Wahlkampf in Frankreich:
Le Pen(s) im Anmarsch auf die französischen
Regionalparlamente?Von Bernhard Schmid,
Paris
Einmal mehr hat Jean-Marie Le Pen jüngst bewiesen, dass
ihm kein Verbündeter zu schmuddelig ist, sofern es sich nur um
Blut-und-Boden-Nationalisten, Rassisten oder Antisemiten handelt. Dieses Mal
unterstrich er es durch einen gemeinsamen Auftritt mit David Irving, dem
wegen Auschwitzleugnung einschlägig bekannten britischen Historiker.
Diesen darf man, laut einem Urteil der britischen Justiz
aus dem Jahr 2000, als "aktiven Negationisten (= Leugner der historischen
Realität der Shoah)", "Antisemiten" und "Rassisten" bezeichnen. Am 23.
Oktober dieses Jahres präsentierten Le Pen und David Irving sich gemeinsam
einem ungarischen Publikum auf dem Heldenplatz in Budapest.
Auch der Ort ihres Auftretens kann nicht als harmlos
gelten. Denn Veranstalter der Kundgebung, die des ungarischen Aufstands
gegen die sowjetische Vorherrschaft vom Oktober 1956 gedenken sollte, war
die ungarische "Partei der Wahrheit und des Lebens" MIEP. Auch diese
(derzeit nicht mehr im ungarischen Parlament vertretene, da bei den Wahlen
im April 2002 knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheiterte) politische
Formation, die seit Anfang der Neunziger Jahre durch den berüchtigten
Schriftsteller Istvan Csurka geleitet wird, hat u.a. durch ihren brachialen
Antisemitismus von sich reden gemacht. Jean-Marie Le Pen war bereits im
Oktober 1996 in Budapest bei der MIEP aufgetreten, damals zu einer
Großkundgebung aus Anlass des 40. Jahrestags der Niederschlagung des
Ungarn-Aufstands.
Dieses Mal fiel die Kundgebung nicht ganz so mächtig aus.
Der französische Front National (dessen Angaben oft großspurig ausfallen)
bezifferte die Teilnehmerzahl mit 70.000 (gegenüber 100.000 vor nunmehr
sieben Jahren). Ein Korrespondentenbericht für "Le Monde" sprach dagegen nur
von "ein paar tausend Teilnehmern".
In seiner Kundgebungsrede spielte David Irving ziemlich
direkt auf angebliche jüdische Interessen an, die denjenigen der
europäischen Nationen entgegen stünden oder sie gar bevormundeten. So führte
er wörtlich aus, die französische und britische Regierung hätten im Herbst
1956 "Verrat" an der antisowjetischen Erhebung in Ungarn begangen (die
westlichen Mächte mischten sich damals nicht offensiv ein, da sie ansonsten
den Ausbruch eines Dritten Weltkriegs befürchteten), "während sie
gleichzeitig die Interessen Israels in der Suezkanal-Affäre verteidigten".
Die antisemitisch aufgeladene Interpretation entsteht durch die Art der
Gegenüberstellung (Nichteingreifen hier, militärisches Eingreifen dort) und
des Herausstreichens der vermeintlich damit verbundenen Interessen.
Tatsächlich verfolgten Frankreich und Großbritannien, die im Oktober 1956 in
Ägypten militärisch intervenierten - und in der Folge im UN-Sicherheitsrat
durch die beiden Vetomächte USA und UdSSR zusammen ausgebremst wurden -
selbstverständlich eigene Interessen. Frankreich etwa ging es um die
Verteidigung seiner kolonialen Präsenz in Algerien, wo im November 1954 der
Aufstand begonnen hatte, den Paris auf das "subversive" Wirken des
nasseristischen Ägypten zurückführte. London agierte aufgrund der
Nationalisierung des Suezkanals durch Präsident Nasser, wodurch britische
Kolonialinteressen im Mittleren Osten sowie britische Besitztitel in der
Kanalgesellschaft beeinträchtigt wurden. Dass Israel aus eigenen Interessen
heraus die damalige französisch-britische Aktion unterstützte (um ein
Zentrum des erwachenden arabischen Nationalismus zu schwächen), ändert daran
wenig: Die französischen und britischen Militärs handelten keineswegs unter
dem Einfluss israelischer und / oder "jüdischer" Interessen.
Jean-Marie Le Pen wiederum verlieh bei der Kundgebung
seiner Hoffnung Ausdruck, dass künftig (nach der EU-Osterweiterung) Parteien
wie die ungarische MIEP auch im Europaparlament vertreten seien. Der Front
National werde mit diesen künftigen Abgeordneten "im Rahmen der Fraktion der
Europäischen Rechten zusammen arbeiten, an der Restauration der Souveränität
der europäischen Nationen".
