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III.
Einstellungen
gegenüber Fremden
Ein vorläufiger Bericht über ein Kooperationsprojekt
In den 5 Büchern Mose wird zwischen zwei Gruppen von Fremden
unterschieden, was sich auch in der sprachlichen Differenzierung
widerspiegelt: den Wörtern "nokri" und "ger" (vgl. Korrenz 1995, S.
158f.). Der nokri ist der, der mit seiner Karawane das Land durchzieht
und keine dauerhafte Beziehung zu Land und Leuten pflegt. Ihm gilt es,
traditionelle Gastfreundschaft entgegen zu bringen, nicht mehr und nicht
weniger. Die "gerim" hingegen sind jene Fremde, die aus existentiellen
Gründen des Daueraufenthalts in einem für sie fremden Landes bedürfen.
"Der fremde Bereich, aus dem ein ger
kam, konnte sowohl das Ausland sein, als auch das Gebiet eines
israelitischen Stammes, aus dem ein Mann aus irgend einem Grund in
das eines anderen hatte ziehen müssen" (Stamm 1974, S. 53, zit. n.
Korrenz ebd., S. 159).
Für die gerim galt die Forderung aus dem
5. Buch Mose:
"Biege nicht das Recht eines
Gastsassen, einer Waise, beschlagnahme nicht das Gewand einer Witwe,
gedenke, daß du Knecht warst in Ägypten..." Reden, 24,17; in der
Übersetzung von Martin Buber 1987, S. 538).
Auf der Suche nach meinen Wurzeln traf
ich 1994 in Jerusalem Devora Carmil von der University of Haifa und wir
sprachen über Fremde, Freunde und Feinde, auch über die nokri und gerim.
Vielleicht, so die Quintessenz unserer langen Gespräche, steckt im
unterschiedlichen Umgang der Israeliten mit den nokrim und den gerim
etwas, das sich in positiver Weise auf den heutigen Umgang mit Fremden
und Fremdheit in den hochentwickelten Ländern übertragen ließe. Die
aktuelle Situation in Deutschland nach der Vereinigung und die neue
Situation in Israel (angesichts der über 700.000 Immigranten aus der
ehemaligen Sowjetunion und der differenzierten Friedensbemühungen)
veranlaßten uns 1995 ein Forschungsprojekt zu starten, das von der
Volkswagenstiftung unterstützt wird und sich mit Einstellungen gegenüber
Fremden und Ausländern, die in Deutschland bzw. Israel Asyl oder
Heimatrecht suchen, beschäftigt.
Es ist nicht das primäre Ziel des
Projekts, einen Vergleich der Fremdenfeindlichkeit bzw.
Ausländerfeindlichkeit in Israel und Deutschland anzustellen. Die
sozialen Kontexte beider Länder sind zu different. Vielmehr wollen wir
zu zeigen versuchen, daß der individuelle und soziale Umgang mit Fremden
im allgemeinen und mit Fremdenfeindlichkeit im besonderen weder in
monokausaler Weise aus makro-sozialen Veränderungen (z.B. diversen
Modernisierungsrisiken sensu Beck, 1986, Heitmeyer et al 1992)) noch
direkt aus individuellen pathologischen Persönlichkeitsstrukturen
herzuleiten ist.
Die soziologischen und psychologischen
Theorien, die den Anspruch erheben, Aussagen über die Ursachen von
Fremdenfeindlichkeit machen zu wollen, lassen sich hinsichtlich ihrer
mehr oder weniger elaborierten theoretischen Basisannahmen kaum
miteinander verknüpfen. Das ist insofern bedauerlich, da sie jeweils für
sich genommen interessante und empirisch gehaltvolle Annahmen über die
Entstehung und Dynamik fremdenfeindlicher Einstellungen implizieren
(s.o.). Um diese empirischen Gehalte zumindest ansatzweise produktiv
machen zu können, halten wir es nicht für besonders sinnvoll, von
vornherein zwar gut operationalisierbare, aber theoretisch relativ
triviale Hypothesen (etwa über den Zusammenhang zwischen
fremdenfeindlichen Einstellungen, Geschlecht, Bildungsniveau und
sozialem Status) zu formulieren. Angesichts der theoretischen und
methodologischen Differenzen zwischen den unterschiedlichen Ansätzen zur
Erforschung der Fremdenfeindlichkeit scheint uns ein heuristisches,
offenes Modell als Rahmenkonzept eher geeignet, um je nach
Forschungsintention eine Vielzahl individueller, mikro- und
makrosozialer Variablen im Hinblick auf ihren Erklärungswert für
Antisemitismus testen zu können. Auf der Basis der "Deute-Blume"
entwickelten wir ein solches heuristisches Modell, das - gemäß unseres
konstruktivistischen Backgrounds - natürlich auch nur eine, nämlich
unsere mehr oder weniger wissenschaftliche Konstruktion über eine
Wirklichkeit ist, die sicher auch anders (re-) konstruiert werden könnte
(s. Abb.3).
