Die Welt des
Ostjudentums POLEN
von Chaim FRANK
Erste Ansiedlung
von Juden in Polen
Spätestens zur Zeit des ersten
Kreuzzuges, 1096, begann die erstmals größere Abwanderung der Juden in
Richtung Osteuropa.
Diese ersten jüdischen Siedler, aus
Boehmen, Deutschland und auch aus südöstlichen Ländern, ließen sich
entlang der 'jungen' Weichsel (das Gebiet um Krakau) - sowie im
schlesischen Raum nieder, wo sie uneingeschränkt Handel und
Landwirschaft betreiben durften.
So wird beispielsweise in historischen
Urkunden 1237 erstmals eine geschlossene jüdische Siedlung in Plozk,
1287 eine Gemeinde in Kalisz, 1304 eine Judengasse in Krakow, 1330 die
Gemeinde in Poznan und 1356 die von Lwov (Lemberg) und später auch
einige weitere kleinere Ansiedlungen im Königreich Polen erwähnt.
Ihre Rechts-Verhaeltnisse wurden durch
wohlwollende königliche Statute geregelt. Besonders unter
Mieszko III. (1138-1202), dem Herzog von Großpolen und späteren
Herrscher über ganz Polen, durften sich Juden mehr oder weniger frei
entfalten.
1264 verlieh BOLESWAV
der Fromme das 'Statut von KALISZ', ein Privileg das den Juden freien
Handel erlaubte; und KASIMIER
der Große, der weitere Juden ins Land rief, - und ihnen sogar die
steinerne Tuchhalle in Krakow erbauten ließ - dehnte das alte Privileg
1334 auf ganz Polen aus.
Die wesentlichen Bestimmungen
dieses Privilegs von 1334 waren:
- daß Juden in der PATRONANZ der
Fürsten und keiner städtischen Gerichtsbarkeit unterworfen, leben
sollen.
- daß ihnen Schutz gegen körperliche
Verletzung durch Christen gewährt wurde, mit Androhung einer
strengen Strafe im Falle eines Übergriffs.
- es versprach Schutz vor Belästigung
durch Geistliche, dann besonderen Schutz der Heiligtümer: also
Synagogen, Friedhöfe und die Sicherheit für jüdische Wohngegenden.
- es verbot ausdrücklich die Blut-und
Ritualmord-Beschuldigungen
- schließlich gewährte es
Freizügigkeit, vor allem auch die Handels-Freiheit.
Die Juden waren demzurfolge eine völlig
selbständige Gruppe, außerhalb der ständischen Gliederungen.
Seit je her waren Schutzbestimmungen die
allgemeine Voraussetzung überhaupt für eine jüdische Existenz; und
Privilegien solcher Art waren für sie von entscheidender Bedeutung.
Schon allein deshalb, weil die inzwischen erstarrte christliche Kirche
die jüdische Religion zwar als eine 'religio lizita', also eine nicht
ketzerischen Religion betrachtete, den Juden selbst aber, als Träger der
jüdischen Religion, in den Stand einer inferioren, einem dem Christen
untergeordneten Menschen-Klasse stellte.
Die positiven Judenprivilegien in Polen
waren jedoch nicht ganz polnischen Ursprungs. Sie sind eigentlich
Abkömmlinge der früheren gewissermaßen günstigen österreichischen
Privilegien gewesen, die alle zur Zeit der Hohenstaufer erlassen worden
waren und sich durch ihre humane Gesinnung ausgezeichnet hatten. Wobei
auch schon unter Kaiser FRIEDRICH II., in einem Anhang,
die Bluts-Beschuldigungen als unwahr und verleumderisch verboten wurde,
was selbst Papst INOCCENT IV.
in einem Breve festschreiben ließ.
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