrn Salzman an jenem 6. Oktober, ob er sich etwas dabei gedacht
habe, welche Autoren warum verfolgt, welche Werke welcher Autoren verbrannt
wurden. Die enttäuschende Antwort lautete: Nein, ihn, Herrn Salzmann, habe
es nicht interessiert, ob der betreffende Autor Jude war oder nicht. Er habe
die Bücher einfach so gekauft. Die Verfasserin dieser Zeilen musste
schlucken, schwieg aber, um die gute Stimmung an jenem Abend nicht zu
verderben.
Denn bei den Lesungen war bis dahin Jüdisches nicht vorgekommen. Die
"Brandloch"-Aktivisten vermieden jeden Kontakt mit jüdischen Schriftstellern
wie der Teufel das Weihwasser. Falls sie dennoch aus Versehen mit ihnen in
Berührung kamen, wurde jede Andeutung, es handele sich dabei um verfolgte
Juden, tunlichst vermieden.
Die eigenen Texte, die die Lesungen bisher begleiteten, sprechen denn auch
Bände für sich: Irmgard Keun, keine Jüdin, aber eine Freundin von Josef Roth
und eine frühe Feministin -- ihr standen eher banale Texte gegenüber wie
"Früher, oder wie Rosa ihren schönen Namen verlor", von Sylvie Bantle, eine
der emsigsten Aktivistinnen der "Aktion Brandloch", und auch: "Das Kind" von
Alexandra Helmig, einer Schauspielerin und Schriftstellerin. Oder: Der
Lesung von Bruno Schulz stand die eher triviale Geschichte "Puppenfee,
Memoiren einer Nähmaschine", noch einmal von Sylvie Bantle gegenüber. Und so
dürfte es, außer einigen lobenswerten Ausnahmen, die gute Prosa oder
Gedichte präsentieren, wohl weitergehen.
Im Kreis der Schriftsteller, die bei "Brandloch" mit Lesungen auftreten, ist
die Verfasserin dieser Zeilen die einzige Jüdin. Sie wollte mitmachen, weil
sie sich in ihrer Naivität dachte, etwas Jüdisches sollte bei dieser Aktion
eigentlich nicht fehlen. So wollte sie selbst mit einer Lesung am 16.
Februar 2006 von Egon Erwin Kisch und seinen "Geschichten aus sieben
Ghettos" und auch Selbstgebasteltem an der Aktion teilnehmen.
Das Selbstgebastelte sollte u.a. ihre Kurzgeschichte "Frühling
in Kischinew" (schon im Mitteilungsblatt des Landesverbands der
israelit. Kultusgemeinden in Bayern im Dezember 1999 veröffentlicht) sein,
die das berüchtigte
Pogrom in Kischinew
im Jahr 1905 thematisiert. Sie hatte auch eine hervorragende Interpretin
jiddischer und hebräischer Lieder gefunden, die diese jüdischen Impressionen
begleiten sollten.
Bei der Vorstellung ihres Programms bei ihren "MitstreiterInnen" verwies die
Verfasserin dieser Zeilen darauf hin, dass sie Jüdisches vermisse. Es ist ja
durchaus eine Tatsache, dass eine Reihe deutscher Autoren verfolgt und ihre
Werke verbrannt wurden -- genau wie die ihrer jüdischen Kollegen. Mit einem
Unterschied: Die deutschen Autoren konnten den Mund halten und still
weiterleben wie Irmgard Keun, die nach ihrer Rückkehr aus dem Exil -- noch
zur Nazi-Zeit -- unbehelligt in Köln lebte. Für einen engagierten
Schriftsteller sicher keine leichte Sache. Für einen jüdischen Autor gab es
eine solche Möglichkeit jedoch nicht. Ihn ließ man sicher nicht still leben,
selbst, wenn er nichts mehr öffentlich produzierte. Er wurde, fasste man
ihn, ohne viel Federlesens zu machen, nach Auschwitz, Treblinka oder wie die
Hölle sonst heißen mochte, abtransportiert, zu Tode gehetzt und gearbeitet,
ausgehungert, vergast und verbrannt -- nicht ohne, dass man ihm vorher noch
seine Goldzähne genommen hatte, falls denn welche seinen Mund zierten.
