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Bürgermeister als Stichwortgeber für Neonazis:
Abwahl in Steglitz-Zehlendorf?

Wie tragbar ist "rechtsradikales Gedankengut" bei einem Bezirksbürgermeister?

Von Ingolf Seidel

Der Konflikt um die CDU des Berliner Bezirks Steglitz-Zehlendorf, genauer gesagt um den von ihr gestellten Bezirksbürgermeister Herbert Weber, geht in die nächste Runde. Am kommenden Mittwoch entscheidet die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) des Bezirks darüber, ob ein stramm Rechter weiterhin als Bürgermeister fungieren soll.

Der Beginn einer breiteren Skandalisierung des Gebarens der Bezirkspartei und von Weber liegt eigentlich in einer Selbstverständlichkeit. Die Einzelabgeordnete der PDS Sieglinde Wagner hatte beantragt, den 8. Mai 2005 als "Tag der Befreiung" zu begehen. Die Abwesenheit der Abgeordneten Wagner nutzte die Mehrheit von CDU und FDP, um einen abweichenden Antrag durchzusetzen, indem es unter anderem heißt, dass der 8. Mai auch für "Kriegsopfer, Flüchtlinge, Vertriebene, geschändete Frauen und die Opfer des sinnlosen Bombenkrieges" stehe. Im Angesicht eines solchen geschichtspolitischen Revisionismus wurde breite Kritik von Opferverbänden, jüdischer Gemeinde, sowie von SPD und Grünen geäußert. Sehr aufschlussreich ist die Verteidigungsstrategie, welcher sich sowohl Weber als auch sein Parteifreund Torsten Hippe bedienten. Weber bezeichnete die Kritiker seiner Person schlicht als "Tugenddemokraten", während Hippe äußerte, "er könne nicht verhindern, inhaltlich in einzelnen Fragen den Positionen der NPD nahe zu stehen. Es sei möglich, dass man in Teilfragen zu gleichen Teillösungen komme."

Im Zuge dieser Skandalchronik gerieten auch andere Äußerungen des Bürgermeisters an die Öffentlichkeit. So hatte er im November letzten Jahres vor 300 Reservisten der Bundeswehr eine Rede zum Volkstrauertag gehalten. In dieser Rede zitiert er den 'Ritterkreuzträger' der Nazi-Wehrmacht Dr. Erich Mende, der gegen Deserteure aus der Bande der Vernichtungskrieger hetzt, mit folgender Passage: "Die meisten Deserteure hatten etwas auf dem Kerbholz und wußten, warum sie abhauten! Der unbekannte Deserteur, welche Verhöhnung des unbekannten Soldaten! Es ist eine Verirrung, die nur mit Geisteskrankheit, Hetze oder maßloser Verhetzung zu erklären ist!" Doch wenn es darum geht sich des Nazi-Jargons zu bedienen, ist der Bürgermeister nicht allein auf Zitate Dritter angewiesen. An anderer Stelle legt Weber seinen ideologischen Hintergrund offen dar: "Eine Volksgemeinschaft lebt erfolgreich nur auf Dauer, wenn sich die Menschen darin dafür einsetzen, Anteil daran nehmen, und bereit sind, dafür Verantwortung zu tragen." Wäre das CDU-Mitglied Weber nicht erst 1949 geboren, so wäre er sicherlich ein gutes Mitglied der, von ihm positiv besetzten, "Volksgemeinschaft" geworden. Bestrebungen so etwas wie Verantwortung für die Verbrechen und das Morden eben jener deutschen "Volksgemeinschaft" zu übernehmen, also für eine Dimension von Vernichtung, die ohnehin nie wieder 'gut' zu machen sind, gelten Weber anscheinend für verdächtig. Sie sind ihm, in Walserscher Manier, Ergebnis "mediengesteuerter Bewusstseinsveränderung" und "einer Fokussierung auf Auschwitz als Erinnerungsreligion", die es gilt "zugunsten einer Gesamtschau, gemessen an historischer Wahrheit zu überwinden." Nicht von ungefähr äußerte der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde zu Berlin, Albert Meyer, dazu in der Berliner Zeitung: "Das rechtsradikale Gedankengut des CDU-Politikers ist nicht mehr zu überbieten."

