Prag 1968:
Original-Töne und Sendungen zum
Jahrestag des Einmarschs
Autor: Patrick
Gschwend
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In diesen Tagen jährt
sich der Einmarsch der
Warschauer-Pakt-Staaten in die
Tschechoslowakei zum 40. Mal.
Er bedeutete das Ende der
reformsozialistischen Versuche der
Kommunistischen Partei der
Tschechoslowakei unter Generalsekretär
Alexander Dubček. Radio Prag war während
der damaligen Ereignisse eines der
wichtigsten Sprachrohre ins Ausland. In
den Archiven von Radio Prag und denen
zahlreicher anderer europäischer
Radiostationen finden sich noch
Tondokumente dieses vorerst letzten
Aufbäumens einer freien
Medienlandschaft.
Radio
Prag widmet diesen Dokumenten
zahlreiche Sondersendungen:
August 1968 vor dem
Rundfunkgebäude
Demokratisierung, Pluralismus,
Meinungsfreiheit – das waren die
Schlagworte des Prager Frühlings.
Diese Reformbewegung von 1968 ließ
die Menschen in der damaligen
Tschechoslowakei auf einen Umbau des
kommunistischen Systems hoffen. Dann
walzten aber am 21. August die
Panzer der Warschauer-Pakt-Truppen
die Reformansätze nieder: eine
erschütternde Erfahrung für die
Menschen dieses Landes.
Zehntausende tschechoslowakische
Bürger emigrierten - auch in die
nahen deutschsprachigen Länder.
Radio Prag ist im Besitz zahlreicher
Tondokumente vom 21. August 1968 und
den Tagen unmittelbar danach, einige
davon sind in deutscher Sprache.
Radio-Prag-Chefredakteur Gerald
Schubert kennt sie genau.
Gerald, was alles
befindet sich unter den
Tondokumenten?
„Von den
Originaltönen in deutscher Sprache
haben wir viel aus unseren eigenen
Sendungen, denen der
deutschsprachigen Redaktion von
Radio Prag, aus dem August 1968.
Zudem haben wir viele Reaktionen von
westdeutschen Politikern, zum
Beispiel vom damaligen Außenminister
Willy Brandt und Bundeskanzler Kurt
Georg Kiesinger.“
Was liegt Radio
Prag denn Weiteres auf Deutschnoch
vor?
„Die Sendungen zahlreicher
westdeutscher Radiostationen. Die
sendeten damals Analysen und
Korrespondentenberichte, von denen
sich viele auch auf Radio Prag
beziehen. Radio Prag war damals für
viele deutsche Kollegen die
Hauptnachrichtenquelle. Dies
illustriert zum Beispiel ein
eindrucksvoller Auszug aus einer
Sendung des Westdeutschen Rundfunks
vom 21. August 1968, in der ein
Korrespondent am Telefon die
zeitgleich in unserem
Rundfunkgebäude ablaufenden
Ereignisse schildert.“
In welchen anderen
Sprachen liegt uns Material vor?
Sind darunter besondere Highlights?„Wir haben Material in
allen Sprachen, in denen Radio Prag
sendet, das heißt auf Englisch,
Französisch, Spanisch, Russisch,
Tschechisch und Deutsch. Darunter
sind natürlich viele Highlights. Um
nur einige zu nennen: Auf Englisch
gibt es eine Reaktion des damaligen
US-Präsidenten Lyndon B. Johnson
oder Aufnahmen aus der Sitzung des
UN-Sicherheitsrates, die sich mit
dem Einmarsch der
Warschauer-Pakt-Staaten in die
Tschechoslowakei befasst hat. Wir
haben auf zum Beispiel Originaltöne
tschechischer Demonstranten, die auf
dem Wenzelsplatz auf Russisch mit
russischen Invasionstruppen
diskutieren. Und wir haben einen
Aufruf auf Russisch des
tschechischen Senders im
südböhmischen České Budějovice /
Budweis, mit dem die russischen
Truppen aufgefordert werden wieder
nach Hause zu fahren. Natürlich
liegt uns auch viel Material auf
Tschechisch vor, wovon ich Eines
besonders hervorheben möchte. Der
Österreichische Rundfunk hat damals
auch auf Tschechisch gesendet, denn
es sind damals viele tschechische
und slowakische Emigranten nach
Österreich gekommen. Diese Sendungen
waren die Hauptnachrichtenquelle für
die Tschechen in Wien und in anderen
Teilen Österreichs.“
Wie ist Radio Prag
an dieses Material herangekommen?