"Zu Hause", in Frankreich, ist die Partei Jean-Marie Le
Pens zugleich seit einiger Zeit um ein sehr viel "gemäßigteres" Auftreten
bemüht. Vor allem in der aktuell anlaufenden Kampagne zu den nächsten
Regionalparlamentswahlen, die frankreichweit am 21. und 28. März 2004
stattfinden, zeigt man sich bestrebt, ein "sachliches" Image an den Tag zu
legen. So besucht Jean-Marie Le Pen, der sich in Südostfrankreich um das Amt
das Regionalpräsidenten bewirbt, seit Wochen Müllverbrennungsanlagen,
Agrarbetriebe, Kleinunternehmer und von den häufigen Waldbränden in der
Region gestresste Feuerwehrleute. Dabei versucht er sich in einem mitunter
sachlich wirkenden Diskurs über Feuervermeidung, die Besiedlung des
Hinterlands der Mittelmeerküste und Umwelt schonende Techniken bei der
Müllverbrennung. Das alles kann nicht darüber hinweg täuschen, dass er der
Kandidat einer autoritären und aus faschistischer Tradition kommenden Partei
ist.
Der Wahlkampf hat begonnen
"Popeye" ist genervt. Den Spitznamen des Spinatmatrosen
trägt seit vielen Jahren der "alte Haudegen" Roger Holeindre, Veteran der
französischen Kolonialkriege, der beim Front National (FN) den parteinahen
Militaristenverband CNC betreut. Heute regt der alte Herr sich auf. Denn die
Spitzenvertreter des FN aus dem Raum Paris sind auf einem Ausflugsboot
versammelt, das auf der Seine herumschippert, um den Wahlkampf für die
Regionalparlamentswahlen im kommenden März zu eröffnen. Wir schreiben
Freitag, den 3. Oktober. Die Presse ist auch dabei.
Grund der Empörung: Die rechtsextremen Politiker wollten
sich gern zum Abschluss mit dem Eiffelturm fotografieren lassen. Den aber
verdeckt unpassenderweise eine Brücke, der Pont d'Iéna. "Natürlich! Delanoë
hat uns diese Scheißbrücke hingepflanzt!" Doch der sozialdemokratische
Bürgermeister der Hauptstadt kann dieses Mal gar nichts für die Ungemach.
Der Schuldige sitzt woanders, oder eher, er liegt unter dem Invalidendom:
Napoleon hatte die "Jeaner Brücke" an die Stelle bauen, und nach dem Ort
einer seiner Schlachten benennen lassen. Bravo, Herr Nationalist: Man kennt
eben "seine" Geschichte.
Jean-Marie Le Pen in Südostfrankreich
Das Bootfahren scheint in jüngster Zeit zum festen
Bestandteil des Rituals rechtsextremer Wahlkämpfe zu werden. Begonnen hatte
damit der Parteigründer und unbestrittene chef, Jean-Marie Le Pen. Am 18.
September 03 ließ er in Nizza, bei strahlendem Sonnenschein, die Yacht
"Star-Côte d'Azur" auslaufen und eine dreistündige Tour durch die Bucht
unternehmen, um seine Kandidatur für die Präsidentschaft der Region
Provence-Alpes-Côte d'Azur (PACA) zu eröffnen. Mit an Bord: Zwei seiner drei
Töchter die dritte, Marie-Caroline, ist verstoßen, da mit einem ehemaligen
Führungsmitglied der Abspaltung unter Bruno Mégret verheiratet -, die
Regionalparlamentarier des FN in Südostfrankreich, die örtlichen Parteikader
aus Nizza. Und einige Journalisten. Denen vertraute er auch halb spaßend
und halb ernst - an, warum er seinen Wahlkampf auf diese Weise zu Wasser
eröffne: "So kann die Presse nicht gehen, bevor es zu Ende ist, selbst wenn
Sie nicht interessiert, was ich sage."
Tatsächlich scheint es sich vor allem um ein Mittel
verstärkter Personalisierung des Wahlkampfs, um einen vor allem auf Le Pen
(Vater) zugeschnittenen Politikstil zu handeln. Auch Marine Le Pen tat es
ihm nach. Im Übrigen auch sein ehrgeiziger Schwiegersohn Samuel Maréchal,
der mit der mittleren Tochter (Yann) verheiratet ist. Er tauchte kürzlich
aus jahrelanger politischer Versenkung wieder auf und kandidiert jetzt für
die Regionalpräsidentschaft in der Region der unteren Loire (Pays de la
Loire) um Nantes. Auch er eröffnete seinen Wahlkampf Ende September durch
eine Schiffstour auf der Loire.
Jean-Marie Le Pen sieht sich bereits auf dem
Siegertreppchen, was das Ringen um die Regionalpräsidentschaft von PACA
betrifft. Der Präsidentenstuhl steht in Marseille, aber da der
Spitzenkandidat sich seinen Wahlkreis aussuchen kann, hat der FN-Vorsitzende
sich für das Département von Nizza (Alpes-Maritimes, also den
Meeralpenbezirk) entschieden, wo der rechtsextreme Stimmenanteil schon immer
hoch war, unter anderem wegen des Gewichts der früheren französischen
Militärs und Siedler in Algerien. Als "politische Großwildjagd" hat Le Pen
seine Kandidatur bereits am 6. September angekündigt, im Hinblick auf den
derzeitigen sozialistischen Regionalpräsidenten Michel Vauzelle und den
konservativen Spitzenkandidaten Renaud Muselier, der derzeit in Paris
Staatssekretär (für auswärtige Angelegenheiten) in der Regierung Raffarin
ist.
