Berliner Morgenpost: Merkwürdige Dinger, diese
Bagels. Sie bestehen aus Hefe, Mehl, Wasser - und viel Liebe. Behauptet
jedenfalls Cynthia Barcomi. Und die muß es wissen. Seit drei Jahren backt
und verkauft die New Yorkerin in ihrem Kreuzberger Café "Barcomi's" neben
Kaffee und amerikanischen Cookies auch jene sagenumwobenen Gebäckstücke,
die im Begriff sind, Berlin zu erobern. Dabei ist der Bagel auf den ersten
Blick eher unspektakulär. Er ist klein, rund, mit einem großen Loch in der
Mitte, und verbirgt unter der harten Brotkrusten-Schale einen weichen
Kern. Doch wer ihn nicht kennt oder mit einer ähnlich lautenden Hunderasse
verwechselt, erntet mitleidige Blicke von eingeschworenen Fans. Die
meisten von ihnen sind während eines USA-Urlaubs zu Bagel-Süchtigen
geworden. Besonders gefährlich soll der New-York-Bagel sein: Den serviert
man als Sandwich mit Frischkäse, Räucherlachs, Tomaten und roten Zwiebeln.
Die freundliche Übernahme des Bagels leitete "Barcomi's"
ein. Seit einem Jahr bietet auch Andreas Pfeffer in "Salomon's Bagels"
sieben verschiedene Sorten feil: "Natur", mit Sesam, mit Mohn, mit
Kräutern, zimtig-süß oder... Was die Bagels von der ordinären Schrippe
unterscheidet, ist die Zubereitung. Sie werden gekühlt, gekocht und
anschließend gebacken. "Das ergibt die ganz besondere Konsistenz",
schwärmt Pfeffer.
Das kleine Gebäckstück - nicht zu verwechseln mit den
fettig-süßen Doughnuts - ist eigentlich ein Reimport. Amerikaner und
osteuropäische Juden streiten sich um die Urheberschaft des Kringels. Die
einen behaupten, er sei immer schon fester Bestandteil der Speisekarte in
"God's own country" gewesen. Die anderen widersprechen, sie hätten als
Einwanderer ihr rundes Shabbat-Brötchen von der Alten in die Neue Welt
hinübergerettet. Noch andere wiederum sagen, ein Wiener Bäckermeister habe
den Bagel erfunden. Wie auch immer - er ist ein Kosmopolit und wird sich
auch in Berlin einnisten.
"Barcomi's", Bergmannstr. 21 und Sophienstr. 21 (Mitte); "Salomon's
Bagels", Joachimstaler Str. 13, "Bagels Bialys", Hackesche Höfe. mak
©Berliner Morgenpost 1997