Die Beschaffenheiten des Möglichkeits-,
Bedeutungs-, Interaktions- und Sinnraums betrachten wir als Variablen
(im wörtlichen Sinne als veränderliche "Größen") mit unterschiedlichem
Erklärungswert für den Umgang mit Fremden und Fremdheit. Auf diesen
Umgang mit Fremden, konkret: auf die Einstellungen gegenüber Fremden,
wollen wir unsere Erklärungen anwenden. Inwieweit diese Erklärungen
nützlich und (im sozial-konstruktivistischen Sinne) paßfähig sind, muß
der Vergleich mit den empirisch zugänglichen Wirklichkeiten zeigen.
Anders gesagt: Wir scheuen uns nicht, in unserem Modell von Erklärungs-
und Zielvariablen zu sprechen, die zu operationalisieren sind und auf
ihren empirisch nützlichen Gehalt untersucht werden können. Was wir
allerdings vermeiden, sind Annahmen über linear-kausale
Zusammenhänge zwischen den Erklärungs- und Zielvariablen.
Abb. 3:
Heuristisches Modell zur Analyse des Umgangs mit Fremdheit
Das heuristische Modell enthält fünf
Gruppen von Variablen:
- Die sog. Target-Variablen:
Fremdenfeindlichkeit, Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus in
Deutschland, Einstellungen gegenüber Deutschen in Israel und Gewalt
sind die Zielvariablen, um deren Aufklärung wir uns im Projekt
mühen. Diese Zielvariablen sind keinesfalls einfache
Widerspiegelungen der Welt, in der die jugendlichen Referenzpersonen
leben. Menschen widerspiegeln nicht einfach die Welt, in der sie
leben. Vor dem Hintergrund bereits gemachter Erfahrungen
konstruieren sie sich eine praktisch bewältigbare Welt.
Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Gewalt sind solche sozialen
Konstruktionen, die die Menschen im sozialen Austausch in
verschiedenen sozialen Gemeinschaften unter differenten sozialen
Verhältnissen produzieren und weitergegeben, um sich relevante
soziale Bezugssysteme für den kognitiven und sozialen Umgang mit der
Wirklichkeit zu schaffen.
- Variablen des Möglichkeitsraums:
Die ökonomischen, politischen und kulturellen Strukturen und
Prozesse eröffnen makro-soziale Möglichkeiten für die individuelle
Entwicklung und für individuelle Weltsichten. Möglichkeiten für
fremdenfeindliche, antisemitische und gewaltbesetzte Konstruktionen
von Wirklichkeit können Modernisierungsrisiken (Heitmeyer et al
1992), politisch-kulturelle Strukturen (z.B. Rommelspacher 1992b)
oder historische Legenden und Mythen sein. Aber auch die regionale
Herkunft (Ost- oder Westdeutschland, vgl. auch Kohr 1993), die
jeweiligen Bildungsmöglichkeiten (z.B. der Besuch einer Haupt- oder
Realschule bzw. eines Gymnasiums, vgl. auch Pollmer 1992) und die
Geschlechterzugehörigkeit und die damit verbundene Aneignung
geschlechtsspezifischer Orientierungen und Verhaltensweisen (vgl.
z.B. Kersten 1993) gehören zu den Facetten, die den Möglichkeitsraum
charakterisieren, innerhalb dessen sich potentielle Einstellungen
gegenüber Fremden entfalten können.
- Variablen des Bedeutungsraums:
In unterschiedlichen Sozialisationsinstanzen (z.B. in
Jugendkulturen, politischen und religiösen Gemeinschaften und
Institutionen) werden diese Möglichkeiten interpretiert und u.U.
umgedeutet.
- Variablen des Interaktionsraums:
Auf dem alltäglichen Feld der Interaktionen (in der Familie, in Peer
Groups und Cliquen) können die interpretierten und/oder um- bzw.
reinterpretierten sozialen Bedingungen zu individuell relevanten
Interpretationsangeboten von Welt werden.
