Rund 110 gläubige Juden, darunter 20 Kinder, trafen sich gestern (10. April
1998) abend im Ballsaal des Inter-Conti zum Pessach-Fest. Beim gemeinsamen
Lesen und Singen der Pessach-Geschichte erinnerten sie sich an den Auszug
der Israeliten aus der Sklaverei Ägyptens vor rund 3000 Jahren. "Das geschah
damals in so großer Eile, daß die Leute kein Brot mehr backen konnten. Sie
nahmen ungesäuertes Brot, Matsa, auf ihren Marsch mit", erklärte
Landesrabbiner Salomon Almekias-Siegl.
Den religiösen Vorschriften gemäß, muß auch heute vor Pessach
alles Gesäuerte entfernt werden. Deshalb kam der Rabbi am Gründonnerstag
persönlich ins Inter-Conti und überwachte das sogenannte Koschern der Küche:
Alles, was für das gestrige Mahl benötigt wurde, wurde in kochendes Wasser
getaucht, zum Beispiel 650 Geschirrteile, 900 Besteckteile,
Fleischspieße,Pfannen und Schneidbretter. "In den Ritzen könnten noch Reste
von Getreideprodukten, Mehl, Nudeln oder Hefe sitzen, die müssen entfernt
werden", erklärte der Rabbi, der ein kleines schwarzes Käppchen trug.
Etliche Teile wie die Töpfe für das kochende Wasser hatte das Hotel extra
neu angeschafft, berichtete Christoph W. Travniczek vom Hotelmanagement.
"Sie werden danach weggeschlossen und erst beim nächsten Pessach-Fest
wiederverwendet."
Anschließend bereitete der Rabbi mit Vize-Küchenchefin Christiane
Wanke die sogenannte Latwerge zu, ein Püree aus Äpfeln, Nüssen, Rotwein,
Datteln und Zimt - ein typisches Pessach-Gericht. "Es symbolisiert das
Baumaterial der ägyptischen Pyramiden, die von Israelis gebaut worden sein
sollen", erklärte Salomon Almekias-Siegl. Auch alle anderen Speisen, die
gestern gegessen wurden, haben eine symbolische Bedeutung. So erinnerte die
Petersilie auf dem Teller als sogenanntes "Bitterkraut" an das bittere Leben
der Vorfahren: das Salzwasser auf dem Tisch stand für die Tränen, die damals
vergossen wurden.
Natürlich wurde auch Matsa-Brot gegessen, das zum Pessach-Fest
gehört wie der Tannenbaum zum deutschen Weihnachtsfest. Das wurde allerdings
aus Israel eingeflogen, ebenso wie koscherer Wein.