Viele Medien berichteten Mitte September auch über den
Wahlkampf Le Pens, als habe er tatsächlich ernsthafte Aussichten, die Region
PACA zu regieren. Die Tageszeitung "20 minutes" etwa (eines dieser
kostenlosen Blätter, das morgens etwa kostenlos an den Metro-Eingängen
verteilt wird) machte am 19. September mit dem Titel auf: "Der Chef des
Front National hat ernsthafte Chancen, an die Spitze der Region (PACA) zu
rücken".
Welche politischen Kräfteverhältnisse trifft Le Pen in
PACA an?
Tatsächlich hat Le Pen bei der französischen
Präsidentschaftswahlen vom April 2002 in PACA unter allen Kandidaten an der
Spitze gelegen, mit 23,4 Prozent der Stimmen. Im zweiten Wahlgang hatte er
nochmals zugelegt und rund 27 Prozent erhalten.
Allerdings war die Landschaft bei der Präsidentschaftswahl
von einer starken Aufsplitterung geprägt, da die denkbare Höchstzahl an
politischen Kräften mit eigenen KandidatInnen vertreten war. So gab es drei
Kandidaten auf der radikalen Linken, fünf Kandidaten aus dem damaligen
Regierungslager (Mitte-Links, von der KP über die Sozialdemokratie bis zu
den Linksnationalisten), fünf aus dem Bürgerblock und zwei aus der extremen
Rechten sowie einen Kandidaten der Jäger-Liste. Eine so starke Auffächerung
des politischen Spektrums dürfte es am 21. März 2004 vermutlich nicht geben,
womit die Chancen des FN geringer werden, auf den ersten Platz zu kommen.
Andererseits wird auch die Aufsplitterung der Stimmenanteile auf der
extremen Rechten selbst geringer ausfallen, da dem Faktor "Bruno Mégret"
jetzt noch geringere Bedeutung zukommt als vor anderthalb Jahren. Zwar hat
Mégret bereits angekündigt, gerade auch in PACA Kandidaten aufstellen zu
wollen. Doch nach den Mini-Ergebnissen für Mégret selbst als
Präsidentschaftskandidat und für seine Partei (bei den späteren
Parlamentswahlen) sowie nach dem Verlust des Rathauses von Vitrolles im
Herbst 2002 dürfte er Le Pen kaum noch im Weg stehen können.
Aber die wirklichen Siegesaussichten des FN müssen dennoch
gedämpft werden. Nach einer Umfrage des Institus CSA hätten Mitte August
dieses Jahres, im ersten Wahlgang, 20 Prozent der Wähler in PACA für Le Pen
gestimmt (bei den letzten Regionalwahlen, im März 1998, waren es 26,5
Prozent). Die Linkskoalition aus Sozialisten, KP und Grünen hinter Michel
Vauzelle würde demnach 33 Prozent und die bürgerlichen Parteien 37 Prozent
erhalten.
Und im Fall einer Stichwahl zwischen diesen drei Blöcken
würden demnach der FN 21 Prozent, die bürgerliche Rechte 39 Prozent und die
Linkskoalition 40 Prozent erhalten. (Zitiert nach "20 minutes" vom 19.
September 03.) Allerdings sind auch diese Zahlen mit Vorsicht zu genießen.
Erstens ist dabei noch nicht berücksichtigt, dass der FN in Umfragen oftmals
unterbewertet ist, da es so etwas wie einen "Schameffekt" bei manchen seiner
Wähler gibt, sich öffentlich zu bekennen (der freilich in Südostfrankreich
schwächer ausfallen dürfte als anderswo). Und zweitens hatte Mitte August
der FN noch gar nicht mit seinem Wahlkampf begonnen - den ersten Auftritt in
PACA hatte Le Pen bei einem lokalen FN-Fest (Fête tricolore) in der
Crau-Steppe bei Marseille am 6. September, an dem zwischen 1.000 und 2.000
Besucher teilnahmen.
Und auf der landesweiten politischen Bühne war Le Pen seit
einem guten halben Jahr völlig abwesend gewesen. Während der sozialen
Konflikte im Frühjahr 2003, u.a. den Streiks gegen die Renten"reform", hatte
Le Pen sich in der Öffentlichkeit eher bedeckt gehalten. Seine Positionen
konnte kennen, wer sie wissen wollte - er unterstützte die sozial
regressiven Optionen der Regierung und überholte sie sogar noch "rechts"
(hier: im wirtschaftsliberalen Sinne). Da dies aber gerade in der, im
Durchschnitt eher sozial schlecht gestellten, FN-Wählerschaft nicht nur
Freude hervor gerufen hätte, hielt Le Pen sich mit lauten Tönen in der
Öffentlichkeit eher zurück. Seit Mitte September aber ist die "Maschine Le
Pen" wieder am Warmlaufen, und die Spalten der Zeitungen sind erneut voll
von Nachrichten über die Le Pens (Vater, Tochter und Clan).
