Die Qual der Wahl:
Schlimm oder schlimmer?
Soziologe Beck im stern: "Wir haben die Wahl zwischen schlimm und
schlimmer"
Der Münchner Soziologe Ulrich Beck befürchtet, dass sich
die Lage in Deutschland auch nach den bevorstehenden Bundestagswahlen nicht
bessern wird. "Man ist ratlos. Wir haben eine Wahl zwischen schlimm und
schlimmer", sagte er in einem Gespräch mit dem Hamburger Magazin stern. Die
SPD sei "gespalten, sie weiß gar nicht mehr, ob sie noch eine SPD ist",
meinte Beck.
Bei Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel könne er keine
modernen Rezepte erkennen. Wie einst die britische Premierministerin
Margaret Thatcher wolle sie den neoliberalen, nationalen Kurs verschärfen
und einen neuen Patriotismus verordnen. Das alles aber, so Beck, führe nur
"nach unten".
Beck, der Deutschland an einem "epochalen Übergang wie zu
Beginn der Industrialisierung" sieht, wirft der Politik vor, dem derzeitigen
großen Wandel gegenüber unempfindlich zu sein. "Sie bleibt auf dem Alten
hocken, ignoriert das Neue", so der Sozialwissenschaftler zum stern.
Wirtschaftsminister Wolfgang Clement beispielsweise sei für ihn ein
Politiker, "der einen völligen Realitätsverlust erlitten hat: Er ist total
dem Dogma der Vollbeschäftigung verfallen. Ein Verblendeter."
Nach Becks Ansicht ist der Nationalstaat keine Lösung mehr.
Vielmehr müssten das Kapital und die Gewinne über die Grenzen hinweg
transnational reguliert und kontrolliert werden. Auch der Konsument müsse
vom international agierenden Kapital lernen. "So wie der Investor
machtbewusst sagen kann, hier investiere ich nicht, so kann der Konsument –
international – selbstbewusst sagen: ‚Du beutest Kinder aus, du verpestest
die Umwelt – von dir kaufe ich nichts." Dies, so Beck, sei eine Gegenmacht,
die den Kapitalismus verändern könne.
Alarmierender Vertrauensverlust in die Politik:
Nur 17% vertrauen den Parteien
Deutschlands Politiker gelten als unglaubwürdig und
inkompetent. Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte: "Dies ist viel mehr
als traditionelle Politik- und Parteienverdrossenheit. Mittlerweile
verachten die Bürger ihre Repräsentanten."...
hagalil.com 02-08-2005 |