- Individuelle Variablen: Auf
der individuellen Ebene finden wir die Bilder und Konstruktionen
über Fremde, Ausländer, Juden, die zum individuellen Ausgangspunkt
für Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Gewaltanwendung werden
können. Die individuellen Formen von Fremdenfeindlichkeit,
Antisemitismus und Gewalt können erklärt werden durch ein
individuelles Muster, für das wir adhoc folgende Facetten
postulieren: eine charakteristische Ausprägung individueller
Wertorientierungen (V), ein individuell bestimmtes Ausmaß an
Intoleranz der Ambiguität (I), ein individuell spezifischer
Selbstwert (S) und eine spezi-fische Qualität an Autoritarismus (A).
Wie bei jedem heuristischen Modell so
sind auch die Optionen im Umgang mit unserem Modell relativ klar:
entweder man akzeptiert die gesetzten Modellannahmen oder man lehnt sie
ab; empirisch zu verifizieren oder zu falsifizieren ist auch unser
Modell kaum. Es sollte uns vielmehr helfen, konkrete Partialmodelle über
die Beschaffenheiten der Target-Variablen abzuleiten und ein
Erhebungsinstrumentarium zu konstruieren, mit dem wir die Target- und
Erklärungsvariablen zu operationalisieren vermögen.
Zur Illustration unseres Modells stütze
ich mich im folgenden auf die empirischen Daten, die wir im Sommer und
Winter 1996 in vier deutschen Bundesländern im Rahmen des von der
Volkswagenstiftung geförderten Kooperationsprojekts mit der Universität
Haifa über die Einstellungen deutscher und israelischer Jugendlicher
gegenüber Fremden erheben zu konnten. In diesem Zeitraum befragten wir
ca. 2200 deutsche Jugendliche (im Alter von 15 bis 19 Jahren) und 800
israelische Jugendliche im gleichen Alter. Auf die Ergebnisse der
israelischen Untersuchung gehe ich nicht ein.
Um zunächst die Target-Variable
"Einstellungen gegenüber Fremden bzw. Ausländern" operationalisieren zu
können, konstruierten wir eine 9 Items umfassende Skala mit einem
5-stufigen Antwortmodell (1= lehne ich ab; 5= stimme ich zu). Bei der
Itemkonstruktion stützten wir uns auf eigene empirische Erfahrungen
(Frindte 1995b) und auf die Vorurteilsskala von Pettigrew (Pettigrew
1959, Pettigrew & Meertens 1994). Die mit den Daten der 2133 deutschen
Jugendlichen (aus Bayern, Brandenburg, Schleswig-Holstein und Thüringen)
errechnete Skalenreliabilität nach Cronbach's Alpha erschien uns mit
0.873 recht zufriedenstellend. Eine Faktoranalyse
(Hauptkomponentenanalyse mit Varimax- Rotation) offerierte eine
Einfaktorenstruktur mit einer Gesamtvarianzaufklärung von 50%.
Die folgende Tabelle gibt die Items und
die prozentuale Zustimmung (Skalenwert 5) zu jedem Item, getrennt für
die männlichen und weiblichen Jugendlichen in Ostdeutschland
(Brandenburg und Thüringen) und Westdeutschland (Bayern und
Schleswig-Holstein) wieder.
|
Item |
weibliche Jugendliche aus Ostdeutschland
|
männliche Jugendliche aus Ostdeutschland
|
weibliche Jugendliche aus Westdeutschland
|
männliche Jugendliche aus Westdeutschland
|
1. Deutsche sollten keine Ausländer heiraten. |
6,2 |
11,0 |
3,9 |
5,0 |
2. Die Ausländer sollen ihre Kultur in ihrem Land pflegen. Hier
in Deutschland sollten sie sich anpassen. |
30,8
|
35,2
|
18,7
|
28,2
|
3. Ausländer provozieren durch ihr Verhalten selbst die
Ausländerfeindlichkeit. |
14,3
|
20,4
|
10,7
|
23,3
|
4. Ausländische Männer belästigen deutsche Frauen und Mädchen
mehr, als dies deutsche Männer tun. |
25,9
|
19,3
|
14,6
|
16,8
|
5. In Deutschland sollten nur Deutsche leben. |
9,1
|
11,3
|
4,3
|
8,1
|
6. Die meisten Politiker in Deutschland sorgen sich zu sehr um
die Ausländer und nicht um Otto-Normalverbraucher. |
16,1
|
23,3
|
8,9
|
15,9
|
7. Die Ausländer haben Jobs, die eigentlich wir Deutsche haben
sollten. |
17,2
|
25,1
|
9,2
|
14,4
|
8. Einige Ausländer strengen sich einfach nicht genug an,
ansonsten könnte es ihnen genauso gut gehen wie den Deutschen. |
9,2
|
12,4
|
8,1
|
14,7
|
9. Ausländer in Deutschland sollten sich nicht hindrängen, wo
sie nicht gemocht werden. |
19,9
|
24,6
|
10,7
|
19,3
|
|
Tab. 3: Skala
"Fremdenfeindlichkeit/Ausländerfeindlichkeit"; Zustimmung zu den Items in
Prozent
Besieht man sich vor allem
die prozentualen Zustimmungen zu den Items, könnte man meinen, daß
zwischen 10 und 30 Prozent der befragten Jugendlichen
ausländerfeindliche Einstellungen gegenüber Fremden äußern. Dabei
dürften auch die Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen im Osten und
im Westen auffallend sein. Die westdeutschen Jungen und Mädchen scheinen
offenbar weniger ausländerfeindlich, weniger nationalistisch, weniger
diskriminierend zu antworten als ihre ostdeutschen AltersgenossInnen.