Le Pen (Papa) bleibt verquast
Anlässlich seines ersten Auftritts am 6. September in
PACA, in Saint-Martin-de-Crau, machte Le Pen deutlich, wie stark er
mittlerweile auf teilweise irrationale Erwartungen baut, die in der
Tradition der rechten bzw. populistischen Idee vom "homme providentiel"
(Mann der Vorsehung) stehen, welcher in der entscheidenen Stunde vom
Schicksal auserkoren werde, die Nation zu retten. Im August hatte es rund
15.000 Hitzetote in Frankreichs Krankenhäusern und Altenheimen gegeben ein
Zeichen für die Funktionsstörungen des öffentlichen Gesundheitssytems, die
u.a. daraus resultieren, dass es durch die Sparpolitik ausgetrocknet wurde.
Dass Le Pen diesen Skandal auszuschlachten versucht (und dabei von
"Kriminellen" und Verantwortungslosen in der Regierung spricht), erscheint
normal.
Aber seltsam mutet an, was er vor der Presse ferner zum
Besten gab: "Ich glaube fest, dass die Tatsache, dass Präsident Chirac sich
Mitte August lange nicht zu dem Geschehen äußerte, verrät, dass er dazu
mehrere Tage lang geistig oder körperlich nicht in der Lage war. Dass es
einige Tage ein Vakuum an der Spitze gegegen hat." Und was, wenn Chirac, der
zu jener Zeit im kühlen Kanada weilte, schlicht seine Ruhe haben wollte und
die Verantwortung auf seine Minister abwälzte? Tatsächlich deutet dieses
Motiv, das Le Pen nicht zum ersten Mal verwendete seit Mitte der Neunziger
Jahre deutete er öfters an, er rechne mit einer Überraschung,
"möglicherweise vorgezogenen Wahlen", einer Amtsunfähigkeit des Präsidenten
zeigt, wie sehr er mittlerweile auf solche Prophezeiungen baut.
Ansonsten hat Jean-Marie Le Pen betont, er habe "bereits
damit begonnen, das Verwaltungspersonal zu rekrutieren, um die Region PACA
zu regieren". Zugleich betonte er anlässlich seiner Schiffstour vom 18.
September, ein Regionalpräsident habe "wenig Macht", da er von
Gesetzestexten und Budgetmitteln abhänge (was natürlich zutrifft). Damit
wollte Le Pen wohl noch nicht seine politischen Ambitionen
herunterschrauben, sondern vermutlich vor allem vorab klarstellen, dass er
PACA im Fall eines Erfolgs vor allem als Sprungbrett hin zur Macht in Paris
betrachte. Bezüglich der zum Grundpfeiler des FN-Programms erhobenen
'"préférence nationale" (systematischen Bevorzugung der Staatsbürger, z.B.
bei Sozialleistungen), die derzeitigen Gesetzes- und Verfassungsbestimmungen
wegen ihres diskriminatorischen Gehalts widerspricht, erklärte er, er "werde
das Gesetz respektieren". Dennoch halte er an ihrer Notwendigkeit fest ("Wir
sind bereits zu viele im Boot").
Als Ziele seines Wirkens in PACA malte Le Pen aus, es gehe
um "das Überleben Frankreichs gegenüber den Kriminellen und den Islamisten,
damit die Franzosen endlich wieder Herr im eigenen Hause werden". Er
kündigte an, künftig auch gegenüber bisherigen politischen Gegnern nicht
nachtragend zu sein, falls sie in der Region loyal mit ihm zusammenarbeiten
würden. Ferner solle die FN-Liste zum Regionalparlament angeblich für
Kandidaturen außen stehender, unabhängiger Persönlichkeiten geöffnet werden.
Bekannt wurde bisher nur ein einziger Name, jener der Ex-Schauspielerin und
heutigen fanatischen Tierschützerin Brigitte Bardot - deren Sympathien für
Le Pen seit Jahren keinerlei Geheimnis mehr darstellen. Diese aber hat in
einem Antwortschreiben an Le Pen höflich, aber bestimmt abgelehnt. Nicht
tragisch, meinte Le Pen, man werde nunmehr einfach ihren Gatten bitten. Der
aber, Bernard d' Ormal (mit dem "die Bardot" seit 1992 verheiratet ist) hat
ohnehin seit langen Jahren eine Mitgliedskarte beim FN. Dass er wirklich
kandidiert, konnte bisher nicht bestätigt werden; Le Pen gab sogar
öffentlich an, der Bardot-Gatte sei bisher nicht auf das Angebot eingegangen
("Le Monde" vom 23.09.03), vielleicht aus Altersgründen oder mit Rücksicht
auf die Tierschutz-Stiftung seiner Frau.
