Mein Judentum
Mein Judentum:
Was bedeutet es für mich?
Das ist in der Tat eine schwierige Frage. Ist es eine
Religion? Ist es - wie es die Geschichte schon einmal vorgeführt hat - ein
status quo nach dem rassistischen Motto ''Einmal Jude, immer Jude''?
Ich bin nicht religiös, aber ich verzichte auch nicht
darauf, mich Jude zu nennen. Ich bin in diesen Kulturkreis hineingeboren
worden, und das verleiht mir eine gewisse Identität. Ich sage nicht
gerade, daß ich mich gerne mit den jüdischen Formen auf der Welt
vergleichen würde ( sehr ungern mit den orthodoxen Formen aus
Geschmacksgründen und v.a. ungern mit den Siedlern der Westbank aus
ethischen Gründen ). Aber mich Jude zu nennen verleiht mir einen gewissen
Stolz in der bieder-schwäbischen Umgebung, in der ich lebe. Einfach nur
anders zu sein, ein Päradiesvogel inmitten grauer Vorstadtvögel.
Vielleicht spiegelt sich aber auch ein wenig Stolz in
dem positiven Vorurteil, Juden seien intelligent. Das ändert natürlich
nichts an der Tatsache, daß es ein verurteilenswertes Vorurteil bleibt.
Trotzdem, immerhin waren die meisten großen Köpfe unseres Jahrhunderts
Juden.
- Doch Moment mal, schließt sich dabei nicht etwa wieder
der Teufelskreis???
Man könnte doch genauso fragen: Waren die gemeinten großen Köpfe unseres
Jahrhunderts 'richtige Juden'? Oder waren sie nur sogenannte
'3-Tage-Juden', solche, die nur Jom Kippur, Pessach und Rosh ha Shana
feiern?
Kein Mensch kann das beantworten und schon gar nicht,
das Jude sein definieren!!!
Eines kann ich jedoch ganz sicher definieren: Mein
Verhältnis zum Antisemitismus und zur Geschichte. Ich meine nämlich, daß
Antisemitismus und Judentum zwei Paar Stiefel sind!
Der Antisemitismus spielt sich in solchen Kreisen ab,
die für mich unbedeutend sind. Damit will ich auch sagen, dass für mich
die Paranoia die manche Juden zur Schau stellen lächerlich wirkt.
Das Judentum sollte auf keinen Fall durch Ereignisse
definiert werden, welche den Juden durch andere angetan wurden, sondern
viel mehr durch seine eigenen positiven Errungenschaften. Es ist eine
lebendige Kultur, die wir nicht so einfach ignorieren dürfen, mit
der wir uns auseinandersetzen müssen, sonst töten wir sie. Mit
auseinandersetzen meine ich aber nicht, daß es die Pflicht einesjeden ist,
sich damit intensivst zu beschäftigen. Gewisse Grundkenntnisse, die über
die Ereignisse der jüngsten deutschen Geschichte hinausgehen, wie zum
Beispiel ein Wissen um die jüdische Ethik und Religion, halte ich aber
doch für notwendig. Auch ein Erkennen der Vielfalt, Beständigkeit und oft
auch der blossen Existenz vermisse ich in meiner Umgebung oft.
Wir reden nur immer im Präteritum über Judentum, dabei
ist es doch gerade in Deutschland immer noch etwas sehr lebendiges.
Auch über die ewigen Ausgleichszahlungs-Diskussionen
sollten wir niemals die Gegenwart vergessen. Der Zorn der 1.Generation ist
nachvollziehbar und berechtigt. Wir sind allerdings die 2./3./4.
Generation, also laßt uns für eine produktive Verarbeitung der
Vergangenheit kämpfen.
GEGEN DAS VERGESSEN!!!
und daß so etwas nie wieder geschieht.
Jigal (16 Jahre,
Baden-Württemberg)
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