Österreich wurde vor 60 Jahren durch die
Alliierten befreit und die Zweite Republik feiert mit Pomp und Pathos das
60. Jahr ihres Bestandes. Karl Pfeifer leistet seinen patriotischen Beitrag.
Von Karl Pfeifer
Noch vor fünf Jahren war Europa schockiert, weil Wolfgang Schüssel mit
der FPÖ eine Regierungskoalition bildete. Heute denkt keiner mehr daran,
dass damals Hunderttausende Österreicher gegen diese Regierung
demonstrierten. Verschiedene sozialdemokratische Politiker sehen in der FPÖ
bereits einen möglichen zukünftigen Koalitionspartner, und weil nicht sein
kann, was nicht sein darf, bestätigen sie dieser Partei pauschal nicht mehr
rechtsextremistisch, ja nicht mal mehr "rechtspopulistisch" zu sein. Die
einen machen aus Rechtsextremisten eine Folkloregruppe, andere wiederum
behaupten die FPÖ sei kurz vor der Spaltung zwischen den pragmatischen
Regierungspolitikern und den "ewig Gestrigen", die auch der jungen
Generation angehören können.
Die Oberösterreichischen Nachrichten (OÖN) führten am 3.1.2005 mit
Parteiobfrau Ursula Haubner ein Interview, in dem sie auch über ihre Meinung
zu dem gemeinhin dem Rechtsextremismus zugerechneten Wiener FPÖ-Obmann
Heinz-Christian Strache befragt wurde. Ihre Antwort ist eindeutig: "Ich sehe
den Unterschied nur in der Wortwahl. In der Sache, im Thema, im Ziel sind
wie einer Meinung."
Es genügt, einige Medien, die von höchsten Repräsentanten der FPÖ gelobt
werden, unter die Lupe zu nehmen, um rechtsextremistische und antisemitische
Texte zu finden. So zum Beispiel die Januar Ausgabe von "Der Eckart", Organ
der Österreichischen Landsmannschaft (ÖLM), die des Nazi-Kriegsverbrechers
Erich Priebke gedenkt, "den man aus Rachsucht und politischem Kalkül in
einer Gefängniszelle in Rom schmachten lässt". (Der Eckart 1/2005, S. 19,
siehe Abbildung).
Entgegen der Behauptung des Eckarts schmachtet Priebke jedoch nicht in
einer "Gefängniszelle", sondern verbüßt seine Strafe unter komfortablen
Bedingungen im Hausarrest. Dennoch hat sich in der an von "Rachsucht"
verfolgten Opfern so reichen internationalen Rechtsextremisten- und
Neonaziszene eine Bewegung zur Freilassung Priebkes etabliert. Zuletzt
wollte man am 6. März 2004 in Rom für den reuelosen SS-Schergen
demonstrieren. Die Kundgebung, bei der auch der damalige
Aula-"Schriftführer" Otto Scrinzi als Redner angekündigt war, wurde jedoch
von den römischen Behörden verboten.
Der 1913 geborene vormalige SS-Hauptsturmführer war 1936 Dolmetscher für
Italienisch der Politischen Polizei Berlin. 1941 wurde er an die Deutsche
Botschaft in Rom versetzt. Am 24.3.1944 beteiligte er sich am Massaker an
335 Geiseln in den Ardeatinischen Höhlen bei Rom. 1946 gelang ihm die Flucht
aus alliierter Haft nach Südtirol, wo er in Sterzing seinen Wohnsitz nahm.
Im November 1948 konnte er dank dem österreichischen Bischof Alois Hudal
(der in seiner im Grazer Stocker-Verlag erschienenen Biographie sich stolz
an seine Rolle als Fluchthelfer für NS-Kriegsverbrecher erinnerte) mit einem
Pass des Roten Kreuzes nach Argentinien gelangen. In San Carlos de
Baricholoche führte er einen Feinkostladen (deutsche Wurst) und fungierte
als Vorsitzender des deutsch-argentinischen Kulturvereins. Priebke bezog aus
Deutschland eine Kriegsrente. Priebke wurde 1994 in Argentinien aufgespürt,
nach Italien ausgeliefert und dort aufgrund seiner führenden Beteiligung an
dem Massaker am 7.3.1998 zu lebenslanger Haft verurteilt. Im Interview mit
der "Süddeutschen Zeitung" am 3.5.2000 meinte der ehemalige
SS-Oberscharführer: "Drahtzieher der Inszenierung, die heute gegen mich
stattfindet, sind die Wiesenthal-Zentren gewesen."
In der Ausgabe Juni 2002 der Zeitschrift Der Eckart (früher: Eckartbote),
dem Organ der rechtsextremen Österreichischen Landsmannschaft (ÖLM), wurde
ein nationalsozialistisches Verbrechen geleugnet: "Experten sind sich nun
sicher, dass es das 'Massaker von Marzabotto' (Italien) nicht gegeben habe"
(Der Eckart, Juni 2002, S. 5).
Zur Erinnerung: In Marzabotto und den umgebenden Dörfern wurde am 29.
September 1944 von Wehrmachts- und SS-Einheiten unter dem Kommando von
Walter Reder im Zuge der "Bandenbekämpfung" fast die gesamte
Zivilbevölkerung niedergemetzelt. Frauen, Kinder und Greise wurden etwa auf
den örtlichen Friedhof getrieben und dort erschossen oder mit Granaten
beworfen. Die ganze Aktion, bei welcher der Ort und die umliegenden Dörfer
dem Erdboden gleich gemacht wurden, forderte das Leben von insgesamt 1.830
Menschen. Ende Oktober 1951 hat ein italienisches Militärgericht die
unmittelbar Verantwortlichen für dieses Massaker verurteilt.