Es kam auch bereits zu Gegendemonstrationen und Protesten
gegen Auftritte von Jean-Marie Le Pen in der Region PACA. So am 8. Oktober
in Gap im Hochalpen-Département, wo 300 Leute sich versammelten; dabei
flogen auch Steine und Tomaten in Richtung des Hotels, in dem Le Pen sich
aufhielt, und nach Polizeiangaben ging eine Fensterscheibe kaputt. Auch in
Avignon fand am 9. Oktober eine Demonstration statt, die vor allem von
Studierenden besucht war.
Marine Le Pen im Großraum Paris
In der Region Ile-de-France (dem Großraum Paris) wiederum
tritt Marine Le Pen als Spitzenkandidatin an, die jüngste Tochter des
alternden Chefs, die mittlerweile recht offen zur politischen Nachfolgerin
aufgebaut wird. Damit wurde ihr die zweite, medienträchtige Kandidatur
gesichert.
Zugleich arbeitet Marine Le Pen weiter an ihrer medialen
Statur, als "Modernisierin" des FN, wie auch an ihren internationalen
Kontakten. Sie weilt derzeit, vom 20. bis 27. Oktober 2003, in den USA - und
zwar auf Einladung einer Frauenvereinigung der Republikanischen Partei der
USA (siehe Kurzmeldung in "Le Monde" vom 15.10.03). Kontakte des FN bei den
US-Republikanern, jedenfalls auf ihrem Rechtsaußenflügel, sind nicht völlig
neu. So hatte Le Pen um die Mitte der 80er Jahre Kontakte zum berüchtigten
US-Senator Jessy Helms, der ihn auch 1987 an einer Konvention der
US-Republikaner teilnehmen ließ, wo Le Pen sich beim Händedruck mit deren
damaligem Herold Ronald Reagan ablichten ließ. Später freilich, in den
Neunzigern, hatte der FN eher auf ressentimenthafte antiamerikanische
Effekte gesetzt und ward in den USA, in Großbritannien und Israel nicht mehr
gern gesehen. Es wird sich zeigen müssen, ob bei Bushs US-Republikanern da
etwas am Aufbrechen ist. - Am Samstag, 4. Oktober hatte Marine Le Pen noch,
in einem Hotel in Trouville-sur-Mer in der Normandie, eine diskrete
Unterredung mit Parlamentariern des belgischen rechtsextremen Vlams Blok
gehabt. ("L'Humanité" vom 7. Oktober zufolge).
Anders als in PACA, hat der Front National in der
Ile-de-France zu seinem Wahlziel erklärt, den zweiten Platz zu belegen. Zu
ihrem Bedauern wird Marine Le Pen in der Ile-de-France vor dem 21. März 2004
nicht mit dem konservativen Innenminister Nicolas Sarkozy, dem derzeit
ehrgeizigsten und profiliertesten Vertreter der Rechtsregierung,
konfrontiert werden. Die Präsidentenpartei UMP hatte Sarkozy zwar die
Kandidatur im Großraum Paris angetragen, aber der hatte nach einigem
Überlegen dankend abgelehnt da er sich zu Höherem berufen sieht und
bereits von einer Präsidentschaftskandidatur 2007 oder dem Sessel des
Premierministers träumt.
Damit entgeht Marine Le Pen auch die Chance, dem Hardliner
in Sachen "Innere Sicherheit" - dessen Appell in der eigenen Wählerschaft
des FN nicht ungehört verhallt - in direkter Auseinandersetzung entgegen zu
treten, um sich an seiner Demontage zu versuchen. Stattdessen wird als
konservativer Spitzenkandidat in der Ile-de-France der derzeitige
Regierungssprecher Jean-François Copé antreten, der dem Wahlkampf wesentlich
weniger Medienaufmerksam sichern wird als der "Star" Sarkozy.
Das derzeitige Verhalten von Spitzenkandidat Copé, der
nunmehr bei der UMP-Fraktion im Regionalparlament Ile-de-France seit kurzem
den Ton angibt, deutet darauf hin, dass die Konservativen sich von rechts
her (d.h. vom FN her) unter starkem Druck fühlen. So hat die UMP ihre
Haltung im Regionalparlament des Großraums Paris radikalisiert. Sie lehnte
nunmehr jüngst Projekte ab, welche sie bereits zugesagt hatte und die mit
der derzeitigen, vom Sozialisten Jean-Paul Huchon geführten
Regionalregierung oder dem Pariser Rathaus vereinbart waren.