Und genau diesen Aspekt haben die "Brandloch"-Aktivisten ausgeblendet. Sie
wollen "verbrannte Autoren", so makaber es klingt, weiterhin präsentieren,
keine Juden, um Himmels willen, das ist etwas, worüber man nicht spricht,
und sie mit ihren Geschichten aus dem Nähkästchen dekorieren. Also musste
die Verfasserin dieser Zeilen auf Egon Erwin Kisch und seine "Geschichten
aus sieben Ghettos" und auf ihren "Frühling in Kischinew" verzichten, und
auch der Interpretin jiddischer Lieder aus den Ghettos und den Mordlagern
wurde der Mund gestopft, bevor sie ihre Botschaft verkünden konnte.
Man will unter sich bleiben bei der "Patenschaft für verbrannte Bücher", es
soll ganz und gar "judenrein" vor sich gehen.
Umso trauriger ist es, dass die "Aktion verbrannte Bücher" auch einige
jüdische Unterstützer hat, darunter so namhafte wie Dr. Salomon Korn, Prof.
Dr. Michael Brenner und Ralph Giordano. Wer sie sind, braucht niemandem in
jüdischen Kreisen erklärt zu werden. Aber vielleicht wissen sie ja gar
nicht, was so im Inneren dieser Aktion vor sich geht. Das ist sogar beinahe
sicher. Deshalb sollten und müssten sie eigentlich schnellstens darüber
aufgeklärt werden, damit nicht unnötig Gelder in eine Richtung fließen, die
dringend für andere jüdische Angelegenheiten benötigt würden.
Fürwahr ein wunderschöner gepflasterter Weg, der direkt in die Hölle des
Verdrängens führt! [ZUR
DISKUSSION] 23-12-2005
Stellungnahme des VS Bayern, Region München und Oberbayern, zu dem
Artikel von Miriam Magall "Die gute Stimmung verdorben: O
Deutschland, Deine Dichter" Der Vorstand der Region
München und Oberbayern des Verbandes deutscher Schriftsteller in ver.di
weist die von Frau Magall in ihrem Artikel implizit und explizit erhobenen
Vorwürfe und Behauptungen entschieden zurück.
In dem Artikel wird versucht Kolleginnen, die sich gegen
ein Verdrängen und Vergessen des Unrechts nationalsozialistischer
Gewaltherrschaft engagieren, zu diffamieren und ihrer Arbeit zu schaden.
Der eigentliche und persönliche Hintergrund, der zu diesem
Artikel von Fr. Magall geführt hat, wird von ihr - anscheinend wohlweißlich
- verschwiegen. Da er persönlich ist, werden wir Fr. Magall nicht die Last
abnehmen, ihn selber öffentlich zu machen.
Zu einigen ihrer Vorwürfe und Behauptungen nehmen wir
weiter unten Stellung.
Zuerst jedoch ein kurzer Überblick über die Idee und
Konzeption der Lesereihe, die Fr. Magall anscheinend nicht verstanden hat.
Die Lesereihe "Brandloch" ist ein Projekt des VS – Verband
deutscher Schriftsteller in ver.di, Regionalgruppe München-Oberbayern und
wird von den Münchner Autorinnen Sylvie Bantle und Ulrike Budde betreut.
Das Projekt entstand aus der Idee, mit inszenierten
Lesungen aus Werken von Autorinnen und Autoren, die nach 1933 durch die
Politik der Nationalsozialisten verfolgt wurden, die Arbeit des Vereins
"Aktion Patenschaften" zu unterstützen. Der Verein "Aktion Patenschaften"
hat sich zum Ziel gesetzt, die langfristige Zukunft für die Sammlung
bibliophiler Bücher zu fördern, die Georg P. Salzmann in vielen Jahrzehnten
zusammengetragen hat und für die er jetzt versucht, eine dauerhafte,
betreute Bleibe zu finden.
Damit Interessierte sich ein Bild von "Brandloch" machen
können, lohnt sich vielleicht ein Blick auf die Lesungen, die bisher
stattgefunden haben, bzw. für das erste Halbjahr 2006 geplant sind:
BRANDLOCH-PROGRAMM – Seidlvilla
- 2. Juni 2005: Pilot-Veranstaltung zur Lesereihe
Brandloch - "Die aus der Reihe tanzen…"
mit folgenden Beiträgen: Dr.
Ullrich Dittmann - Bemerkungen eines Literaturhistorikers zum 10.5.
Barbara Greese / Erna Fröhlich: Else Lasker-Schüler - Heimlich
zur Nacht Barbara Yurtdas: Irmgard Keun - Eine von uns?
Sylvie Bantle:
Elisabeth Castonier - Noella Barbara Greese / Erna Fröhlich:
Mascha Kaleko - Ausgesetzt Ulrike Budde:
Salomo Friedlaender / Mynona - Grotesk!