Fremdenfeindliche Einstellungen bzw. ablehnende Einstellungen gegenüber
Ausländern, sofern die Jugendlichen in der Beantwortung unseres
Fragebogens überhaupt ihre Einstellungen ausdrücken wollten bzw.
ausdrücken konnten, lassen sich allerdings kaum durch den Hinweis auf
ein vermeintliches Ost-West-Gefälle bzw. durch den Rekurs auf einen
angeblichen Geschlechterfaktor erklären. Ein tieferer Blick in die
psychosozialen Hintergründe derartiger Einstellungen scheint nötig.
Aus diesem Grunde haben wir mit Hilfe
unseres heuristischen Modells versucht, relevante soziale und
psychologische Variablen zu spezifizieren, mit denen es gelingen könnte,
diese psychosozialen Hintergründe etwas tiefgründiger (re-) konstruieren
zu können. Das heuristische Modell ermöglicht uns weitgehende Freiheiten
bei der Spezifizierung derartiger Erklärungsvariablen. Wir haben diese
Freiheiten bei der Konstruktion unseres Gesamtfragbogens und bei der
Operationalisierung jener Erklärungsvariablen genutzt, die uns beim
gegenwärtigen Erkenntnis- und Auswertungsstand am relevantesten
erschienen. Ob es sich bei dieser Auswahl tatsächlich um empirisch
gehaltvolle Operationalisierungen und Spezifikationen der
Erklärungsvariablen handelt, wird sich durch die anschließende
Datenauswertung erweisen müssen.
- Um Variablen des
Möglichkeitsraums
zu spezifizieren, wählten wir folgende Items aus: Die Angabe, ob
der Vater arbeitslos sei oder nicht, betrachteten wir als Hinweis
auf mögliche Modernisierungsrisiken. Die regionale Herkunft (Bayern,
Brandenburg, Schleswig-Holstein bzw. Thüringen) sollte uns zumindest
ansatzweise Informationen über die sozio-politische Spezifik der
Bundesländer liefern. Mit der Frage, ob die Jugendlichen die
Berichte über die Grauen in den Konzentrationslagern des
Nationalsozialismus als übertrieben oder untertrieben ansehen,
wollten wir nach möglichen Legenden über den Nationalsozialismus
(hier nach der Akzeptanz der "Auschwitzlüge") fahnden. Weiterhin
erfaßten wir den angestrebte Schulabschluß (Hauptschule, Realschule
bzw. Gymnasium) und das Geschlecht der befragten Jugendlichen.
- Den Bedeutungsraum
spezifizierten wir zunächst nur durch folgende Variablen: a.
durch ein Item, mit dem wir die Jugendlichen fragten, ob sie sich
als religiös bezeichnen würden, b. durch eine fünfstufigen
Likert-Skala, auf der die Jugendlichen ihre politische Orientierung
("links" oder "rechts") angeben sollten, c. durch die sogenannte
"Sonntagsfrage" nach der Partei, die die Jugendlichen wählen würden,
wenn sie "am Sonntag zur Bundestagswahl gehen" sollten und d. durch
die Erhebung der Sympathien für diverse Jugendkulturen.