So stimmte die konservativen UMP auch zusammen mit den
beiden rechtsextremen Abgeordnetengruppen FN und MNR gegen eine Subvention
in Höhe von 300.000 Euro an das Europäische Sozialforum (ESF), das vom 12.
bis 15. November in Paris sowie drei Vorstädten stattfinden wird. Seit der
Abstimmung am 2. Oktober ist jetzt beim ESF drastisches Sparen angesagt, da
die Subvention - neben jener der Stadt Paris sowie der Zentralregierung
unter Jean-Pierre Rafarin - bereits durch die rechte Zentralregierung im
Namen ihrer Parteifreunde versprochen und daher eingeplant worden war. Zwar
hatte die UMP-Fraktion am 2. Oktober nicht den Entschließungsantrag des
MNR-Abgeordneten Jean-Yves Le Gallou unterstützt, der eine Verdammung des
ESF als eines Unternehmens "der anarcho-trotzkistischen Subversion"
forderte. Doch bei der direkt darauf folgenden Abstimmung über die schon
zugesagte Regionalsubvention stimmte die UMP dann, überraschend, zusammen
mit der extremen Rechten. (Bürgerliche Rechte und Neofaschisten zusammen
haben im Prinzip die Mehrheit im Regionalparlament inne, doch ist eine
gemeinsame Regierungsbildung derzeit politisch undenkbar. Daher spricht die
konservative Rechte sich normalerweise mit der sozialistischen
Minderheitsregierung ab, die im Frühjahr 1998 gebildet hatte - nachdem ein
Minderheitsflügel der Konservativen unter Didier Julia doch noch den Pakt
mit dem FN geprobt hatte.)
Aus Anlass des Votums vom 2. Oktober wurden auch einige
eher beunruhigende Angaben bekannt. Demnach hatte die
christdemokratisch-liberale UDF in der Vorwoche eine "vertrauliche"
Befragung im Großraum Paris in Auftrag gegeben. Dabei sollen sich besonders
hohe Ergebnisse für den FN in der "Grande banlieue", d.h. in den in
mittlerer und größerer Entfernung (ab 12 bis 15 Kilometern) von Paris
gelegenen Trabanten- und Vorstädten abgezeichnet haben. Demnach sollen die
Meinungsforscher für das Département Seine-et-Marne, das 15 bis 20 Kilometer
östlich von Paris beginnt und eine teils industrielle und teils ländliche
Struktur aufweist, über 30 Prozent Wahlabsichten für den Front National
festgestellt haben. (Siehe "Libération" vom 3. Oktober) Der Bezirk
Seine-et-Marne aber ist das Hausdépartement von Jean-François Copé, der hier
früher Bürgermeister von Meaux war, einer der größeren Städte im Bezirk.
Dies hat Copé allem Anschein nach besonders beeindruckt.
Programmatisch hat Marine Le Pen betont, es gehe ihr
darum, "das Gewicht der illegalen, aber auch der legalen Einwanderung, das
jeden Tag größer wird und unsere Ökonomie mehr erstickt" zu verringern. Das
umstrittene und im Prinzip verfassungswidrige Prinzip der "préférence
nationale" taucht jedoch nicht direkt und explizit auf - Anzeichen der
"Modernisierung"? Der FN will in der Ile-de-France ferner private
Sicherheitsgesellschaften in Schulen, wo mitunter Gewaltprobleme herrschen,
zu Wachdiensten einsetzen. Er will die katholischen Privatschulen
begünstigen, aber auch die Autofahrer gegenüber den öffentlichen
Transportmitteln (was als "Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen
Automobil und öffentlichem Transport" bezeichnet wird, eine reichlich
absurde Darstellung der derzeitigen Verteilung zwischen beiden
Beförderungsarten).
Auch in der Ile-de-France ist an eine Öffnung der Listen
für so genannte unabhängige Persönlichkeiten gedacht. Bisher fand sich aber
nur eine: Jean-Richard Sulzer, ultra-wirtschaftsliberaler Ökonomieprofessor
an der Universität Paris-Dauphine (Paris-9). Dieser hatte zwar bis vor
kurzer Zeit eine Mitgliedskarte der konservativen Einheitspartei UMP, doch
seine Nähe zum FN ist nun wirklich keine Überraschung. Sulzer hatte etwa
seit Jahren regelmäßig der rechtsextremen Wochenzeitung "Minute", die als
Bindeglied zwischen einem Teil der Konservativen und dem FN-nahen Spektrum
gilt, Interviews und Texte zur Verfügung gestellt.
Der Front National setzt wieder auf die
sozialdemagogische Karte
Allem Anschein nach plant der Front National, dessen
Führungsgremien die Wahlkampfstrategie definitiv am 7. Dezember dieses
Jahres beschließen bzw. absegnen werden, seinen Wahlkampf stark auf soziale
Fragen auszurichten, um dem "Sarkozy-Effekt" gegenzusteuern. Einem Bericht
der Pariser Abendzeitung "Le Monde" vom 4. Oktober zufolge soll der Diskurs
vor allem beim derzeitigen Generalbeauftragten (délégué général) des FN
formuliert werden, Carl Lang, der als Spitzenkandidat in der Region Nord /
Pas-de-Calais antritt. Gerade in Pas-de-Calais, als altem Kohle- und
Stahlrevier und industrieller Krisenregion, hatte der FN bereits in den
frühen Neunziger Jahren den Einbruch in eine desorientierte frühere
Linkswählerschaft versucht. Zwischenzeitlich, vor allem nach der
Parteispaltung 1998/99, war die soziale Thematik seitens des FN weitgehend
unbesetzt geblieben. Nun soll es laut Carl Lang darum gehen, wieder offensiv
"das Unglück der französischen Arbeiter mit der Geißel der ungezügelten
Einwanderung" in Verbindung zu bringen.
