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Ein Gespräch mit Isaak Behar:
"Ich wollte die Ehrenmedaille zurückgeben"

Jüdischer Gemeindeältester hofft auf Einsicht in Berliner Bezirksvertretung. Diskussion auf CDU-Veranstaltung gibt Hoffnung.

Interview: Mark Querfurth
Junge Welt, 16.03.2005

Isaak Behar (Jg. 1923) ist Gemeindeältester der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Seine Eltern und seine beiden Schwestern wurden am 14. Dezember 1942 vom Güterbahnhof Grunewald nach Riga deportiert und in den Wäldern von Bikernieki oder Rumbula ermordet. Er selbst entkam zweimal der Deportation.

F: Wie haben Sie den Beschluß der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Steglitz-Zehlendorf aufgenommen, in dem es heißt, daß der 8. Mai 1945 auch für "den Schrecken und das Leid der Bevölkerung" stehe, "den die Rote Armee von Ostpreußen bis nach Berlin zu verantworten hat"?

Ich bin seit zwei Jahrzehnten in der Gedenk- und Erinnerungsarbeit aktiv. Vom Bezirk Steglitz wurde ich hierfür mit einer Ehrenmedaille ausgezeichnet. Als ich von dem BVV-Beschluß erfuhr, wollte ich diese zurückgeben. Ich habe mich gefragt: "Wofür hast du die Medaille überhaupt bekommen, was hast du erreicht?" Im Laufe meines Lebens habe ich mir aber angewöhnt, solche Entscheidungen nicht aus dem Bauch heraus zu treffen, sondern noch mal ein oder zwei Tage darüber nachzudenken.

F: Aufgrund der öffentlichen Kritik am BVV-Beschluß sprach der Bezirksbürgermeister Herbert Weber (CDU) davon, die "Tugenddemokraten" griffen wieder zur "Faschismuskeule".

"Bomben-Holocaust", "Auschwitzkeule", "die Juden ein Tätervolk" – ich halte diese Termini für gefährlich. Damit werden antisemitische Einstellungen transportiert, gefördert und gesellschaftsfähig – insbesondere wenn solche Äußerungen von Politikern, Historikern oder Journalisten kommen.

F: Immer wieder wurde gefordert, daß man am 8. Mai auch um die "eigenen" Opfer trauern können soll.

Die Frage, ob man am 8. Mai trauern soll, halte ich für künstlich. Trauer ist immer individuell. Es ist niemandem genommen, um Angehörige zu trauern – zu den Todestagen oder am Volkstrauertag. Der 8. Mai ist kein Trauertag, er ist ein Gedenktag. Der Spagat zwischen Trauer und Gedenken ist fast nicht zu leisten. Wir sind aufgefordert, uns zu erinnern – und hin und wieder haben wir die Aufgabe, nicht nur uns zu erinnern, sondern auch andere. Es darf nicht vergessen werden, daß Deutschland einen Eroberungs- und Vernichtungskrieg geführt hat und daß Deutschland sich nicht aus eigener Kraft vom Nationalsozialismus befreit hat. Was wäre, wenn Deutschland den Krieg gewonnen hätte? Ich wage nicht, mir das vorzustellen. Wer den 8. Mai 1945 als Niederlage empfindet, beginnt schon mit der Geschichtsklitterung. Was sollte denn der 8. Mai anderes sein als ein Tag der Befreiung?

F: Sie haben in der vergangenen Woche im Rathaus Zehlendorf an einer Diskussion zum 8. Mai teilgenommen, zu der der CDU-Kreisverband Steglitz-Zehlendorf eingeladen hatte. Welchen Eindruck hatten Sie?

Ich fand die Diskussion sachlich. Sie hat gezeigt, daß der BVV-Beschluß nicht von der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger getragen wird. Beeindruckt war ich in der Diskussion von Cornelia Seibeld von der Jungen Union, sie sagte: "Wir sind zwar nicht schuldig, aber wir haben eine Verantwortung. Die nimmt man nicht wahr, wenn man den 8. Mai mit dem Gedenken an die eigenen Opfer vermischt."

F: Wie haben Sie den 8. Mai 1945 erlebt?

Ich kann nicht sagen, daß ich diesen Tag bewußt erlebt habe, das kam erst später. Ich war viel zu sehr mit meiner Freude beschäftigt, mich nicht mehr verstecken zu müssen. Ich habe zweieinhalb Jahre in Berlin im Untergrund gelebt, bei den alliierten Bombenangriffen durfte ich nicht in den Luftschutzkeller. Das wäre zu gefährlich gewesen. Ich hatte keine Angst vor den Bomben, die waren ja nicht antisemitisch. Ich wollte nicht ermordet werden. Am 8. Mai 1945 wurde ich befreit.
 
[UNTERSCHRIFTENSAMMLUNG]

Ein Gespräch mit Isaak Behar:
"Ich wollte die Ehrenmedaille zurückgeben"
Jüdischer Gemeindeältester hofft auf Einsicht in Berliner Bezirksvertretung. Diskussion auf CDU-Veranstaltung gibt Hoffnung...

Rund um den 60. Jahrestag des 8.Mai 1945:
Was ist eigentlich los in Steglitz-Zehlendorf?
Begonnen hat alles, als die Berliner Bezirksverordneten-Versammlung (BVV) von Steglitz-Zehlendorf über eine Eingabe der PDS-Abgeordneten Wagner zu befinden hatte, die den 8. Mai im Jahre 2005 als einen "Tag der Befreiung" zu begehen beantragte...

Zusatzmeldung April 2005
Isaak Behar, Gemeindeältester der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, hat die ihm 1993 verliehene Bürgermedaille zurückgegeben, weil er sich durch die Äußerungen des Bürgermeisters von Steglitz-Zehlendorf, Herbert Weber (CDU), zum 8. Mai 1945 und dem Umgang mit diesem Tag zutiefst verletzt fühlt.

hagalil.com 16-03-2005

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