Israel:
Wagner-Tabu bröckelt
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Daniel Dagan, der in Ägypten geborene und in Berlin
lebende Hobby-Pianist und Journalist, möchte "die Gemüter etwas zu
beruhigen, und mehr Sachlichkeit in die Diskussion in Israel" um den
deutschen Komponisten Richard Wagner bringen. Dagan, der täglich aus Berlin
im Auslandsjournal des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Israel berichtet,
hält sich in Bayreuth auf, um von den Wagner Festspielen zu berichten.
Richard Wagner hat einen denkbar schlechten Ruf in Israel.
Ihm wird nicht nur angelastet, eines der schlimmsten antisemitischen
Pamphlete verfasst zu haben. Er gilt auch als "Leibkomponist Hitlers",
obgleich Wagner längst tot war, als Hitler die Macht ergriff. Andere
argumentieren, in den Konzentrationslagern dazu gezwungen worden zu sein, zu
eigenen Erniedrigung und zur Belustigung der SS-Leute Wagner zu spielen.
Dagan sagte in einem Interview dem "Nordbayerischen
Kurier": "Da spreche ich sicherlich für alle Juden und Israelis, wenn ich
sage, dass man die musikalischen Errungenschaften Wagners weder
wegdiskutieren noch wegdenken kann."
Musikfreunde in Israel kennen und schätzen Wagner. Immer
wieder werden Wagnerstücke im Radio gespielt oder bei Konzerten aufgeführt,
ohne viel Aufsehen zu erregen. Aber wie das mit Tabus mit einem emotionalen
Hintergrund ist, vor allem, wenn es mit dem Holocaust in Verbindung gebracht
wird, tun sich viele Israelis schwer, ihre Hemmungen abzubauen.
Als Daniel Barenboim im Juli 2001 beim Israel-Festival in
Jerusalem ankündigte, "Die Walküre" von Wagner aufführen zu wollen, gab es
empörte Anfragen von Abgeordneten und eine heftige öffentliche Debatte.
Barenboim drohte sogar eine Ausladung. Er musste versprechen, das Stück aus
dem Programm zu streichen. Doch Barenboim war mindestens so stur wie die
Festival-Leitung. Nach Abschluss des Konzerts wandte er sich auf Hebräisch
an das Publikum, erklärte das Konzert für beendet und verkündete, nun als
"Zugabe" eine Prelude von Wagner spielen zu wollen. Barenboim rechtfertigte
sich, bei einer Pressekonferenz in Jerusalem den Walküre-Klingelton des
Handy eines Journalisten gehört zu haben. Wieso sollte er das Stück dann
nicht im Konzertsaal spielen.
(Barenboim hatte nicht die ganze Wahrheit gesagt. Das
Handy mit dem Walküre-Klingelton gehörte diesem Korrespondenten und es
klingelte ausgerechnet in dem Augenblick, als Barenboim in der
Holocaust-Gedenkstätte einen Kranz niederlegte und eine Sonderführung
erhielt.)
Im Saal brachen Tumulte aus. Einige wenige verließen
türenklappernd den Konzertsaal, andere Diskutierten lautstark. Nach einer
halben Stunde hatten eine Handvoll Konzertgänger den Saal verlassen, alles
beruhigte sich und Barenboim konnte ungestört Wagner spielen. Doch diese
"Chutzpe" ist Barenboim noch nicht vergessen. Als ihm im vergangenen Jahr in
der Knesset der Wolff-Preis verliehen wurde, musste sich Barenboim von der
Kulturministerinnen schwere Vorhaltungen anhören.
© Ulrich Sahm/haGalil.com
Richard Wagner und Israel:
Tel Aviv wagte neuen
Anlauf in heikler Debatte
Die emotionsgeladene Diskussion am Opernhaus in Tel Aviv
verdeutlichte, daß der Zeitpunkt, an dem Wagners Opern in Israel aufgeführt
werden können, noch in weiter Ferne liegt...
Erste Wagner-Aufführung in
Israel:
Siegfried-Haman gewinnt vor Gericht und
im Konzertsaal
Zu einer bemerkenswerten Premiere kam es letzten
Freitag in Rishon LeZion: Das in dieser Kleinstadt bei Tel Aviv beheimatete
Sinfonieorchester führte ein Stück des umstrittenen deutschen Komponisten
Richard Wagner auf, und zwar das "Siegfried-Idyll"...
Barenboims Wagner-Aufführung:
"Walküre" erregt die
israelischen Gemüter
Wieder einmal sorgt eine Wagner-Aufführung in Israel für Aufregung. Daniel
Barenboim, Chefdirigent des Chicago Symphony Orchestra und Leiter der
Deutschen Staatsoper Berlin, plant, Richard Wagners "Walküre" während des
Israel-Festivals am 7. Juli aufzuführen...
Das Israelfestival bittet Daniel Barenboim:
Bitte
sagen Sie das Wagner-Konzert ab
Die öffentliche Leitung des Israelfestivals wird sich an den Dirigenten
Daniel Barenboim, den Sänger Placido Domingo und die Berliner Staatskapelle
mit der Bitte wenden, von der Darbietung des Wagner Werks im Rahmen des
Festivals abzusehen und ein Alternativprogramm vorzuschlagen...
Vermeiden Sie es, Werke Wagners zu spielen:
Appelle von Kazaw
bis Galili
Staatspräsident Mosche Katsav wandte sich in der letzten Woche an die
Leitung des Israelfestivals mit der Bitte, "ernsthaft und mit viel
Sensibilität" die zahlreichen eingegangenen Anfragen zu überprüfen, im
Rahmen des Israelfestivals kein Werk des deutschen Komponisten Richard
Wagner zu spielen...
Eindrücke aus Berlin:
Richard Wagner und
das Mahnmal
Was soll man am "Herzl-Tag" machen, dem Geburtstag des Gründers der
zionistischen Bewegung? An diesem Tag befand ich mich mit Rachel, meiner
Frau, in Berlin. Ich schaute mir den Veranstaltungskalender der Stadt an und
entdeckte die perfekte Antwort: an diesem Tage wurde in der Deutschen
Staatsoper Richard Wagners Oper "Tannhäuser" aufgeführt...
hagalil.com 01-08-2005 |