In den Mittelpunkt soll dabei der Begriff der "sozialen
Unsicherheit" gestellt werden. Damit beweist die rechtsextreme Partei einmal
mehr ihre Geschicklichkeit im Entwenden von Begriffen aus anderem
Zusammenhang, die in den FN-Diskurs eingebaut und deren Sinngehalt dabei
völlig umgedreht wird. Zu Anfang des Jahres 2002, im Vorfeld der
Präsidentschaftswahl, hatten die großen Parteien (allen voran Amtsinhaber
Jacques Chirac) einen Wahlkampf geführt, der weitgehend im Zeichen der
"Inneren Sicherheit". Kritiker monierten das Schüren diffuser Ängste, um
einen Ruf nach dem starken Staat und nach Repression zu entfachen. Ein Teil
der Linken und der sozialen Bewegungen antwortete darauf, indem man betonte,
man solle doch vielmehr von der "sozialen Unsicherheit" reden, die nicht mit
verstärkten polizeilichen Mitteln zu bekämpfen sei.
Der Front National dreht jetzt die Stoßrichtung einfach um
- und zeigt sich bemüht darum, den Begriff in einen Diskus einzubauen, der
das genaue Gegenteil beabsichtigt, nämlich das Schüren sehr diffuser Ängste,
in denen sich diverse Bedrohungsgefühle miteinander vermengen sollen: Sehr
real begründete soziale Ängste, eine diffuse Wahrnehmung der
"Globalisierung" als bedrohliche Kulisse (aus der sich die sozialen Probleme
angeblich ableiten lassen), "Überflutungs"- und Invasionsfantasien im
Hinblick auf die Einwanderung, die natürlich weiterhin ebenfalls als Ursache
für die soziale Regression dargestellt wird. Der bisherige Diskurs soll
dadurch nicht ersetzt und ausgetauscht werden (wie die linken und
antifaschistischen Kritiker des "Sicherheits"-Programms dies
beabsichtigten), sondern lediglich eine Ergänzung erfahren, die ihn umso
umfassender erscheinen lässt. Das Ganze passt nämlich scheinbar logisch
zusammen, indem man durch die Benennung als "soziale Unsicherheit" dieselbe
lediglich als einen Aspekt eines umfassenden, globalen Phänomens namens
"Unsicherheit" erscheinen lässt. Ein Bedrohungsszenario, das sich angeblich
aus der Öffnung der nationalen Grenzen ableiten lässt, das aus dem Bild der
Entfesselung einer nicht völlig grundlos als zerstörerisch ausgemalten (doch
nicht materialistisch analysierten und daher unverstandenen, teilweise
fantastische Züge annehmenden) "Globalisierung" heraus erklärbar werden
soll. Altbekannte und neue Verschwörungstheorien schwingen dabei ebenso mit
wie rassistische Abgrenzungssuche.
Auch bürgerliche Politiker erkennen diesen Wandel in der
Wahrnehmung in einem Teil des Publikums an, so ein (nicht namentlich
genanntes) Führungsmitglied der konservativen Regierungspartei UMP gegenüber
"Libération" (13. Oktober): "Wir sind von einem Gefühl der physischen
Unsicherheit zu einem noch mächtigeren Gefühl übergegangen, jenem der
wirtschaftlichen und sozialen Unsicherheit. Und demgegenüber sind wir völlig
machtlos." Vor allem - so wäre der Beobachter versucht hinzuzufügen - wenn
man durch das Handel der eigenen Regierung täglich daran arbeitet, die
reale, materielle Unsicherheit auf sozialem Gebiet noch zu verstärken.
Ob der Front National wirklich damit sein bisheriges
Publikum ausdehnen wird können, ist unterdessen fraglich. Denn seine
Wählerschaft achtet nicht wirklich auf das geschriebene (Wahl)-Programm,
sondern ist vor allem durch dasjenige Bild vom Front National angezogen, das
sie selbst sich ausmalt. Und das ist tatsächlich vor allem das ungeschminkte
Bild einer Anti-Immigranten-Partei. Alles andere ist in den Augen nur
schmückendes Beiwerk - manche der Wähler würden es vermutlich ungeschminkter
ausdrücken als die Parteikader, jedenfalls in der Öffentlichkeit. Das gilt
jedenfalls für den "harten Kern" dieser Wählerschaft, um den herum sich in
konzentrischen Kreisen ein Publikum schart, das auf diffuse Weise "Proteste"
auszudrücken sucht, indem es diejenige Stimme abgibt, die vermeintlich den
größten Aufschrei in den Medien und bei der politischen Klasse hervorruft.
