Bitte um Frieden -
und jage ihm nach!
Raw Sonnenfeld bat einen
seiner Schüler, ihm gegenüber Platz zu nehmen und begann, einen Nachruf
zu diktieren:
''Zerschmettertes Herz. Ja'akow, Jisrael, zu unserem
Kummer haben wir Dich in der Todesstunde alleingelassen. Dein Blut reißt
mit grellem Aufschrei die Pforten des Himmels ein und befleckt die
Stirne der Sünder aus den Reihen unseres eigenen Volkes.
Du bewegtest dich in schwindelnden Höhen,
vor deinem Scharfblick fielen Nebelschleier. Dein Licht drang vor zu
absoluter Gerechtigkeit, Freude an menschlicher Rechtschaffenheit
erfüllte dein Wesen. Du liebtest das Recht und wußtest es mit aller
Kraft zu verteidigen. Leicht glitt deine Seele auf dem Strahl der Liebe
zu den Sternen hinauf. Erhaben warst du, die Niedrigen konnten weder an
dich reichen noch deinen reinen Geist erkennen.
Sie tauchten ins Übel hinab, verließen
den Pfad der Wahrheit und Gerechtigkeit und zerfetzten den Stern, der
unter uns auf Erden wandelte. Von wahnhafter Blutgier getrieben,
ermordeten sie den barmherzigen Menschenfreund.
In der Bedrückung des Exils, wo wir dem
Haß der Völker ausgeliefert waren, hatten Liebe und Erbarmen, Güte und
Gerechtigkeit sich aus unseren Herzen entfernt, mit dir aber kehrten sie
ins Haus Israel zurück. Sündhafte, verdorbene, von falschen Einsichten
erblindete Menschen, die zu Liebe, Güte und Erbarmen aufrufen, erkannten
den Gerechten in ihrer Mitte nicht, verfolgten ihn und löschten sein
Lebens- licht aus.
So brachten sie sich selbst um
die Hoffnung auf Glück und Erneuerung.
Wer die Gerechtigkeit verachtet,
der wird sie nicht finden; wer den Frieden tötet, den flieht er.
Mord mischt sich unter sie, und Lüge
tropft von ihren Lippen. Das Haus Israel erschauert: Wehe denen, die
falsches Zeugnis reden und Blut vergießen!
Den Mann der Wahrheit habt ihr ermordet,
aber meint ihr denn, ihr könntet auch die Wahrheit selbst ermorden? Sie
ist dauerhafter als das Universum und lebendiger als das Leben. Der
höchste Richter richtet sein Volk mit Gerechtigkeit und spricht Recht
über alle Völker.«
Quelle: Raw Sonnenfelds Nachruf für de Haan,
nach dessen Ermordung durch Nationalisten 1924.
Enthalten im Roman ''Die Stille
der Steine'' von Daniel Dothan,
erschienen 1998 im Bleicher Verlag, mit einem Vorwort von Batya Gur
[ZURÜCK] [4.November
1995]
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