- 6. Oktober 2005: Irmgard Keun (Barbara Yurtdas,
Sylvie Bantle, Alexandra Helmig)
-
10. November 2005: Bruno
Schulz (Marianne Gradl-Grams, Sylvie Bantle, Bernhard Horwatitsch)
-
15. Dezember 2005:
Gertrud Kolmar (Sylvie Bantle, Katharina Stooß, Christina Bösel)
-
26. Januar 2006:
Friedländer/Serner (Ulrike Budde, Sylvie Bantle, Bernhard Miller)
-
(ursprünglich geplant für
16. Februar 2006: Alfred Kerr / Egon Erwin Kisch – entfällt, da
M. Magall aus eigener Entscheidung ausgestiegen ist)
-
15. März 2006: Gustav
Regler (Bernhard Horwatitsch)
-
27. April 2006: Franz
Theodor Csokor (Robert Stauffer)
-
3. Mai 2006:
Brandloch-Special zum Jahrestag der 1. Bücherverbrennung in München am
3. Mai 1933
-
22. Juni 2006: Mascha
Kaleko (Alma Larsen, Barbara Yurtdas)
-
voraussichtl. 6. Juli 2006:
Alfred Kerr / N.N. (Hans Boeters, N.N.)
Das Konzept der Reihe sieht
vor, dass jede Lesung ihre eigene gestalterische Form finden soll. Es geht
nicht um eine literaturwissenschaftliche Aufbereitung von Faktenwissen um
Personen und Werke, sondern vor allem darum, Leselust für die Bücher
derjenigen zu machen, von denen man heute oft nur noch wenig oder nichts
mehr weiß – obwohl viele von ihnen bis 1933 bekannt und im literarischen
Leben Deutschlands verankert waren. AutorInnen des VS schlagen nach eigenem
Interesse vor, wen sie in einer Veranstaltung vorstellen möchten und in
welcher Form dies geschehen soll. Mit ihren eigenen Texten nehmen sie einen
Dialog auf mit denen, die weitgehend aus der Wahrnehmung im literarischen
Kontext verdrängt wurden – die Politik der Nationalsozialisten erweist sich
darin in vielen Schriftstellerbiographien bis heute auf schreckliche Weise
erfolgreich. Die Lesereihe "Brandloch" möchte die damals gewaltsam
unterbrochene Rezeption wieder aufnehmen und zeigen, dass viele der damals
verfolgten Kolleginnen und Kollegen Werke verfasst haben, die auch heute
noch interessant und lesenswert sind.
Die Auswahl der vorgestellten
Autorinnen und Autoren folgt keiner Quotierung. Weder Religion noch
Geschlecht noch persönliche Vorlieben oder andere Eigenschaften gehören zu
den Kriterien, nach denen sich das Programm von "Brandloch" zusammensetzt.
Frau Magall war dies eigentlich alles bekannt, als sie sich – selbst
Mitglied im VS – im Sommer 2005 dafür interessierte, Egon Erwin Kisch in der
Lesereihe vorzustellen. Mit einem fest vereinbarten Termin und einem zweiten
Autor, der Alfred Kerr präsentieren wollte, wurde sie in das Programm
aufgenommen.
In welcher Weise sich ihr Verhältnis zu der Lesereihe
"Brandloch" im Laufe der Zeit geändert haben mag: Ob sie der Meinung ist,
dass zuwenig Autor/innen jüdischen Glaubens berücksichtigt werden oder mit
der Darstellungsweise nicht einverstanden ist, all das mag ihr Standpunkt
sein und kann Gegenstand einer interessanten, substantiellen Diskussion
werden.
Fr Magall schreibt jedoch:
Denn bei den Lesungen war bis dahin Jüdisches nicht
vorgekommen. Die "Brandloch"-Aktivisten vermieden jeden Kontakt
mit jüdischen Schriftstellern wie der Teufel das Weihwasser.
Die Behauptung ist falsch (siehe unten, siehe Programm).
Zudem weisen wir den Vergleich von "Brandloch"-Aktivisten mit dem Teufel und
jüdischen Schriftstellern mit Weihwasser sowohl aus sprachlichen als auch
inhaltlichen Gründen zurück.
Falls sie dennoch aus
Versehen mit ihnen in Berührung kamen, wurde jede Andeutung, es handele
sich dabei um verfolgte Juden, tunlichst vermieden ... Und genau diesen
Aspekt haben die "Brandloch"-Aktivisten ausgeblendet. Sie wollen
"verbrannte Autoren", so makaber es klingt, weiterhin präsentieren,
keine Juden, um Himmels willen, das ist etwas, worüber man nicht
spricht...