Da es sich bei im Eckart angeführten "Experten" wohl um amtsbekannte
Geschichtsfälscher und Rechtsextreme handelt, wird ihr Name auch tunlichst
verschwiegen. Das DÖW hatte bei der Staatsanwaltschaft Wien eine Anzeige
wegen des Verdachtes des Verstoßes gegen das NS-Verbotsgesetz eingebracht.
Solche Anzeigen werden in Österreich in der Regel nicht beachtet, wenn es
sich um Prominente handelt, die im Dunstkreis der Regierungspartei FPÖ
stehen. So geschah es auch in diesem Fall.
Politische Brisanz bekam dieser mutmaßliche Verstoß gegen das Verbot der
Leugnung nationalsozialistischer Verbrechen durch die Nähe der ÖLM zur FPÖ:
Mit Johann Herzog, Helmut Kowarik und Bärbel Schöfnagel gehören gleich drei
Wiener FPÖ-PolitikerInnen zu den führenden FunktionärInnen der ÖLM.
Wilhelm Stadtlinger beklagt im aktuellen "Der Eckart (1/ 2005, Seite 7)
"politische Prozesse gegen angebliche Rechtsextreme" in der Bundesrepublik
Deutschland. "In Österreich ist vieles eine Nummer kleiner, aber deswegen
nicht weniger widerlich." Der Autor ruft auch zum Kampf gegen die
Globalisierung und das Großkapital auf: "Mit der nahezu unbeschränkten
Weltherrschaft des Großkapitals geht der Sozialstaat seinem Ende entgegen,
der Widerstand dagegen wächst ebenso wie das Unbehagen über das neurotische
deutsche Selbstverständnis. Kein Wunder also, daß das System [hier wendet er
eine unter den Nazi gebräuchliche Formulierung für die Demokratie an K.P.]
blanke Nerven zeigt. Man sollte den Linken, die die Welt wirklich verbessern
wollen, anbieten, gemeinsam über Ursachen und Folgen der Globalisierung
nachzudenken."
Auf der gleichen Seite befindet sich unter dem Bild des Londoner
Hetzpredigers Omar Bakri auch eine mit VSB gezeichnete Meldung unter dem
Titel "Im Visier des Mossad". VSB hört das Gras in Großbritannien wachsen.
Omar Bakri und "dutzende weitere Islamisten" sind ins Visier einer
"Killertruppe" geraten. "Der israelische Auslandsgeheimdienst "Mossad" hat
nämlich den Schwerpunkt seiner Aktivitäten nach Großbritannien verlegt."
Laut VSB, werden die Mossad-Agenten, "als 'Katsas' bezeichnet...
Katsas-Agenten sind speziell ausgebildet, dass ihre Attentate und
Ermordungen immer wie 'zufällige' Unfälle aussehen.
Und was wäre eine solche Ente ohne die jüdische Weltverschwörung, die auch
schon anno nazimal immer wieder benützt wurde: "Das größte Plus sind die
"über eine Million Informanten, die über die ganze Welt in der jüdischen
Diaspora einen nicht versiegenden Strom von Informationen liefern."
Auf Seite 8 in einem "Denkanstoss" bekommen die Leser auch den Beweis,
dass der Eckart und andere Rechtsextremisten nichts gegen Linke haben, "die
die Welt wirklich verbessern wollen" und da macht es sich gut einen
jüdischen Linken zitieren zu können: "In den letzten Jahren ist die
Holocaust-Industrie geradezu zu einem erpresserischen Geschäft geworden."
Norman G. Finkelstein in "Die Holocaust-Industrie", Piper, 2000, (S. 93).
Hier haben wir es mit dem "sekundären Antisemitismus" zu tun, der den
Juden vorwirft, die mit dem Holocaust verbundene moralische Belastung
Deutschlands (und Österreichs) zu missbrauchen. Zum anderen wird auch der
Staat Israel pauschal diffamiert und das alte Stereotyp von der jüdischen
Weltverschwörung propagiert.
Die rechtsextreme Österreichische Landsmannschaft (ÖLM) feierte 2003 den
50-jährigen Bestand ihres Organs. Als prominenter Gratulant trat u. a. der
(damalige) Vizekanzler, Gesundheitsminister und FPÖ-Obmann Herbert Haupt an.
Er attestierte dem Eckart(boten) "ein erfolgreiches halbes Jahrhundert des
heimatverbundenen Journalismus" und nannte ihn "ein Fundament der
österreichischen Medienlandschaft, das verlässlich im Dienste des deutschen
Sprach-, Kunst- und Kulturerlebens steht". Abschließend übermittelte Haupt
"für das nächste halbe Jahrhundert" seine "allerbesten Wünsche".
(Eckart-Extrablatt, Mai 2003, S. II) Die Worte des damaligen Vizekanzlers
galten einer Zeitschrift, die noch im April 1989 des Geburtstages "des
Führers und Reichskanzlers Adolf Hitler" und im Juni 1992 des Todestages
"des Politikers Reinhard Heydrich" gedacht hat.
Auch wenn das Programm der FPÖ nicht als rechtsextremistisch qualifiziert
werden kann, bleibt die Tatsache bestehen, dass einige ihrer führenden
Vertreter aus dem Regierungsflügel keine Scheu zeigen, rechtsextreme Medien
wie z.B. den "Eckart" in höchsten Tönen zu loben.
Zum
Feier- und Bedenkjahr 2005:
Patriotische Einleitung
2005 wird
die Republik Österreich 60 Jahre Zweite Republik und 50 Jahre
Staatsvertrag feiern. Bei dieser Gelegenheit werden wir jede Menge von
Heuchelreden und Bekenntnisse zur Demokratie hören...