- Ebenfalls sehr selektiv haben wir
uns bei der Operationalisierung des Interaktionsraums
verhalten und dafür Items aus dem Gesamtfragebogen ausgewählt, mit
denen die Einschätzung der selbst erlebten familiären Unterstützung
erfaßt werden sollte. Dabei handelt es sich um eine sechs Items
umfassende Skala, die wiederum mit einer fünfstufigen Antwortskala
versehen war. Zum Beispiel: "In meiner Familie kann ich mich auf die
anderen verlassen" oder "Meine Eltern kümmern sich recht wenig um
mich". Die Skala "Familiäre Unterstützung" besitzt eine
einfaktorielle Struktur (Varianzaufklärung von 50,1%) und eine
interne Reliabilität nach Cronbach’s Alpha von 0,79.
- Für die individuellen Variablen des
Sinnraums
griffen wir zum einen auf 3 Items zurück, mit denen wir mögliche
"negative" Ausprägungen des Selbstwertes zu analysieren versuchten:
- "Im großen und ganzen habe ich
das Gefühl, versagt zu haben."
- "Ich wünschte mir, ich könnte
eine bessere Meinung von mir haben."
- "Manchmal denke ich, daß ich zu
überhaupt nichts tauge."
Die interne Reliabilität dieser Skala
beträgt Alpha = 0,68.
Zum anderen konstruierten wir eine Skala
zur Erfassung autoritärer Neigungen (Jenaer Autoritarismus-Skala, JAS).
Leider konnten wir aufgrund der Länge des Gesamtfragebogen unsere
ursprüngliche Absicht nicht realisieren, die 34 Items umfassende
RWA-Skala von Bob Altemeyer (1988) zum Right-Wing Authoritarianism
vollständig zu übernehmen. Deshalb wählten wir nach einer umfangreichen
Vorstudie (Funke 1996) aus der RWA-Skala nur fünf Items aus und
ergänzten sie durch eigene, bereits in früheren Untersuchungen (Frindte
1995) getestete Items. Beispiele: "Gehorsam und Achtung vor der
Autorität sind die wichtigsten Tugenden, die Kinder lernen sollten" (aus
der RWA-Skala); "Was wir in unserem Land wirklich brauchen, ist eine
anständige Portion Recht und Ordnung anstatt mehr ‘Bürgerrechte’"
(ebenfalls RWA); "Die Unterordnung unter eine Gemeinschaft ist wichtiger
als die Entfaltung der Individualität" (eigene Konstruktion). Die
Reliabilität dieser Skala mit einem Alpha = 0,76 ist ebenfalls
zufriedenstellend.
Mit Hilfe dieser operationalisierten
Variablen und unserer Zielvariable "Fremden- bzw.
Ausländerfeindlichkeit" haben wir die Rohdaten aus unserer Befragung
aggregiert und mit den erhaltenen Dimensionen verschiedene
varianzanalytische und multidimensionale Prüfungen vorgenommen. Die
Erklärungsvariablen fungierten dabei als "unabhängige" und die
Ausländerfeindlichkeit als "abhängige" Variable. Die jeweiligen
Dimensionen haben wir zuvor (sofern es sich nicht, wie bei den Variablen
Geschlecht, Schulabschluß, regionale Herkunft und Arbeitslosigkeit der
Eltern, um zwei- bzw. dreigestufte Variablen handelte) durch
Tertilbildung in dreifach gestufte Variablen transformierten.
Die folgende Tabelle (Tab. 4) zeigt
zunächst das Ergebnis einer varianzanalytischen Auswertung mit einem
Teil der spezifizierten Variablen (experimentelle ANOVA mit
anschließender multipler Klassifikationsanalyse, MCA). Aus Platzgründen
sind in dieser Tabelle überdies nur jene Interaktionseffekte
wiedergegeben, die einen Signifikanzwert < 0,05 erreichten.
Tab. 4:
Varianzanalyse "Ausländerfeindlichkeit versus Erklärungsvariablen"
Die Varianzanalyse zeigt uns zunächst
Haupt-effekte der Variablen regionale Herkunft, Berichte über Grauen in
den Konzentrationslagern des Nationalsozialismus,
Links-Rechts-Orientierung, Religiosität, angestrebter Schulabschluß und
Autoritarismus. Ein Blick auf die Ergebnisse der multiplen
Klassifikationsanalyse (MCA) spezifiziert diese Befunde (Tab. 5). Die
MCA ist eine Erweiterung der Varianzanalyse, um die Einflußstärken der
einzelnen Variablen abzuschätzen.
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Tab. 5: Multiple
Klassifikationsanalyse "Ausländerfeindlichkeit"
1998© Copyright by IDPS -
Munich - Kirjath haJowel
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