Die Behauptung ist falsch. Es
ist eine Unterstellung wider besseres Wissen, dass die Kolleginnen der
Lesereihe glaubten, dass Juden etwas seien, worüber man nicht spräche.
Schließlich hat man Fr. Magall die Gestaltung eines eigenen Abends
angeboten.
Also musste die
Verfasserin dieser Zeilen auf Egon Erwin Kisch und seine "Geschichten
aus sieben Ghettos" und auf ihren "Frühling in Kischinew"
verzichten, und auch der Interpretin jiddischer Lieder aus den Ghettos
und den Mordlagern wurde der Mund gestopft, bevor sie ihre Botschaft
verkünden konnte.
Versucht Fr. Magall mit
diesen Behauptungen zu suggerieren, sie sei herausgeschmissen worden? Wir
weisen das schlicht als falsch zurück. Sie musste nicht verzichten,
sie hat selbst verzichtet, da sie nicht akzeptieren wollte, dass auch
nichtjüdische Autor/Innen bei Brandloch vorgestellt werden. Die Formulierung
"wurde der Mund gestopft" sieht auf den ersten Blick brillant aus, ist aber
nichts weiter als eine durchschaubare sprachliche Entgleisung. Jeder, der
den Verursacher einer Tat nicht nennen kann oder will, bedient sich einer
Passiv-Konstruktion. Wir erwarten von Fr. Magall eine Erklärung, wer der
Interpretin jiddischer Lieder "den Mund gestopft" hat.
Man will unter sich
bleiben bei der "Aktion Brandloch", es soll ganz und gar
"judenrein" vor sich gehen...
Diese Unterstellung weisen
wir zurück. Was sie mit "judenrein" meint, verstehen wir in diesem
Zusammenhang nicht, und verweisen auf das Programm der Lesereihe, das wir an
den Anfang gestellt haben. Wir verstehen auch nicht, wie jemand einen
Ausdruck faschistischer Tätersprache derart unreflektiert verwenden kann.
Umso trauriger ist es,
dass die "Aktion verbrannte Bücher" auch einige jüdische Unterstützer
hat, darunter so namhafte wie Dr. Salomon Korn, Prof. Dr. Michael
Brenner und Ralph Giordano ...
Wir stellen dazu fest, dass
die erwähnten Intellektuellen und Förderer der "Aktion Patenschaften" sicher
wissen, was sie tun.
Soweit zu einigen Vorwürfen
und falschen Behauptungen aus dem Artikel von Fr. Magall, dessen Inhalt und
sprachliche Gestaltung den Vorstand des VS München und Oberbayern sehr
bestürzt haben.
"Brandloch" will
Literaturarbeit im kreativen Sinne leisten. Der Arbeitskreis sucht nach
inspirierenden Werken der verbrannten Literatur, tut dies (bisher) ohne jede
finanzielle Förderung und wird dies auch weiterhin tun. Um ohne selektive
Wahrnehmung diejenigen Schriftstellerinnen und Schriftsteller, die durch die
Politik der Nationalsozialisten aus der literarischen Welt ausgegrenzt, an
Leib und Leben bedroht und teilweise ermordet wurden, wieder in unser
Gedächtnis zu bringen! Um sie durch Erinnerung in unserem Bewusstsein
lebendig werden zu lassen und sie nicht in einem schnelllebigen
Literaturbetrieb dem endgültigen Verdrängen und Vergessen zu überlassen.
für den Vorstand der Region
München und Oberbayern des Verbands deutscher Schriftsteller in ver.di
Arwed Vogel
[ZUR
DISKUSSION]
27-12-2005
Gegendarstellung
v. Miriam Magall
Die Brandloch-Lesung, an der
ich teilnahm, fand am Donnerstag, 10. November 2005 teil. Anschließend
gingen zu einer weiteren Diskussion in ein Restaurant: Frau Bauer (so hat
sie sich vorgestellt), ein namenloser deutscher Herr, ein namenloser
indischer Herr, Sylvie Bantle, Bernhard Horwatitsch, Barbara Yurtdas und
ich. Marianne Gradl-Grams und ihr Mann waren nur ganz kurz anwesend.
Nach ihrem Fortgehen gab es
eine Diskussion, in der ich noch einmal wiederholte, der jüdische Aspekt der
jüdischen verfolgten Schriftsteller komme zu kurz.
