[Unterwegs
zum 14. Mai 1948]
In unserer Reihe mit Berichten deutschsprachiger Zeitzeugen zur
Entstehung des Staates Israel, bringen wir heute einen Bericht des
damals in Tel Aviv lebenden Eli Erich Lasch, der, 1929 in Hamburg
geboren, schon 1936 mit seinen Eltern nach "Eretz Israel /
Palästina" kam. Bekannt wurde er vor allem als israelischer Leiter
beim Aufbau einer modernen medizinischen Versorgung in Gaza.
Hierüber erfahren Sie mehr in seinem Buch "Das
Wunder von Gaza".Der große Tag:
Khaf-Tet beNovember
Eli Lasch erinnert sich an den 29.11.1947
Die
Tragödie um die Exodus war der Anfang vom Ende des britischen
Mandats. Am 29.11.1947 war unser großer Tag.
In einer außerordentlichen Sitzung [Soundfile]
in dem amerikanischen Ort Lake Success beschloss die
Generalversammlung der Vereinten Nationen mit einer Mehrheit von 33
zu 13 Stimmen, die Empfehlung der Sonderkommission für Palästina
anzunehmen, das britische Mandat zu beenden und Palästina in zwei
selbständige Staaten zu teilen. Jerusalem sollte den Status einer
internationalen Stadt erhalten.

Die erste
Reaktion der Juden Palästinas war ein Jubel, den man sich
kaum vorstellen kann. Endlich, nach zweitausend langen und
schmerzerfüllten Jahren, hatte das jüdische Volk wieder einen
selbständigen Staat! Endlich waren wir keine Flüchtlinge mehr, die
vom guten (oder bösen) Willen der anderen Völker abhängig waren.
Eine
Utopie
hatte sich verwirklicht und der Traum unzähliger Generationen hatte
sich erfüllt: Die lange Nacht, mit der die Diaspora oft verglichen
worden war, war endlich vorbei! Dass es noch viele Schwierigkeiten
bis zur vollen Selbständigkeit geben würde, war allen klar und
unwichtig. Das Gefühl war: Wenn wir das geschafft haben, werden wir
auch alles andere schaffen. So stürzten die Menschen aus den
Häusern; die Strassen füllten sich mit Kreisen von tanzenden
Menschen. Alle waren dabei, alle tanzten wie die Irren - Junge und
Alte, Kinder und Greise. Bis zum letzten waren alle auf der Straße
und tanzten mit. Die Geschichte von zweitausend Jahren Verfolgung
und Vertreibung war plötzlich nicht mehr da. Ausgelöscht war sie aus
unserem Bewusstsein.
Ich glaube, dass ich eine der wenigen war, die nicht ganz "happy"
und zufrieden mit dem Ergebnis waren, denn die Bewegung, der ich
angehörte, hatte eine etwas andere Lösung erhofft: Die Gründung
eines bi-nationalen Staates, der ganz Palästina umfasst und in dem
Juden und Araber zusammen und in Harmonie leben können. War das eine
Utopie?
Heute, 60 Jahre später, muss ich leider zugeben, dass ich damals im
Unrecht war; dass die Araber nie bereit waren, ein "zionistisches
Gebilde" in dem, was sie den "arabischen Raum" nennen, anzuerkennen.
Das haben die vielen Kriege bewiesen, die es seither gab, sowie das
daraus resultierende Leid der palästinensischen Flüchtlinge und die
Tatsache, dass bis heute keine Lösung gefunden wurde. Es ist auch
eine Ironie des Schicksals, dass unsere damalige "Lösung" heute von
den islamistischen Bewegungen befürwortet wird - sie meinen damit
natürlich einen islamischen Staat vom Jordan bis zum Mittelmeer, in
dem eine kleine Minderheit von Juden geduldet wird - was man den
Status quo ante nennen könnte. Aber ich greife mal wieder vor.
Die Engländer, die dieses Resultat, den Teilungsbeschluss der UNO,
nicht erwartet hatten, mussten ihn zwar hinnehmen, weigerten sich
aber mit der UNO-Kommission zusammenzuarbeiten. Sie verkündeten nur,
dass sie am 14./15.5.1948 ihre Herrschaft in Palästina beenden
würden.
Die arabischen Staaten ihrerseits lehnten die ganze Entscheidung als
illegal ab, und am Tag darauf wurde der erste jüdische Autobus von
arabischen Guerillakämpfern angegriffen. Der Krieg hatte begonnen.
Nach Proklamation des Staates Israel am 14. Mai 1948 und dem Ende
des Mandats überquerten die Armeen von fünf arabischen Staaten die
Grenzen, um den soeben entstandenen Staat zu vernichten.
Der erste von fünf Kriegen
oder Schlachten oder Kampagnen oder wie man es sonst nennen will
hatte begonnen. Fünf blutige Episoden in einem Krieg, der seit über
60 Jahren wütet und dessen Ende noch nicht abzusehen scheint. Trotz
aller Entscheidungen für Israel auf dem Schlachtfeld, hat Israel nie
richtig gesiegt. Es hat immer nur gekämpft, um seine Existenz oder
vielleicht sein Leben zu retten. Es hat nie gesiegt, weil es nie zu
einer endgültigen Entscheidung gekommen ist - das hat die Welt
niemals zugelassen. Es hat nie gesiegt, weil es sich nie als Sieger
verhalten konnte, der dem Besiegten
seine Bedingungen vorschreibt. Das hat man Israel
nie erlaubt. Es hat nie gesiegt, weil es bis heute nur von zwei der
"besiegten" Staaten,
Ägypten und Jordanien, anerkannt worden ist. Um das zu erreichen,
musste Israel Ägypten den ganzen eroberten Sinai samt seinem Öl
zurückgeben. Als ob Ägypten, das Israel viermal angegriffen hat, im
Krieg von 1973 der Sieger gewesen wäre und nicht Israel. Und Israel
musste den Ägyptern noch dankbar sein, dass sie sich endlich bereit
erklärten, seine Existenz überhaupt anzuerkennen und mit dem Land,
von dem sie viermal "besiegt" worden waren, Frieden zu schließen.
Was die Ägypter
anbelangt, so mussten auch sie einen schweren Preis zahlen, aber
nicht etwa an Israel, sondern an ihre arabischen Bruderländer, die
sie aus allen arabischen Organisationen ausstießen und lange Jahre
als Aussätzige behandelten. Nur weil sie bereit waren, oder die
Frechheit hatten, mit Israel Frieden zu schließen. Der Initiator des
Friedensschlusses, Ägyptens Präsident Sa'adat, wurde später von
einem Fanatiker erschossen und die ägyptische Presse ist bis heute
die antisemitischste, die es überhaupt gibt.
Es gab und gibt allerdings nach wie vor einen Hauptverlierer: Die
Araber, die das Pech hatten, 1947 in Palästina zu leben. Aber
darüber später.
Aus Eli
Lasch:
Das Wunder von Gaza
[Bestellen?]
sound/radio/uno-1947.rm
Am 29.November 1947:
''Als
die Stimmen ausgezählt wurden, ich glaube wir haben kaum geatmet.''
Weiteres Kartenmaterial zur Teilung:
Jerusalem 1947
The City of Jerusalem shall be established as a corpus
separatum under a special international regime and shall be administered
by the United Nations...
The General Assembly:
Text der UN-Resolution vom 29.
November 1947
Having met
in special session at the request of the mandatory Power to constitute
and instruct a Special Committee to prepare for the consideration of the
question of the future Government of Palestine at the second regular
session... |