„Zum
einen sind das Materialien, die wir
in unserem eigenen Archiv gefunden
haben. Zum anderen haben wir
Rundfunkstationen in ganz Europa
angeschrieben und sie gebeten, für
uns in ihren Archiven zu stöbern und
uns Ton-Dokumente zu schicken, die
sie aus dieser Zeit haben. Diesen
Partnerstationen aus allen möglichen
europäischen Ländern gilt mein
besonderer Dank. Sie haben wirklich
viel gefunden, uns sehr großzügig
geholfen und uns mit Materialien
überhäuft, die wir dann hier
ausgewertet haben. Das wird nun in
unseren Sendungen verwertet.
Außerdem wird es in jeder
Sprachversion auf unseren
Internetseiten eine Tongalerie
geben, die laufend ausgebaut wird
und auf der man sich Archivmaterial
außerhalb des gewohnten
Sendungszusammenhangs anhören kann.“
Auch in unseren
täglichen Sendungen werden wir bei
Radio Prag ab kommender Woche
ausführlich an den Einmarsch der
Warschauer-Pakt-Truppen in die
Tschechoslowakei erinnern. Wir haben
dies bereits in einer Ausgabe des
Medienspiegels erwähnt. Nun steht
das Programm auch im Detail und dazu
nun ein Gespräch mit Till Janzer,
dem Leiter der deutschen Redaktion
von Radio Prag.
Till, was erwartet
unsere Hörer in den nächsten Tagen
zum Thema Niederschlagung des Prager
Frühlings vor 40 Jahren?
„Vor allem starten
wir ab Montag, dem 18 August eine
zehnteilige Serie zu dem Jahrestag.
Dabei beleuchten wir das Geschehen
aus unterschiedlichen Perspektiven.
Zeitzeugen kommen zu Wort und
Historiker, und wir werden natürlich
auch aus dem umfangreichen Fundus
der Originaltöne von damals
schöpfen. Ein paar Themen nenne ich
einfach mal: Zum Beispiel haben wir
den ehemaligen Leiter des
Militärflughafens im ostböhmischen
Hradec Králové / Königgrätz
interviewt, der am 21. August nach
der Landung russischer Düsenjäger
passiven Widerstand leistete. Und
wir werden ein Porträt von Marta
Kubišová und ihres Lieds „Modlitba
pro Martu“, auf Deutsch „Gebet für
Marta“, senden. „Modlitba pro Martu“
war praktisch die Hymne des Prager
Frühlings. Kubišová hatte dann 30
Jahre lang Auftrittsverbot und sang
erstmals wieder im November 1989
live – und zwar bei den
Demonstrationen gegen die
Kommunisten und das natürlich viel
umjubelt. Aber auch die Reaktionen
auf deutscher und die
österreichischer Seite auf den
Einmarsch werden nicht zu kurz
kommen. Zum Beispiel hat mein
Kollege Christian Rühmkorf mit dem
Pfarrer Heinz Eggert gesprochen, der
nach dem Einmarsch 1968 mit dem
Regime in der DDR gebrochen hat. Das
sind nur drei Beispiele. Alle unsere
Sonderbeiträge werden im Übrigen mit
einem einheitlichen Jingle
eingeleitet. Die zehnteilige
Sonderserie von Radio Prag läuft im
Übrigen dann bis Freitag, 29. August
– und das jeweils unter der Woche.“
Und am 21. August – also dem
konkreten Jahrestag des Einmarsches
– was bieten wir da unseren Hörern?
„Zuviel will ich dazu
nicht verraten. Nur soviel: Wir
wollen an dem Tag unser ganzes
Programm dem 40. Jahrestag des
Einmarschs der
Warschauer-Pakt-Truppen widmen.
Ausgenommen sind natürlich die
Nachrichten und falls etwas anderes
Wichtiges geschieht, wobei das dann
hoffentlich etwas Angenehmes sein
wird wie zum Beispiel eine
Goldmedaille für das tschechische
Team bei Olympia. Neben den beiden
genannten Elementen – unserer
zehnteiligen Sonderserie und dem
Sonderprogramm am 21. August -
werden wir natürlich vor allem in
unserer Sendereihe Kapitel aus der
tschechischen Geschichte in der
nächsten Zeit immer wieder auf das
Jahr 1968 eingehen. Aber nicht nur
dort, das kann ich an dieser Stelle
schon sagen.“
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