Daraufhin erklärte mir Sylvie
Bantle, es störe sie, dass ich immer so das Jüdische betone. Das sei ihr
schon an meinen e-mails an sie unangenehm aufgefallen.
Danach fragte der namenlose
deutsche Herr mich: "Was machen Sie überhaupt noch in Deutschland?"
Zeugen dieses Wortwechsels
waren die o.a. Anwesenden außer Frau Gradl-Grams und ihrem Mann. Also, außer
mir, immerhin 6 (sechs!) Personen.
Es spielte sich also nichts im
Dunkeln ab, wie Arwed Vogel meint.
Dass ich Nachdruck auf
Jüdisches lege, muss allen VS-Mitgliedern, die im Verlauf der letzten
anderthalb Jahre an den Slam-Sitzungen teilnahmen, klar gewesen sein: Die
von mir vorgelesenen Texte handelten ausschließlich von Jüdischem oder
Israelischem.
Jeder schreibt halt über das
und von dem, was er kennt -- oder sollte es zumindest.
Als ich mich dem
"Brandloch"-Vorhaben anschloss, habe ich ausdrücklich erklärt, das geschehe
aus meinem Wunsch heraus, der ganzen Aktion auch eine "jiddische Neschomme",
eine jüdische Seele zu geben. Damals protestierte noch niemand.
Frau Bantle hat mir, s. o., am
10. November klar und deutlich gesagt, mein Nachdruck auf Jüdisches gefalle
ihr nicht.
Ja, dann habe ich bei
"Brandloch" nichts mehr zu suchen!
Mit meinem Fortgang ist
"Brandloch", soweit sich daran VS-Mitglieder aus der Regionalgruppe
beteiligen und wie ich es übersehen konnte, tatsächlich "judenrein"! Selbst,
wenn dieser Ausdruck nicht gefällt!
Wenn die Religion der
verfolgten jüdischen Autoren, die z.T. ihr Judentum als einen wichtigen
Bestandteil ihres Schaffens verstehen, s.u., nicht erwähnt wird, werden die
6 Millionen ermordeten Juden noch einmal ermordet.
Denn sie und die jüdischen
Schriftsteller wurden verfolgt -- weil sie Juden sind und nicht, weil sie
eine dem Nazi-Regime unerwünschte Meinung vertraten wie andere verfolgte
Schriftsteller.
Dieser Unterschied sollte erst
einmal in die Köpfe all jener eindringen, die meinen, man könne über die
Religion der verfolgten jüdischen Schriftsteller hinweggehen.
Dass "Brandloch" auch andere
verfolgte Schriftsteller wie Irmgard Keun vorstellt, finde ich durchaus gut.
Nur, wenn von verfolgten
jüdischen Schriftstellern die Rede ist, dann sollte man sich auch damit --
und mit ihren entsprechenden Texten erst einmal auseinandersetzen und darauf
auch reagieren können.
Denn auf einen Jakob
Wasserstein und seinem "Mein Weg als Jude und Deutscher", einer Nelly Sachs
und ihren "In den Wohnungen des Todes" oder auch Egon Erwin Kisch und seinen
"Geschichten aus sieben Ghettos" kann man nicht mit Geschichten über
Schokolade im Supermarkt oder auch der Story einer ausgemusterten
Nähmaschine begegnen.
Das ist es, was ich kritisiere.
Dann wirklich lieber die Finger
weg von verfolgten jüdischen Autoren, mit deren zutiefst jüdisch empfundenen
Aspekten man nichts anfangen kann. Aber dann sollten ihre Namen auch nicht
in der Liste sozusagen als Feigenblatt auftauchen.
Ja, ich wurde, praktisch
betrachtet, aus "Brandloch" herausgeschmissen! -- von Sylvie Bantle und
einen namenlosen deutschen Herrn, der anscheinend ihr Gast und ihr Bekannter
ist.
Unbeteiligte wie Barbara
Yurtdas und Marianne Gradl-Grams haben sich für die Worte zumindest des
namenlosen Herrn entschuldigt und Sylvie Bantles Worte zu relativieren
versucht.
Auf eine ähnliche Reaktion von
Sylvie Bantle warte ich -- trotz wiederholter Aufforderung an alle
Beteiligten -- bis zum heutigen Tag.
Miriam Magall
Publizistin,
Konferenzdolmetscherin, Übersetzerin
[ZUR
DISKUSSION]
http://www.hagalil.com/archiv/2005/11/brandloch.htm |