Bisher mag sich weder die Berliner CDU, noch deren Kreisverband von ihrem Bezirksbürgermeister trennen. Im Gegenteil. Man stärkte ihm den Rücken und sprach ihm "das uneingeschränkte Vertrauen" aus. Daran ändert auch nicht, dass sich Weber bis heute nicht gegen die Veröffentlichung seiner Rede auf der Internetpräsenz der geschichtsrevisionistischen Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft (SWG) verwahrt. Vielleicht nicht ohne Grund: Der Gründer der SWG, Hugo Wellems, war schließlich als Referent im NS-Propagandaministerium und übernahm als solcher sicherlich Verantwortung für das Überleben der "Volksgemeinschaft". Doch auch jüngere Kameraden aus dem Naziszene haben keinerlei Schwierigkeiten damit, Webers Rede zum Volkstrauertag zu veröffentlichen. So findet sie sich auf der Webseite des norddeutschen 'Störtebeker-Netzes'. Das Innenministerium von Mecklenburg-Vorpommern schreibt über die Inhalte dieser Seite aus dem Spektrum der nazistischen 'Freien Kameradschaften' in seinem 'Extremismusbericht' von 1999: "Antisemitische Ausfälle sind (...) an der Tagesordnung." Wahrscheinlich ist Axel Möller, der Betreiber von 'Störtebeker-Netz', dem CDU-Bürgermeister in der Tat unbekannt. Dennoch sollte es ihn kaum wundern, dass seine Rede im trauten Potpourri mit Artikeln steht, die Überschriften tragen wie "Russische Zivilcourage - Unterschriftensammlung für Verbot jüdischer Organisationen in Russland". Abgeordnete wie Weber fungieren eben bestens als Stichwortgeber für Neonazis.

Ob das Unwissen Webers auch für die Existenz und den Charakter der SWG gilt, ist mehr als zweifelhaft. Schließlich ist Weber zweifacher Träger der Bismarck-Erinnerungsmedaille in Silber und Gold. Diese Medaille wird durch den Bismarckbund verliehen, dessen Vorsitzender bis 1995 ebenfalls der SWG-Gründer Hugo Wellems war. Über diesen Bund schrieb der Journalist Andreas Speit bereits 1998: "Seit Jahren ist Fürst Ferdinand Schirmherr des Bismarckbundes, der 1981 von Rechtsextremisten, Revanchisten und Nationalkonservativen als "Vereinigung zur Wahrung deutschen Geschichtsbewußtseins" gegründet wurde (...).Bei der Gründung des "Bundes" 1981 wurde Robert Jahn in den Vorstand gewählt, der noch 1977 an einem Treffen der illegalen NSDAP in Detmold teilgenommen hatte. Mit im Bunde war ebenso der Rechtsanwalt Fritz von Randow, Gründungsmitglied der DVU und von 1978 bis 1989 Stellvertreter Gerhard Freys, sowie bis zu seinem Tod 1995 Ehrenvorsitzender. Als Ehrung für erbrachte Treue und Taten empfangen aus den Händen des Fürsten immer wieder namhafte Rechtspopulisten und Rechtsextreme die Bismarckmedaille."

Sicherlich bekannt sein könnte Bürgermeister Weber jedoch, dass die rechtsextreme Postille 'Junge Freiheit' seine Rede in ihrer Ausgabe vom 1. April in einer Beilage dokumentierte. Auch gegen eine solche Veröffentlichung protestierte Herbert Weber bisher nicht in der Öffentlichkeit.

Es ist zweifelhaft, ob Weber am kommenden Mittwoch, dem 20. April, wirklich als Bezirksbürgermeister abgewählt wird. Die Opposition aus SPD, Grünen und PDS ist mit ihren 27 Stimmen weit von der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit entfernt. Folglich müssten sich auch Abgeordnete der FDP und vor allem Einzelne aus der CDU-Fraktion dazu entschließen, den rechten Sumpf um ihre Parteimitglieder Weber und Hippe wenigstens ein Stück weit trockenzulegen. Nahegelegt sei jenen Abgeordneten ein Zitat Adornos, welches immer noch aktuell ist:

"Ich betrachte das Nachleben des Nationalsozialismus in der Demokratie als potentiell bedrohlicher denn das Nachleben faschistischer Tendenzen gegen die Demokratie. Unterwanderung bezeichnet ein Objektives; nur darum machen zwielichtige Figuren ihr come back in Machtpositionen, weil die Verhältnisse sie begünstigen."

[UNTERSCHRIFTENSAMMLUNG]

Ein Gespräch mit Isaak Behar:
"Ich wollte die Ehrenmedaille zurückgeben"
Jüdischer Gemeindeältester hofft auf Einsicht in Berliner Bezirksvertretung. Diskussion auf CDU-Veranstaltung gibt Hoffnung...

Rund um den 60. Jahrestag des 8.Mai 1945:
Was ist eigentlich los in Steglitz-Zehlendorf?
Begonnen hat alles, als die Berliner Bezirksverordneten-Versammlung (BVV) von Steglitz-Zehlendorf über eine Eingabe der PDS-Abgeordneten Wagner zu befinden hatte, die den 8. Mai im Jahre 2005 als einen "Tag der Befreiung" zu begehen beantragte...

hagalil.com 19-04-2005

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