Nach einer Periode der allgemeinen Liberalisierung
versuchte Sadat diese Opposition auszuschalten. 1.600 national-religiöse
Fundamentalisten wurden im September 1981 verhaftet. Einen Monat später
wurde Sadat während einer Militärparade ermordet.
Die Rede Sadats vor der Kneset in Jerusalem,
liegt vor als ra-file ca. 69kB
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SZ vom 20.11.1997
Vor 20 Jahren reiste Ägyptens Präsident nach Israel:
Sadat als Friedensbote ohne Nachfolger
Damals wuchs die Hoffnung auf ein Ende der Konflikte im Nahen
Osten, doch die Versöhnung blieb Stückwerk
Von Heiko Flottau
Kairo, 19. November – Damals standen sich
Menachem Begin und Anwar el-Sadat gegenüber, heute sind es Hosni Mubarak
und Benjamin Netanjahu. Damals, vor 20 Jahren, reiste Anwar el-Sadat
nach Jerusalem, um mit Israel Frieden zu schließen. Sadats Rede vor der
Knesset, dem israelischen Parlament, vom 20. November wurde weltberühmt.
Zwei Jahre später haben Israel und Ägypten tatsächlich Frieden
miteinander geschlossen. Trotzdem ist seitdem kein ägyptischer Präsident
mehr in Israel gewesen. Und seit Benjamin Netanjahu regiert, ist der
„Friedensprozeß“ vorerst am Ende. Dieser Prozeß sollte nämlich nach dem
Willen Sadats nicht in einem ägyptisch-israelischen Separatfrieden
münden, sondern er sollte die gesamte arabische Welt mit einbeziehen.
Das tut er bis heute nicht. Die Hoffnungen auf
einen allgemeinen Nahost-Frieden, welche die Welt damals hegte,
haben sich bis heute nicht erfüllt. Nach den Friedensverträgen von
Camp David wurde Ägypten aus der Arabischen Liga ausgeschlossen. Und
am 6. Oktober 1981 erschoß Khaled el-Islambuli Präsident Sadat in
Kairo. „Warum hast du das getan?“, wurde der Attentäter im Verhör
gefragt. Drei Gründe nannte Islambuli (nachzulesen in Mohammed
Heikals Buch über die Ermordung Sadats): In Ägypten seien die
Gesetze nicht mit der islamischen Scharia kompatibel, Muslime müßten
also leiden; der Frieden mit den Juden sei abzulehnen, sagte der
Attentäter weiter; und schließlich nannte Islambuli die Verhaftung
vieler muslimischer Aktivisten (unter denen auch sein Bruder weilte)
als Motiv seines Handelns.
Mubaraks Abstinenz
Tatsächlich war Sadats Friedenschluß mit Israel
durch und durch unpopulär: „Mit seiner Reise nach Jeruslam gewann
Sadat“, schreibt Heikal, „ein weltweites Auditorium. Aber er verlor
jenes Auditorium, welches als Präsident Ägyptens sein natürliches
war – die arabische Welt. Dieses wurde auf tragische und
eindrucksvolle Weise durch sein Begräbnis illustriert. Er wurde von
einem höchst imposanten Kreis ausländischer Staatsmänner – drei
frühere amerikanische Präsidenten und den Premierminister Israels
eingeschlossen – zu Grabe getragen; aber nur eine Handvoll seiner
Landsleute erschien als Trauergäste.“
Ägyptens Frieden mit Israel ist bis auf den
heutigen Tag im Lande wenig populär. Der Nachfolger Sadats, Hosni
Mubarak, lehnt es bis heute ab, nach Israel zu reisen. Das
Schicksal, das seinen Vorgänger ereilte, ist sicher ein Grund für
diese Abstinenz. Es gibt aber auch politische Ursachen. Schon im
Frieden von Camp David wurden Autonomieverhandlungen für die
Palästinenser vereinbart. Verhandelt wurde tatsächlich, aber die
Gespräche kamen nicht vom Fleck. Palästinenser sind bei ihren
arabischen Landsleuten nicht immer sehr beliebt. Doch solange sie
von Israel unterdrückt werden, sind sie für andere Araber ein
ständiges Symbol für einen sich immer noch ausweitenden politischen
Minderwertigkeitskomplex gegenüber Israel. Das ungelöste
Palästinenserproblem erinnert die Araber daran, daß sie es in
fünfzig Jahren nicht geschafft haben, das kleine Israel zu einer
Lösung zu bewegen.
Kein Austausch, kein Ausbau
Sadat hatte in seiner Rede vor der Knesset
ausdrücklich betont, Ägypten strebe keinen Separatfrieden mit dem
jüdischen Staat an. Die Führer anderer arabischer Staaten – etwa die
Präsidenten Hafis el-Assad und Elias Sarkis (Libanon) – waren
ebenfalls nach Jerusalem gebeten worden. Doch Sadat schloß 1979 doch
den Separatfrieden, bekam den gesamten Sinai zurück, erreichte das
Versprechen großzügiger amerikanischer Wirtschaftshilfe und
befriedigte damit viele nationalen Interessen seines Landes. Längst
auch ist die arabische Regionalmacht Ägypten wieder führendes
Mitglied der Arabischen Liga.
Aber die Skepsis in der Bevölkerung gegenüber
Israel bleibt. Die Kommentatoren des Jahres 1997 loben im Rückblick
die Reise Sadats nach Israel und den Frieden von Camp David. Doch
diesen Frieden nennt man seit langem einen „Kalten Frieden“. Der
große Kulturaustausch, der Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen
hat nicht stattgefunden. Auch 20 Jahre nach der Reise Sadats kennen
sich beide Völker kaum. Araber leugnen die jüdische
Leidensgeschichte des 20. Jahrhunderts, Israelis können nicht
verstehen, daß Araber, Palästinenser insbesondere, immer wieder
darauf aufmerksam machen, daß der Staat Israel ihrer Meinung nach
auf arabischem Territorium errichtet sei. Der letzte Meilenstein auf
dem fatalen Weg zurück zur alten Konfrontation ist die Ablehnung
Hosni Mubaraks, eine Delegation zur gemeinsamen
arabisch-israelischen Wirtschaftskonferenz (MENA) nach Katar zu
schicken.
Anwar el-Sadat und Menachem Begin hatten nach
langem Ringen Frieden geschlossen. Hosni Mubarak und Benjamin
Netanjahu sind soweit auseinander, wie es seit 20 Jahren ägyptische
und israelische Führer kaum jemals waren.
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