(Und die es damit scheinbar "denen da oben mal so richtig zeigt", auch wenn
diese autoritäre Revolte von vornherein einprogrammiert ist und einem Teil
der herrschenden Eliten dazu dient, die Gesellschaft weiter nach rechts zu
treiben.) Auch hier ist es aber eher ein sehr generelles Image des Front
National, denn die von ihm ausgearbeiteten Wahlprogramme, welches die
Wahlentscheidung beeinflusst. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden,
dass eine Plakatserie mit knappen Parolen, die "soziale" Themen betreffen,
dasjenige Publikum ansprechen und verstärkt mobilisieren kann, das bereit
ist, diffusen "Protest" auszudrücken.
Der allgemeine Hintergrund ist, dass "10 bis 15 Prozent
der französischen Bevölkerung die gesellschaftlichen Probleme nur noch (vor
allem) durch den Filter <Einwanderungsproblematik> hindurch wahrnehmen", wie
ein Forscher des Cevipof (Zentrum zur Untersuchung des französischen
politischen Lebens) es nach der vorletzten Präsidentschaftswahl vom April
1995 ausdrückte. Dieses Anteil ist nicht unwandelbar. Er dürfte etwa in der
Arbeiterschaft zurück gegangen sein, nachdem die Gewerkschaften 1996/97
einen Kurswechsel vollzogen und sich nunmehr mit den "illegalen"
Einwanderern als besonders ausgebeuteten (da in ungeschützten
Arbeitsverhältnissen beschäftigten) Kollegen solidarisierten und dafür auch
eine offensive Kampagne an ihrer Basis betrieben. Viele zwischen
unterschiedlichen "Polen" in der Gesellschaft hin- und her gerissenen
Individuen können auf diesem Wege, indem man ihnen ein konkretes Angebot zum
Verständnis gesellschaftlicher Zusammenhänge und zugleich
Identifikationsangebot macht, vom Abgleiten in den Rassismus abgehalten oder
(zumindest zeitweilig) zurück gewonnen werden. So sank der FN-Stimmenanteil
unter den Arbeitern sowie den Erwerbslosen zwischen der Präsidentenwahl 1995
und der Parlamentswahl 1997 deutlich, damals zugunsten der Sozialdemokratie,
die vor ihrem damaligen Regierungsantritt erneut Ausstrahlungskraft auf die
sozial destabilisierten Teile der Gesellschaft entwickeln konnte (was ihr
heute, nach fünf Jahren an der Regierung, nur schwerlich gelingen dürfte).
Dennoch bleibt stets ein harter Kern bestehen - jener des
Stammpublikums der extremen Rechten -, der sich in den letzten 15 Jahren
ideologisch verfestigt haben dürfte. Man kann ihn derzeit auf ungefähr acht
bis zehn Prozent der abgegebenen Stimmen schätzen, denn diesen Pegel
erreichte die extreme Rechte, als sie nach der Parteispaltung 1998/99 auf
ihrem Tiefpunkt angelangt war (knapp 9 Prozent der Stimmen bei der
Europaparlamentswahl im Juni 1999, allerdings bei einer Wahlenthaltung von
über 50 Prozent). Das entspräche ungefähr 5 Prozent der Bevölkerung.
Dieses Stammpublikum lässt sich verfestigen und in seinem
Bruch mit den anderen politischen Angeboten bestärken, indem ihm der
Eindruck vermittelt wird, dass der FN tatsächlich auf alles eine Antwort
hat, wie beispielsweise im konkreten Fall auch auf die sozialen Probleme. Ob
es dem FN wirklich auch gelingen kann, genau damit in neue Wählerschichten
einzudringen, dürfte höchst fragwürdig sein - wer sich dazu entschließt, Le
Pen seine Stimmen zu gehen, tut dies selten nach genauer Lektüre des
Programms und mittels eines intellektuellen Akts. Und die Versuche des FN,
im gesellschaftlichen Alltag der sozialen Unterschichten präsent zu sein
(wie weiland, um ein Extrembeispiel zu wählen, die SA im Deutschland der
Jahre um 1930 - freilich in stark abgemilderter Form), beispielsweise mit
der Gründung parteieigener Gewerkschaften oder Mietervereinigungen im
sozialen Wohnungsbau, hat es zwar gegeben. Vor allem in den Jahren zwischen
1996 und 1998. Sie sind jedoch überwiegend gescheitert, wenngleich sie vor
allem auch aufgrund der Parteispaltung im Januar 1999 abgebrochen wurden.
Insofern richtet sich die abermalige Ausrichtung auf die
soziale Demagogie vor allem auch an das bereits gefestigte FN-Publikum, um
es in der Überzeugung zu bestärken, die rechtsextreme Partei präsentiere die
"umfassende Alternative". Dennoch ist, leider, im jetzigen Klima durchaus
mit einem Anwachsen der FN-Wählerschaft zu rechnen. Das Klima dafür ist
günstig, berücksichtigt man einerseits die Abnutzungserscheinungen der
regierenden Konservativen an ihrer Basis, andererseits aber auch die
Probleme bei der (Neu-)Begründung einer linken und sozialen Alternative.
Welche Siegeschancen gibt das geltende Wahlrecht Le Pen?
Zusatzinformationen unter:
Das neue Wahlrecht:
Welche Siegeschancen hat Le
Pen?
hagalil.com
27-10-2003 |